Chapter 18
„Wie kann es bitte sein, dass vom Quartett nur einer gefangen wurde?" Kingsley Shacklebolt war eigentlich alles andere als der Typ Mensch, der bei der kleinsten Provokation die Fassung verlor, doch diesmal hielt er sich kaum zurück. Eine Ader pulsierte zornig auf seiner Stirn. Doch es war mehr die Verzweiflung, die ihn antrieb. „Wenn die intensive Aurorenausbildung, die wir den Neulingen angedeihen lassen, das hier erreicht, können wir auch gleich aufgeben!"
Das Quartett hatte beim Stürmen der Anhörung erheblichen Schaden verursacht. Die Holzbänke und der Marmorboden hatten einige Sprengzauber einstecken müssen, doch das war gerade das Letzte, um das der Zaubereiminister sich sorgte. Das Ministerium hatte acht getötete Auroren zu beklagen.
Die verbliebenen, darunter Ron Weasley, standen blass und still an der Wand, während er Hermine und Professor McGonagall zur Schnecke machte. Der Verlust ihrer Kollegen hatte sie schwer getroffen.
„Das dürfen Sie nicht sagen!", empörte sich Hermine. Sie war zerzaust von der Handgreiflichkeit mit Ginny und auf ihrer Wange war die Haut aufgeplatzt. „Aufgeben kommt nicht infrage! Die haben Harry! Und wenn die bisherige Ausbildung nicht reicht, dann trainieren wir eben weiter!"
„Miss Granger." Er zwang sich zur Ruhe. „Sie haben keinerlei Erfahrung mit so etwas. Ich werde Ihnen sagen, was demnächst kommt. Morgen trudeln bei mir im Büro geschätzte drei Kündigungen ein und... tadaa! Die Aurorenzentrale Londons besteht dann nur noch aus zehn Auroren. Die Stadt braucht deutlich mehr. Ach, was rede ich? Das Land braucht mehr Auroren! Die meisten Todesser sind noch auf der Flucht oder formieren sich neu. Und die Kriminalität ist durch den Krieg auch nicht gerade gesunken. Viele Leute haben ihre Häuser und ihr Vermögen verloren. Es herrscht Chaos." Er lehnte sich resigniert an seinen Schreibtisch. „Und wir haben so gut wie nichts mehr zu sagen, wo wir es nicht einmal hinbekommen haben, Potter vorm Quartett zu schützen."
„Also wirklich, Kingsley!", widersprach McGonagall entrüstet. „Wir haben den Krieg gewonnen, nicht verloren. Harry bekommen wir schon noch wieder. Sie werden ihn wohl kaum ermorden, damit würden sie die gesamte Bevölkerung gegen sich aufhetzen."
Hermine nickte geistesabwesend und raufte sich die Haare, bis sich ihre Finger darin verfingen. Sie wünschte, sie könnte sich genauso sicher sein wie ihre Lehrerin, dass Ginny nicht bereit wäre, Harry etwas anzutun. Aber sie hatten sich so lange in diesem Mädchen getäuscht. Ginevra Weasley hatte dem Orden und ihren Mitschülern Tag für Tag schamlos ins Gesicht gelogen. Sie war die Dunkle Lady. Warum sollte sie davor zurückschrecken, ihre alte Liebe zu vernichten? Harry war vermutlich das Letzte, was Ginny an die Helle Seite band – ihre Familie hatte sie ohne mit der Wimper zu zucken zurückgelassen – da würde sie vermutlich die Chance nutzen, sich endgültig vom Guten zu lösen.
Kopfschmerzen kündigten sich an. Hermine rieb sich die Schläfen und versuchte so die düsteren Gedanken zu vertreiben. Es gelang ihr nicht ganz, aber nun war ihr Kopf um einiges klarer. „Kingsley?", machte sie, nun etwas gefasster, auf sich aufmerksam. „Ich bin dafür, dass die Auroren ausschwärmen und nach Harry suchen." Als sie in eine Reihe übermüdeter und geschockter Gesichter sah, ergänzte sie hastig: „Selbstverständlich ohne sich dabei in Gefahr zu bringen. Sobald ihr einen Hinweis findet, informiert ihr McGonagall, Kingsley, Ron oder mich umgehend."
„Klar doch", brummte Ron wenig begeistert.
Verärgert zischte Hermine: „Ein wenig mehr Enthusiasmus, wenn ich bitten darf! Unser bester Freund wurde von einer Gruppe Todesser gekidnappt! Und deine Schwester gehört zu denen!"
Eingeschüchtert nickte Ron und eilte sofort aus dem Raum. Hermine folgte kopfschüttelnd und schloss die Tür hinter sich.
***
Sie durften nicht miteinander sprechen, deshalb saßen George und Greyback schweigend nebeneinander im Verhörzimmer. Zwei Auroren in Ausbildung, die als Wachen fungierten, befanden sich mit ihnen im Raum. Einer stand hinter ihnen an der Wand, der andere versperrte die Tür.
Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, klopfte es. Der Wachmann an der Tür öffnete die Sichtklappe auf Augenhöhe, spähte hindurch und ließ den Minister hinein. McGonagall betrat kurz nach ihm den Raum, sehr zu Georges Überraschung und Missfallen.
„Mr Weasley", begrüßte seine ehemalige Lehrerin ihn. Sie wirkte, als sei sie nicht sicher, wie sie ihn behandeln sollte. Diesbezüglich schien sie zwischen Höflichkeit, Freundlichkeit und Enttäuschung zu schwanken.
George nickte knapp mit einem angedeuteten Lächeln. Er wollte sympathisch wirken, wie der Clown, der er vorgab zu sein. Einer der Weasleyzwillinge, die einen Scherzladen eröffnet hatten, als die Welt Licht brauchte. Ein armer Tropf, der da in etwas hereingerutscht war, von dem er keine Ahnung gehabt hatte.
Fenrir Greyback war von oben bis unten mit Blut verschmiert. Er roch furchtbar. Kaum zu fassen, dass der Werwolf noch gestern mit George und dem Rest des Quartetts zusammen etwas trinken gewesen war. Man könnte meinen, er hätte sich innerhalb des einen Tages in ein Tier verwandelt. Dabei hatte er sich während des Campens eigentlich ganz vernünftig verhalten.
McGonagall zog einen Block und eine verzauberte Feder, die von selbst alles mitschreiben würde. Eine Kreation des Scherzeladens, nur eben nicht die Quatsch-Version. „Wir können anfangen", sagte die Schulleiterin. Sie sah George nicht ins Gesicht.
„Bitte", sagte George schalkhaft und machte eine Kopfbewegung, als wollte er, dass Kingsley irgendwo Platz nahm. Ihm war nach Galgenhumor.
„Lassen Sie die Späße, George", wies ihn der Minister zurecht. „Beginnen wir. Haben Sie von dem Plan des Quartetts gewusst? Streiten Sie nicht ab, dass sie die letzte Zeit mit ihnen verbracht haben."
„Das tue ich nicht", erwiderte der rothaarige Zauberer überraschend ernsthaft. „Und um zu Ihrer Frage zu kommen: Ich hatte keine Ahnung von dem, was sie vorhatten." Er wagte keinen Seitenblick auf Greyback, er konnte nur hoffen, dass der Werwolf dichthalten würde.
„Kann Mr Greyback das bestätigen?" Prüfend sah Shacklebolt zwischen dem Todesser und dem Greifer hin und her.
Greyback bleckte die Zähne. „Das kann ich. Wir haben George grundsätzlich aus der Sache rausgehalten, weil wir wussten, dass er vorhatte, sich zu stellen."
„Ach wirklich?" McGonagall sah aus, als schöpfe sie ein wenig Hoffnung, dass George doch nicht so verloren war wie gedacht.
„Ja", bestätigte Greyback sich selbst. „Er kam praktisch mit einem schlechten Gewissen bei uns an. Alle bis auf die Lady wussten, dass George nicht lange bleibt." Der Werwolf befolgte Ginnys Befehle. Er sollte den Weasleyzwilling so positiv wie nur möglich darstellen. Im Gegenzug, so hoffte Greyback, würde Ginny ihn aus dem Ministerium und vor einer möglichen Todesstrafe retten.
George und Greyback beantworteten noch ein paar weitere Fragen zum heutigen Massaker mitsamt Entführung. Einige Details gaben sie scheinbar widerwillig heraus. Wie zum Beispiel die Fehlinformation, dass das Quartett davon gesprochen habe, sich in Greenwich zu verstecken, was sofort an die suchenden Aurorentrupps weitergegeben wurde. Ginny und die Lestranges konnten jeden Zeitvorsprung gebrauchen.
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