17. Hausbesuch
Tom's Sicht
"Lennox hat sich immer noch nicht gemeldet!", ich sitze mit Marc im Streifenwagen und fahre gelangweilt durch die Gegend. Es ist verdammt ruhig auf den Straßen und kein Einsatz will uns zur Ablenkung dienen.
Da Lennox gestern so schnell weg war und diesen kleinen Nervenzusammenbruch hatte, machen wir uns alle Sorgen. Dass er sich überhaupt nicht meldet und auch nicht ans Telefon geht, schlägt mir unheimlich auf den Magen.
"Sollen wir mal bei ihm vorbeischauen?" Marc scheint genauso ein schlechtes Gefühl zu haben und deshalb kann ich seinem Vorschlag nur zustimmen. Nachdem mein Kollege auf dem Revier Lennox' Adresse erfragt hat, fahre ich sofort dorthin. "Wow. Der wohnt wirklich hier?", ich staune nicht schlecht, als wir vor dem riesigen Haus parken, doch Marc scheint nicht ganz Überzeugt zu sein: "Hm. Nach den Erzählungen zu urteilen, hätte ich eher auf eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, in der Nähe des Revier, getippt!" "Dafür, das er so oft läuft und sagt, dass er es nicht weit hat, ist das schon ein ordentliches Stück. Naja, schauen wir mal, was uns da erwartet!", ich öffne die Fahrertüre und steige, mit stetigen Blick auf das Haus, aus.
An der Haustüre angekommen, nehme ich das Klingelschild ins Visier. Auf dem aufwendig verschnörkelten Metall finde ich nicht wie erwartet den Namen Lennox Kraut vor, sondern K & M Kraut. Da zumindest der Nachname identisch ist, lege ich meinen Finger auf den Klingelknopf und kündige unsere Anwesenheit an. Es dauert gar nicht lange, bis uns eine ältere, ziemlich nett aussehende Frau die Türe öffnet. Sofort entgleisen ihr sämtliche Gesichtszüge: "Oh Gott.... Welchem meiner Jungs ist etwas passiert?" "Hallo! Tom Mayer mein Name, Polizei Köln. Das ist mein Kollege Marc Westernhoven. Wir sind nicht hier um schlechte Neuigkeiten zu überbringen, sondern um uns nach unserem Kollegen zu erkundigen!"
Die Frau atmet erleichtert auf und lächelt uns freundlich entgegen:
"Gott sei Dank! Sie haben mir einen großen Schrecken eingejagt! Dann geht es vermutlich um meinen Sohn Lennox, nehme ich an?" "Ja genau. Der ist heute nicht auf der Arbeit erschienen und da er nichts von sich hat hören lassen, wollten wir uns nur versichern, dass es ihm gut geht!", bringe ich ihr mein Anliegen entgegen, doch die Reaktion ihrerseits fällt eher überraschend statt wissend aus: "Aber warum kommen sie dann bei mir vorbei und schauen nicht bei ihm zuhause nach?"
Jetzt bin es ich, der ziemlich überrascht aussehen muss: "Er wohnt gar nicht hier?" "Kommen Sie doch bitte rein! Dann können wir uns unterhalten", die Hausherrin tritt ein Stück zur Seite und winkt uns in das Innere des Hauses. "Danke!", dicht gefolgt von meinem Kollegen, betrete ich den großzügigen Eingangsbereich und werde kurz darauf hingewiesen in den Raum, der links abzweigt, einzutreten.
Im Wohnzimmer angekommen, werden wir aufgefordert, auf dem Sofa Platz zu nehmen, was wir natürlich umgehend umsetzen. "Ich bin übrigens Marianne Kraut. Jetzt erzählen sie mir doch mal, warum sie hier bei mir auftauchen" Lennox' Mutter lässt sich in einem Sessel, direkt gegenüber von uns, nieder. "Wie gesagt, ist ihr Sohn heute nicht zur Arbeit erschienen. Wir wollten einfach mal nach dem Rechten schauen und sind somit zu seiner Meldeadresse gefahren!", erkläre ich ihr und verursache ein ziemlich heftiges Stirnrunzeln bei Frau Kraut: "Er wohnt nicht hier. Er ist vor über einem Jahr mit dieser Hexe zusammengezogen!"
Diese abfälligen Worte lassen mich sofort hellhörig werden, was auch die gute Frau bemerkt und leise vor sich hinseufzt: "Entschuldigen Sie meine Wortwahl... Es ist nur so, dass sich mein Junge stark verändert hat, seitdem er mit dieser Stella zusammen ist. Wissen sie, ich bin nur ungefähr sechs Monate im Jahr hier anzutreffen, das restliche halbe Jahr verbringe ich bei meinem Mann in Spanien. Lennox sehe ich wirklich selten... Seitdem er allerdings mit seiner Freundin zusammengezogen ist, hat er sich kaum noch gemeldet, geschweige denn hier blicken lassen. Er ist sehr still geworden, erzählt nichts mehr über sich und... Ich habe schon so oft versucht mit ihm zu reden, da ich der Meinung bin dass da etwas nicht stimmt... Aber er blockt immer wieder ab!"
Bei mir schrillen plötzlich sämtliche Alarmglocken und als ich Marc anschaue, erkenne ich auch bei ihm sofort auftretende Sorge. "Könnten Sie uns denn seine richtige Adresse mitteilen? Wir würden uns wirklich gerne davon überzeugen, dass es ihm gut geht!" Auf meine Bitte geht Frau Kraut sofort ein: "Natürlich. Das ist die Sterngasse 16. Im vierten Stock eines Mehrfamilienhauses. Die Freundin heißt Stella Knittel", kaum hat Lennox' Mutter ihren Mund geschlossen, läuft mir ein eiskalter Schauer über den Rücken.
Cem hat mir beim Schichtwechsel erzählt, dass sie dort gestern einen Einsatz hatten, da angeblich über eine Stunde lang Schreie zu hören waren. Als sie jedoch dort angekommen sind, war alles mucksmäuschenstill und die Melderin war nicht vorzufinden.
Auf das Klingeln, an der ein oder anderen Haustüre, haben nur zwei Leute reagiert. Eine alte Frau, die schon dem normalen Gespräch nicht folgen konnte, da sie kaum etwas hört und ein Mann mittleren Alters, der schon das ein oder andere Date mit seiner Bierflasche hinter sich hatte.
Das, was mich am meisten beunruhigt, ist die Tatsache, dass dort schon mehrmals solche Fälle gemeldet wurden, jedoch alle Ermittlungen im Sand verliefen.
Mittlerweile sind die Kollegen schon davon ausgegangen, dass hier mutwillig Falschmeldungen getätigt wurden, denn egal wen sie angetroffen haben, niemand wollte etwas gesehen oder gehört haben.
"Frau Kraut, vielen Dank für Ihre Hilfe. Wir werden uns dann mal auf den Weg machen und nach Lennox schauen!", da ich jetzt keine Minute mehr verschwenden möchte, unterbreche ich unser kurzes Gespräch, erhebe mich vom Sofa und reiche Lennox' Mutter meine Hand zum Abschied.
"Sehr gerne, Herr Mayer. Sie würden mich doch informieren, falls mit meinem Jungen irgendetwas sein sollte oder?" "Natürlich. Machen Sie sich darum keine Gedanken. Schönen Tag noch!", nachdem ich mich von der älteren Frau abgewandt habe, verabschiedet sich auch Marc von ihr und schiebt mich mit etwas Druck aus dem Haus hinaus.
Kaum sitzen wir im Streifenwagen, starte ich den Motor und brettere anschließend durch die Innenstadt, um so schnell wie möglich an unser Ziel zu gelangen. "Ich hoffe, dass das nichts miteinander zu tun hat!", nuschelt Marc vor sich hin und fährt sich ein paar Mal mit der Hand durch sein Gesicht.
"Hoffe ich auch!"
Vor dem Mehrfamilienhaus angekommen, steuert eine blonde Frau auf die Eingangstüre zu, die mir ziemlich bekannt vorkommt. Gerade als ich meinen Fuß aus dem Streifenwagen setzte, versuche ich einfach mal mein Glück: "Frau Knittel?"
Bingo!
Die Blondine wendet sich uns zu und verzieht für einen Augenblick ihr Gesicht, nur um kurz darauf ihr schönstes Lächeln aufzulegen: "Hallo. Kann ich Ihnen helfen?" "In der Tat. Wir würden gerne mit ihrem Freund, Herrn Kraut, sprechen!" Bis wir den kurzen Weg zu der Eingangstüre überbrückt haben und selbst davor stehen, habe ich noch keine Antwort erhalten. Erst als Marc sich räuspert, kommen ihr ein paar Worte über die Lippen: "Der ist nicht da!" "Wo ist er denn?", will ich wissen und verschränke die Arme vor meiner Brust, was Frau Knittel keinesfalls zu beeindrucken scheint. "Was weiß ich. Bin doch nicht seine Mutter!", mit diesen Worten möchte sie uns einfach stehen lassen und sich in das Treppenhaus flüchten, doch Marc hält sie mit energischer Stimme auf: "Stehen bleiben! Wir sind noch nicht fertig!"
"Was ist denn noch?", fragt sie genervt und schenkt uns ein paar abfällige Blicke.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro