Heiß.

Heißer.

Max.

War es in diesem Raum so heiß, oder lag es nur an dem, was Max anhatte, oder vielmehr nicht anhatte?

Das der Niederländer als Bauarbeiter verkleidet war, ließ sich nicht leugnen, gab es dafür doch den einen oder anderen dezenten Hinweis.

Eine enge – wirklich sehr enge- Jeans saß wie festgeschweißt auf den Hüften, schwere schwarze Arbeitsstiefel und diese wirklich sehr charismatische Werkzeugtasche saß so tief auf Max Hüften, dass dies schon als anzüglich hätte durchgehen können.

Als ob das nicht schon schlimm genug für ihn als Teenager wäre, hatte Max verdammt nochmal kein Hemd an!

Diese blöde Warnweste, die dieser trug, lag locker auf seinen NACKTEN Schultern.

„Wenn du sabberst, erklärst du das aber deinem Ollie."

FUCK!

Hochrot drehte Jak seinen Kopf zur Seite, ballte die Hände zu festen Fäusten, dass es wehtat. Wie peinlich konnte man sich benehmen? Wie konnte er Max nur so anstarren? Nur weil sie beide zufällig gemeinsam ihr Kostüm präsentieren sollten und er sich diesbezüglich vielleicht etwas zu sehr gefreut hatte, musste er sich nicht wie ein hormongesteuerter Idiot aufführen.

„Hey. Nicht schämen Jak. Ist doch ein Kompliment für mich. Wenn mein Freund darauf auch so reagiert, habe ich es auf jeden Fall richtig ausgesucht."

„Ich wollte nicht starren. Aber du siehst echt heiß aus."

„Du brauchst dich mit deinem Cowboy Outfit auch nicht verstecken. Ich bin sicher das nicht nur Ollie das sehr anziehend finden wird."

Eventuell hatte er sich deswegen etwas verwegen gekleidet, um seinen Freund zu imponieren und eventuell brauchte er gerade deswegen auch schnell was zu Trinken. Schon der Gedanke wie Ollie ihn mit seinen großen braunen Augen musterte setzte ein gewaltiges Kribbeln in seinem Körper frei.

„Weißt du den, als was Charles geht?"

„Nein. Er weiß aber auch nicht mein Kostüm."

„Wow. Und das, wo ihr eigentlich zusammenwohnt?"

Lachend nahm Max auf den Stuhl gegenüber von Jak Platz und genehmigte sich ebenfalls eine Cola.

„Er hat ja noch seine Wohnung. Wir beide wollten unseren Rückzugsort behalten, deswegen haben wir auch beide unsere Wohnungen. Natürlich war ich neugierig, genauso wie Charles. Und da dieser ja doch sehr oft bei mir ist, habe ich mein Kostüm bei Daniel geparkt."

Genau aus diesem Grund hatte es ihn so gefreut, dass er mit Max zusammen auf die Bühne durfte. Max war so ein netter, hilfsbereiter und loyaler Mensch das es ihm damals in seiner Red Bull Junior Zeit auch nicht schwergefallen war, sich dem Niederländer anzuvertrauen.

Er war noch nicht mal volljährig gewesen, als von einen auf den anderen Tag alles anders wurde, als er seine Sexualität entdeckt hatte.

„Du siehst nachdenklich aus Jak."

„Ach nichts. Ich habe nur daran gedacht, wie du mir damals geholfen hast, als ich noch Baby Bulle war. Und als du Ollie und mir geholfen hast. Ich finde es schön, dass wir alle voneinander wissen. Naja gut, vielleicht nicht von allen, aber von den meisten. Wir müssen schon so vorsichtig sein, dass es beruhigend ist, dass wir einen Safe Place haben, in welchen wir Schutz und Hilfe bekommen."

Ja, er war stolz auf den Safe Place, den er damals für sie alle ins Leben gerufen hatte. Früh hatte Max gewusst, das Mädchen nicht sein Fall waren, auch später mit Frauen konnte er nichts Anfangen, außer sie für sein Alibi herzuzeigen. Dieser ständige Druck und Stress sich nicht zu verraten hatte ihn fertig gemacht, zu dem zusätzlichen Druck den er als Fahrer eh schon hatte. Erst als er älter wurde und die Beziehung mit Jüri eingegangen war, wurde Max sich bewusst, das andere diese scheiße nicht innerhalb der Rennserien erdulden mussten, weswegen er ein kleines, aber feines Netzwerk geschaffen hatte, in welchen sich Fahrer und Fahrerinnen austauschen konnte. Namentlich oder anonym.

„Das mit Ollie und dir läuft gut?"

Sein Lächeln wurde strahlend, sanft.

„Ja, es läuft gut. Wir haben in zwei Wochen unser Einjähriges und das hätten wir vielleicht ohne dich und Charles nicht. Ihr habt uns sehr geholfen. Ich bin Charles sehr dankbar, dass er sich Ollie damals angenommen hatte und auch herausbekommen hat, was diesen bedrückt. Mir wollte Bärchen nichts erzählen. Das hat mich als sein bester Freund echt fertig gemacht."

„Durch Arthur hat Charles viel mitbekommen was bei Prema los ist. Und es fiel ja nicht nur Arthur und Dino auf, das mit Ollie was nicht stimmt. Charles kann sehr gut mit Menschen. Er hat mir damals nach Jüri auch sehr geholfen, mir Beigestanden und mir den Glauben an die Liebe zurückgegeben."

„Vermisst du Jüri? Bist du noch sauer auf ihn?"

„Nein. Und nein. Er hat sich gemeldet. Bei Instagram, da ich ihn auf dem Handy blockiert habe. Erst wollte ich nicht lesen, was er geschrieben hat, aber dann hat die Neugier gesiegt. Ich hatte so lange auf eine Erklärung gewartet und die habe ich bekommen. Auch damals wusste ich, dass er sich getrennt hat um mich zu Schützen. In meinen Augen auch heute noch eine dämliche Kurzschlussreaktion. Aber sei es drum. Was geschehen war, war geschehen. Ich hätte gerne um ihn gekämpft. Ich wäre an seiner Seite geblieben, trotz diesem Skandal. Niemals hätte ich Jüri fallen gelassen."

„Weiß Charles das er sich gemeldet hat?"

„Nein. Charles hat damals sehr viel mitbekommen. Mir ging es wegen Jüri sehr schlecht und Charles war und ist noch immer nicht gut auf ihn zu Sprechen. Ich glaube er hat Angst, dass ich doch noch Gefühle für Jüri habe und dass die wieder erweckt werden könnten, sollten Jüri und ich nochmal aufeinandertreffen."

„Aber die Gefahr besteht nicht? Du liebst Charles."

„Ja. Ich liebe Charles. Die Zeit mit Jüri war schön. Wir hatten eine großartige Beziehung, trotz des ganzen Versteckens und unterschiedlichen Rennserien, Terminplanern und Verpflichtungen. Ich weiß nicht, ob Jüri mich damals schon nicht mehr richtig geliebt hat, als er einfach Schluss gemacht hat, oder ob er mich wirklich Schützen wollte. Aber es hat für mich eben einen bitteren Beigeschmack, dass er mir nicht eine Chance gegeben hat um unsere Beziehung zu Retten. Wochen, Monate hat er mich geblockt, bis es Charles zu viel wurde und er dazwischen gegangen ist und dafür gesorgt hat, dass ich Jüri nicht mehr hinter krieche."

„Als du seine Nachricht gelesen hast, hast du ihn danach gefragt?"

„Nein, weil es nicht mehr wichtig für mich war. Jüri hat sich für sein Verhalten entschuldigt. Er wollte mir nie wehtun und er hofft das wir eines Tages vielleicht wieder normal miteinander umgehen können."

Nachdenklich kräuselte Jak die Stirn. Ob er auch so reagiert hätte wie Max? Sie hatten schon alle mitbekommen in welch schlechter Verfassung Max damals gewesen war, obwohl er zu diesem Zeitpunkt selbst in einer schwierigen Phase seiner Pubertät und Sexualität stand.

„Glaubst du, das Jüri hier sein wird?"

„Vorstellen könnte ich es mir."

„Wäre das komisch für dich?"

„Nein. Er wäre nur einer von vielen geladenen Gäste."

„Und für Charles?"

Diese Frage hatte Max sich auch schon gestellt. Obwohl Charles wusste, das Jüri keine Gefahr mehr darstellte, wusste er das sein Monegasse irgendwo in seinem Inneren immer noch eine kleine Restangst in sich trug.

„Ich hoffe das ich Ollie glücklich machen kann."

„Wieso solltest du nicht? Ollie liebt dich. Das haben wir alle gesehen."

„Naja. Ich bin da wohl etwas wie Charles. Ich habe Angst."

„Du meinst wegen Arthur?"

„Ja. Die beiden waren nicht lange zusammen, weil sie gemerkt haben das es doch nicht das ist, was sie gefühlt haben."

„Ich denke vielmehr, weil Ollie gemerkt hat, dass er schon länger in dich verliebt war. Das mit Arthur war ein Abenteuer? Ein Ausrutscher? Es war nie was Ernstes. Arthur ist mit Dennis sehr glücklich."

Das wusste Jak. Es war nicht zu Übersehen das Dennis und Arthur sehr glücklich miteinander waren. Aber manchmal, wenn Arthur auch bei Prema war und sie alle gemeinsamen Videos drehten, war da dieses enge Band zwischen Ollie und dem Monegassen, welches ihm Bauchschmerzen bereitete.

„Du brauchst keine Sorgen haben. Ich versichere dir, dass Ollie nur Augen für dich hat. Und wenn er dich nachher als heißen Cowboy sieht, wird alles andere sowieso unwichtig sein."

„Charles werden sicher auch die Augen ausfallen. Sicher das du nichts unter deiner Weste anziehen willst?"

„Jak. Darling. Ich habe nicht mal was unter der Hose an."

Anzüglich wackelte Max mit den Augenbrauen, bescherte dem jungen US-Amerikaner ein weiteres mal einen roten Kopf.

Was ein Glück, das er gerade keine Cola im Mund hatte und dass es an der Tür klopfte. Jak sprang fast schon vom Stuhl, gefolgt von einem amüsiert lachenden Max, der sich nur noch rasch seinen Bauarbeiterhelm schnappte.

TBC...