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neunzehn

- Ich glaube das ist mein Paradies -

,,Kennst du das auch?"

,,Mmh?"

,,Das Gefühl, wenn du in die Wolken siehst und dir nichts sehnlicheres als Freiheit wünscht?", flüsterte ich und legte meinen Kopf schief, in der Hoffnung das Bild des strahlend blauen Himmels und den getupften Wolken, aus einer anderen Perspektive zu sehen. Wir waren nun schon das dritte mal hier. An unserem Ort. Denn wir beide merkten, dass es uns hier am besten ging. Es war, als würden sich unsere beiden Welten vereinen. Als könnten wir die Gefühle des anderen spüren. So nah wie hier waren wir uns sonst nirgendwo.

,,Ja", entgegnete Davis. Auch sein Blick war in den Himmel gerichtet.
Still lagen wir nebeneinander in dem hohen Gras. Zwischen all den schönen Blumen, welche die Lichtung so unfassbar gut riechen ließen. Das Gras kitzelte an meinem Nacken und meinen Beinen. Aber es fühlte sich gut an. Hinaufzublicken und für ein paar Stunden alles zu vergessen.

,,Früher war ich schon als kleiner Junge oft am Silverlake. Wenn ich Probleme hatte oder es mir einfach scheiße ging. Ich habe oft in den Himmel gesehen und mir gewünscht, einfach wegzufliegen und dem ganzen hier zu entkommen. Bevor sich mein Leben vor einigen Jahren so sehr veränderte, war ich dem jetzigen Ich ziemlich ähnlich. Fast schon poetisch." Er grinste, dennoch merkte ich, wie ernst er seine Worte meinte. ,,Ich wollte schon früher immer weg von hier."

Langsam drehte ich meinen Kopf zur Seite. Die Haarsträhnen vielen in sein Gesicht. Sie Sonne warf verschwommene Muster auf seine strahlende Haut.

,,Das Paradies in deinem Kopf? Hast du es auch?"

,,Mag sein", murmelte er und schloss langsam seine Augen. ,,Erzähl mir davon."
Fast schon etwas überrumpelt versuchte ich mir die passenden Worte zurechtzulegen.

,,Ich glaube ich habe noch nie darüber gesprochen. Es existiert, wie gesagt auch nur in meinem Kopf. In den vergangen Monaten ging es mir furchtbar. Ich war einsam und ich fühlte mich so zerdrückt. Als sei ich ein Lebewesen, welches jedoch nur Atmen konnte, wenn es jemand steuerte - wie determiniert. Ich lag Tage ich Bett. Ich kann dieses Gefühl nicht beschreiben, wie es ist einfach nicht aufstehen zu wollen. Nicht weil man faul ist, sondern weil man es nicht schafft. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass es nicht möglich war. Die weißen Wände und die Stille haben mich zerdrückt. Dann habe ich mich immer an diesen Ort gewünscht. Mein Paradies. Es war still, aber es war eine andere Stille. Und es war einsam, dennoch fühlte ich mich nicht allein. Ich habe mir nicht gewünscht zu sterben. Mein einziger Wunsch war es dort hin zu gelangen, was oder wo auch immer sich dieses Paradies auch befinden mochte - bislang dachte ich, mein Tod sei der einzige Ausweg."

,,Ja", flüsterte er und nickte. ,,Ich kenne das Paradies. Leider ist meines immer grau gewesen. Aus Asche und Alkohol bestehen. Ich habe mir all die Jahre eingeredet, dass das die Lösung meines Problems ist. Letztendlich hat es all das nur noch schlimmer gemacht. Willst du die Wahrheit hören?", fragte er, seine Augen noch immer geschlossen.
Ich nickte gespannt. Natürlich wollte ich.

,,Ich denke, du solltest nicht zwanghaft versuchen dorthin zu gelangen. Aus deinem Leben zu entkommen und all die schönen Dinge wegzuwerfen, denn die gibt es ganz bestimmt. Egal, ob du sie sehen kannst oder nicht. Früher oder später werden wir ohnehin sterben müssen. Wir sollten einfach versuchen, dass unser Paradies Wirklichkeit wird. Keineswegs soll es unser Fluchtweg sein, unsere Lösung für unsere Probleme. Denn wir müssen Leben. Die harte Realität - und so ist es nun mal. Einen Ausweg aus dem Leben zu suchen ist vielleicht eine Zwischenlösung, aber wer sagt, dass aus einem Paradies nicht eines Tages die Hölle werden kann? Wir müssen das Paradies zu uns holen. In unsere kleine Wirklichkeit. Und ich bin mir sicher das wir das zusammen schaffen."

Ich spürte, wie sich mein Puls erhöhe, so sehr erfreuten mich diese Worte. Es war die Antwort, die ich mir seit Jahren gewünscht hatte. Vielleicht von meiner Mum, die stattdessen einen Umweg ging. Vielleicht würde sie eines Tages auf den alten Weg treffen, feststellen, dass die Probleme und die Ängste noch immer da waren. Davis hingegen - fast noch ein Fremder bewegte sich nach vorn. Er nahm mich bei der Hand und zeigte mir, dass die Mauer vor unseren Köpfen doch nicht unüberwindbar war. Wenn wir zusammen versuchten sie zu zerbrechen. Diese Worte öffneten mir tatsächlich die Augen. Ich erkannte die Mauer. Zum aller ersten mal erkannte ich das tatsächliche Problem.

Denn die Mauer war ich selbst.

Meine Ängste, meine Wut, meine Zweifel und alle anderen Emotionen. Doch sie gehörten zu mir. Und aus diesem Grund verstand ich an diesem Nachmittag zum ersten mal, dass es möglich war. Ich konnte mein Leben weiter leben. Die letzten schönen Momente und Erinnerungen sammeln. Denn die waren es, die den Rückblick auf ein Leben so wunderbar und traurig machten. Es waren die schönen, nicht die schlimmen Momente. Und so bemerkte ich, dass ich noch viel mehr schaffen musste. Um am Ende, wann auch immer meines gekommen sein sollte, zurück schauen zu können und mit einem Lächeln einschlafen zu dürfen. Mich daran zu erinnern, dass ich tatsächlich glücklich war.
Eine einzige Tatsache, die ich nach siebzehn Jahren endlich Begriff.

,,Davis", flüsterte ich. Meine Stimme klang gebrochen, als würde sie mein starker Herzschlag immer zu unterbrechen. Ich drehte mich auf die Seite, dass mir einzelne große Strähnen auf die Stirn vielen. Vorsichtig legte ich meinen Kopf auf Davis Schulter. Wie ich diese Nähe die letzten Jahre vermisst hatte. Wie sehr ich mir eine solche Umarmung von Cara oder Mason gewünscht hatte. Geschweige denn von meiner Mum.
Ich fühlte mich seit langem wieder sicher. Ein Lächeln lag auf meinen Lippen
Ich hatte zum ersten mal sein Inneres durchschaut. Nicht eine seiner vielen Hüllen, bei denen ich jedes Mal dachte, wenn ich eine mehr zerbrach, endlich angekommen zu sein. Jetzt war ich es wirklich. Angekommen in seinem tiefsten Inneren. Und ich war glücklich.

,,Ich glaube das ist mein Paradies."

Auch Davis begann zu Lächeln.
,,Ich glaube meines auch", flüsterte er und eine Weile war nur das Rauschen des Windes zu hören. Das plätschernde Wasser und diese sanfte Brise, die durch die hohen Gräser zog.

,,Ich will nicht wieder zurück", murmelte ich schließlich, ebenso, wie die letzten Male, die wir hier waren und wussten, dass wir bald aufbrechen mussten.
,,Ich hasse die Klinik so sehr. Sie macht mich verrückt."

,,Wie meinst du das?"

Ich holte tief Luft. Mein Blick war in die Umgebung gerichtet. Ich betrachtete wortlos die Bewegung der Bäume.
,,Ich glaube sie hat mich nach und nach verrückt gemacht. Bis vor Wochen dachte ich, dass es nun ein mal so sei. Das das mein Leben war und ich ihm grundlos ausgesetzt war. Du glaubst gar nicht, wie scheiße es mir ging und wie einsam ich mich fühlte. Anstatt aber zu weinen oder einem besseren Leben hinterher zu trauern begann ich stattdessen alles zu hassen. Ich hasste das Essen, ich hasste selbst die Ärzte, bis auf Dr.Cartney zumindest. Ich fühlte mich von den weißen Wänden zerdrückt. Wirklich Davis, es ist kaum vorstellbar. Aber wenn man sein halbes Leben nur auf diese einzige Wand sieht und ausnahmslos nur schlechtes mit ihr verbindet, dann geht es irgendwann nicht anders.
Aber am aller meisten begann ich mich selbst zu hassen."

Ich machte eine Pause, um mir meine Worte zurecht zu legen. Denn es viel mir schwer. Noch nie hatte ich dies jemandem erzählt oder es ihn spüren lassen.
Ich hatte einfach angefangen den Spiegel im Badezimmer zu überdecken. Alle anderen mied ich. Oft konnte ich sogar direkt hineinsehen - und sei es nur ein versehen - ich konnte den Blick von mir selbst abwenden. Hätte ich dieses Problem irgendjemandem zuvor erzählt, hätten sie mich für verrückt erklärt. Sie hätten gedacht, ich hätte irgendwelche Probleme, Angstzustände oder was weiß ich. Fakt war, dass das alles nicht sinnlos war. Es hatte nahezu sogar eine poetische Bedeutung. Ich hatte mich seit Caths Tod nicht mehr angesehen. Ich wollte mich einfach nicht sehen. Ich konnte nicht mehr beobachten, was aus wir geworden war. Tag für Tag wurde es schlimmer. Ich wollte das alte Mädchen in Erinnerung haben. Und nicht tagtäglich an meinen beschissenen Zustand erinnert werden.
Aber Davis war anders. Ich wusste, dass er mich verstehen würde. Er würde mich nicht für verrückt erklären.
Ich räusperte mich.

,,Ich habe mich seit Caths Tod nicht mehr ansehen können. Nicht in einem Spiegel oder in irgendetwas sonst, was mir zeigen könnte, wie ich aussehe", flüsterte ich. Mein Herz pochte ungeduldig auf Davis Antwort. Ihm war die Verwirrung deutlich ab zu lesen.
Aber er antwortete nicht. In seinem Kopf schienen die letzten Wörter noch herumzuschwirren.
Also fuhr ich fort. ,,Ebenso, weshalb ich seit langem nicht die Vorhänge von den Fenstern weggeschoben habe. Es ist schwer diese Gründe zu beschreiben. Verstehst du was ich meine? Winzige, alltägliche Dinge, die dich mit einer Person verbinden. Und dann ist diese Person weg und du bringst es nicht übers Herz einfach weiter zu machen. Diese Gegenstände oder Routinen werden kostbar und einmalig. Du willst auf die Person warten, auch wenn du weißt, dass sie nie zurück kommen wird."

Davis nickte. ,,Das ist aber sehr schade." Er blinzelte mich an. ,,Ich denke, mir muss dringend eine Lösung einfallen." Ich sah ihm förmlich an, wie er nachdachte. Ich hingegen eher weniger. ,,Wofür eine Lösung?"
Er zuckte nur mit den Schultern und richtete sich plötzlich ruckartig auf. Mein Blick folgte ihm gespannt.

,,Ich meine,...", begann er und fuhr sich durch sein Haar. ,,dass wir jetzt dringend zurück müssen. Ich habe das Gefühl, seit Tagen nichts gegessen zu haben." Lachend setzte auch ich mich auf.
,,Einverstanden." Ganz Gentleman like sprang Davis auf und reichte mir die Hand. Auch wenn die Ärzte meinten, dass er noch immer ziemlich geschwächt war, wusste ich, dass es ihm wenigstens hier gut ging. Aber das stimmte auch. Mir ging es nicht anders. Dieser Ort war die Ruhe selbst und tatsächlich war der gesamte Schmerz vergessen.

•••

Während Davis mal wieder einer seiner endlosen Untersuchen ausgesetzt war, verbrachte ich den Nachmittag einsam in meinem Zimmer. Aber es störte mich nicht. Nicht heute. Denn ich fühlte mich gut. Als hätte mir der gemeinsame Vormittag Energie für den gesamten Tag - besser für eine gesamte Woche - verschafft. Ich lag wie so oft auf meinem Bett und starrte an die leere Wand. Auch wenn ich sie noch immer verabscheute, gelang es mir heute keine kalte Leere zu spüren. Die Kraft half mir dagegen anzukämpfen. Es war nur eine Wand. Und ich war ein Mädchen, welches sich nicht von solch einem Hindernis unterkriegen ließ. Ich selbst war die Blockade. Ich selbst war der Grund, warum ich dieses Leben verlassen wollte.

Leise klopfte es an der Tür. Überrascht sah ich auf. Mein erster Blick viel auf die Uhr. Zu früh dafür, dass es Davis sein könnte. Zu spät für das Mittagessen.
Langsam trat eine Person in den Raum. Eine warme Stimme begrüßte mich.

,,Du bist schon zurück?", fragte Dr. Cartney, die vermutlich nur meine Anwesenheit überprüfen wollte. ,,Ja, scheint offensichtlich zu sein", entgegnete ich und setzte ein schiefes Grinsen auf. Sie zögerte kurz, als überlegte sie, sich zu verabschieden und ihren eigentlichen Aufgaben nachzugehen. Kurz drehte sie sich in Richtung Tür, schien aber in dem Moment die Eingebung zu haben, mir dennoch eine Frage zu stellen.

,,Sag mal, Loucy", begann sie zögernd und sah mich musternd an. Langsam machte sie einen Schritt auf mich zu.
Ich nickte nur und setzte mich auf.

,,Du siehst so verändert aus." Sie fuhr sich durch ihr dichtes Haar. Ich liebte diese dunkelbraunen, glänzenden Wellen.
,,Mag sein", antwortete ich leise. Auch ich wäre mir gerne durch mein Haar gefahren, hätte aber bedauernd feststellen müssen, dass mein dichtes langes Haar nach den Chemos nur noch dünn und kaputt war. Einer Enttäuschung, der ich mich in diesem fröhlichen Augenblick nicht aussetzen wollte.
Sie schien ganz in ihren Gedanken vertieft zu sein. Mal wieder schien die Brücke zwischen Ärztin und einer Vertrauten zu groß zu sein. Für mich war sie längst mehr als nur das. Ich bemerkte oft, wie sie zögerte, ob sie mich Dinge fragen sollte, da sie bemerkte, dass mich etwas belastete. Egal ob im positiven oder negativen Sinne. Jedoch schienen ihr die Fragen oft zu privat zu sein, weshalb sie sie offensichtlich herunter schluckte.

,,Was ist denn passiert, dass du...so strahlst", fragte sie zögerlich und ich war froh, dass sie es endlich ausgesprochen hatte. Denn heute war ich bereit zu reden. Ich war sowieso viel zu überdreht und fröhlich dafür, dass ich allein im Zimmer hockte.
Ich zuckte mit den Schultern. ,,Ich liebe diesen Ort einfach. Kennst du das nicht auch? Diesen einen Platz, an dem man sich wohl fühlt. Wohler als zu Hause. Wohler als an jeder anderen Stelle. Ich hätte bis vor ein paar Tagen nicht gedacht, dass dieser Ort für mich überhaupt existiert. Aber es gibt ihn. Jedes mal, wenn wir dorthin gehen, fühle ich mich besser. Tag für Tag ein bisschen mehr. Es ist, als würden alle meine Sorgen dort bleiben und als würde sie der Wind während meiner Abwesenheit auf das klare Wasser tragen und Flussabwärts spülen. Ganz weit weg von mir." Meine Stimme zitterte. Nicht wie sonst. Sie tat es vor Freude. Und vor Erleichterung dieses Gefühl gefunden zu haben.

Auf Ihren vollen Lippen, die wie fast immer mit ihrem dunklen Lippenstift abgerundet wurden, bildete sich ein zufriedenes Lächeln. Auch sie hatte ich lange nicht mehr so erleichtert gesehen. Ihren Blick auf mir ruhend, setzte sie sich neben mich.
,,Ich habe von Tag eins bemerkt, wie gut er dir tut", sagte sie leise. Ich sah in ihre glänzenden Augen. ,,Sie meinen Davis?" Meine Wangen röteten sich.

Als Antwort folgte nur ein Nicken. ,,Du bist nahezu wie ausgewechselt. So aktiv und es ist, als würde ich einem anderen Menschen ins Gesicht sehen. Der kleinen Loucy, die mich von Anfang an mit ihren jungen Jahren und ihrem starken Lebenswillen überzeugt hat. Sag mir, wenn ich falsch liege, aber ich könnte annehmen, dass..."
Sie brach ab. Die Grenze schien aus ihren Augen, erneut im Weg zu stehen.

,,Was meinst du?", fragte ich nachhakend und wünschte mir, sie würde ihren Satz beenden.
Sie schüttelte nur, noch immer lächelnd, ihren Kopf. ,,Nicht so wichtig. Das Einzige was ich wissen will, ist wie es dir geht. Und ich hoffe auf eine ehrliche Antwort."
Ohne sich von mir abzuwenden, rückte sie ihr Namensschild gerade, welches wie immer ein kleines bisschen nach links geneigt war. Ich vermutete, dass der Anstecker nach all den Jahren verbogen sein musste.

,,Ich denke", begann ich leise und holte tief Luft, als wären die folgenden Worte etwas ganz besonderes. Vielleicht waren sie das auch. Nicht für jeden verständlich, aber ich war mir sicher, dass Dr.Cartney wusste, wie bedeutend diese Worte waren.

,,Ich denke mir geht es gut", flüsterte ich und auch auf meinen Lippen erschien ein kleines, aber deutliches Lächeln.

,,Gut" war meine Antwort auf alle Fragen in den letzten sieben Jahren. Mir geht es gut, der Tag war gut, die Blutwerte waren gut. Das Leben ist gut.
Übersetzt man jedoch dieses Wort, so entspricht es der Realität. ,,Scheiße"
Und dennoch war alles immer ,,gut."
Dieses Wort bringt mich noch um. Denn es ist eine Lüge. Von vorne bis hinten. Anders gesagt, ist es ein Synonym, welches entweder für Geistesabwesenheit und eine gelangweilte Antwort steht oder eben für das komplette Gegenteil. Ich weiß es, denn aus genau diesem Wort bestand bis jetzt mein gesamtes Leben.
,,Gut" war die Antwort auf alles. Egal, ob es gelogen war oder nicht.
Bis ich angefangen habe die Wahrheit zu sagen. Es ist nicht schwer zu erkennen, was passiert, wenn man dies tut. Die Menschen bekommen Angst, zweifeln und verschwinden. Denn Menschen verkraften keine Wahrheit. So ist es nun mal.
Bis heute war ich dieser Ansicht. Bis ich heraus fand, dass die Wahrheit nicht immer etwas schlechtes ist, obwohl sie zugleich mein Leben widerspiegelt. Vielleicht zeigt es mir auch einfach, dass mein Leben gar nicht all zu beschissen ist. Nicht mehr. Denn heute habe ich die Wahrheit gesagt.
,,Mir geht es gut", habe ich gesagt. Es ist dasselbe Wort, welches ich all die Jahre zuvor benutzt habe. Und obwohl es genau dasselbe ist, war es bis heute nie die Wahrheit. Bis ich bemerkte, dass es einen winzigen unterschied gibt. So minimal, dass ich zu blind war, ihn zu erkennen
Ich lächelte dabei. Ich lächelte so sehr, dass selbst das Wort ,,Scheiße", die frühere Wahrheit, gelogen wäre. Denn dieses Lächeln war real. Und egal, was ich sagte, es bedeutete alles dasselbe. Denn dieses Lächeln hat mir gezeigt, dass ich zugleich die Wahrheit sprechen kann und dennoch niemanden verletzen muss.
Lange nicht konnte ich rückblickend so von einem Tag berichten. So positiv und voller Energie, dass es nahezu erschreckend war.
Aber heute fühlte ich mich nahezu normal. Mit ihm auf der Wiese zu sitzen und stundenlang zu reden. Zu lachen oder auch zu schweigen. Die Gedanken über meine ,,philosophischen Theorien", wie Davis sie nannte und unsere gemeinsamen Träume. Ich hatte lange nicht so gelacht, wenn er einen seiner, nicht annähernd lustigen, Sprüche von sich gab. Noch nie empfand ich Witze als so unlustig und konnte mich dennoch kaum noch halten vor Lachen. Dann schmeichelte er mir mit den merkwürdigsten Komplimenten, wie ,,du solltest öfter lachen, es macht dich lebendiger" und ich spüre, wie ein gewisser Alltag in mein Leben tritt. Davis ist die Person geworden, die meinem Leben neuen Halt gibt, nachdem alles zusammen gefallen ist. Nachdem nicht ein mal mehr meine Mum dem Schmerz standhalten konnte. Er kann es. Er weiß, wie er mit mir reden muss, um mich abzulenken. Zugleich schafft er es jedes mal im richtigen Moment, genau das Richtige zu sagen. Ihm gelingt es selbst zu schweigen und mir einfach stumm zu zu hören. Aber am aller wichtigsten ist mir, dass er mich versteht. Er hinterfragt keine meiner Einstellungen. Stattdessen akzeptiert er sie und versucht zugleich eine Lösung zu finden.
Anders als meine Mum blieb er.
Und genau das ist es, was ihn so besonders macht.
Aus diesem Grund wurde mir klar, dass ich ihn brauche. Momentan mehr als alles andere. Er gibt meinem Leben Realität und schafft es zugleich dem Schicksal zu entkommen. Ich will nichts mehr, als normal zu sein. Ich will nicht ewig leben. Denn ich weiß, dass ich diese Krankheit nicht einfach besiegen kann. Dafür fehlte mir die Kraft. Aber was ich weiß, von Tag eins an, ist, dass ich die Zeit die mir bleibt, leben will. Ich will aufstehen und lächeln. Mir bewusst werden, wie wichtig jede Sekunde meines Lebens ist. Und ich will dankbar sein, für jede weitere, die mir geschenkt wird. Ich bin vom Weg abgekommen. Die Dankbarkeit hat sich in elender Trauer verloren. In Trauer und besonders Hass auf dieses Leben. Welches ich, so sehr ich mich auch bemühte, nicht lieben konnte.
Und so langsam bin ich mir sicher, dass er mich gerade so davon abgehalten hat. Vor dem Sturz in die ewige Schlucht. Er hat mich bei der Hand genommen und mir den richtigen Weg gezeigt. Mitten durch die Probleme hindurch. Ich weiß nicht, wie lang dieser Weg sein wird. Mag sein, dass auch er sich bald dem Ende neigt. Aber für diesen Versuch, sich dem Leben zu stellen, hat es sich alle male gelohnt. Allein die Tage mit ihm. Der Kampf um sein Leben und der Zusammenhalt. So nah und so real, dass es mir besser geht, als Jahre zuvor.
Ich wollte es immer finden. Mein Paradies. Ich war überzeugt davon, dass ich es erreichen würde, wenn all das endlich vorbei wäre. Ich war mir sicher, dass das meine Erlösung von den ganzen Problem war. Aber ich hatte mich geirrt. Denn Davis Weg zeigte mir, dass das Paradies zum greifen nah ist. Praktisch direkt vor meinen Füßen.
Oder besser: 15 Minuten entfernt.
Danke Davis.

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