Aiden Torneu
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Ein kleiner Junge, der sich hinter einer Mauer versteckte, lauschte seiner Umgebung. Es war dunkel, auf dem Hof war Stille eingekehrt und nicht einmal die sonst so lauten Tiere gaben einen Ton von sich. Beinahe wirkte es so, als hätten selbst sie Angst vor der Heimkehr des Mannes, der sie verpflegte. Zumindest glaubte jeder, dass er freundlich war, denn keiner hinterfragte den stets anständig gekleideten Mann.
Sein aufgesetztes Lächeln, seine nahezu einstudierte Bewegung mit der Hand, wenn er jemanden begrüßte, auch sein Gang war aufrecht und sein Gesicht makellos, ja, er war perfekt - nach Außen hin. Denn würde man sein Inneres kennen, so wäre der Anblick eine Qual, ein Schmerz, der nicht zu beschreiben war. Man würde ihn hassen.
Die Atmung des Jungen war schwer und er zog sich noch weiter in den Mantel der Dunkelheit zurück. Er war jung, zu jung, um so etwas zu ertragen. Albträume plagten ihn und nachts schlafen konnte er nicht mehr. Zu groß war die Angst, plötzlich durch etwas - jemanden, geweckt zu werden. Liebe war fremd für ihn, Zuneigung eine Erinnerung und Anerkennung ein Traum. Und auch wenn er noch jung war, so hatte er die Hoffnung aufgegeben, darauf zu warten, gerettet zu werden. Zu erfahren, was es bedeutete, geliebt zu werden und willkommen zu sein.
Plötzlich packte jemand den Jungen am Arm und riss ihn von der Mauer weg. Er taumelte, stolperte und fiel nach hinten in den Dreck. Ein kaltes Lachen ertönte und jagte dem Kind einen Schauder über den Rücken. Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebildet und jedes seiner Glieder zitterte - es war keine kühle Nacht, nein, sie zitterten vor Angst. Angst vor jenem, der vor ihm stand, breit gebaut und riesig. Eine Träne entkam dem Jungen und wie aus dem Nichts umgriff der Mann das Kinn des Jungen. ,,Heul nicht!", befahl er ihm und versuchend, tapfer zu sein, wischte er sich die Tränen mit der Hand weg.
Es gab Tage, da war alles gut, zu gut, um wahr zu sein. Doch diese Tage wurden immer weniger und verloren ihre Bedeutung. Der Mann, dessen dunkle Augen mehr als nur Hass verkörperten, packte den Jungen erneut und zog ihn an dessen Arm hinter sich her. Sein grober Griff ließen wieder Tränen in den Augen des Jungen aufkommen, jedoch zwang er sich, diese vor dem Fallen zu bewahren.
An der schon alten, hölzernen Tür hielt er inne, dann öffnete er diese und schubste das Kind ins Haus.
,,Dachtest wohl, ich finde dich nicht," sprach er bedrohlich zu dem verängstigten Jungen, dessen braunes Haar im Licht der Kerze einen rötlichen Schimmer annahm. Seine warmen, braunen Augen, die früher vor Freude gestrahlt hatten, fokussierten nun weit geöffnet den Mann vor ihm, der sich erneut vor ihm aufgebaut hatte und die Flucht unmöglich machte.
Er konnte weder schreien, noch sich bewegen. Denn seine Schreie würde niemand hören, da sie fernab des Dorfes lebten und sein Versuch, sich zu erheben, könnte schreckliche Folgen nach sich ziehen.
,,Du bist ein Schwächling, ein Versager,..." Für einen Moment hielt er inne und sah bloß auf jenes Kind, was er so sehr verabscheute. Warum? Weil er ihm die Schuld gab. Er übte Kontrolle aus, ein Gefühl von Macht, welche er damals nicht gehabt hatte und ihn vieles gekostet hatte. Langsam beugte er sich zu dem Jungen hinunter.
,,Du bist eine Enttäuschung, aus dir wird niemals etwas werden. Denn überall, wohin du gehst, wird das Unglück stets dein Begleiter sein und das wird auch der Grund für dein Verderben sein."
3 Tage zuvor
Das klirrende Geräusch unserer Klingen erklang, als sie aufeinander trafen. Mit glühenden Augen funkelte ich Dracon an, der bereit in Kampfposition stand. Seine schwarzen Haare klebten ihm verschwitzt an der Stirn und sein Blick verriet mir, dass ich der heutige Sieger unseres Kampfes sein würde.
Sein Nachteil war es, dass, obwohl er mich jahrzehntelang ausgebildet hatte, ich durch das Feuer in meinem Herzen stärker als jeder andere war, sogar stärker als er. Und Dracon war keineswegs ein Mann, dessen Kraft nicht im Königreich bekannt war - Im Gegenteil:
Soldaten zollten ihm Respekt und fürchteten seine Stärke, die er immer gezielt einzusetzen wusste und nicht verschwendete. Doch jeder Körper wird irgendwann müde, selbst, wenn man es ihm nicht anmerkte. Ich bemerkte es allerdings, aber vielleicht lag es auch einzig an mir, ihn heute zu schlagen.
Jede Faser meines Körpers brannte und das Feuer loderte in meinem Herzen, welches wild in meiner Brust schlug. Energie strömte durch meine Knochen und mit einer gezielten Bewegung brachte ich meinen Gegner zu Boden. Drohend hielt ich ihm die Spitze meines Schwertes an die Kehle und signalisierte ihm, dass der heutige Kampf entschieden war.
Für ein paar Sekunden musterte mich Dracon, dessen Blick Wut, zugleich aber auch Stolz offenbarte, was für ein angenehmes Gefühl in meiner Brust sorgte.
Mit einem schelmischen Grinsen zog ich die Klinge zurück und steckte sie in die Halterung, welche mit ledernen Gurten an meinem Rücken befestigt war. Ich streckte ihm meine Hand entgegen, die er kopfschüttelnd annahm.
,,Du bist besser geworden. Letzte Woche habe ich dich noch in deine Schranken gewiesen." Augenverdrehend nahm ich mir ein Handtuch vom Ständer, der an der Wand der Halle stand und wischte mir damit den Schweiß von der Stirn.
,,Aber nur, weil ich dich habe gewinnen lassen, mein Freund." Wie aus dem Nichts lachte er sein kehliges Lachen und klopfte mir auf die Schulter.
,,Junge, pass' besser auf, was du von dir gibst, ehe ich dir nächstes Mal zeige, wie ich wütend kämpfe."
Obwohl es mich drängte, einen frechen Kommentar hinterherzuwerfen, so beließ ich es dabei und verließ schmunzelnd die große Trainingshalle. Noch immer floss die Kraft des Feuers durch meinen Körper, der förmlich in Flammen stand.
Ich konnte mich noch an die Zeiten erinnern, in welchen ich diese Kraft nicht zu kontrollieren wusste und ich unbeherrscht Feuer entfacht hatte, die ich nicht löschen konnte. Dracon hatte mir damals Schritt für Schritt die Disziplin beigebracht, welche ich benötigt hatte, um mich selbst zu beherrschen.
Anfangs war es alles andere als einfach gewesen, die große Macht des Elements überhaupt gezielt einzusetzen, doch je mehr Monate verstrichen waren, umso mehr lernte ich, das Feuer zu bändigen. Bis heute, Jahrzehnte später, ist die Macht allerdings noch immer schwer zurückzuhalten, da es nahezu verlockend klang, ihr freien Lauf zu gewähren. Nur konnte mir dann niemand garantieren, sie wieder unter Kontrolle zu bekommen oder welchen Schaden dies anrichten könnte.
Fertig mit meinem heutigen Training, betrat ich die Duschen der Umkleide, streifte mir die Klamotten vom Leib und stellte das Wasser durch einen steinernen Hebel an der Wand an, in dem ich ihn in diese drückte. Leicht erschöpft stellte ich mich unter das kühle Nass, woraufhin heißer Dampf entstand, als die Kälte die Hitze meines Körpers berührte.
Entspannt ließ ich den Kopf nach hinten fallen und schloss die Augen. Langsam kühlte meine Haut ab und das Brennen meiner Knochen ließ immer mehr nach. Die Schläge meines Herzens wurden langsamer, bis sie wieder in einem gleichmäßigen Rhythmus erklangen. Ich wusste nicht, wie lange ich regungslos die Kälte des Wassers genossen hatte, doch irgendwann machte sich wieder die Realität bemerkbar. Nachdenklich richtete ich mich auf und öffnete die Augen. Mein Blick glitt durch den Raum und malte sich Bilder vergangener Tage aus.
Früher hatte ich zusammen mit den anderen Kriegern trainiert und das Einzige, worüber wir uns Sorgen gemacht hatten, waren Beziehungen und Prüfungen gewesen. Aber inzwischen sahen wir uns nur noch selten, wenn entweder Versammlungen anstanden oder es zu einem Vorfall kam, bei dem ein Harenen-Herz gefunden worden war und nach Alderon gebracht werden musste. Aber selbst in diesem Fall sah ich nur einen von ihnen. Und meistens, was ich zu tiefst bedauerte, war es Iylias, der mich auf den Missionen begleitete.
Nicht nur, dass er alles andere als gesellig war, nein, auch seine Art brachte das Feuer in mir zum Kochen. Er sprach weder viel, noch sah man einen Anflug eines Lachens auf seinem Gesicht. Und ich war natürlich der Glückliche gewesen, ihn mehr als andere Gesellschaft um mich zu wissen. Feuer und Eis sollte in einer Mission zum Verbot werden, das keine Anhörung auf Freispruch bekam.
Von diesen Gedanken genervt, genauso wie von meinem eher langweiligen Dasein, stellte ich das Wasser ab und lief durch den Bogen zur Umkleide, wo ich mir ein Handtuch vom Regal nahm. Alderons Schloss war im Inneren eines Vulkans errichtet worden und die Wände waren, ebenso wie seine Stadt aus dunkelroten Feuersteinen gebaut, die, wenn die Nacht hereinbrach, zu leuchten anfingen. Es war ein schöner Anblick, den ich jeden Abend aufs Neue bestaunte und genoss.
Manchmal fragte ich mich allerdings, was ich eigentlich mit dem Feuer anstellen sollte, wenn doch alles so friedlich und schön erschien. Meine Freunde wurden zu Fremden, Missionen wiederholten sich ständig und der Alltag bestand aus Training, Sex und Langeweile, wobei mich selbst Sex zurzeit nicht mehr reizte. Mein Leben war unendlich, denn welcher Feind lebte noch, um mir zu trotzen? Genau, keiner.
In Sekundenschnelle streifte ich mir ein schlichtes, rotes Hemd und eine schwarze, eng-sitzende Hose über den Körper und öffnete die hölzerne Tür, um mich in den vielen Gängen des Schlosses wiederzufinden. Es hatte mich Monate gekostet, mir eigenständig einen Weg durch dieses Labyrinth zu schaffen und selbst jetzt hatte ich noch meine Schwierigkeiten, manche Räume zu finden. Und das nach über hundert Jahren. Über mich selbst den Kopf schüttelnd, ging ich die langen Gänge entlang.
Auf dem Boden war ein roter Teppich ausgelegt, der sich durch das gesamte Schloss zog und an den Wänden hingen Fackeln. In Alderon sah man außer grauen Wolken, kein Licht der Sonne und nur bei Nacht konnte man Alderons Schönheit genießen. Bis auf die Fackeln, welche überall angebracht waren, gab es keine weitere Lichtquelle im feurigen Königreich. Wozu auch, ich konnte mit einem Fingerschnippsen jede Fackel entzünden.
Mit aufrechtem Gang und grinsenden Lippen lief ich mehrere Stufen nach oben. Auch wenn ich die königlichen Privilegien genoss, so hasste ich es, dutzende Treppen steigen zu müssen, um in mein Gemach zu gelangen und das nicht nur einmal am Tag. Mittlerweile war mein einziges Ziel, mich auf mein Bett fallen zu lassen und mich meinen Träumen hinzugeben.
Genug von der langweiligen Welt, in der ich gefangen war - wie ein Vogel in einem goldenen Käfig. Er konnte noch so groß und schön sein, am Ende war es dennoch ein Gefängnis und die Freiheit wurde einem genommen. Natürlich war ich mir meinem Hang zur Übertreibung bewusst, aber mein Dasein fühlte sich nicht mehr aufregend an, sondern erzwungen.
Die nutzlosen Stunden am Hof, um mich auf den Thron von Alderon vorzubereiten und die sich immer wiederholenden sportlichen Aktivitäten, um mich fit zu halten. Am liebsten würde ich in mein Bett flüchten und nicht mehr aus diesem heraus kommen. Denn inzwischen kannte ich die vielen Regeln, hohen Erwartungen und vorbereiteten Pläne für jegliche Notfälle und Situationen.
Und ob ich nun eine Woche lang nichts tat, würde mir auch keinen Nachteil bei Feinden bringen, da es sie, bis auf die Träger von verfluchten Herzen, schlichtweg nicht gab.
Endlich auf der königlichen Ebene angekommen, wollte ich gerade zu dem Griff meiner Tür greifen, da tippte mir jemand auf die Schulter. Wie vom Blitz getroffen, drehte ich mich um und hatte schon eine Flamme in meiner Hand erzeugt, da erkannte ich das weiche, dennoch vor Arroganz trotzende Gesicht der Prinzessin - und bedauerlicherweise meiner zukünftigen Verlobten. Ich unterdrückte nur mit Mühe ein genervtes Stöhnen und ließ meine Hand sinken. Die Flamme erlosch.
,,Wie gut, dass ich euch noch erwischt habe, mein Tag ist sogleich besser," zwitscherte sie in ihrer unangenehm aufgesetzten, hohen Stimme. Meiner nicht, schwirrte es in meinem Kopf herum, aber ich hielt Kommentare zurück.
,,Verzeiht, doch ich hatte soeben vor-," weiter ließ sie mich nicht sprechen, sondern unterbrach mich mit ihrer Stimme, wegen welcher ich schon Mordgedanken hegte. Arrogant und eingebildet, was für ein Weib.
,,Ich wollte mit euch Zeit verbringen, vielleicht in meinem Gemach..." Das konnte sie sich erträumen, wobei mich allein diese Noema am liebsten vor Ekel zucken wollen ließ. Ich hatte mich geirrt, es gab eine Person, die Feind genug war und das war sie. Weder eine gute Prinzessin, noch ein guter Mensch.
Sie besaß keinerlei Mitgefühl für ihre Untertanen, keinen Charakter, um zu helfen und keine allzu große Intelligenz. Niemals würde ich ihrer indirekten Aufforderung nachkommen, mit ihr zu schlafen, wenngleich sie alles andere als hässlich war. Ihre Figur wurde von Kurven betont, ihre Haut war von Unreinheiten verschont und ihre roten Haare waren zu kunstvollen Zöpfen geflochten. Ja, durchaus wusste sie, ihr Aussehen zu betonen. Dennoch konnte ich mich mit einer Leichtigkeit beherrschen, wie es mir sonst bei anderen nicht erging.
,,Euer Angebot schmeichelt mir, allerdings habe ich bereits etwas vor. Vielleicht ein anderes Mal," versuchte ich, betont höflich von mir zu geben, wobei ich ihr am liebsten einfach die Tür vor der Nase hatte zuschlagen wollen.
Ihre braunen Augen verdunkelten sich und ich sah ihr an, wie sie mit sich rang, ruhig zu bleiben. Sonst bekam sie immer jeden Wunsch erfüllt, niemand wagte es, zu der Prinzessin Nein zu sagen. Nun ja, fast jeder. Ich war nämlich kein schwacher Angestellter oder eine Wache mit männlichen Defiziten. Ich behielt die Kontrolle über mich und meine Handlungen, für solche albernen Machtspiele fehlte mir die Motivation als auch die Geduld.
,,Nun gut, vielleicht wann anders." Sie hielt inne und musterte mich misstrauisch. Dabei zog sie ihre Stirn kraus, wodurch kleine Falten auf dieser entstanden. Mich davon nicht beirren ließend, stand ich aufrecht vor ihr und senkte meinen Kopf, um auf sie herab zu sehen.
,,Ihr seid ja beschäftigt." Ihr Tonfall war zwar um Freundlichkeit bemüht, aber ich konnte hören, wie ihre Stimme vor Wut bebte. Was für ein Kleinkind und sie sollte später an meiner Seite regieren. Das konnte bloß ein Albtraum werden. Ich antwortete mit einem Nicken, wandte mich ab und öffnete die steinerne Tür zu meinem Zimmer. Ohne sie noch eines weiteren Blickes zu würdigen, ließ ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen. Erschöpft lehnte ich mich an diese und schloss für einen Moment lang die Augen.
Wer glaubte, mit einem Element in seinem Herzen frei zu sein, der irrte sich gewaltig. In weniger als einem halben Jahr, wenn die Sonne für einen Tag lang eine blaue Farbe annimmt, sollte ich mit den anderen den Thron besteigen, an meiner Seite eine ignorante Prinzessin und tausende Pflichten und Regeln. Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten.
Die Wärme des Feuers durchfuhr mich und begann, leicht auf meiner Haut zu brennen. Eine Stimme in mir flüsterte leise lass los, doch ich konnte nicht, ich hatte die Kontrolle, würde ich los lassen, so würde ich sie verlieren. Schnell öffnete ich wieder meine Augen und stieß mich von der Tür ab. Genug mit den traurigen Gedanken und der Sehnsucht nach Freiheit. Mein Leben war schön, ich hatte all das, was jeder begehrte und niemand konnte mir das nehmen.
Ein wenig entspannter legte ich mich auf das große Himmelbett und betrachtete die steinerne Decke. Im Gegensatz zu Natero rankten sich hier keine Pflanzen durch die Mauern des Schlosses und weder flogen Schmetterlinge durch die Gänge, noch standen Pflanzen als Zierde in Töpfen. So sehr ich das Feuer in seiner Macht und Schönheit bewunderte, Natero, Aquarilis und Storemis waren atemberaubend in ihrer Vielfalt, ebenso wie Litterana. Sie alle hatten einzigartige Plätze und Sehenswürdigkeiten, die es zu bestaunen galt. Ich hatte die Ausflüge früher wirklich genossen und die Neugierde hatte mich stets von Neuem gepackt.
Glaceres - das eisige Königreich hingegen glich der Landschaft Alderons, wenn vielleicht noch tückischer in seiner Form. Man konnte sich gar nicht vorstellen, wie kalt es dort war und werden konnte und wie viele Gefahren zwischen der schneebedeckten Landschaft ihr Unwesen trieben.
Ich musste gestehen, gerne war ich dort nicht zu Besuch gewesen und das hatte nichts mit Iylias zu tun, der manchmal noch kälter als Glaceres selbst schien. Zwar sprachen wir Krieger nicht über unsere Vergangenheit, aber von Iylias wusste keiner etwas.
Er schwieg, wenn er musste, dann kämpfte er und nur selten erlaubte er sich selbst, mit anderen zu kommunizieren. Doch nicht über alltägliche oder persönliche Dinge, nein, nur das, was von ihm verlangt wurde. Wer konnte schon sagen, ob er schon immer so kalt war oder ihn das Eis in seinem Herzen zu diesem unsterblichen Krieger geformt hatte, darauf Bedacht, niemanden an sich heranzulassen.
Mit einer flinken Bewegung formte ich eine kleine Flamme in meiner rechten Hand. Ihre feurigen Arme tanzten wild in der Luft und etwas an diesem Anblick beruhigte meine zerrissene Seele. Das Feuer war wie ich, kam man ihm zu nahe, verbrannte man sich.
Ich hatte wie viele leiden müssen und nur ungern dachte ich an die Zeit vor meinem Leben als Krieger zurück. Lieber stieß ich jegliche Gefühle, die in eine erschreckende Richtung der Zuneigung für jemanden ging, beiseite und blieb unantastbar. Weder wollte ich die Vergangenheit oder Lasten eines anderen erfahren, noch sollte jemand meine kennenlernen.
Plötzlich öffnete sich mit Schwung die Tür. Erschrocken ließ ich die Flamme los, welche an der steinernen Wand neben Dracon aufprallte und in einer kleinen Explosion erlosch. Sein Blick sprach Bände und entschuldigend hob ich die Hände. Irgendetwas mochte mich offenbar nicht, denn nicht eine Stunde konnte ich Ruhe finden, wenngleich Dracon ein enger Freund war.
Vermutend, dass es sich um eine weitere Mission mit dem Eisbrocken von Elementar handelte, winkte ich ab:
,,Sag ihm, ich bin in zehn Minuten bei ihm, wenn er es solange aushält."
,,Ai-" ,,Und warum muss ich eigentlich stets mit auf solche Missionen? Iylias ist erwachsen, er kann das schon selbst geregelt bekommen,"sprach ich weiter und unterdrückte ein Gähnen. Gelangweilt von der sich wiederholenden Routine meines Lebens, lief ich an Dracon vorbei. Aber hingegen meiner Erwartung, dass der Soldat wieder seines Weges ging, blieb er stehen und sein Blick machte mir unmissverständlich klar, dass es hier nicht um ein verfluchtes Herz ging.
,,Etwas wurde an den Klippen zum Aschenland gesichtet und ein Angriff hat einen Soldaten schwer verletzt. Der König schickt uns raus, um die Antwort zu finden." Meine Miene wurde ernst und der Sarkasmus verschwand, den ich wenige Momente zuvor kundgegeben hatte. Das Aschenland war eine weite, öde Ebene mit vielen Klippen und rissigem Boden, unter welchem das glühende Lava des Vulkans floss.
,,Was hat er gesichtet?", fragte ich bedenklich.
Was konnte den König in Aufruhr bringen, wenn ein Soldat verletzt wurde, stellte sich mir immer und immer wieder die Frage. Dracons Blick glich dem eines Todesurteils.
,,Ein Mordax." Geschockt atmete ich aus.
,,Das würde ja bedeuten..." Dracon nickte, besorgt, zugleich mit so vielen Fragen, die ihm ins Gesicht geschrieben standen - so wie mir.
,,Das würde die Geschichte zu einer Lüge machen und ganz Aeternitas wäre in Gefahr," sprach er, die Hand fest an dem Griff seines Schwertes. Jeder würde den in seinem Inneren tobenden Sturm sehen, zumal er damals bei der Schlacht an der Seite der gefallenen Krieger gekämpft hatte. Es machte alles, woran er geglaubt hatte, zu einem verhängnisvollen Schwindel. Einem Betrug der Vergangenheit, den alle geglaubt hatten
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