5. Kapitel
Die nächsten Tage schleppten sich dahin. Doch dann, mitten im Unterricht, geschah endlich etwas. Die Königin sprang auf und sagte zu Anna:"Komm mit!" Anna fragte sich zu erst, was da los war, doch dann folgte sie der Königin nach unten und in das Rote Zimmer. Darin allerdings wartete ein sehr kleiner Mann mit Flügeln. Er trug eine winzige Jeans und ein Oberteil.
"Guten Tag, Alsinus. Sie kommen wegen Annas Kleidung, nehme ich an.", sagte die Königin. Anna verstand. Vor zwei Tagen, als sie erfahren hatte, dass sie eine Hexe war, war auch von einem Elf die Rede gewesen, der ihr die Kleidung machte.
"Ja, durchaus. Ich grüße ebenfalls.", sagte der Elf.
"Guten Tag.", grüßte Anna.
"Ah, ja. Bleib kurz stehen!", sagte der Elf und holte ein Maßband hervor. Er Maß Anna von unten bis oben, die Breite und die Länge der Arme.
"Gut. Sehr gut.", sagte der Elf, als er wirklich auch das kleinste Detail an Anna gemessen hatte.
"Nun, das wäre erledigt. Einen guten Tag euch beiden!", sagte er dann und verschwand. Also durch die Tür, sonst hätte Anna wahrscheinlich geglaubt, vollkommen den Verstand verloren zu haben.
"Wir gehen besser gleich zurück in den Unterricht. Anna, komm! Wenn Renate etwas fragt, wir waren im Hof unten, weil ein Bote von eurem Vater kam. Und jetzt los!", sagte die Königin und holte Anna damit in die Wirklichkeit zurück. Sie folgte also der Königin zurück in den Unterricht und zu ihrer Schwester. Doch einen Tag darauf geschah etwas unglaubliches. Anna wachte auf und sah ihre Schwester, die einen Vogel auf der Schulter hatte am Fenster stehen. Schnell setzte sie sich auf. Renate erschrak und versuchte, die Elster zu verstecken, doch Anna sagte:"Wie kommst du zu dem Vogel?"
"Ich....Ich....Er ist durchs Fenster geflogen und auf meiner Schulter gelandet.", sagte Renate. Anna dachte nach. Konnte es wirklich sein? Aber eine andere Erklärung gab es nicht. Es musste so sein.
"Du hast es auch.", flüsterte Anna. Mit diesen Worten raste Anna aus dem Zimmer und hinunter zum Frühstück. Die Königin sah sie überrascht an, wie sie da keuchend vor ihr stand.
"Was ist, Anna?", fragte die Königin.
"Renate. Sie hat.....es auch.", sagte Anna nach Luft ringend.
"Woher weißt du das?", fragte die Königin. Sie hatte mit allem gerechnet, aber damit nicht.
"Ich bin aufgewacht und Renate stand am Fenster. Eine Elster saß auf ihrer Schulter.", sagte Anna.
"Ich frage mich nur eins. Warum ist Renate dann in Deckung gegangen, als der Wolf da war?", fragte Anna dann.
"Ich weiß es nicht. Du könntest die Antwort allerdings kennen. Hat Renate irgendwann einmal einen Wolf gesehen oder bringt sie etwas bestimmtes damit in Verbindung?", fragte die Königin Anna. Dieser ging in dem Moment ein Licht auf.
"Renate hatte eine Freundin im Dorf, genau wie ich. Doch an einem Tag gingen die beiden in den Wald und fanden einen Wolf schwer verletzt am Boden. Renate konnte noch nie gut Blut sehen. Sie war vollkommen außer sich, als sie in unsere Burg zurück kam.", antwortete Anna.
"Dann ist es klar. Ich werde Renate ihre Erinnerung nicht zurückgeben. Ich werde so tun, als ob du auch nichts davon weißt, wenn ich sie aufkläre. Du wirst mitspielen. Außerdem werde ich der Oberhexe Bescheid geben und einen Elf hier herholen, der dann gleich Renates Maße nehmen kann. Es wäre besser, wenn ihr beide die Hexenweihe zusammen absolviert. Jetzt setz dich. Renate soll nicht merken, dass wir geredet haben. Ich werde gehen, damit sie nicht denkt, du könntest sie verpetzt haben.", sagte die Königin und ging. Renate sah besorgt aus, als sie den Saal betrat, dann sah sie jedoch, dass Anna allein im Raum saß und entspannte sich etwas. Renate setzte sich zu Anna und sagte:"Du Petze!"
"Ich habe doch gar nichts gesagt!", log Anna.
"Du wolltest aber.", beharrte Renate.
"Gar nicht.", sagte Anna. Doch ehe die beiden weiter streiten konnten, betrat die Königin den Raum und beendete somit die Diskussion.
"Guten Morgen, Meisterin.", grüßten Anna und Renate.
"Guten Morgen. Bevor wir heute mit dem Unterricht anfangen, möchte ich euch beiden etwas mitteilen. Wir gehen dazu in einen anderen Raum, dort werde ich euch beiden auch noch jemanden vorstellen.", sagte die Königin. Sie spielte das ganze echt gut. Nach einem schnellen Essen gingen Renate und Anna also hinter der Königin her in Richtung Rotes Zimmer. Die Königin sperrte auf und Renate trat ein. Dabei stolperte sie fast über den Elf Alsinus, der wieder gekommen war.
"Ich schätze, wir müssen das Sehen üben, Renate. Nun setzt euch erst einmal.", forderte die Königin uns auf. Diesmal brauchte Anna das ratlose Gesicht nicht erst zu spielen. Was die Königin mit "Sehen üben" meinte, war ihr schleierhaft. Jetzt erklärte sie jedenfalls Renate, was Anna bereits wusste. Anna versuchte, möglichst neugierig zu wirken und so viel zu fragen, wie sie es sonst auch getan hätte. Als die Königin fertig erklärt hatte, bat sie Anna, vor dem Raum zu warten, während Renates Maße genommen wurden. Anna wusste genau, was dahinter steckte. Der Elf konnte gehen, sobald er Renates Maße hatte. Anna würde während ihrer Zeit noch weitere Fragen stellen können. Vor allen wollte sie wissen, was es mit diesem Sehen auf sich hatte.
Als sie diese Frage wenig später der Königin stellte, antwortete diese:"Es heißt, die magischen Wesen, wie Elfen und Nymphen sehen zu können. Manche können es einfach so, wie du, andere, wie Renate, müssen es erst üben."
"Können Hexen eigentlich auch Gedanken lesen?", fragte Anna als nächstes. Diese Frage war ihr während des Wartens vor der Tür eingefallen.
"Ja. Und Männer gibt es bei uns auch. Sie werden Magier genannt. Es gibt da aber keine unterschiedlichen Arten." Mit der Antwort auf die Frage, die Anna als nächstes hatte stellen wollen, bestätigte die Königin ihre Antwort auf die eigentliche Frage. Die Tatsache, dass die Männer dann auch nicht so viel Einfluss haben konnten, gefiel Anna. Es war alles so ein Gegensatz zu ihrem früheren Leben, doch es war im positiven Sinne.
"Wir haben lange genug gewartet, Anna. Bestimmt will Renate auch noch einige Fragen loswerden.", sagte die Königin.
"Lass sie doch herein.", fügte sie hinzu. Anna öffnete die Tür und Renate trat ein. Sie versuchte hartnäckig, genauere Informationen zur Hexenweihe zu bekommen und Anna erfuhr auf diese Weise, dass die Maße, die genommen worden waren, für Umhang und Spitzhut benötigt wurden und sie diese am Tag der Hexenweihe erhalten würden. Anna freute sich riesig auf dieses Fest. Es musste etwas sehr besonderes sein, wenn die Königin teilweise von der "wichtigsten Zeremonie im Werdegang einer Hexe" sprach. Dann wollte die Königin mit den Mädchen in den Wald gehen, um mit dem Training im Sehen für Renate anzufangen. Anna sollte mitkommen. Ihr würde es nicht schaden, zu wissen, wie die magischen Wesen aussahen und wie sie hießen, sagte die Königin. Also liefen alle in ihre Zimmer, um sich Kleider für einen Ausflug anzuziehen.
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