Unspoken Changes
Die Wochen verstrichen, und mit ihnen schlichen sich Veränderungen in meinen Alltag, die ich zunächst ignorierte.
Kleine Dinge – nicht der Rede wert. Ein flaues Gefühl im Magen, das kam und ging. Ein seltsames Verlangen nach Lebensmitteln, die ich sonst nie angerührt hätte. Müdigkeit, die sich schwerer anfühlte als sonst.
Heute war einer dieser Tage, an denen ich mich einfach nicht wohlfühlte. Mein Bauch schmerzte dumpf, nicht unerträglich, aber unangenehm genug, dass ich mich schwerfällig auf das Sofa sinken ließ. Vor mir auf dem Couchtisch stand eine Schale mit geschnittenen Gurken – in Schokolade getränkt. Eine absurde Kombination, die mich seltsamerweise beruhigte.
Ich schob mir ein Stück in den Mund, während ich in mein Notizbuch kritzelte. Worte, die keinen Sinn ergaben, Sätze, die ich gleich wieder durchstrich.
Jisung kam aus dem Atelier, seine Hände noch leicht mit Farbresten verschmiert. Sein Blick fiel sofort auf mich, dann auf meine ungewöhnliche Mahlzeit.
„Gurken mit… Nutella?“ fragte er skeptisch und setzte sich neben mich.
Ich seufzte, kaute weiter und tat so, als hätte ich ihn nicht gehört.
„Schreibst du?“ Er lehnte sich an meine Schulter, versuchte, einen Blick auf mein Notizbuch zu erhaschen.
„Nein“, murmelte ich und schlug es zu.
„Du bist gereizt heute“, stellte er fest und zog leicht an meinem Ärmel.
„Bin ich nicht“, entgegnete ich schärfer, als ich wollte.
Jisung zog sich zurück, blinzelte mich überrascht an. Ein Schatten huschte über sein Gesicht, ein verletzter Ausdruck, der mir sofort ein schlechtes Gewissen machte.
Doch anstatt mich zu entschuldigen, wandte ich den Blick ab und griff nach einer weiteren Gurkenscheibe.
„Minho…“ Seine Stimme war leise, fast vorsichtig.
„Stimmt irgendwas nicht?“
Ich biss auf die Innenseite meiner Wange, wollte eine beiläufige Antwort geben, wollte das Thema wechseln – doch mir fiel nichts ein. Also schwieg ich.
Jisung ließ mir einen Moment Zeit, doch als ich nicht antwortete, stand er schließlich auf. „Ich bin im Atelier, falls du mich brauchst.“ Seine Worte waren neutral, aber ich kannte ihn zu gut.
Ich hörte, wie er sich entfernte, wie die Tür hinter ihm leise ins Schloss fiel. Ein tiefer Seufzer entwich mir, während ich mir über die Augen rieb.
Irgendwas stimmte nicht. Und langsam wurde es unmöglich, es zu ignorieren.
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Jisung saß auf seinem Hocker, vertieft in seine Arbeit, als ich mich ihm näherte. Sein Rücken war leicht nach vorne gebeugt, die Kopfhörer über seinen Ohren, während er mit vorsichtigen Pinselstrichen an seinem Gemälde arbeitete.
Ich stand einen Moment in der Tür und betrachtete ihn.
Die Art, wie er sich in seine Kunst verlor, war faszinierend. Jisung hatte eine natürliche Eleganz in seinen Bewegungen, selbst wenn seine Finger mit Farbe beschmiert waren und er unbewusst seine Zunge leicht zwischen die Lippen klemmte, während er konzentriert war.
Ein warmes Gefühl breitete sich in meiner Brust aus, doch es wurde schnell von dem unangenehmen Ziehen in meinem Bauch überlagert – nicht nur physisch, sondern auch emotional. Ich hatte ihn angefahren, ohne es zu wollen. Und jetzt war da dieses drängende Bedürfnis nach Nähe, nach seiner Wärme, nach dem leichten Druck seiner Arme um mich.
Also trat ich leise hinter ihn, legte meine Hände sanft auf seine Schultern und zog ihn vorsichtig an mich. Mein Kinn ruhte gegen seinen Scheitel, meine Arme schlangen sich um seinen Oberkörper, hielten ihn fest.
Jisung zuckte kurz, dann setzte er den Pinsel ab und griff mit einer Hand nach seinen Kopfhörern. Mit ein paar Farbklecksen auf der Schale zog er sie ab und drehte leicht den Kopf, um mich anzusehen.
„Min?“ Seine Stimme war sanft, aber neugierig. Keine Spur von Ärger, nur dieses tiefe Verständnis, das er immer für mich hatte. „Was ist los?“
Ich schüttelte leicht den Kopf, mein Gesicht in der Kuhle zwischen seiner Schulter und seinem Hals verbergend. „Tut mir leid“, murmelte ich gegen seine Haut und drückte einen Kuss in die warme Stelle unter seinem Ohr.
Jisung seufzte leise, aber es klang nicht frustriert – eher wie ein lautloses ‚Ich wusste, dass du so kommst‘. Seine Hand, immer noch mit getrockneter Farbe an den Fingerspitzen, legte sich sanft auf meinen Unterarm, strich langsam darüber.
„Schon okay“, sagte er nach einem Moment. „Aber du bist heute anders.“
Ich antwortete nicht sofort. Stattdessen zog ich ihn noch ein wenig näher, als könnte ich mich in ihm vergraben. Die Wärme seines Körpers beruhigte mich mehr, als ich zugeben wollte.
„Ich weiß nicht“, gab ich schließlich zu. „Ich fühl mich nur… komisch.“
Jisung drehte sich halb in meinen Armen, sodass er mich richtig ansehen konnte. Seine dunklen Augen musterten mich aufmerksam, forschend. „Wie komisch?“
Ich zögerte.
Denn die Wahrheit war – ich wusste es nicht genau. War es nur Stress? Oder war es mehr?
Aber gerade jetzt wollte ich nicht nachdenken. Ich wollte nur ihn. Seine Berührungen, seine Stimme, die Art, wie er mir mit nur einem Blick das Gefühl gab, dass alles in Ordnung sein würde.
„Ich brauch dich einfach gerade“, murmelte ich.
Jisung blinzelte kurz überrascht, dann wurde sein Blick weicher. Ohne ein weiteres Wort zog er mich näher und lehnte seine Stirn gegen meine.
„Dann bleib hier.“
Jisung sah mich einen Moment lang an, als wollte er noch etwas sagen, doch dann schüttelte er leicht den Kopf und wandte sich wieder seinem Gemälde zu. Ich ließ ihn nicht los, selbst als er sich nach vorne beugte, um weiterzumalen.
Dann, ohne groß darüber nachzudenken, quetschte ich mich neben ihn auf den kleinen Hocker. Es war eng, viel zu eng, aber ich ließ mich nicht davon abhalten.
Meine Seite drückte gegen seine, meine Arme noch locker um ihn gelegt, während er mich schief ansah.
„Minho…“ Ein amüsiertes Lächeln zuckte um seine Lippen. „Das ist kein Platz für zwei.“
„Ist mir egal“, murmelte ich und legte mein Kinn auf seine Schulter.
Er schnaubte leise, aber ich konnte fühlen, dass er grinste. Dann nahm er den Pinsel wieder auf und tauchte ihn in einen dunkleren Blauton, seine Hand bewegte sich mit fließender Leichtigkeit über die Leinwand. Ich beobachtete ihn, die Art, wie er jeden Strich mit Bedacht setzte, wie er manchmal kurz innehielt, um seine Arbeit zu begutachten.
„Was malst du?“ fragte ich leise.
„Noch nicht sicher“, antwortete er. „Ich hatte erst eine Idee, aber dann hab ich einfach angefangen.“
Ich betrachtete die Leinwand genauer. Die Farben waren kräftig, Blautöne mischten sich mit tiefem Violett und einem Hauch von Gold.
Es hatte etwas Surreales, fast Traumhaftes.
„Sieht aus wie… Nacht?“
Jisung nickte leicht. „Vielleicht. Es ist eher ein Gefühl als ein Motiv.“
Ich summte nachdenklich und ließ meinen Blick von der Leinwand zurück auf ihn gleiten.
Seine Stirn war leicht gerunzelt, seine Lippen leicht geöffnet, während er konzentriert arbeitete.
Ohne es zu merken, rutschte ich noch näher an ihn heran, meine Finger strichen sanft über seinen Arm, fühlten die Wärme seiner Haut.
Jisung malte weiter, doch sein Atem wurde ein wenig unruhiger. „Du lenkst mich ab“, murmelte er, ohne mich anzusehen.
„Mhm.“ Ich schloss kurz die Augen, genoss einfach die Nähe.
Er seufzte und stellte den Pinsel zur Seite. „Minho… was ist los mit dir heute?“
Ich überlegte, ob ich ihm eine ehrliche Antwort geben sollte. Dass sich alles in mir seltsam anfühlte. Dass ich mich nach seiner Berührung sehnte, als wäre sie das Einzige, das mich zusammenhielt.
Aber stattdessen zuckte ich nur mit den Schultern. „Ich mag’s, dir zuzusehen.“
Jisung schüttelte schmunzelnd den Kopf, griff nach einem sauberen Pinsel und tippte mir mit der Spitze sanft auf die Nase.
„Dann sei ein braver Zuschauer.“
Ich verzog das Gesicht, ließ es aber zu, dass er wieder zum Malen zurückkehrte.
Und obwohl ich ihn störte, sagte er nichts weiter. Vielleicht, weil er wusste, dass ich genau hier sein musste.
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