XVIII
Verbissen kämpfte Jay weiter gegen seinen beinahe unsichtbaren Feind, der ihm jedes Mal ein Stückchen mehr überlegen zu sein schien. Im Gegenteil, seine formlose, dunkle Gestalt erlaubte es ihm, sich wie eine Schlange durch die Wracks der aufgemotzten Karren fortzubewegen und keine einzige Spur zu hinterlassen. Mithilfe seiner vielen Greifarme konnte er sogar die Scheinwerfer oder andere Bauteile heraus reißen, um sie dann nach dem tapferen Lockenkopf zu werfen und lachte sich kringelig, wenn Jay mal unachtsam war. Doch er hatte die Rechnung ohne den Rider gemacht...
Die Feuerbrunst hatte mich nicht getroffen, doch meine College - Jacke war etwas versengt worden und auch meine Haare litten unter der Hitze. Ich ballte die Fäuste, Zeit, dieser Kreatur Einhalt zu gebieten.
Draußen auf dem Gehweg johlten die Schaulustigen, als ich wieder vor ihnen auftauchte und mich in Pose für ihre Fotos warf. Die konnten wohl nicht genug von mir bekommen...
Die Freude währte jedoch nicht lange, aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass sich ein kleines Mädchen von der Gruppe gelöst hatte und auf die zerstörten Autos zu stapfte. Und wenige Meter entfernt lauerte das Tentakel - Monster und wartete auf sein Opfer....potenziell ich, aber es konnte absolut jeden ins Visier genommen haben. Wenn diese Kreatur der Kleinen etwas antun sollte, dann -
Nun hatten es auch die Erwachsenen gemerkt und schrien wild durcheinander, der Parasit gackerte laut. Er veränderte seine Gestalt und wurde zu einer Katze mit giftgrünen Augen, die mitten auf dem Dach eines Ferraris lag und vorgab, nicht herunter springen zu können.
Das war neu...
„Oh, bist du aber süß!“, murmelte das Mädchen und begann, auf den Stapel Autos zu klettern, als wäre es nur eine harmlose Kletterwand in einem Freizeitpark. „Warte, ich hol dich runter!“
Das Tier maunzte und machte einen Buckel, während es dort oben seine Maskerade so echt wie möglich darstellte. Fast glaubte ich, den Parasiten sogar lächeln zu sehen...
Wie gelähmt sahen die Umstehenden zu, wissend, dass sie nichts tun konnten. Zwei der Zuschauer, offenbar die Eltern der Kleinen, schlugen entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen. Ich musste eingreifen.
„FASS SIE NICHT AN!“, brüllte ich, als das Mädchen oben angekommen war und die Finger nach der (wer's glaubt!) hilflosen Katze ausstreckte. „HÖRST DU, DU DARFST NICHT...“ Endlich drehte sich die Kleine nach mir um, ihre Augen weiteten sich. Tja, es passierte wohl nicht alle Tage, dass jemand mit Superkräften für Recht und Ordnung sorgte...
Ich flog zu ihr hin und bedeutete ihr, zurück nach unten zu klettern, wie sie es vorhin gemacht hatte. Doch sie hatte zu viel Angst, um es nochmal zu probieren, das konnte ich sehen. Hinter ihr nahm der Parasit langsam seine wahre Gestalt an und die Greifarme streckten sich gierig nach ihrem Bein aus...
Das Mädchen stieß einen ohrenbetäubenden Schrei aus und geriet ins Straucheln, der Griff um ihr Bein lockerte sich. Oh Nein, gleich würde sie in die Tiefe stürzen...
Ohne wirklich wissen zu können, was ich da gerade tat, breitete ich die Arme aus und stellte mir einen riesigen Wirbelsturm vor, wie neulich in Peru. Es dauerte eine ganze Weile, doch dann verdunkelte sich der Himmel und eine steife Brise fegte über den Asphalt, riss ein paar Blätter mit und formte sich vor den verdutzten Blicken der Passanten zu einem gigantischen Tornado.
Ich konnte es selbst kaum glauben, aber jetzt standen wichtigere Dinge auf dem Spiel. Ich nutzte die geballte Kraft der Windhose, um sie zu dem kleinen Mädchen zu lenken und es somit sicher nach unten, direkt in die Arme seiner Mutter, segeln zu lassen. Für den Parasiten ging das Ganze nicht so gut aus, er wurde von der Luft im hohen Bogen davon geschleudert und war kurz darauf nicht mehr zu sehen.
Überglücklich, dass sich die Situation endlich beruhigt hatte, schauten mich die Eltern der Kleinen dankbar an:
„Du...du hast unsere Lisa gerettet! Das werden wir dir nie vergessen, vielen vielen Dank!“
Ich grinste. Offenbar hatte ich bereits Verehrer gefunden!
„Ach, keine Ursache. Dafür bin ich ja da...aber jetzt muss ich weitermachen, die Pflicht ruft!“
Ich schwebte direkt über die Köpfe der Menschen hinweg und rief ihnen noch ein letztes Mal, in der tiefsten Heldenstimme wie möglich, zu:
„Ruft die Feuerwehr an, damit das Chaos hier weg geschafft werden kann. Wahrscheinlich wird es keinen großen Schadenersatz geben, aber gebt euch mit dem zufrieden. Niemand ist verletzt worden und das ist die Hauptsache - versprecht mir eins: Ihr alle, was ihr auch geglaubt habt, gesehen zu haben, werdet kein einziges Wort über diesen Tag verlieren, in Ordnung? Falls auch nur ein kleines Fitzelchen davon publik wird, wird es Chaos wie dieses bald überall auf der Welt geben, hüllt euch in Schweigen. Tut es für die Sicherheit dieser Stadt und der ganzen Erde!“
Ich wandte mich ab und wollte Richtung Irgendwohin los preschen, da hielten mich die Eltern von Lisa zurück.
„Warte noch. Wie...wenn wir Hilfe brauchen...wie sollen wir dich rufen? Wer bist du?“
Ich schmunzelte. Auch, wenn meine wahre Identität geheim bleiben musste, konnte ich mir zumindest ein cooles Synonym überlegen. Und ich wusste auch schon, was.
„Storm Boy stets zu Diensten!“
Kurz darauf war ich auf und davon. Das Interview war beendet und der Tag gerettet.
Dachte ich zumindest...
Während Joon durch die verwinkelten Gassen Kölns zum „Sender“ der Botschaft in seinem Gedächtnis hetzte, wurde er beobachtet.
Zwei stechende Augenpaare blitzten hinter einem Hauseingang hervor und nahmen jede Bewegung des Koreaners auch noch von weitem in sich auf.
Eine Statusanzeige leuchtete in seinem Blickfeld auf, die der Cyborg schon oft zu Gesicht bekommen hatte. Dieser Junge war nicht der, der er zu sein schien.
Name: Joon Kim
Alter: Unbekannt
Wohnort: Köln
Herkunft: Südkorea
Hobbies: Unbekannt
Status: Normal, evtl. Anzeichen von innerer Unruhe - ERFOLGREICH LOKALISIERT!
Er war dankbar, dass sein Schöpfer diese Funktion in ihn programmiert hatte. Zu ihm gab es ebenfalls etwas zu berichten:
Name: Malik Johnson
Alter: 26 oder älter
Wohnort: Köln
Herkunft: USA
Hobbies: vor der Polizei flüchten, im Knast sitzen(gelegentlich, zurzeit auf Bewährung)
Status: ???
In der Vergangenheit hatte Johnson schreckliche Dinge getan, ganz zu schweigen von der Schießerei an der Uni - das war Schnee von gestern. Dinge, die zu schrecklich waren, um sie überhaupt noch hervor zu kramen. Selbstjustiz war eins davon gewesen, gefolgt von illegalen Machenschaften in irgendwelchen Gangs oder verbotene, wissenschaftliche Experimente an Wesen wie ihm. Schließlich war dem Cyborg keine andere Wahl als sein nächtlicher Ausbruch geblieben. Und irgendwie musste er jetzt auch den Freund von Johnson aufspüren und ihn vor ihm warnen, sonst würde sich alles wiederholen - und das noch viel grausamer als zuvor.
Alija ertappte sich dabei, wie er langsam seine Finger nach dem Messer in dem Hoodie ausstreckte und zwang sich, ruhig zu atmen.
Malik starrte ihn ausdruckslos an, seine Miene wirkte finster. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und ging in sein Schlafzimmer, knallte die Tür zu.
Alija seufzte, ließ die Schultern hängen. Er war kein guter Freund. Bestimmt war es besser, wenn er wieder für eine Weile abhauen sollte - bevor noch jemand verletzt wurde. Und er wusste auch schon, wohin.
Der Raucher sank erschöpft auf sein Bett, starrte die Decke des Zimmers an. Wieso musste immer alles so kompliziert sein?
Vor Alija, bevor er in sein Leben getreten war, da war - vielleicht nicht ganz, aber wenigstens zu 10% - einiges erträglicher gewesen.
Bevor Malik nach Deutschland gekommen war.
Ridercorp. war es gewesen, die ihn aus der Misere heraus geboxt hatte. Die Firma hatte ihm einen Job als Buchhalter verschafft, der besser als nichts gewesen war. Besser als nichts, bevor er das schreckliche Geheimnis entdeckt hatte.
Die Tatsache, dass Alija - wirkte er noch so unscheinbar - eine Entwicklung der Organisation selbst war, machte ihn neugierig. Er war kein richtiger Mensch, egal was er behaupten mochte. Malik hatte genug Filme gesehen, in denen dieses Thema vom Klonen längst die Zukunft begründet hatte und trotzdem gewaltig aus dem Ruder gelaufen war. Irgendetwas konnte immer schief gehen, wenn man nicht aufpasste.
Pfeilschnell sauste ich über den Himmel, breitete die Arme aus wie ein Vogel. Der Wind trieb mich vorwärts, spielte mit meinen Locken und zerraufte sie, was mir egal war.
Ich ließ mich fallen, stieg wieder empor, legte mich in die Kurven. Drehte mich auf den Rücken, schwamm in der Luft herum. Ich hätte nie gedacht, dass Fliegen so toll sein kann.
Weit unter mir tauchte der riesige Gebäudekomplex von Leegendaryafilms Inc. auf, ein grauer Fleck im satten Grün der Umgebung. Na ja, Grün sah anders aus, eher weiß. Ich hielt blitzschnell darauf zu, schoss durch ein Fenster und landete etwas ungeschickt in meinem Büro. Glas splitterte.
Stöhnend rappelte ich mich auf und sah mich in dem Raum um, alles war so wie immer. Der Schreibtisch, auf dem noch das halb fertige Skript für die nächste Produktion lag, das Holoboard mit der AR - Verbindung. Der Drehstuhl knarzte, als ich mich gechillt hinein plumpsen ließ und klatschte in die Hände. Sofort ploppten auf dem Screen des beinahe durchsichtigen Boards meine Dateien auf, die ich eilig durch blätterte, bis ich meinen letzten Blog - Eintrag fand. Natürlich privatisiert, was auch sonst? Wenn es wirklich raus kommen sollte, dass der Rapper und Geek Jay Samuelz nun auch noch Superheld mit Luftbändiger - Kräften war, würden sich die Fans um mehr als nur einen neuen Song reißen...
Ich schluckte die harmlosen Gewissensbisse hinunter und begann zu schreiben.
Hey, lang nicht mehr gesehen! Bevor ich zur Sache komme - es ist etwas KRASSES passiert, zu krass, um wahr zu sein. Benny, der DJ von JAM FM, hat mich interviewt und mir einige Fragen zu meiner Beziehung mit Julien Bam gestellt. Unser gemeinsamer Song bricht alle Rekorde, könnt ihr euch das vorstellen? Ich auch nicht, kann es ja selbst kaum glauben.
Wie sollte es anders sein, DAVOR hat mich Mr. Obersupi aka. Arya Lee aka. Tony Waschlappen Stark noch gewarnt, dass ich ja auch wirklich aufpassen soll, egal ob es ein Interview ist oder nicht. Was wohl, ein (mittelmäßig) ellenlanger Vortrag über diese ganze Helden - Story, dass ich noch nicht bereit wäre und so...😕 Ach so und DAVOR DAVOR(vergessen😅)wurde Juliens Mum entführt und Vincent Lee - yep, DER Vincent Lee, der Musiker von Jus Kanal - hat voll Panik geschoben. Wir sind dann zusammen in den Park gegangen, wo sie das letzte Mal gewesen ist...keine Spur. Und eine neue Prophezeiung ist aufgetaucht, YAYYY!!!😁👍
Ein Sturm zieht auf...und wird jeden mit sich reißen, der es nicht wagt zu gehorchen.
Creepy, oder?😵😂
Ach, Ju. Du wüsstest sicher, was gemeint ist...obwohl du es bereits gesehen hast, aber egal. Kommen wir nun endlich zum Punkt:
ICH BIN JETZT DER HELD, ZU DEM ALLE AUFSCHAUEN! ZU KRASS EINFACH... *freu😍
Während des Interviews ist ein Parasit aufgetaucht und hat alles kurz und klein gehackt, ich habe ihn in die Flucht geschlagen. Ohne Hilfe! Da staunste, was Arya???😁
Und obendrein habe ich die kleine Lisa gerettet, ihre Eltern sind mir unendlich dankbar. Ein tolles Gefühl!
Passt auf, ihr Schurken: HIER KOMMT STORM BOY, DA SCHLOTTERN EUCH DIE KNIE. MIT SEINEN GEWALTIGEN TORNADOS UND SEINER KONTROLLE ÜBER DAS WETTER KANN ER EUCH MÄCHTIG DAVON FLIEGEN LASSEN, ALSO - VERSUCHT ES ERST GAR NICHT! *tiefe Heldenstimme imitierend
Ist das nicht cool? Gerade eben bin ich noch ein armes Würstchen neben dem arrogantesten Helden aller Zeiten gewesen und jetzt - ich bin verdammt noch mal berühmt!
Oh Mann oh Mann, vielleicht krieg ich sogar nen eigenen Comic oder ne Serie... *doppelt freu, Kopf gegen die Tischplatte schlagend😅
X-Men war gestern, hier kommt X-Boy! 👍
~ Eintrag vom 15. November 2022
Zufrieden lehnte ich mich im Stuhl zurück, als mein Kopf plötzlich zu schmerzen anfing. Ich kniff die Zähne zusammen und versuchte, es auszublenden, doch anstatt besser wurde es immer schlimmer. Ich stürzte zum Waschbecken in der Ecke meines Büros und trank einige Schlucke, das konnte auch nicht helfen. Hinzu kam ein heftiges Rauschen in meinen Ohren, meine Sicht wurde unscharf. Meine Pulsader schlug viel zu stark, sodass ich glaubte, jeden Moment in Ohnmacht zu fallen. Oh Shit, mach dass es aufhört...
Doch genauso plötzlich, wie es gekommen war, ebbten die Schmerzen ab und auch mein Blickfeld wurde klarer. Mein Gedächtnis sandte eine Nachricht...Arya steckte in Schwierigkeiten!
Ohne lange zu überlegen, nahm ich Anlauf und war innerhalb von Sekunden wieder in der Luft, diesmal nahm ich direkten Kurs auf Köln.
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