FIFTY-FOUR
Ich hab Angst... aber viel Spaß :)
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𝕷𝖔𝖚𝖎𝖘
Als die Ausstrahlung beginnt, ziehe ich Harry schmunzelnd auf meinen Schoß und verschränke meine Arme vor seinem Bauch, um ihn bei mir zu halten. Wieso er so nervös ist, kann ich gar nicht sagen. Immerhin steht meine Schwester gerade in einem wunderschönen Hosenanzug aus hellbraunem Cord vor der Kamera, um die zwei Finalisten leer nach Hause gehen zu lassen. Weil sie schwanger von meinem Bodyguard ist.
Wann das passiert ist, will ich gar nicht wissen. Ich meine, Sir Andrew ist nicht wesentlich älter als ich aber vielleicht liegt genau da das Problem. Er ist drei Monate jünger und hat meine kleine Schwester geschwängert. Er hat ohne Kondom mit ihr geschlafen, sagt mir aber seitdem er für mich arbeitet, dass dies wichtig sei. Da sieht man mal, wo er seine Prioritäten setzt.
„Was ist los?", fragt Harry dicht an meinem Ohr und nimmt eine meiner Hände in seine. „Nichts, entschuldige." Ich hauche ihm zur Entschuldigung einen Kuss in den Nacken und höre der Stimme meiner Schwester wieder zu, wie sie von den ersten Monaten spricht. Von den Höhen und Tiefen des Wettbewerbs. Dass es ihr eine Ehre war, so viele junge Männer kennengelernt zu haben.
„Nun ja, jetzt stehen wir hier, am Tag der großen Entscheidung. Und um ehrlich zu sein, ist sie mir auch gar nicht leicht gefallen. Ich habe den womöglich besten Freund kennengelernt, den man sich vorstellen kann. Ich bin froh, dass ich ihn hier kennenlernen durfte, auch wenn er frühzeitig von sich aus gegangen ist." Sie schaut für einen Moment in unsere Richtung und lächelt kurz, worauf Harry sich kaum merklich etwas auf meinem Schoß aufrichtet.
„Die Kamera bleibt auf Charlotte gerichtet, mach dir keine Sorgen.", hauche ich und fahre mit meinem Daumen über seinen Handrücken.
„Ich habe aber auch gelernt, Leuten nicht direkt zu vertrauen und misstrauisch zu sein. Drei der Kandidaten wurden wegen schlechten Verhaltens nach Hause geschickt. So etwas dulden wir hier nämlich nicht. Weder an Leuten, noch durch Äußerungen oder Handlungen." Charlotte macht wieder eine Pause und atmet für einen Moment tief durch, bevor sie nickt. Das ist das Zeichen, dass Niall und Alexandro zu ihr ins Bild kommen sollen.
Eigentlich der Moment der Wahrheit, jedoch heute nur der Moment der Enttäuschung. Zumindest für die beiden Auserwählten und das ganze Land.
„Meine Damen und Herren, liebe Mitmenschen: Mister Niall Horan aus Nordirland und Mister Alexandro Rodríguez aus den West Midlands." Der Applaus des kleinen Publikum lässt Charlotte lächeln, die beiden Männer neben ihr eher erröten.
„Sie tut mir leid.", flüstert Harry und lehnt sich etwas an mich, sodass sein Kopf beinahe neben meinem schwebt und ich problemlos einen Kuss auf seine Wange hauchen kann. „Sie schafft das schon, Snuggles." Harry nickt nur und nimmt meine zweite Hand auch noch in seine, sodass ich ihn nicht mehr am Bauch festhalten kann. Aber seine Hände zu halten ist auch komplett okay. Mehr als das.
„Wie gesagt, die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen und es tut mir auch leid, dass sie so gefallen ist, aber ich möchte niemanden hier halten, der keine Gefühle für mich hat. Und das gilt andersrum genau so." Meine Schwester schaut zwischen Niall und Alexandro hin und her, die beide verhalten nicken und dann wieder den Blick abwenden. Ist es falsch von mir zu sagen, dass ich es amüsant finde, dass die beiden mehr als nur Respekt vor Charlotte haben?
„Sie beide sind herzlich, liebenswürdig, zuvorkommend und haben noch viele andere positiven Eigenschaften an sich, aber Sie werden mit jemand anderem glücklich werden. Nicht mit mir." Ein Raunen geht durch die Menge und Harry seufzt leise. „So hätte es nie enden sollen.", gibt er von sich und dreht seinen Kopf ein wenig zu mir, um mich anschauen zu können. Ich nicke verstehend und spitze meine Lippen, um ihn küssen zu können. Wenn auch nur für einen Moment.
So gut wie heute habe ich mich lange nicht mehr gefühlt. Ich meine, ich fühle mich jeden Tag mit Harrys Beisein wohl, aber heute ist es irgendwie anders. Die Tage, an denen ich mit Harry in der Öffentlichkeit war und dort problemlos seine Hand halten konnte und dieser hier, sind ganz oben auf meiner Liste der besten Tage. Und lang ist diese leider nicht.
Dann redet Charlotte noch für einen Moment mit ihren Finalisten, die schließlich mit einem äußerst gekonnten Lächeln wieder aus dem Bild verschwinden und meine Schwester nun wieder allein ist.
„Aber bevor Sie jetzt zu dem Entschluss kommen, dass das Spektakel hier unsinnig war, muss ich Ihnen leider widersprechen. Und genau hier möchte ich das Wort an meinen Bruder, Prinz Louis, übergeben." Harrys Kopf schnellt zu mir herum, während ich meine Hände aus seinen löse und mich erhebe, nachdem Harry aufgestanden ist. „Was machst du, Louis?", will Harry wissen, doch ich lächle ihn nur beruhigend an und lege meine Hand an seinen Hals, sodass mein Finger über seine Wange streicht. „Das einzig richtige." Dann gehe ich zu meiner Schwester, die mich motivierend anschaut und mich umarmt.
„Du schaffst das.", flüstert sie dicht an meinem Ohr und nickt mir aufmunternd zu. Ein letztes Mal atme ich noch tief durch und drehe mich zur Kamera. Ich bin live auf Sendung. Wenn ich es jetzt durchziehe, ist es vorbei. Es ist aus für meinen Platz als Thronfolger. Aber dann bin ich endlich frei und kann vielleicht noch heute Abend mit Harry raus und die Freiheit genießen.
„Hallo." Ich räuspere mich und schaue zu Harry, der jetzt auf meinem Stuhl sitzt und etwas blass um die Nase herum aussieht. Sofort gebe ich einem der Bediensteten durch eine Handgeste zu verstehen, dass er Harry etwas zu trinken bringen soll, bevor ich mich wieder zur Kamera drehe und weiter spreche. „Als ich erfahren habe, dass meine Schwester zwölf Männer zu sich in den Palast einladen wird, damit sie einen von ihnen heute hier als ihren Verlobten vorstellen kann, habe ich als erstes angefangen zu lachen. Ich kannte dieses Prinzip aus Büchern, dachte bis dato jedoch nicht, dass das in meiner Familie passieren wird. Und doch war es so. Wir haben Monate damit verbracht, die passenden Männer für Charlotte zu finden und uns immer wieder umentschieden."
Als ich für einen Moment zu Charlotte gucke, lächelt sie mich an und fährt sich durch die Haare, bevor sie einen Schluck von ihrem Wasser nimmt, welches sie von jemandem bekommen hat. „Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht so recht, wie ich das folgende jetzt überbringen werde. Und das schonend." Ich streiche mein Jackett glatt und senke einmal den Blick. Vielleicht wäre es schlauer gewesen, mir eine Karte mit Stichpunkten anzufertigen.
„Ich möchte Ihnen damit Ihr Silvester und den Einstieg ins neue Jahr nicht verderben, aber diese Mitteilung auch nicht weiter hinter dem Berg halten. Und ich weiß auch, dass ich damit einige Regeln des Hofprotokolls brechen werde." Ich kann es mir nicht lassen, eine dramatische Stille einzubauen, bevor ich ein letztes Mal tief durchatme und mir selbst zu nicke. „Ich werde die Verantwortung, die mir in die Wiege gelegt wurde, weitergeben. An den nächsten männlichen Nachfahren der königlichen Familie. Denn das hier ist nicht, was ich will. Ich möchte ein freies Leben mit meinem Freund führen. Denn ich bin schwul. Ich bin in einer Beziehung mit einem Mann und könnte nicht glücklicher sein. Dafür werde ich meinen Titel offiziell ablegen und in Zukunft als offen, homosexueller Mann leben."
Die Reaktionen im Raum könnten nicht unterschiedlicher ausfallen. Manche schlagen sich die Hände vor den Mund, andere japsen hörbar auf oder schauen mich schockiert an. Auch Harry, der seinen Becher fallen gelassen hat, der glücklicherweise leer war. Zumindest sehe ich auf seinem mintgrünen Anzug nichts, was auf Wasser hinweisen könnte.
Meine Eltern schauen mich nur mit zusammengepressten Lippen an, während Mutter sich schnell über die Wangen streicht, als sie meinen Blick merkt. Meine kleinen Schwestern versuchen wahrscheinlich zu verstehen, was ich gerade gesagt habe, aber noch fühlt es sich gut an. Noch kann mich niemand anmotzen, weil ich immer noch live im Fernsehen zu sehen bin.
Erneut fällt mein Blick auf Harry, der sich leise mit Charlotte unterhält, die sich neben ihn gestellt hat und ihn reden lässt. Auch, wenn sie sich dabei ein Grinsen verkneifen muss. Dabei entgeht mir das Zittern seiner Hände nicht, mit denen er wild gestikuliert.
„Louis!" Ich nehme meinen Blick von Harry und sehe verwirrt zu Zayn, der neben der Kamera steht und meine Aufmerksamkeit kriegen will. Oh... stimmt, ich bin noch live auf Sendung. Und eine Unterbrechung ist wahrscheinlich auch nicht möglich. Mein bester Freund will mir irgendetwas mitteilen, was sicherlich damit zu tun hat, dass ich mich konzentrieren soll. Kurz nicke ich, damit er weiß, dass ich ihn verstanden habe und fahre mir durch die Haare.
Meiner Stylistin gefällt es nicht, da ich ihren bösen Blick bis hier merke, aber es muss nunmal so sein. Das Gel sollte alles an Ort und Stelle halten. „Kommst du zu mir, Harry?", frage ich und beiße mir auf die Lippe. Als er zu mir schaut, werden seine Wangen knallrot und seine Hände spielen an seinem Kragen, worauf meine Schwester ihre Hand auf seinen Arm legt.
Dann nickt er und räuspert sich einmal leise, ehe er langsam auf mich zu kommt. Ich gehe ihm ein paar Schritte entgegen und strecke meine Hand nach ihm aus, die er mit seiner schwitzigen Hand annimmt und auf seiner Lippe herum kaut. „Hör auf damit.", flüstere ich und löse seine Lippe von seinen Zähnen. Wenn ich richtig geschätzt habe, müssten wir hier im toten Winkel der Kamera stehen, sodass sie uns nicht im Visier hat.
„Ich höre erst auf, wenn du mir erzählst, was du hier machst! Hier ist eine Kamera, Louis. Du hast dich gerade vor allen geoutet, bist du irre?" Er klingt vorwurfsvoll, jedoch sieht sein Blick vollkommen anders aus. Hoffnungsvoll und voll mit Liebe. „Ich bin vielleicht ein bisschen irre, aber noch lieber bin ich mit dir zusammen. Und ab heute auch in der Öffentlichkeit.", flüstere ich und streiche mit meinen Daumen über seine heißen Wangen, bevor ich seine rechte Hand wieder in meine nehme.
„Ich glaube, ich schlage dich nachher wirklich. Du bist verrückt, irre, hochmütig, dumm, leichtsinnig, arrogant, aufgeblasen, eingebildet, selbstverliebt und versnobt. Aber trotzdem liebe ich dich und nur deswegen gehe ich mit dir jetzt da hin und oute mich mit dir. Also hoffe ich für dich, dass du dir etwas einfallen lässt, was das hier wieder wettmacht." Ich nicke und ziehe ihn vor die Kamera, wo ich mich neben ihn stelle und meine Hand auf seinen unteren Rücken lege.
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Ich musste das Kapitel leider teilen, weil es sonst zu lang geworden wäre. Aber es hätte einen schlimmeren cut geben können🫶🏼
Wir sehen uns im nächsten Kapitel hehehe
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