Am nächsten Morgen rannte Ginny noch vor dem Frühstück zum Schulleiterbüro. Völlig erledigt klopfte sie an und riss sofort die Tür auf.
„Professor, Sie haben noch meinen Zauberstab!"
Prompt wurde ihr dieser unter die Nase gehalten. Als Snape wieder zumachen wollte - er schien schlechte Laune zu haben - stellte sie ihren Fuß gerade noch rechtzeitig in den Türspalt.
„Was sonst noch?", knurrte er.
„Ich will Okklumentik lernen."
Das brachte ihn völlig aus dem Konzept. „Auf welcher Seite stehen Sie?", fragte er, als er sich wieder gefangen hatte.
„Ich weiß es nicht." Ginny zuckte hilflos mit den Schultern.
Das schien ihm zur Antwort zu gereichen: „Reinkommen. Wir fangen sofort mit Okklumentik an. Können Sie allemal gebrauchen."
Beim ersten Mal kam er fast ohne Hindernisse durch und sah sich ihre Kindheitserlebnisse an.
Das zweite Mal war schon besser, denn Ginny nutzte ihre erste Methode, die auch bei Voldemort Wirkung zeigte:
Fingernägel kratzen quietschend über eine Tafel...
Snape fuhr zusammen und verließ ihren Kopf. „Nicht schlecht, Miss Weasley, aber Sie müssen dauerhafte Okklumentikwälle haben. Doch erstmal müssen wir zum Frühstück."
„... Kann ich Muggelkunde und Wahrsagen rausschmeißen?", fragte Ginny ohne jeden Zusammenhang.
„Meinetwegen. Ich kann es nachvollziehen. Sie kommen dann einfach nicht, ist dann geregelt. Was mich nur an Ihrer Fachwahl stört: Warum versuchen Sie nicht mal, die Dunklen Künste abzuwählen?", wollte er mit echtem Interesse wissen.
Ginny dachte kurz nach. „Einmal, weil man das, glaub ich, nicht abwählen kann, und dann noch... weil ich es versuchen möchte." Das war nicht mal gelogen.
Verblüfft starrte Snape sie an, ruckte dann aber leicht mit dem Kopf. „Nun gehen Sie aber schon mal."
„Ja, Sir." Als sie draußen war, meinte er sie noch „Puh, die zwei Fächer bin ich los!" murmeln zu hören.
Zum ersten Mal seit Jahren musste Severus Snape schmunzeln.
***
Kaum hatte Ginny die Große Halle betreten, in der es wie in einem Bienenstock summte, kam ihr auch schon die halbe Lehrerschaft entgegengestürzt, allen voran McGonagall und Slughorn. Ginny musste gefühlte fünfzig Mal versichern, dass es ihr auch tatsächlich gutgehe.
Dann setzte sie sich an den Gryffindortisch neben Neville, der ihr sofort seinen Teller herüberschob. Ginny hasste es, so verhätschelt zu werden und das Gelärme nervte sie. Bei den Todessern war es viel leiser gewesen.
Gewohnheitsmäßig sah sie ans Tischende, und ihr stiegen Tränen in die Augen, die sie versuchte wegzublinzeln. Voldemort hatte im Manor immer dort gesessen, wo jetzt nicht mal ein Stuhl stand.
Er hat mich praktisch rausgeschmissen.
Sie verstand die Welt nicht mehr. Was an Bellatrix' Anschuldigungen war ihm so unangenehm, dass er seine ‚Geheimwaffe' dafür auf Abstand hielt?
Ginny ließ ihre roten Haare, die sie wie immer mit dem schwarzen Haarband, welches sie als Haarreif nutzte, aus ihrem Gesicht hielt, absichtlich vor die Augen fallen und senkte den Kopf über ihr Essen, während sie gegen die Tränen kämpfte und nachdachte.
Da kam ihr eine absolut wahnwitzige Idee, die sie trotzdem umzusetzen gedachte: Sie würde eben genau das sein, eine Geheimwaffe. Das hieß wohl lernen, lernen, lernen. Sie wollte dem Dunklen Lord beweisen, dass sie zu wichtig war, um sie links liegenzulassen, wie Harry es bei ihr getan hatte.
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