Home Sweet Home
Ich wusste, dass es eine schlechte Idee war, aber trotzdem saß ich hier.
In diesem Haus, in dem jeder Zentimeter mich daran erinnerte, dass ich nie ganz so sein konnte, wie sie es wollten.
Das Essen war bereits abgeräumt, doch die Atmosphäre am Tisch blieb schwer. Mein Vater saß mit verschränkten Armen am Kopfende, meine Mutter starrte auf ihren Tee, als könnte er die Situation irgendwie entschärfen.
„Minho.“ Mein Vater sprach ruhig, fast sanft – aber ich kannte diesen Tonfall. „Wir müssen reden.“
Ich sagte nichts, wartete nur.
„Jisung.“
Natürlich.
Ich lehnte mich zurück, verschränkte die Arme. „Natürlich.“
Mein Vater seufzte.
„Ich verstehe, dass du denkst, er wäre dir wichtig. Aber du musst realistisch sein. Eine Beziehung wie eure… sie kann auf Dauer nicht funktionieren.“
Ich lachte leise. „Nicht funktionieren? Weil wir glücklich sind?“
„Glück ist nicht alles, Minho.“
„Ach nein?“ Ich sah ihn direkt an. „Dann sag mir doch, was wichtiger ist. Geld? Macht? Die verdammte Familiehre?“
„Es geht nicht nur um uns.“
Mein Vater klang immer noch viel zu gelassen. „Du hast eine Verantwortung. Und du weißt selbst, wie knapp es war, das letzte Mal. Ihr hättet euch fast getrennt, Minho. Weil du dir aber Gefühle einredest, seit ihr noch zusammen.“
Meine Kiefermuskeln spannten sich an. Ja. Ich hatte gezweifelt.
Sie hatten ihn in die Enge getrieben, Jisung eingeredet, dass ich ohne ihn besser dran wäre, dass ich er mich nur mit in sein Chaos zog. Und für einen Moment – einen winzigen, elenden Moment – hatte er es geglaubt.
Ich stand abrupt auf.
„Ich verschwende hier meine Zeit.“
Meine Mutter griff nach meinem Handgelenk. „Minho, bitte.“
Ich zog meine Hand sanft weg. „Ihr werdet eure Meinung nie ändern. Und ich werde Jisung nie verlassen.“
Mein Vater schwieg, sein Blick kalt. Ich drehte mich um und verließ das Haus.
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Hyunjin und Chan saßen bereits am Tisch, als ich das Café betrat. Hyunjin winkte mich heran, Chan musterte mich aufmerksam.
„Wie war’s?“ fragte Chan ruhig.
Ich ließ mich auf den Stuhl fallen. „Wie immer.“
Hyunjin verdrehte die Augen.
„Ich verstehe nicht, warum du überhaupt noch hingehst.“
Ich seufzte.
„Vielleicht, weil ich immer noch hoffe, dass sich irgendwas ändert.“
Chan rührte in seinem Kaffee. „Und?“
Ich lachte trocken. „Natürlich nicht.“
Das Gespräch lief normal weiter – über Chans Studenten, Hyunjins neues Kunstprojekt, irgendeine nervige Nachbarin.
Ich versuchte, mich darauf zu konzentrieren, das Thema von mir wegzulenken. Doch natürlich kam es irgendwann zurück.
„Und Jisung?“ fragte Chan schließlich.
Ich spannte mich unwillkürlich an. „Was ist mit ihm?“
„Wie geht er damit um? Dass deine Eltern immer noch… na ja.“
Ich zuckte mit den Schultern.
„Er redet nicht viel darüber. Ich glaube, er will nicht, dass ich mir Sorgen mache.“
„Und machst du dir Sorgen?“ fragte Hyunjin.
Ich presste die Lippen zusammen. Natürlich tat ich das. Jisung tat immer so, als würde ihn das alles nicht treffen, aber ich kannte ihn. Ich wusste, dass es ihn belastete. Und ich wusste, dass meine Eltern es nur schlimmer machten.
„Ich hab einfach keine Lust mehr auf das ganze Drama“, murmelte ich.
Chan lehnte sich zurück. „Dann sag es ihnen.“
„Hab ich.“ Ich schnaubte. „Hat’s was gebracht? Nein.“
Hyunjin legte eine Hand auf meine Schulter. „Minho. Niemand zwingt dich, sie in deinem Leben zu behalten.“
Ich starrte auf meine Kaffeetasse. „Ich weiß.“
Ich wusste, dass Hyunjin recht hatte. Niemand zwang mich, den Kontakt zu halten. Niemand außer mir selbst. Und doch saß ich hier, immer noch mit diesem Knoten in der Brust, immer noch mit den Worten meines Vaters in meinem Kopf.
„Ich hätte einfach nicht hingehen sollen“, murmelte ich und rieb mir über das Gesicht.
Hyunjin stieß ein kurzes Lachen aus. „Sag ich doch.“
Chan sah mich an, sein Blick war ruhig, aber ernst.
„Minho, irgendwann musst du für dich selbst entscheiden, ob du diesen Kampf weiterführen willst.“
Ich fuhr mir durchs Haar. „Es ist nicht so einfach.“
„Doch“, sagte Hyunjin bestimmt. „Es ist deine Entscheidung. Entweder du gibst einen Scheiß darauf, was sie sagen, oder du lässt sie dich immer weiter kaputtmachen.“
Ich zuckte die Schultern. „Ich hab ihnen gesagt, dass ich Jisung nie verlassen werde.“
Chan nickte. „Und das war wichtig. Aber was, wenn sie nie aufhören? Wenn sie jedes Mal, wenn du dort hingehst, versuchen, Zweifel in dir zu säen?“
Ich wusste, was er meinte. Und ich hasste es, dass er recht hatte.
Hyunjin seufzte, nahm einen Schluck von seinem Tee. „Wie geht’s Jisung eigentlich?“
Ich sah auf. „Gut. Zumindest sagt er das.“
„Aber du glaubst ihm nicht?“
Ich drückte die Lippen aufeinander. „Ich kenne ihn. Er tut immer so, als würde ihn das alles nicht berühren. Aber ich merke es. Ich merke es an den Nächten, in denen er länger wach bleibt. An der Art, wie er manchmal mitten im Gespräch abschweift. An den Tagen, an denen er sich noch tiefer in seine Arbeit stürzt, als würde er vor irgendwas weglaufen.“
Hyunjin runzelte die Stirn. „Hast du mit ihm darüber geredet?“
Ich schüttelte den Kopf. „Er sagt immer, es ist nichts. Und ich will ihn nicht noch mehr belasten.“
Chan legte sein Notizbuch beiseite und sah mich durchdringend an. „Minho. Er ist dein Partner. Er sollte nicht das Gefühl haben, dass er das alles alleine tragen muss.“
Ich fuhr mir über das Gesicht. „Ich weiß.“
Es war still für einen Moment. Draußen ging langsam die Sonne unter, tauchte das Café in warmes Licht.
„Geh nach Hause“, sagte Hyunjin schließlich. „Red mit ihm. Oder halt ihn einfach fest. Aber tu nicht so, als wäre alles normal, wenn es das nicht ist.“
Ich nickte langsam. Vielleicht hatte er recht. Vielleicht war es Zeit, endlich mit Jisung zu reden.
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