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Am Sonntag ging ich mit Dani Fahrrad fahren.
Seit der Party am Freitag fühlte ich den Schmerz der Welt auf meinen Schultern. Nicht nur weil mich den ganzen Samstag Kopfschmerzen geplagt hatten.
Übersensibel und gereizt heulte ich sogar los, als mir beim Zeichnen zum zweiten Mal hintereinander die Mine abbrach. Ich mied alle Sozialen Netzwerke, nicht nur weil ich fürchtete, Heaven würde mich diesmal outen, oder anderweitig öffentlich bloßstellen. Ein verliebtes Pärchen Bild auf ihrem Instagram, hätte mich vermutlich dazu getrieben, mich aus dem Fenster zu stürzen.
Danis Frage, ob wir was unternehmen wollten, strahlte wie die Sonne durch die dunkle Wolkendecke. Denn ich scheute mich davor, wieder einen Kriegsrat einzuberufen. Wer gab schon gerne zu, zweimal denselben bescheuerten Fehler begangen zu haben.
Trotzdem sehnte ich mich danach mit meinen Freunden zu reden. Das Geschehene rumorte in meinen Gedanken wie ein Vulkan. Bereit auszubrechen.
Deshalb kamen Dani und ich nur ein paar Straßen, bis sie vom Rad abstieg und mich musterte, die Stirn in tiefe Falten gelegt.
„Rücks raus. Maus. Was ist passiert?"
Ich stellte mein Rad ab, trat zu ihr und schlang die Arme um sie.
„Ich bin so froh, dass du meine Freundin bist. Du kennst mich so gut."
„Was so gut?", zischte Dani, „du klingst die ganze Zeit so als wolltest du gleich losheulen. Das merkt absolut jeder."
Noch immer klammerte ich mich an sie.
„Aber alle anderen hätten es ignoriert.", schluchzte ich.
„Hätten sie nicht...unbedingt."
Liebevoll tätschelte sie mir den Kopf.
„Mein trauriges Hühnchen. Was ist passiert? Ich nehme an, es hängt mit der Party zusammen. Hab wohl nicht nur ich Mist gebaut."
Ein Schatten fiel über ihr süßes Gesicht.
Mir fiel nicht sofort ein, worauf sie hinauswollte. Die Leere in meinem Kopf konnte auch Dani deutlich an meinem Gesicht ablesen. Sie seufzte traurig.
„Ich hab Bobby betrogen. Habs ihm noch nicht gesagt."
Stimmt. Ich erinnerte mich daran, etwas in der Art gesehen zu haben, bevor Heaven den Rest meines Abends einnahm. Ein dürrer Rothaariger an dem Dani sich festsaugte und der seine Hände eindeutig unter ihr Top schob. Versteckt hinter dem antiken Wohnzimmerschrank waren die Beiden in ihrer eigenen Welt versunken. Weil Dani Spaß zu haben schien, hatte ich nicht eingegriffen. Und weil mir mein vernebeltes Hirn zu flüsterte: „das geht schon in Ordnung. Du magst Bobby eh nicht besonders."
Dasselbe dachte ich auch gerade eben, dennoch murmelte ich:
„Ja Mist. Meinst du er verzeiht dir?"
Dani schüttelte den Kopf. Sie nahm die Brille ab und putzte sie nervös mit ihrem grauen Shirt.
„Aber wie weit bist du denn gegangen? Ein Kuss geht doch in Ordnung."
„Ein Kuss!"
Dani lachte hysterisch.
„Habt ihr...?" Ich boxte die geballten Fäuste aufeinander.
Laut räusperte sich meine Freundin und hockte sich auf den Randstein des Gehweges.
Sie patschte auf den Boden, dass ich mich neben sie setzte.
„Wir wollten doch über dich reden. Poppy. Was ist passiert?"
Ich nahm Danis Hand und drückte sie fest.
„Du lenkst ab. Schatz.", sagte ich.
„Ja..."
Dani nahm einen Kiesel und begann damit auf dem Asphalt herum zu kratzen. Der Stein hinterließ staubige, weiße Spuren.
„Aber ich weiß, dass du Bobby nicht sonderlich magst. Wahrscheinlich wärst du sogar froh, wenn er weg wäre. Aber ich lieb ihn halt."
Sie schniefte und murmelte: „Lass uns also nicht drüber reden."
Ihre Worte trafen mich bis ins Mark. Dani, meine allerbeste Freundin, die mir der Himmel geschickt hatte, - also ich hatte sie zumindest in der Sonntagsschule kennengelernt- , die mich immer auffing, musste doch wissen, dass sie voll und ganz auf mich zählen konnte.
Ich schlang den Arm um meine Freundin und drückte mich eng an sie. Als sie den Kopf hob glitzerten Tränen in ihren Augen.
„Egal ob ich Bobby mag oder nicht. Ich bin immer auf deiner Seite und versteh, wenn du ihn nicht verlieren willst. Ich helfe dir bei allem was du brauchst. Und du kannst mir alles erzählen."
Ein trauriges Lächeln zierte Danis Züge. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und lehnte den Kopf auf meine Schulter.
„Das weiß ich doch. Ich weiß bloß noch nicht was ich machen soll. Ich weiß, ich muss es ihm sagen. Ich denk über nichts anderes nach. Und ich hab nichts gegen Ablenkung. Mir brummt vom Nachdenken schon der Schädel. Also gönn mir eine Pause. Ok. Und erzähl mir was dir passiert ist."
Unzufrieden mit ihrer Abwehr starrte ich sie stirnrunzelnd an, doch bevor ich erneut zum Sprechen ansetzten konnte, hielt mich Dani auf: „Ganz ehrlich. Es ist gut. Poppy. Bitte frag nicht weiter nach. Ich kanns grad wirklich nicht."
Mit einem lauten Seufzer gab ich nach. Das kannte ich schon von Dani. Sie traf mich häufig, um sich abzulenken und abends bekam ich dann einen Telefonanruf, wo sie in den Hörer heulte und mir alle ihre tiefsten Gedanken erzählte.
Allein und eingesperrt im eigenen Zimmer, riefen Probleme deutlich lauter nach Lösungen und wollte auch durch jede Ablenkung hindurch gehört werden.
Ich allerdings zeigte meine Probleme in Anwesenheit meiner Freunde zu deutlich und band sie ihnen sogar auf die Nase, wenn sie nicht danach gefragt hatten.
So sprudelte ich auch jetzt los wie ein Wasserfall und erzählte alles vom Kuss, über das Kotzen bis hin zu dem Moment, als Heaven mit ihrem Freund rummachte. Dabei hieß ich die Cheerleaderin mehrfach eine gemeine Zicke, bis Dani mir die Hand auf die Schulter legte und im ernsten Ton sagte:
„Ok. Ich habs verstanden. Du bist sauer. Weil sie ihren Freund geküsst hat. Ihren Freund, mit dem sie seit so ungefähr nem Jahr zusammen ist. Siehst du, wo der Fehler liegt? Ich mein, ich weiß du stehst auf sie. Aber du bist ganz ehrlich total bescheuert, dass du das getan hast. Wir haben doch vorher noch drüber gesprochen. Poppy. Echt. Heaven ist das reine Gift. Du musst dich von ihr fernhalten."
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