Rialta Sephiran
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Es gab sie. Monster. Es waren nicht nur jene boshafte Schattenkreaturen, die auch als Mordaxe bekannt waren, nein, sie waren ein Teil des Volkes. Nach Außen hin spielten sie die perfekte Welt vor, doch wenn sie allein waren, wenn sie mit denen waren, die sie Familie nannten, kam ihr wirkliches Gesicht hervor und hätten sie ihre Seele selbst in einem Spiegel betrachtet, so hätte sie der Anblick entweder zerstört oder er hätte ihnen gefallen. Sie wusste, dass jener Mann über seine Taten stolz war, er war ihr persönlicher Albtraum, der nicht davor zurückgeschreckt hatte, ihr wehzutun.
Still saß sie auf ihrem Bett, wie jeden Abend. Doch die Angst, die ihr ständiger Begleiter gewesen war, war verschwunden. Stattdessen war die junge Schönheit von Blut übersät und auf dem Bett lagen ihre langen, blonden Haare, die vereinzelt in einem hellen Blau glänzten. Sie hatte sie abgeschnitten, bevor er sie wie jeden Abend aufgesucht hatte.
An sein zuerst erschrockenes, dann voller Zorn übermanntes Gesicht erinnerte sie sich mit einem Lächeln. Er hätte sie getötet, vielleicht nicht heute, aber irgendwann, da war sie sich sicher.
Ein Blick auf den Boden neben dem Bett. Er lag dort, verwundet, voller Blut, tot. Immer wieder sah sie zu ihm hinunter, stellte sicher, dass jenes Leben endlich ein Ende genommen hatte und starrte dann wieder mit leeren Augen hinaus aus dem Fenster. Sie war gebrochen, innerlich hatte sie so viele Narben, dass sie selbst überrascht war, noch zu leben.
Langsam, sie wusste nicht, wie viel Zeit seitdem vergangen war, stand sie auf, einen scharfen Dolch in der Hand haltend. Sie hatte ihn direkt in sein Herz gebohrt, gehört, wie jene Klinge seine Knochen zum Brechen gebracht hatte und gesehen, wie das dunkle Funkeln aus seinen Augen gewichen war. Sein Herz war entzweit, sie hatte es herausgeschnitten und geteilt, anschließend neben ihn auf den Boden geworfen, als sei es Dreck, denn für sie hatte sein Leben keinerlei Wert. Er war ein Monster, das sie hatte zerstören wollen, allerdings war sie ihm zuvorgekommen.
Einen Moment lang betrachtete sie stillschweigend mit ihren grauen, geheimnisvollen Augen die Waffe und wie an ihr das Blut hinunter tropfte. Schließlich ließ sie diese über der Leiche des Toten fallen und schritt zur Tür. Sie hatte das getan, wovon sie so lange gewollt hatte, dass sie endlich den Mut aufbringen würde, es zu tun.
All die Jahre, in denen sie sich gefangen und unterdrückt vorgekommen war, verblassten und als sie jenen Ort verließ, der ihr ihre Seele genommen hatte, fühlte sie sich zum ersten Mal vollkommen frei. Ruhig atmete sie die frische Nachtluft ein und schloss die Augen. Sie lebte.
1 Tag zuvor
Als ich Aiden zum ersten Mal begegnet war, wusste ich, dass in dem Dickschädel mehr Unsinn als Verstand war und das hatte sich vor allem in den letzten Tagen bewahrheitet. Anstelle der Möglichkeit, die Lage erst einmal abzuwarten und besser einzuordnen, machte er sich mit seinem Phönix, den ich ebenso wenig leiden konnte wie ihn, ganz allein auf den Weg nach Mors, der Todesinsel.
Es war natürlich klar, dass Cyrus - der Goldjunge - seinem Freund, der arrogant und überheblich war, helfen musste und keinem etwas von seiner Rettungsaktion erzählte - keinem bis auf Iylias, bei dem ich mehr als nur überrascht war, dass er überhaupt geholfen hatte. Ihm hätte ich ebenso zugetraut, dass er sie ignorierte, so wie er es jedes Mal bisher getan hatte.
Nun, nachdem die drei oder wohl eher der Goldjunge und der Narr das abendliche Essen mit ihren Schreien gestört und ihre Entdeckungen berichtet hatten, waren wir wieder in Natero. Allerdings hatten die Vorkehrungen mit der Anreise einen Tag lang gedauert, weshalb wir erst ankamen, als das Menschenmädchen schon geflohen war.
Atherton war bereits vor dem Abend abgereist, weshalb wir einen Nachteil erlitten hatten. Wir standen jetzt in ihrem Zimmer, in welchem die Leiche eines Menschen lag. Doch er war ein Dämon, er wurde von Abaddon ausgewählt, das Mädchen zu ihm zu bringen. Ihr Name war Martha, dass sie DeLaughtrey beschmutzte, machte mich wütend. Sie war der Grund, warum der Frieden in Gefahr war und wurde dennoch von dem mächtigsten Zauberer beschützt. Atherton DeLaughtrey riskierte im Moment nicht nur sein Ansehen, sondern auch sein Leben. Ich konnte nicht garantieren, ob er lebend aus diesem Verrat hinaus kommen würde.
,,Ich bringe sie um." Auch wenn es Aiden war, der jene Worte ausgesprochen hatte, so erkannte ich ihn nicht wieder. Seine Miene war voller Hass und Zorn, als er sich den Toten ansah. Er war angespannt, hatte seine Hände zu Fäusten geballt und kleine Flammen loderten um ihn herum in der Luft.
Noch nie hatte ich den albernen und selbstbewussten Jungen derart aus dem Konzept gesehen. Es schien fast so, als kannte er den Mann, aber ich konnte über seine Vergangenheit nichts sagen, denn er hatte sich, bis auf Cyrus, niemandem anvertraut. Verübeln konnte ich es ihm nicht, wäre ich er, so hätte ich mir auch nichts erzählt, schon gar nicht, wie sein früheres Leben vor seiner Auserwählung war. Dass es nicht schön gewesen sein konnte, war jedoch kein Geheimnis. Jene Tatsache war etwas, was uns alle auf eine Art und Weise verband und sogleich voneinander distanzierte.
Gemma und Tayfun waren unzertrennlich, sie harmonierten miteinander und manchmal glaubte ich, in ihren Blicken zu erkennen, wie sie sich mehr als nur eine Freundschaft vorstellten. Aiden und Cyrus hingegen waren zwar eng befreundet und vertrauten einander, allerdings lag zwischen ihnen immer eine Distanz und obwohl sie sich aufeinander verlassen konnten, handelten und dachten sie von Grund auf verschieden.
Cyrus, ich nannte ihn gerne den Goldjungen, nicht wegen seiner blonden, gelockten Haare, sondern wegen seinen hellbraunen Augen, die in einem wunderschönen Gold leuchteten und seines edlen Verhaltens, tat alles, was von ihm aufgrund seiner hohen Stellung im Lichtkönigreich Litterana verlangt wurde.
Aiden aber hatte seinen eigenen Willen und verlieh diesem durch solch waghalsigen Aktionen Ausdruck.
Letzten Endes blieben noch Iylias und ich übrig. Während ich meinen Gedanken Worten gab und mir erlaubte, jedem meine Meinung aufzutischen, blieb er von Tag eins an für sich und wechselte kein einziges Wort mit uns. Es gab Tage, da hatte ich wirklich überlegt, ob er überhaupt sprechen konnte. Normalerweise war es für mich ein Leichtes, Männer zu manipulieren und meinen Willen zu ihrem zu machen, doch Iylias hatte mich nicht einmal angesehen, als ich versucht hatte, mit ihm zu reden. Stattdessen war er wortlos gegangen.
Ich war damals darüber mehr als nur genervt gewesen, allerdings hatte ich mir selbst den Vorsatz gegeben, ihn so zu behandeln, wie er alle anderen behandelte, denn offensichtlich wollte er für sich sein, wieso also etwas Anderes versuchen?
,,Alles in Ordnung, Aiden? Du siehst-" Fauchend unterbrach der Feuerschopf Gemma:
,,Ob alles in Ordnung ist? Hier liegt ein toter Dämon, das Menschenmädchen ist weg und Abaddon ist am Leben! Was ist daran in Ordnung?!" Er schrie förmlich und aus den kleinen Flammen um ihn ist ein Feuer entstanden, das auf seinem Körper tanzte.
,,Wage es nicht, so mit ihr zu reden!", sagte Tayfun, der sich schützend vor seine schweigende Freundin gestellt hatte. Seine Augen leuchteten in einem hellen Flieder und seine Muskeln waren angespannt. Genervt verdrehte ich die Augen. Bevor ich einen ironischen Spruch jedoch hatte sagen können, stellte sich der Goldjunge zwischen die beiden und beendete das Blickduell.
,,Hört schon auf, wir müssen uns konzentrieren und nicht streiten." Mir entging nicht, wie er zuerst den Toten und dann Aiden ansah, in seinem Blick steckte eine Bitte, aber auch...Verständnis? Auf einmal fiel meine Aufmerksamkeit auf rote Flecken, die sich auf dem Holz verteilt hatten. Doch ein paar von ihnen führten von der Leiche weg zu einer Wand.
Verwirrt betrachtete ich das mit Malereien von Pflanzen geschmückte Gestein. Wir hatten uns, seit wir hier angekommen waren, gefragt, wie der Mensch eigentlich hatte entkommen können, denn es waren überall Soldaten gewesen und sie hätte es mit keinem von ihnen aufnehmen können. Wir wussten allerdings, dass sie Hilfe bekommen haben musste, um von hier fliehen zu können. Jemanden, der sich hier bestens auskannte. Auch wenn ich liebend gerne sarkastisch auf den Geheimgang, der sich hinter der Wand befinden musste, aufmerksam machen wollte, ließ ich es bleiben.
,,Gemma, leg' deine Hände auf diesen Teil der Wand dort drüben." Verwundert sahen mich die anderen an, aber nach kurzem Warten tat sie es. Unter ihren Händen begannen die Steine grün zu leuchten und teilten sich schlussendlich. Ein dunkler Flur erstreckte sich nun vor uns und ohne ein Wort zu sagen, erschuf Aiden eine Flamme in seiner Hand und ging schnellen Schrittes voraus. Er hatte es vermieden, den toten Mann ein zweites Mal zu betrachten.
,,Ein Danke wäre nett gewesen, Feuerjunge," gab ich genervt von mir und folgte schließlich als letzte den anderen. Ohne Cyrus und Aidens Lichter wäre es hier vollends dunkel und zum ersten Mal empfand ich eine gewisse Dankbarkeit gegenüber ihren Elementen. Vor mir lief Iylias, der schon seine Waffe in der rechten Hand bereit hielt. Sie war gefährlich, denn anstelle einer Klinge befanden sich an den beiden Enden seines silbernen Stabes zwei Klingen, die sich nicht nur durch das Fleisch des Angreifers bohren konnten, sondern auch Eiswunden zurückließen.
Der Eisjunge war mit Aiden der größte unter uns, danach folgten Cyrus, Tayfun und ich, Gemma war mit ihren ein Meter achtundsechzig die kleinste von uns. Sie war die einzige, zu der ich halbwegs nett war und bei der ich mir meine Kommentare verkniff, denn sie hatte ein viel zu gutes Herz, als dass man zu ihr herablassend oder gemein sein konnte. Immer versuchte sie, das Gute in einem zu sehen, selbst als ich anfangs mehr als nur süffisant zu ihr gewesen war.
,,Ich mochte Atherton, warum glaubst du, hat er das getan?" In meinen Gedanken vertieft, hatte ich nicht bemerkt, dass sich Gemma hatte zu mir zurückfallen lassen. Auf ihre Frage hin zuckte ich lediglich mit den Schultern.
,,Er hat Aeternitas verraten, mir sind seine Gründe gleich, das einzige, was zählt, ist, dass wir ihn aufhalten." Gemma nickte abwesend, anscheinend dachte sie über etwas nach.
,,Was geschieht, wenn das Mädchen tot ist? Ich glaube nicht, dass Abaddon dann verschwindet." Sie hatte recht, auch ich hatte mir, seitdem ich von der Prophezeiung wusste, Gedanken gemacht und vieles war mir ebenso unklar wie ihr.
,,Ich weiß es nicht, Gemma, ich frage mich sowieso, wie das Herz eines Menschen Aeternitas Untergang und Abaddons Herrschaft bedeuten kann. Sie ist nutzlos und schwach, es wird ein Leichtes sein, sie zu töten." Natürlich wusste ich, dass Gemma den Menschen wohl als einzige nicht töten wollte und sie meine Worte womöglich kränkten, allerdings war dieses Mädchen eine Bedrohung unserer Freiheit und wenn ihr Tod den vieler anderer verhindern würde, so wäre ich die erste, die ihre Axt in die Brust jenes Menschen schlug und ihr Herz teilte. Ich würde die erste sein, die dafür sorgen würde, dass jenes Herzen nie wieder schlagen würde.
Plötzlich erklangen über uns die Schreie von Soldaten und als wäre es ein Signal gewesen, begannen wir zu rennen. Die Erde bebte und kleine Steinchen lösten sich von der Decke. Schließlich erreichten wir eine kleine Treppe, die hinauf zu einem Busch führte.
,,Hört zu, sie werden sich aufgeteilt haben. Rialta, Iylias und ich verfolgen das Mädchen in den Wald, Cyrus, Tayfun und Gemma kümmern sich um Atherton." Man konnte gegen Aiden sagen, was man wollte, er war ziemlich gut im Befehle erteilen und aus einem mir unbekannten Grund widersprach ich ihm nicht - dieses eine Mal. Ich tat, was er befohlen hatte, denn egal wie sehr ich Aiden nicht mochte, Feuer war jenes Element, welches die anderen anführte und auf dessen Führung wir uns verlassen konnten. Aiden mochte zwar arrogant, leichtsinnig und ignorant sein, aber dennoch führte er uns mit Entschlossenheit, Mut als auch Vorsichtig an.
,,Dir ist schon klar, dass Atherton der mächtigste Zauberer Aeternitas ist?", gab Tayfun Arme schwingend von sich und sah zum Feuerschopf hinüber. Jener kam auf ihn zu und legte ihm lächelnd die Hand auf die Schulter.
,,Und dir ist hoffentlich bewusst, dass wir die Krieger sind. Keiner ist mächtiger als wir - nicht einmal Atherton."
Noch vor wenigen Tagen hätte ich darüber genervt die Augen verdreht, ihn als respektlosen Feuerwicht beleidigt und eine kalte Ladung Wasser über seinen Kopf gegossen. Aber nach Athertons Verrat stimmte ich ihm gedanklich zu, würde es allerdings niemals zugeben, die gleiche Meinung zu teilen. Iylias hatte genug von den Gesprächen und ohne einen Blick in unsere Richtung zu verschwenden, lief er die wenigen Stufen hinauf und schob die Äste mit ihren vielen Blättern beiseite.
Über sein Verhalten schüttelte Aiden den Kopf, folgte ihm allerdings ins Freie. Ich ging als letzte, vor mir Gemma, deren Köcher mit einem ledernden Gurt um ihren Oberkörper am Rücken befestigt war. Ihren Bogen hatte sie bereits zur Hand genommen. Er war aus dem Holz der alten Fortiden geschnitzt, Bäume, deren Rinde undurchdringlich war und nur von einem Erdenkrieger verwendet werden konnte.
Einige der Blätter streiften sacht meine Haut, als ich sie grob zur Seite schob und ins Freie trat. Es war merkwürdig, denn auf einmal waren jegliche Schreie verstummt und eine gefährliche Stille hatte sich ausgebreitet.
,,Auf gar keinen Fall bleibe ich hier. Iylias kann ja gegen Atherton kämpfen und ich gehe das Menschenmädchen fangen." Tayfun wedelte energisch mit den Armen in der Luft und zeigte schließlich jenen, als er diesen nannte. Jener sah ihn nur mit einer erhobenen Braue an. Tayfun redete sehr viel, manchmal - nein, sehr oft nicht unbedingt Hilfreiches, doch er schaffte es, mich innerlich zum Schmunzeln zu bringen.
,,Tay, er ist nur ein Zauberer." Als hätte Aiden soeben einen schlechten Witz erzählt, lachte Tay auf und klatschte sich in die Hände. Zugegeben, Aiden unterschätzte Atherton, der Anblick des Toten hatte ihn offenbar anders - noch überheblicher werden lassen.
,,Hast du dir den Kopf gestoßen? Atherton DeLaughtrey ist nicht einfach irgendein Zauberer, er ist-" Der Feuerjunge unterbrach Tay und schmiss mit einer Bewegung seines Fingers einen lodernden Feuerball in seine Richtung, welchem Tay schockiert auswich. Ein Blickduell entstand und gerade als Tayfun einen Wirbel entstehen lassen wollte, schritt Cyrus zwischen die beiden.
Beschwichtigend hob er seine Hände und sah Aiden mahnend an. Jener gab nach und zischte. Etwas stimmte hier nicht. Aiden war voller Zorn und seine Augen funkelten bedrohlich, aber die Stille war noch viel merkwürdiger. Noch vor wenigen Minuten waren hier Soldaten im Ansturm gewesen und jetzt war keine Spur mehr von ihnen zu sehen. Wieso waren sie hier gewesen? Wen hatten sie überhaupt angegriffen? Fragen über Fragen, aber keine Antwort.
Langsam entfernte ich mich ein Stück von der Gruppe, als etwas in der Ferne aufleuchtete und meine Aufmerksamkeit weckte. Es war ein Schwert mit dem Symbol Nateros darauf. Blitzschnell zog ich meine Axt aus dem Gurt an meinem Rücken und stellte mich in Kampfposition.
Kurz betrachtete ich das orangene Glänzen meiner Waffe. Genau wie jede Waffe der Krieger war auch meine Axt nicht einfach nur eine Axt aus Silber und einem dicken Holzstück. Ihre Klinge war aus den schärfsten Korallen Aquarilis' hergestellt worden und der Griff bestand aus miteinander fest verbundenen grünen Algen. Die Algen umschlangen die Korallen und ergaben ein schönes Muster, welches ich mir oft bei Langeweile ansah.
Plötzlich wurde ich von einer Druckwelle erfasst und nach hinten geschleudert. Vor Schreck lockerte sich der Griff meiner Hand an der Waffe und sie entglitt mir. Hart schlug ich gegen einen Baum und es dauerte einen Moment, bis ich mich begann, aufzurichten. Eine Gestalt trat hinter dem Schutz der Bäume hervor und nun erkannte ich denjenigen, der seine Macht an mir verübt hatte: Atherton.
,,Ergebt euch!" Aidens wütende Stimme erklang neben mir und erst jetzt bemerkte ich seine Hand, die er mir gereicht hatte. Ohne zu zögern, schlug ich sie weg und richtete mich auf. Seinen tadelnden Blick ignorierte ich gekonnt, viel zu erzürnt war ich darüber, dass mich der Zauberer hatte einfach so angreifen können. Wäre ich bloß aufmerksamer gewesen.
Mit einer schwungvollen Bewegung ließ ich das Wasser im Boden zu einer kleinen Welle heranwachsen, welche mir nun meine Axt entgegenwarf. Ohne hinzusehen, fing ich sie mit meiner rechten Hand auf und visierte Atherton.
,,Ihr seid blind, Krieger. Geht Befehlen nach, die euren und vieler anderer Tod bedeuten." Seine Stimme war machtvoll und sanft zugleich. Obwohl er bereits über tausend Jahre alt war, sah er nicht viel älter als wir aus, die gerade mal über die dreihundert kamen.
,,Was weiß schon ein Verräter. Einen Menschen habt ihr aufgezogen!" Dabei betonte Aiden das Wort Mensch derart abfällig, dass er angewidert das Gesicht verzog.
,,Bitte, Atherton, vermeidet diesen Kampf und sagt uns, wo wir das Mädchen finden können." Cyrus trat vor und versuchte, auf diplomatische Weise mit dem mächtigen Mann zu verhandeln. Jener machte einige Schritte auf uns zu, weshalb wir ihm drohend unsere Waffen entgegenhielten. Die Hitze, welche von Aiden ausging, breitete sich aus. Der Zauberer sah hinüber zu Aiden.
,,Junge, man sollte meinen, dass du jetzt durch seinen Tod befreiter bist-" Ehe Atherton zu Ende sprechen konnte, sprang Aiden schreiend auf ihn zu und ließ sein Schwert gegen eines von Athertons silbernen und magischen Schildern aufschlagen. Ein schriller Laut entstand und Tayfun schleuderte seine Sichel auf den Zauberer, welche dieser durch eine erneute Druckwelle zurückwarf.
Ich wollte gerade selbst meine Axt schwingen, da schwang Cyrus seine Kette und zog den außer Kontrolle geratenen Aiden von Atherton weg, indem sich die Kette um dessen Bauch schlang. Gemma hatte inzwischen begonnen, eine Mauer aus Ranken zu errichten, die den Zauberer und Tayfun von uns trennte.
,,Aiden, du musst gehen, ihr drei müsst gehen." Sein Blick wanderte von dem Feuerjungen zu Iylias und mir, der von Cyrus Licht davon abgehalten worden war, den Zauberer ebenfalls anzugreifen.
,,Nein, dieser-" Noch eine Druckwelle erfasste uns und schleuderte uns gegen die Bäume.
,,Findet das Mädchen!" Schrie Cyrus uns an, bevor er seine Kette um Aiden mit einer schnellen Bewegung löste und Tayfun und Gemma half, die Schwierigkeiten hatten, dem Zauberer standzuhalten. Kurz machte es den Anschein, als würde Aidens Herz damit kämpfen, nicht weiter Atherton anzugreifen, doch schließlich rappelte er sich auf und deutete uns, ihm zu folgen. Ich hatte keine Gelegenheit gehabt, selbst mein Element einzusetzen, was mich noch genervter dem Feuerjungen hinterherrennen ließ.
Nach wenigen Sekunden holte ich zu den beiden Männern auf und lief in deren Mitte. Ich wusste nicht, wie lange wir bereits in dem Wald rannten, aber irgendwann hielt Aiden abrupt an, was auch Iylias und mich zum Stehen brachte. Eine frische Feuerstelle befand sich vor uns auf dem Boden und ein leichter Geruch vom Rauch lag noch in der Luft.
,,Sie kann noch nicht lange fort sein."
,,Aiden, es waren zwei hier, sie haben sich aufgeteilt." Zwar hatte es Iylias vor mir bemerkt, da mich erst sein Blick hatte auf die Spuren aufmerksam gemacht, allerdings kümmerte sich jener nicht viel um Anerkennung seiner Beobachtungen, weshalb ich den Teil wegließ. Bevor Aiden antworten konnte, bückte sich Iylias zu den Schuhabdrücken hinunter und binnen weniger Sekunden stand er auf.
,,Da entlang." Zwei Worte, die ersten zwei Worte nach einer langen Zeit des Schweigens. Irritiert als auch überrascht trafen sich Aidens und mein Blick. Iylias wies uns gerade aus an und ohne zu zögern rannten wir los. Während der ganzen Zeit, in der wir liefen, hielt Iylias seine Waffe fortwährend in seiner Hand. Aus diesem Jungen wurde niemand schlau, nicht einmal ich selbst.
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