14. Herzschlag
... als ein Tapetenwechsel überfällig war.
„Ms Moore, wenn sie so freundlich wären, Ihre Lösung für Aufgabe 5 vorzulesen?"
Nun, wie soll ich es sagen... Ganz so freundlich war ich heute nicht. Und so war es mir auch nach der dritten, zugegeben zu dieser Zeit nicht mehr ganz so netten, Aufforderung meines Mathelehrers immer noch nicht möglich, ihm die gewünschte Lösung zu liefern.
Das hatte selbstverständlich Folgen. Nämlich, dass ich mitten in der Stunde dem Unterricht verwiesen wurde, was mir bisher nur einmal in einer der früheren Klassen passiert ist. Den Grund dafür habe ich bereits schon wieder vergessen. Der Grund hierfür liegt allerdings auf der Hand.
Meine gedankliche Abwesenheit hat offensichtlich ihren Höchstpunkt erreicht, was mich nicht nur Stoff verpassen lässt, den ich selbstverständlich eigenhändig aufholen darf, sondern mir, so wie ich Mr Adams kenne, auch noch einen guten Berg an Zusatzaufgaben einhandelt.
Ausgelaugt lehne ich meinen Kopf an die Wand hinter mir und ziehe meine Beine auf den kleinen Fenstersims, auf dem ich es mir, hier mitten auf dem Korridor, so gut es geht gemütlich gemacht habe.
Seit dem Vorfall mit Thomas und Colton ist etwas mehr als eine Woche vergangen. Zeit zum Durchatmen hatte mein Gehirn in diesen Tagen allerdings nur wenig, denn wie erwartet suchten mich die vergangenen Ereignisse und die damit aufkommenden Fragen selbst im Schlaf heim.
Mittlerweile ist der November angebrochen, was sich zunehmend im Wetter wiederspiegelt. Und doch schwingt sich die Sonne heute noch einmal zu Höchstleistungen auf. Welch Ironie.
Angestrengt blinzele ich gegen das grelle Licht an, bis ich schließlich frustriert aufseufze und meine Augen gänzlich schließe. Das Regenwetter der letzten Tage war mir da doch lieber, passte es zumindest zu meiner aktuellen Gefühlslage.
Sowohl der Blondschopf, als auch der Schwarzhaarige sind mir bisher weitestgehend aus dem Weg gegangen und trotz der sich drehenden Fragen in meinem Kopf habe ich noch keinen Versuch unternommen, meinerseits auf sie zuzugehen. Eine zufriedenstellende Antwort würde ich im Moment wahrscheinlich sowieso nicht erhalten, also kann ich es auch bleiben lassen.
Viel mehr Sorgen macht mir die Tatsache, wie stark meine Emotionen und die daraus resultierenden Handlungen von den beiden Jungen abzuhängen scheinen.
Ich würde meinen schulischen Abstieg ja gern auf meinen verlorenen Platz im Cheerleader-Team schieben, allerdings ist mir das schon längst nicht mehr so wichtig, wie vor ein paar Wochen noch. Meine Prioritäten haben sich schlichtweg unfreiwillig verschoben.
Dass mir der sportliche Ausgleich fehlt, macht sich allerdings deutlich in Form von Unaufmerksamkeit und Zerstreutheit bemerkbar. Und so fasse ich einen Entschluss...
♡︎♡︎♡︎
„Du willst dich also dem Tennisclub anschließen, hab ich das richtig verstanden?"
Ava wickelt sich, erstaunt über meine Kurzschluss-Entscheidung, eine rötliche Strähne um den Finger und betrachtet mich dabei nachdenklich. Mir fällt auf, dass dabei ein Funke Schuldbewusstsein in ihrem Blick mitschwingt und ich weiß auch ganz genau wieso.
Sie macht sich immer noch Vorwürfe, mitverantwortlich für meinen Rausschmiss aus dem Team zu sein. Ich nehme mir vor, ihr bei Gelegenheit noch einmal vor Augen zu führen, dass sie sich darüber wahrscheinlich mehr Gedanken macht als ich, aber im Moment liegt mein Fokus völlig woanders.
Angestrengt suche ich das Info-Brett der Schule nach der Anmeldeliste für den Tennisclub ab. Sich mitten im Schuljahr nachträglich einzutragen ist keineswegs üblich, aber auch nicht unmöglich. Und da mich der Trainer gut kennt, rechne ich mir gute Chancen aus, tatsächlich aufgenommen zu werden.
Zugegeben, der Einfall, ausgerechnet Tennis zu spielen, kam ziemlich plötzlich und ist vielleicht nicht sofort für jeden nachvollziehbar. Allerdings kann ich es nicht riskieren, mit meinen schulischen Leistungen noch weiter abzusacken. Nicht ohne dass meine Eltern Verdacht schöpfen. Und vor ihnen möchte ich definitiv nicht in Erklärungszwang geraten.
Fieberhaft huschen meine Augen über die Tafel, bis ich schließlich fündig werde. In der Tabelle mit den Namen der bisherigen Mitglieder sind noch ein paar Zeilen frei und so schnappe ich mir den Kuli, der lose an der Seite der Pinnwand herunterhängt und trage meinen Namen in geschwungenen Buchstaben in die Liste ein.
Das dürfte einige Probleme zumindest minimieren. Nun muss ich nur noch mit dem Coach reden. Irgendwie erleichtert schnappe ich mir die Hand meiner besten Freundin und bin schon drauf und dran, mich mit ihr durch den üblichen Schülerstrom zu kämpfen.
Allerdings bewegt sie sich kein Stück und so werde ich ruckartig zurück an ihre Seite gezogen.
„Was ist los?!", empöre ich mich und reibe mir über meine Schulter, die bei der ruckhaften Bewegung leicht in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Als ich jedoch das verdächtige Glitzern in Avas Augen sehe, halte ich inne, denn ich kenne diesen Blick. Und er verheißt nichts Gutes.
„Was-", setze ich erneut an, doch werde unterbrochen.
„Jill, das Ball-Komitee sucht noch nach Helfern." Ein Satz und meine Vermutung bewahrheitet sich schneller als ich, 'Colton ist ein Arschloch', sagen kann.
„Das- nein, kommt gar nicht- du verarschst mich doch! Hör mal, ich weiß immer noch nicht, ob ich überhaupt hingehe, was soll ich also zwischen lauter Ball-verrückten, Hals über Kopf planenden und am Ende vor Druck hyperventilierenden Jugendlichen, die wahrscheinlich auch noch freiwillig auf ihren Schlaf verzichten, nur um einen einzigen Abend perfekt zu gestalten, an den sich die Hälfte danach vermutlich eh nicht mehr erinnern wird, weil es vorprogrammiert ist, dass irgendjemand reichlich Alkohol in die Bowle kippt?!"
„Was soll das heißen, du weißt nicht, ob du hingehst?! Du bist bis jetzt die Einzige unter uns mit einer Begleitung, natürlich gehst du!" Auf ihren Wangen zeichnen sich rosa Flecken der Entrüstung ab.
„Und außerdem wäre das DIE Chance! Wir träumen schon so lange davon und du weißt genauso gut wie ich, dass die Liste jedes Mal bereits 3 Tage nach der Bekanntgabe des Balls voll ist. Dass jetzt noch Plätze frei sind, grenzt an ein Wunder."
Ihre Stimme wird leiser und offensichtlich bemerkt sie, dass sie weit davon entfernt ist, mich zu überreden. Auf das letzte Ass im Ärmel scheint sie allerdings nicht verzichten zu wollen, denn ihr Gesichtsausdruck verrät, dass sie mit den nächsten Worten alles auf eine Karte setzt.
„Ich weiß, wie sehr dich der letzte Ball mitgenommen hat, und es immer noch tut. Aber lass nicht zu, dass dir das den kommenden Ball zerstört. Du hast es verdient, dich einen Abend lang, wie eine Prinzessin zu fühlen und wenn du mich fragst, hat dein kleiner Zauber bereits begonnen. Oder hast du noch jemanden mit einer anonymen schriftlichen Einladung gesehen?"
Sie hält kurz inne und drückt schmunzelnd meine Hand, die sich immer noch in ihrer befindet.
„Das ist deine Möglichkeit, diesen einen Abend zu etwas ganz Besonderem zu machen. Verpass sie nicht, aus Angst, erneut enttäuscht zu werden. Du bist nämlich nicht allein."
In meinem Hals scheint sich innerhalb der letzten Minuten ein dicker Kloß festgesetzt zu haben und der dadurch entstandene Druck erschwert es mir, einen klaren Gedanken zu fassen.
Ava hat nicht ganz Unrecht. Wir haben schon lange davon geträumt, einen Ball ganz nach unseren Vorstellungen zu planen. Es waren zwar jedes Jahr dieselben, die letztendlich an der Umsetzung dieses Plans arbeiteten, doch sie reichten aus, um den Planungsausschuss zu bilden. Da blieb für uns keinen Platz.
Allerdings hat mich mein Enthusiasmus für das ganze Ball-Thema an dem Abend verlassen, an dem meine Verabredung mich verließ, oder besser gesagt gar nicht erst auftauchte.
Ich krame in meinem Kopf angestrengt nach einer Erklärung, die Ava nicht allzu sehr verletzt, während ich gleichzeitig versuche, die Blockade hinter meinem Kehlkopf herunterzuschlucken.
Doch ehe auch nur ein Wort meine Lippen verlässt, setzt jemand Anderes zum Reden an und ist drauf und dran, mir meine Antwort abzunehmen...
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"𝕐𝕠𝕦 𝕘𝕚𝕧𝕖 𝕞𝕖 𝕥𝕙𝕖 𝕜𝕚𝕟𝕕 𝕠𝕗 𝕗𝕖𝕖𝕝𝕚𝕟𝕘𝕤 𝕡𝕖𝕠𝕡𝕝𝕖
𝕨𝕣𝕚𝕥𝕖 𝕟𝕠𝕧𝕖𝕝𝕤 𝕒𝕓𝕠𝕦𝕥."
Vor über einem Jahr habe ich angefangen, dieses Buch zu schreiben. Ihr habt von Anfang an kommentiert, abgestimmt oder Nachrichten auf meinem Profil hinterlassen...
Manche von euch sind dabei, seit ich das erste Kapitel hochgeladen habe und manche von euch sind erst später dazu gekommen.
Aber jeder von euch hat zu den 1K Reads beigetragen, die wir mit diesem Kapitel erreicht haben.
Und dafür bin ich euch super dankbar!
Ich schreibe dieses Buch, aber ihr macht es lebendig!
Danke! 🫀
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