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Heute
🅷🅰🆁🆁🆈
Gedankenverloren spiele ich mit dem Zipfel der Decke und bekomme nur nebenbei mit, wie Louis seiner kleinen Schwester etwas ins Ohr flüstert. Wir schauen uns gerade einen Film an, jedoch kann ich mich kaum konzentrieren.
Vor zwei Stunden habe ich zuletzt mit Henry gesprochen und auch wenn er meinte, dass es okay für ihn wäre, wenn ich die Woche bei Louis und Angelina bleibe, habe ich aus seiner Stimme herausgehört, dass es ihm nicht sonderlich gefällt. Immerhin war ich die letzten Monate nicht bei ihm und jetzt bleibe ich für eine Woche wieder woanders. Mir würde es wahrscheinlich auch nicht gefallen, wenn Henry so lange woanders ist, kurz nachdem er aus dem Krieg wieder nach Hause gekommen wäre.
Aber jetzt bin ich hier bei Louis und seiner kleinen Schwester, die ich die letzten Monate und Jahre vermisst habe. Und jetzt bin ich hier. Bei zwei Personen, die mir unglaublich viel bedeuten.
„Gute Nacht Harry." Angelina steht plötzlich vor mir und lächelt mich an, worauf ich mich aufsetze und sie in eine Umarmung ziehe. „Gute Nacht, Angel. Schlaf gut.", flüstere ich und hauche einen Kuss auf ihre Haare. „Du auch. Bis morgen." Lächelnd nicke ich und löse mich von ihr, während sie auf ihren Bruder zugeht, der neben der Couch steht und auf seine Schwester wartet. „Ich gehe sie kurz ins Bett bringen, wenn was ist, ruf einfach." Ich nicke dankend und schaue den beiden hinterher, wie sie die Treppen hoch verschwinden und ich allein bin.
Allein mit dem Fernseher im Hintergrund und den Stimmen, die aus diesem entweichen. Besser, als die Stille, vor welcher ich mich seit wenigen Monaten so sehr fürchte. Allein zu sein ist kaum möglich für mich, weshalb ich momentan auch bei Henry wohne. Seine Wohnung hat einen Aufzug, meine leider nicht, weshalb ich nach meinem Auslandseinsatz dort auch nicht mehr war.
Wenn ich mit Louis zusammen bin, ist die Stille vollkommen okay, beinahe entspannend, weil ich seinem Herzschlag lauschen kann, aber wenn ich bei Henry bin, brauche ich immer etwas Musik im Hintergrund. Einfach etwas, was mir zeigt, dass ich nicht allein bin. Auch beim Schlafen.
Jetzt ist es der Fernseher, der mich ein wenig ablenkt, bis mein Handy anfängt zu klingeln und ich lächelnd feststelle, dass es Henry ist, der mich über den Videochat anruft. „Hey Schatz.", begrüßt er mich und setzt sich ans Kopfteil, während ich mich wieder auf die Couch lege und das Kissen unter meinem Kopf etwas umarme. „Hey", sage ich dann und lächle ihn durch die Kamera hinweg an. Er ist oberkörperfrei und kratzt sich gerade am Hinterkopf, sodass seine Muskeln deutlich zu sehen sind. Die Tage, an denen wir vor dem Einsatz gemeinsam trainiert haben, vermisse ich in meiner jetzigen Situation um so mehr.
Er geht jeden Tag nach der Arbeit trainieren, für mich fängt die Physiotherapie jetzt erst wieder an. Ich kann meine Beine nicht trainieren und nichts anderes im Stehen machen. Ich muss erstmal üben, überhaupt mit den Krücken vernünftig laufen zu können. Ich brauche mehr Muskeln in meinen Armen, um mich auf den Krücken aufrecht zu halten, während Henry einfach alles trainieren kann, was er will.
„Was macht ihr gerade? Störe ich?" Ich schüttle den Kopf. „Louis geht Angelina gerade ins Bett bringen. Ich weiß nicht, wie lange er noch weg ist, aber wir schauen einen Film.", sage ich dann und schaue ihn danach für einen Moment schweigend an. Seine blonden Locken, welche jetzt nicht mehr zurückgegelt sind, sondern locker von seinem Kopf hängen. Etwas länger als bis zu seinem Kinn, aber es steht ihm. Ohne die Uniform sieht er aus, wie einer der typischer Jungs, die jeden Tag nur surfen. Nur die blauen Augen und das Muschelarmband fehlen.
Die kleine Zahnlücke zwischen seinem Linken Eck- und Schneidezahn, da er nie eine Zahnspange getragen hat, um diese Lücke zu schließen. Und die Narbe an seinem Hals, weil er als Jugendlicher nur Blödsinn im Kopf hatte. Wir beide sind so vollkommen unterschiedlich und trotzdem haben wir es irgendwie geschafft, zusammenzukommen. „Und du? Bist du gut angekommen?", wechsle ich das Thema.
„Ja, ich stand im Stau. Ich bin eben nur schnell duschen gegangen und bin dann ins Bett. Aber ich wollte dich anrufen, bevor ich schlafen gehe und sagen, dass ich dich liebe." Lächelnd nicke ich und forme einen Kussmund. „Das ist süß von dir, Henry."
So weit, ihm zu sagen, dass ich ihn liebe, bin ich noch nicht. Um ehrlich zu sein bin ich ein wenig unsicher. Wir sind seit Monaten zusammen, ich genieße die Zeit mit ihm, aber die Liebe meines Lebens ist er nicht. Er hat mir zwar gezeigt, dass es okay ist, schwul zu sein, jedoch habe ich es vor ihm schon gemerkt. Zugeben wollte ich es jedoch noch nie.
„Was ist los?" Ich zucke zusammen und stelle fest, dass Louis an einem der Stühle am Esstisch steht und mich verwundert anschaut. „Was?", frage ich und schaue auf mein Handy, wo Henry mich lächelnd anschaut und sich durch die Haare fährt. „Alles okay? Du siehst so aus, als würde es dir nicht gutgehen.", erklärt er und deutet auf mein Handy. „Ich bin nur müde.", flüstere ich und schlucke.
Louis nickt und verschränkt die Arme vor der Brust. Das graue Shirt und die Jogginghose passen perfekt zu ihm. Das habe ich damals schon so sehr an ihm geliebt. Seinen schlichten Kleidungsstil, der trotz Jogginghose nicht schlecht aussieht. Die Jogginghosen stehen ihm und sehen keinesfalls so aus, als würde er aus dem letzten Kaff kommen. Louis kann Jogginghosen tragen, während sie bei allen anderen Männern unmöglich aussehen.
„Schatz?" Ich schaue wieder auf mein Handy, wo Henry mich anschaut und eine Augenbraue hebt. „Ich gehe schlafen. Ich vertraue dir." Ich nicke und zwinge mich zu einem Lächeln auf. Es ist Henry gegenüber nicht fair, er liebt mich. „Schlaf gut und schreib mir, wenn du morgen gut angekommen bist.", flüstere ich und beiße mir auf die Lippe. „Mache ich. Wir telefonieren morgen Abend, ja?" Ich nicke und winke in die Kamera. „Bye." Er nickt und legt im nächsten Moment auf.
Als ich mein Handy auf den Tisch lege, kommt Louis wieder zu mir und hustet in seine Armbeuge, bevor er sich so setzt, dass er schräg neben meinem Kopf auf der Couch sitzt. „Alles okay?", flüstert er und fährt über meinen Kopf, worauf ich die Augen schließe. „Ich weiß es nicht, ich schätze nicht.", sage ich ehrlich und rutsche etwas zu ihm hoch, um meinen Kopf auf seinem Oberschenkel ablegen zu können. „Willst du drüber reden?" Tatsächlich überlege ich es, ihm zu sagen, entscheide mich jedoch dagegen. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um über sowas zu reden. „Heute nicht.", murmle ich und höre Louis tief durchatmen.
„Ich werde dir zuhören, wenn du reden möchtest, ja? Ich werde warten.", flüstert er und lächelt mich an, als ich meinen Kopf etwas drehe. „Danke Louis." Er nickt nur und lehnt sich zu mir runter, um einen Kuss auf meine Stirn zu hauchen. „Seit wann machst du sowas?", schmunzle ich und greife nach seiner Hand. „Auf der Base hast du das auch schon gemacht und jetzt auch.", erkläre ich lächelnd, während ich unsere Hände auf meine Brust lege. „Ich weiß es nicht, tut mir leid. Ich weiß, das ist unangemessen." Er will seine Hand aus meiner ziehen, jedoch verstärke ich den Griff und schüttle kaum merklich den Kopf. „Es ist nicht unangemessen. Ich mag es.", lächle ich und schaue Louis an. „Aber dein Freund, Harry. Das hier solltest du mit ihm machen.", entgegnet er enttäuscht und zieht seine Hand aus meiner.
„Er wird es verstehen. Wir haben uns zwei Jahre nicht mehr gesehen." Louis schüttelt den Kopf und drückt mich von sich, sodass ich auf der Couch liege und er aufsteht. „Ich gehe ins Bett. Du kannst gerne noch etwas wachbleiben. Die erste Tür links ist ein Gästezimmer, da kannst du schlafen. Das Badezimmer ist die zweite Tür, aber das weißt du ja. Wenn was ist, du weißt, wo du mich findest." Enttäuscht nicke ich und schaue Louis hinterher, wie er wenig später in seinem Schlafzimmer verschwindet und mich auf der Couch zurücklässt. Allein.
Nach einem Moment konzentriere ich mich auf die Stimmen im Fernsehen, merke aber, dass es mich nicht ablenkt. Nachdem ich ein paar mal tief durchgeatmet habe, fange ich an, etwas zu summen und kuschle mich in die Decke. Ich bin zu weit gegangen, das ist mir klar, aber es ist zu spät. Louis zieht sich von mir zurück, weil ich einen Freund habe. Damals war das eine weitere Regel zwischen uns beiden.
Sollte der andere eine Freundin bekommen, stehen wir trotzdem noch an erster Stelle.
Und das versucht Louis zu verhindern. Er macht dicht und versucht mich von sich zu schieben. Im wahrsten Sinne des Wortes.
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