Kapitel 41 - Veränderung
Rey
Die Nacht der Sternschnuppen markierte den Beginn einer Zeit, in der wir einfach glücklich sein konnten. Beinahe jede Sekunde verbrachten wir zusammen. Wir meditierten und machten oft Spaziergänge durch die weiten Wiesen Naboos. Lange, romantische Dinner auf der Terrasse der Villa wurden ebenfalls zur Gewohnheit. Kleine Rituale entstanden. Zum Beispiel begann jeder Tag eng umschlungen im Bett. Meistens wachte ich kurz vor Ben auf, so wie auch an diesem Morgen. Da ich mittlerweile in der zwölften Schwangerschaftswoche war und glücklicherweise keine Übelkeit mehr verspürte, verbrachte ich die Zeit damit, meinen schlafenden Freund zu beobachten. Ben sah selten so friedlich und entspannt aus, wie im Schlaf. Langsam hob ich meine Hand und strich sanft ein paar seiner zerzausten Locken aus seinem Gesicht. Jetzt hatte ich direkte Sicht auf die lange Narbe, die sich von seiner Stirn über seine Wange bis runter zu seiner Brust erstreckte. Auch wenn Ben schon oft betont hatte, dass ihm dieser Makel nichts ausmachte, konnte ich nicht anders, als mich schuldig deswegen zu fühlen. Durch meine Tat bei unserem ersten Kampf hatte ich sein Gesicht für immer entstellt.
"So habe ich zumindest immer einen Teil von dir bei mir" hörte ich Ben verschlafen murmeln, woraufhin ich ertappt meine Hand sinken ließ. Natürlich waren meine Gedanken ihm nicht verborgen geblieben. Blinzelnd öffnete er seine Augen.
"Gut geschlafen?" Ich nickte und kuschelte mich enger an ihn, als er mich auf die Stirn küsste. Wir hatten es nicht eilig, aufzustehen. Meistens blieben wir noch eine Weile im Bett liegen, bevor wir in den Tag starteten. Doch heute schien Ben andere Pläne zu haben.
"Ich habe eine Idee, was wir heute machen können."
"Was denn?" fragte ich neugierig.
"Ich habe dir doch einmal versprochen, dass ich dir das Schwimmen beibringe. Erinnerst du dich? Heute ist schönes Wetter und ich kenne eine Badestelle, wo wir gut üben können" unterbreitete er mir seinen Vorschlag.
"Hm, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist" sagte ich zögernd. Schon bevor wir nach Naboo gekommen waren, hatte ich Seen auf Takodana und D'Qar gesehen. Auf Jakku war Wasser ein kostbarer Schatz gewesen, für den Leute sogar bereit waren zu töten. Niemals hätte ich mir vor meinem Abenteuer mit Finn ausmalen können, wie viel es davon auf anderen Planeten gab. Ich hatte keine Angst vor dem Element an sich, nur davor, was passierte, wenn ich zu tief hineinging. Wie damals, als ich in ein schwarzes Loch auf Ahch-To gefallen war. Die Kälte des Wassers hatte wie ein Messer in meine Lunge gestochen, während ich mich mit all meiner Kraft strampelnd an die Oberfläche gekämpft hatte. Hätte ich es nicht geschafft mich auf einen rutschigen, flachen Felsen hochzuziehen, wäre dies mein Grab geworden. Seitdem fiel es mir noch schwerer, mich zu überwinden, ins Wasser zu gehen.
"Komm schon, Schatz. Irgendwann musst du es lernen" versuchte Ben mich zu überreden. Er hatte ja recht. Vielleicht kamen wir eines Tages einmal in eine brenzlige Situation, wo ich es können musste.
"Na gut" willigte ich ein. Das würde bestimmt eine Katastrophe werden.
Nachdem wir ein ausgiebiges Frühstück zu uns genommen hatten, machten wir uns auf den Weg. Je näher wir unserem Ziel kamen, desto nervöser wurde ich. Leider erreichten wir schon bald den besagten Platz: Eine kleine Bucht mit einem feinsandigen, flach abfallenden Sandstrand. Wenigstens würde niemand außer meinem Freund meine lächerlichen Schwimmversuche sehen. Wir legten unsere Schuhe ab und zogen uns bis auf die Unterwäsche aus. Während Ben sofort ins Wasser ging, näherte ich mich vorsichtig dem Ufer. Misstrauisch betrachtete ich den See vor mir und tauchte einen Fuß hinein.
"Das ist ja total kalt!" jammerte ich und trat sofort mehrere Schritte nach hinten.
"Wenn du einmal drin bist, dann ist es gar nicht mehr kalt. Gib dir einen Ruck und komm rein!" ermutigte mich Ben. Er hatte leicht reden. Immerhin stand er im Gegensatz zu mir schon hüfttief im Wasser.
"Ich weiß nicht so recht, vielleicht sollte ich lieber-"
"Rey, es ist besser, wenn du es schnell hinter dich bringst. Dir wird nichts passieren, versprochen" sagte er und streckte mir seine Hand entgegen. Also gut. Ich atmete tief durch, bevor ich mit beiden Füßen gleichzeitig ins Wasser trat. Langsam wagte ich mich weiter vor. Noch konnte ich den Grund sehen, aber dort, wo Ben stand nicht mehr. Eine unbekannte Dunkelheit, die nur darauf wartete, mich zu verschlingen. Der Drang wegzulaufen, zurück an die sichere Küste lähmte mich.
"Du hast es fast geschafft!" rief mir Ben zu, als er mein Unbehagen spürte. Ich biss die Zähne zusammen und machte ein paar weitere Schritte nach vorne. Mittlerweile umspülte das Wasser die Hälfte meiner Oberschenkel. Als ich fast vor ihm stand, packte Ben meinen Arm und zog mich zu sich.
"Ben!" Kreischend klammerte ich mich an ihn. Er lachte und hielt mich fest.
"Tut mir leid, aber ich konnte nicht anders."
"Haha, wirklich witzig" erwiderte ich nur und ließ ihn los. Obwohl meine Füße den Seegrund noch berühren konnten, stand ich schon relativ tief im Wasser. Verdammt tief. Erneut stieg Panik in mir auf.
"Hey, es ist okay. Es gibt nichts, wovor du Angst haben musst. Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert" versicherte mir mein Geliebter.
"Womit fangen wir an?" fragte ich und versuchte meine Angst beiseitezuschieben. Wenigstens fühlte sich das Wasser mittlerweile erträglicher an. Es war wirklich eine willkommene Abkühlung an so einem warmen Tag, wie heute. Ben zeigte mir zuerst die einzelnen Bewegungen der Arme und Beine und wie man sie ausführen musste. Dann war ich selbst an der Reihe.
"Strecke deine Arme aus und lass dich nach vorne fallen." Ben positionierte seine Hände unter meinen Oberkörper und hielt mich hoch, während ich seine Anweisung befolgte. Erst das eine Bein hoch, dann das andere. Es fühlte sich seltsam an, so im Wasser zu liegen. Als würde man schweben.
"Jetzt bewege deine Arme und Beine so, wie ich es dir gezeigt habe" sagte Ben. Ich zog Kreise mit meinen Armen und Beinen über der Wasseroberfläche, während er mich weiterhin mit seinen Händen stützte. Nach einer Weile probierte ich, ohne seine Hilfe zu schwimmen. Ich brauchte ein paar Versuche, bis ich den Dreh raus hatte: Arme ausgestreckt, Rücken gewölbt, Kopf gerade, Beine leicht gebeugt. Wenn man erst einmal wusste, wie man den Körper im Wasser balancieren musste, war es überhaupt nicht schwer. Ich tat es, ganz alleine.
"Siehst du? Ich habe es geschafft!" rief ich begeistert meinem Lehrer zu, der neben mir schwamm.
"Ich wusste, dass du es kannst" antwortete mir Ben lächelnd und fügte hinzu: "Wer zuerst am Strand ist!" Er beschleunigte seine Bewegungen und zog an mir vorbei. Forderte er mich da gerade zu einem Wettrennen heraus? Das konnte er haben. Ich beschleunigte meine Bewegungen ebenfalls und folgte ihm. Ben erreichte das Ziel mit wenigen Sekunden Vorsprung vor mir. Ich war trotzdem zufrieden mit meiner Leistung, schließlich hatte ich heute erst das Schwimmen gelernt.
"Gewonnen!" Triumphierend drehte er sich zu mir um.
"Na warte" lachte ich und fing an ihn mit Wasser zu bespritzen. Wir lieferten uns ein paar Minuten eine erbitterte Wasserschlacht, bevor wir zurück ans Ufer gingen. Erschöpft ließ ich mich im Sand nieder. Ich war viel schneller außer Atem, als sonst. Das hing bestimmt mit der Schwangerschaft zusammen.
"Ist alles in Ordnung?" fragte mein Freund, als er sich neben mich setzte. Er machte sich immer gleich Sorgen.
"Ja, ich brauche nur eine kurze Pause." Ben gab sich mit dieser Antwort zufrieden und schlang einen Arm um mich, als ich meinen Kopf auf seiner Schulter ablegte. Was für ein erfolgreicher Tag. Zum Glück hatte ich mich doch auf den Vorschlag von meinem Freund eingelassen. Sollten wir irgendwann einmal in eine Situation kommen, bei der wir uns im Wasser fortbewegen mussten, wusste ich jetzt, was zu tun war.
"Ich bin stolz auf dich, Rey. Du hast dich deiner Angst gestellt und sie überwunden. Ich weiß, dass das nicht einfach für dich war." Dankbar für seine Worte hob ich meinen Kopf und küsste ihn. Hoffentlich konnte ich ihm genauso gut dabei helfen, seine Ängste zu überwinden, wie er mir. Es würde noch eine ganze Weile dauern, bis er endgültig mit sich selbst im Reinen war. Aber er war hier, bei mir und unserem ungeborenen Kind. Das war alles, was zählte. Der Rest würde sich auch finden.
Als wir uns voneinander lösten und Bens Blick auf meinen Bauch fiel, trat ein seltsamer Ausdruck in seine Augen.
"Was ist?" fragte ich verwundert.
"Das mir das früher nicht aufgefallen ist..." hörte ich ihn leise vor sich hin murmeln.
"Was denn?" Erst jetzt schien Ben meine Worte wahrzunehmen. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
"Man sieht es." Ich folgte dem Blick meines Freundes zu der zarten Wölbung meines Unterbauches. Wieso hatte ich diese Veränderung nicht früher bemerkt? Die Rundung war zwar klein und nur als Schwangerschaft identifizierbar, wenn man es wusste, aber sie war da. Unverkennbar.
"Hallo, Baby Solo" flüsterte Ben zärtlich und wir lächelten um die Wette. Für einen Moment war alles perfekt. Wir lagen einfach zusammen am Strand und bestaunten dieses kleine Wunder, was jeden Tag ein Stück mehr in mir heranwuchs. In diesem Augenblick waren wir einfach nur ein Paar, was sich über die erste gute Nachricht seit Wochen freute. Vergessen war die Übelkeit, die Müdigkeit und das corellianische Tanamenfieber. Ich würde alles noch einmal durchmachen, wenn es sein musste. Denn das hier war es wert. Unser Baby wachsen zu sehen, war es wert.
An Schlaf war diese Nacht nicht zu denken. Auch nachdem die Sonne schon lange untergegangen war, lagen wir noch hellwach im Bett. Von draußen trommelte Regen an die Fenster. Bens Kopf lag auf meinem Bauch und ich streichelte sein üppiges, dunkles Haar. Wir lagen schweigend da, während wir die Energie von unserem Baby in der Macht wahrnahmen. Seit wir die kleine Wölbung vor ein paar Stunden entdeckt hatten, kreisten unsere Gedanken nur noch um dieses Thema. Ich war so glücklich darüber, das alles mit Ben zusammen erleben zu können: Das erste Ultraschallbild in seinen Händen zu halten, zum ersten Mal den Herzschlag zu hören und jetzt das. Eine Schwangerschaft war ein besonderes Ereignis im Leben und umso schöner, wenn man einen liebevollen Partner an seiner Seite hatte.
"Was denkst du, was es wird?" ergriff Ben irgendwann das Wort. Ich musste immer wieder an den kleinen Jungen denken, den mir der Ort auf Dagobah gezeigt hatte. Er war das absolute Ebenbild von meinem Seelenverwandten gewesen.
"Vielleicht ein kleiner Ben?" sagte ich deshalb neckend. Ben lachte leise und legte sich wieder neben mich, bevor er seine Vermutung äußerte.
"Ich denke eher, dass es ein Mädchen wird. Aber eigentlich ist das Geschlecht auch egal. Hauptsache, es ist gesund und es geht euch beiden gut." Er fuhr sanft mit seiner Hand über meine Wirbelsäule, als ich meinen Kopf auf seine Brust legte. Ben hatte absolut recht. Die Gesundheit und das Wohlergehen des Kindes standen an erster Stelle. Leider hatte ich mir schon oft deswegen Sorgen machen müssen. Zuletzt als ich am corellianischen Tanamenfieber erkrankt war.
"Es fühlt sich immer noch ein bisschen surreal an, schwanger zu sein. Zu wissen, dass ein neues Leben in einem wächst, dessen Schutz von dir abhängig ist" grübelte ich laut vor mich hin.
"Das kann ich mir vorstellen. Auch für mich ist es erstaunlich" stimmte mir Ben zu und küsste mich auf den Kopf.
"Ich bin froh, dass alles so gekommen ist. Es war schrecklich gegen dich kämpfen und so tun zu müssen, als würde ich dich hassen." Viel länger hätte ich das auch nicht mehr durchgehalten. So oft hatte ich mich damals beim Widerstand danach gesehnt, meine Gefühle für Ben offen zugeben und bei ihm sein zu können. Durch das Baby hatte sich alles geändert.
"Vermisst du deine Freunde?" fragte mich Ben daraufhin.
"Sie fehlen mir schon. Ich frage mich, wie es ihnen und dem Rest des Widerstandes geht" gab ich zu. Je länger ich hier war, desto mehr hatte ich ein schlechtes Gewissen gegenüber meinen Freunden. Sie machten sich bestimmt furchtbare Sorgen um mich und würden die Suche nach mir auch nicht so schnell aufgeben. Besonders Finn konnte sehr hartnäckig sein. Am liebsten hätte ich ihnen mit einer Nachricht versichert, dass es mir gut ging, aber das war viel zu gefährlich. Sie würden sie zurückverfolgen und dadurch unseren Aufenthaltsort herausfinden.
"Ich vermisse niemanden von der Ersten Ordnung, außer Revan. Hoffentlich hat er Hux weitestgehend im Griff und kann ihn von seinen idiotischen Plänen abhalten." Der General mit den rotblonden Haaren war wirklich eine Persönlichkeit für sich. Solange er eine so ranghohe Position in der Ersten Ordnung hatte, war die Aussicht auf Frieden bedauerlicherweise gering. Ben zögerte kurz, ehe er die nächsten Worte an mich richtete.
"Bereust du deine-" Ich wusste ganz genau, was er mich fragen wollte. Deswegen ließ ich gar nicht erst aussprechen und küsste ihn gefühlvoll. Er dachte leider immer noch, dass er all das hier nicht verdient hatte. Doch das hatte er, mehr als jeder andere Mensch in dieser Galaxis.
"Nein, ich bereue meine Entscheidung nicht. Ganz im Gegenteil: Ich würde mich immer wieder für dich, für unsere Familie entscheiden" sagte ich ihm eindringlich. Bens Augen waren erfüllt von grenzenloser Liebe und Dankbarkeit, als sich unsere Blicke trafen. Genau hier war mein Platz.
Danach wurde nicht mehr viel geredet. Ich spürte, wie mich die Müdigkeit zusehends übermannte und kuschelte mich enger an Ben. Der weiche Stoff von seinem schwarzen Pullover wärmte meine Haut.
"Gute Nacht, Rey" hörte ich ihn leise flüstern, als mir die Augen langsam zufielen. Er löschte das Licht und breitete die Bettdecke über uns aus. Ich war schon fast eingeschlafen, als ich spürte, wie Ben seine Hand auf meinen Bauch legte. Sanft streichelte er die kleine Wölbung.
"Und Gute Nacht, Baby."
Heute habe ich mal ein kürzeres Kapitel für euch!! Ich fand die Szene im achten Teil, wo Rey in das "Loch" auf Ahch-To gefallen ist und plötzlich schwimmen konnte, schon immer unlogisch. Bevor sie zum Widerstand gekommen ist, hatte sie ja ihr ganzes Leben auf einem Wüstenplaneten verbracht und dadurch keine Möglichkeit es zu lernen. Deswegen war es mir wichtig, dass sie es im Laufe meiner Geschichte lernt und das Ben derjenige ist, der es ihr beibringt :)!
Lasst mir gerne eure Meinung in den Kommentaren da.
Bis bald,
Eure starline20002 :)
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