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Kapitel 96

Ruel - Don't Tell Me

Mein Gesicht dreht sich halb, wo sich das Ziehen auf meiner linken Gesichtshälfte schon rasend schnell bemerkbar macht. Hat sie das wirklich getan? Ist das wirklich passiert? Dieses Ereignis kommt mir gerade so unecht vor. Für einen Moment bilde ich mir ein, dass es gar nicht passiert ist. Wie? Ganz träge halte ich mir meine pochende, warme Wange. Mama hat mir wirklich eine Backpfeife gegeben. Das ist das erste Mal, dass sie das getan hat. Die Klapse, das Knuffen war alles nur als Neckerei oder als sanfte Warnung, aber das ist wirklich die erste Gewalt, die ich erlebe. Ich sehe in ihren Augen ein Gemisch aus Wut, Trauer und Entsetzen. Sie ist diese Situation selber nicht gewohnt. Und nun stehe ich hier. Stumm, schockiert, mit schmerzender Wange und langsam aufbrausenden Gefühlen und aufsteigenden Tränen. Dass Mama mich geschlagen hat schmerzt gerade mehr, als die Tatsache, dass sie eine Beziehung jetzt nicht gutheißen würde. Für mich steht die Welt gerade so still wie noch nie. Ich traue mich nicht einmal vernehmbar zu atmen. Ich will keine Regung zeigen, weil mich dieses Geschehen so verschreckt. Mama hat mich wirklich verletzt. Ich kann mich nicht bewegen. Ich will mich nicht bewegen. Wir schauen uns beide einfach nur stumm an. Mama ist wütend und bei mir kommen die Gefühle erst alle durch eine Art Filter, bevor ich es rauslassen kann. Ich bin froh, dass Adam wenigstens schon im Haus ist. Es wäre mir noch unangenehmer, wenn er oder noch wer es mitbekommen hätte. Als Mama durchatmet, schlägt mein Herz schneller. "Geh auf dein Zimmer, Cana." Ihre Stimme ist neutral. Keine Wut, keine Verachtung. Sie dreht sich sogar selber um und geht rein.

Als ob es das Startsignal für mich war, renne ich mit bebender Unterlippe die Treppen hinauf in mein Zimmer. Ich kann mein Schluchzen noch in meinem Zimmer rauslassen, als ich meine Tür abschließe. Erst jetzt platzt meine innere Ruhr. Meine Gefühle fließen in diesem Moment aus mir heraus. Ich bin wütend und zutiefst verletzt, dass meine Mutter mir so etwas antut. Ich bin so wütend, dass ich mir das habe gefallen lassen. Ich bin so wütend, dass sie mir nicht einfach zustimmen konnte. Mich macht es sogar wütend, dass ich jetzt weine. Ich lasse mich auf meinem Bett nieder und lege die Decke um mich. Gott, ich bin so sauer! Es macht mich wütend, dass ich nichts in diesem Moment tun konnte. In Gedanken fallen mir jetzt so viele Monologe ein, die ich ihr hätte an den Kopf werfen können, Mann! Muss denn direkt bei mir alles schiefgehen? Wieso sollte es bei Ardan und mir nicht klappen? Wieso sollte ich dann plötzlich naiv sein? Ich sehe doch unsere Probleme und ich versuche doch zu helfen! Was weiß sie denn schon?! Frustriert wische ich mir die Tränen weg. Ich würde jetzt aus Prinzip zu Ardan gehen und bei ihm bleiben. Ich würde sogar aus Prinzip Sex mit ihm haben! Mama regt mich so auf! Ich tue nichts Verwerfliches. Sie ist doch zu diktatorisch. Ich muss doch irgendwann mal meine Liebe finden, um dann zu heiraten. Ob ich jetzt oder später an einem gebrochenen Herzen leiden werde, ist doch scheißegal - ich werde leiden. Sie ist doch sonst nicht so. Sonst lässt sie uns Erfahrungen machen und sagt, dass diese Wichtig für die Hirnentwicklung seien. Wieso dann nicht hier? Weil sonst Ängste in mir durch die neuen Synapsenbildungen entstehen?

Ich denke wieder an die ganze Sache. Sie war am Anfang so gefasst und hat die Diskussion im Sanften enden lassen. Als ich die Diskussion wieder aufgegabelt habe, war sie wie davor, nur hat sie mich am Ende geohrfeigt. Ich will mir die nächsten Tage gar nicht vorstellen. Hoffentlich muss sie lange und viel arbeiten, damit ich sie nicht sehe. Die letzten Tage war es doch auch so, also sollte es nicht so schwer sein, dass die folgenden Tage im Krankenhaus genauso sein werden. Sie würde ihren Job doch sowieso nie wegen uns kündigen ... ich muss wieder an meinen letzten Satz denken. Hat sie mir nun eine gescheuert, weil ihr die Diskussion gereicht hat oder wegen des Satzes? Ich will irgendwie nicht einsehen, dass es am letzten Satz lag, aber je mehr ich darüber nachdenke, umso klarer ist es. Sie hat sich schon Sorgen um Aiman gemacht und dass ich einfach so eine Anschuldigung gemacht habe, hat sie wohl in diese Situation gebracht. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Einerseits ist es meine Meinung, aber andererseits würde ich sicherlich auch mal so reagieren. Ich spiele schniefend an meiner Phiole, denke instinktiv an Ardan, der mir zuhören würde und der sich auch die Situation von beiden Seiten anhören würde - oder sie sich denken würde. Manchmal reagieren Menschen über. Es gibt immer jemanden, der das Verhalten als Übertrieben oder falsch ansieht und immer jemanden, der das Verhalten als Berechtigt und korrekt bewertet. War mein Handeln falsch oder das von Mama? Ich will nicht einsehen, dass der Fehler bei mir lag. Sie hat mich doch provoziert ... oder habe ich mich einfach provozieren lassen?

Manchmal oder oft regt einen die Meinung einer anderen Person auf. Das meinte Mama auch mit dem Beispiel des patriarchalischen Mannes. Ich bin trotzdem sauer auf sie! Ganz ehrlich, ich habe gar keine Lust mehr, wie sie zu sein. Das wird sowieso nichts! Dann bin ich halt nicht so resistent wie sie. Dann bin ich nicht so kühl wie sie. Dann klammere ich mich nicht so sehr an meine eigenen Moralen wie sie. Dann bin ich eben das Gegenteil von ihr! Ist mir doch egal! Es ist mir scheißegal jetzt. Ich kann nicht so wie sie sein, auch wenn ich gerne so wäre und es mir viel Kummer erspart hätte. Ich. Kann. Es. Nicht. Diese Erkenntnis macht mich so emotional, dass ich wieder weinen muss. Ich weiß nicht, ob ich es als gut oder schlecht empfinden soll, nicht wie sie zu sein. Ich wollte es immer und finde, dass sie das perfekte Vorbild für mich ist, aber ich kann mich nicht mehr zwingen. Seitdem ich mit Ardan zusammen bin, geht das sowieso nicht mehr. Ich habe es mir nur irgendwie, irgendwann, irgendwo in mein Gewissen eingeredet und es verstaut, nur damit es sich ansammeln kann und mir irgendwann alles klarmacht. Ich will ihr den Fehler gar nicht verzeihen. Momentan könnte ich von mir aus eine ganze Woche nicht mit ihr reden - sie ist doch sowieso lange arbeiten. Meine Omas sind doch sowieso mittags hier, um zu kochen und mit den Hunden zu spielen. Weil ich momentan von meiner eigenen Mutter abgeneigt bin, stelle ich vieles infrage. Meine Großeltern sind wie meine Eltern für uns alle dagewesen. Wie wird Baba auf die Sache reagieren? Wird sie es ihm erzählen? Werde ich es ihm erzählen? Ich will ihm nicht den Grund nennen, weil ich mich schäme. Aber bei irgendwem muss ich meinen Frust ablassen. Dafür muss ich mich aber erst bereit fühlen.

Ich hätte niemals gedacht, dass der Tag so wird, dass er so entartet. Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie mich geschlagen hat. Vor Wut sammeln sich wieder einige Tränen. Ich habe keine Lust, hierzubleiben, aber ich will auch nirgendwo anders hin. Ist die Rötung an meiner Wange schon weg? Ich habe gar nicht nachgeschaut, ob es einen starken Abdruck hinterlassen hat oder nicht. Was wird Mama jetzt alles für Maßnahmen ergreifen? Werde ich die Tage zu Freunden gehen dürfen? Mann, wann kommt Baba? Muss er heute wieder Überstunden machen? Aber freitags kommt er immer zu normalen Zeiten nach Hause. Ich weiß gar nicht, wie ich mit dieser Situation nun umzugehen habe. Ich habe Lust auf einen Pudding, will aber nicht nach unten. So habe ich mir den Freitag nicht vorgestellt. Ich will am liebsten bei Ardan sein und einfach schweigend neben ihm im Bett liegen. Mehr nicht. Ich will einfach nur abschalten. Was wohl alle anderen machen? Schreibt Amir mit seiner Freundin? Will er sie wirklich heiraten? Und Adam und Dilan? Hat Aiman überhaupt eine Freundin? Vielleicht geht es ihm deshalb so schlecht oder es liegt wirklich an der Schule. Dann wäre es lieber, wenn es an der Schule lägen würde, statt an einer Person, die einem ans Herz gewachsen ist. Das ist doch schmerzhafter. Augenblicklich überkommt mich das Bedürfnis, Ardan anzuschreiben.

'Was machst du so?' Mich freut es immer, dass er so schnell antwortet.

'Saß bis gerade noch an meinen Mathehausaufgaben und du?' Meine Lippen spitzen sich, als ich wieder an die Backpfeife denken muss.

'Nichts. Ich war mit Mama in der Stadt. Welches Thema behandelst du?'

'Integrale. Du wirst das Thema lieben.' Wenn ich schon daran denke, wird mir schlecht.

'Ich hoffe, dass ich einen hübschen Nachhilfelehrer haben werde.' Mich lenkt es echt ab, mit ihm zu schreiben.

'So hübsch?' Ardan grinst auf dem Foto, welches er mir geschickt hat. Hach, er sieht so gut aus.

'Vielleicht. Gibt es mehr Auswahl?' Es ist so faszinierend, wie meine schlechte Laune durch ihn verschwindet. Ich zappele sogar kurz mit meinen Füßen vor Freude.

'Du kannst ja zu mir kommen und eine intensive Inspektion durchführen.' Und da zuckt mein Mundwinkel demotiviert. Ich darf ja nicht.

'Ich würde gerne.'

'Dann komm.' Was soll ich jetzt schreiben? Eine Lüge oder die Wahrheit? Ich brauche ein wenig, um meine Antwort zu tippen, weil ich mir unschlüssig bin, ob ich ihm die Wahrheit sagen soll oder es eine Sache bleiben soll, die ich für mich behalte.

'Mama ist heute früher zurück. Wir wollen den Tag miteinander verbringen.' Mich stört die Aussage irgendwie.

'Schade. Dann verbringt den Tag schön.' Anfangs war er ja schön. Mann, das macht mich wieder so sensibel.

'Bist du über das Wochenende weg?'

'Nein, du kannst morgen gerne kommen.' Wenn ich darf. Ich weiß echt nicht, wie es die Tage sein wird.

'Ich hoffe es.'

'Wieso solltest du nicht kommen? Ist irgendetwas vorgefallen?' Ja.

'Nur ein Streit.'

'Magst du darüber reden?'

'Ich weiß nicht.'

'Wenn du bereit bist, dann melde dich bei mir. Geht es dir gut?'

'Ganz okay, schätze ich.'

'Sicher?'

'Ja.' Ich bin nur wütend und enttäuscht.

Ich verbringe noch Stunden in meinem Zimmer, wälze mich hin und her, scrolle durch meine sozialen Medien, lese Bücher und beschäftige mich mit dem Schulstoff, als ich dann vom Balkon sehe, dass Baba zurück ist. Jetzt fühle ich mich sicher. Jetzt kann ich runtergehen. Mein Herz macht schon einen Satz, als ich die Treppen hinunterlaufe und in die Küche laufe, um mir meinen Pudding zu holen. Dabei habe ich nicht gedacht, dass Mama und Aiman im Wohnzimmer sitzen. Ich tue dann gleich für Baba das Essen in einen Teller, der im Wohnzimmer von den beiden begrüßt wird. "Na?", seufzt er, als er zu mir in die Küche tritt. "Hallo, Baba", murmele ich, als ich den Teller in die Mikrowelle tue. Er umarmt mich innig und brummt zufrieden. "Müde?", fragt er. Ich verneine es. "Du aber, oder?" "Ein wenig. Es gibt viel Papierkram zu bewältigen." "Aber dir gefällt es trotzdem?" "Ja, auch wenn ich gerne öfter operieren würde. Ärztlicher Direktor würde ich nicht werden. Da würde ich ja überhaupt nicht mehr operieren können." "Wie wenig operierst du denn jetzt?" Ich dachte, er kann da flexibel sein. "Ich sage es mal so: 70% Papierkram und 30% Operationen." Was? Meine Augen weiten sich. Wow, so wenig? Das hätte ich nicht gedacht. "Ja, so ist das. Ich glaube, du willst lieber wie deine Mutter operieren, statt dich um das ganze Krankenhaus kümmern zu müssen." Ich nicke, auch wenn mich der Vergleich ein wenig stört. Die Mikrowelle piept, ich gebe ihm den Teller. "Danke, Cana. Komm, iss mit mir." "Ich habe meinen Pudding." "Iss mit mir."

Baba zieht mich grinsend an den Tisch und hält mir seinen Löffel hin, um sich einen neuen zu holen. "Ich habe echt keinen Hunger." "Du musst dickere Wangen kriegen." Er nimmt mein Gesicht in seine Hand, was mich nervös macht. Noch nervöser macht es mich, dass er mein Gesicht inspiziert. Ist noch irgendein Abdruck da? Es fühlt sich sensibler auf der linken Seite an, aber da dürfte eigentlich nichts zu sehen sein. Und Baba bemerkt tatsächlich nichts, sondern drückt nur meine Wangen zusammen. "Darf ich heute zu einer Freundin?", frage ich aus reinem Impuls. "Hast du Klausuren vor der Tür stehen oder Hausaufgaben, die du erledigen musst?" Ich verneine es. "Dann geh. Zu wem aber?" "Zu Yasmin", murmele ich. Ob ich wirklich zu ihr gehe, ist eine andere Sache. Aber gerade weiß ich nicht so recht. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich dann wirklich zu Yasmin gehen sollte und nicht stattdessen zu Ardan. Ich höre einfach auf mein Bauchgefühl. Das ist das Beste. Oder ich bleibe doch zu Hause, aber ich habe jetzt schon gefragt. Wieder frage ich mich, ob Mama Baba vom Geschehnis erzählen wird oder nicht. Wird es von Vorteil für mich sein? Wie wird Baba eigentlich reagieren, wenn er erfährt, dass Mama mich geohrfeigt hat? Und wie wird er reagieren, wenn er von meinen Worten hört? Ich hoffe, er ist mir nicht sauer. Das würde alles nur noch schlimmer machen. Ich würde ihn gerne zum Thema fragen, aber dann noch einmal in so eine Situation zu geraten, will ich echt nicht. "Dann mach dich schon mal fertig. Ich bringe dich dann zu ihr." Am besten gebe ich Yasmin Bescheid.

Ich laufe etwas zögernd an Mama vorbei, die ihren Blick anhebt. Wieder sehe ich keine Verachtung oder sonstiges. Sie schaut neutral. "Wohin?", fragt sie. Meine Wangen werden ganz warm bei der Frage. "Zu Yasmin." Warum ich ausgerechnet jetzt zuckende Mundwinkel habe, weiß ich nicht. Vielleicht, weil ich durch Baba wegdarf. Sie nickt. Moment, sie nickt? Sie hat es mir doch vor Stunden untersagt. Was ist hier los? Statt irgendwie auf weiter drauf einzugehen, spielt sie mit Aimans Haaren herum. Das ist total komisch. Diese Situation ist echt nicht normal. Baba läuft mit mir hoch. Er geht ins Arbeitszimmer und ich schreibe Yasmin, dass ich zu ihr komme. Ich bin sowieso im Pyjama, also packe ich nur Zahnbürste, Akku, Kopfhörer und noch einige Snacks in meinen Rucksack. "Shana?", ruft Baba durch das Haus. Danach klopft er an meiner Tür und kommt einfach rein. Sonst wartet er. Was ist los? Ich schaue ihn fragend an. "Ich bin fertig." Wieso nickt er so zögernd? Wieso zuckt sein Kiefer so? "Komm, ich bringe dich. Mach deine Jacke ganz zu, es ist kalt. Nimm einen Schal." Ich tue, was er sagt und folge ihm leicht verdutzt. "Was ist los?", fragt Mama, als wir unten sind. "Wir müssen gleich reden." Ohne zu zögern oder sich irgendwelche Sorgen anmerken zu lassen, nickt Mama. Baba bleibt noch stehen, dreht sich aber dann wortlos um, um sich die Schuhe anzuziehen. Was ist jetzt los? Weiß er Bescheid? Natürlich! Im Arbeitszimmer sind auch die Monitore für die Übertragung der Überwachungskameras!

Ich spiele etwas unruhig an meinen Fingern herum. Mama bleibt so wie sie davor auch war und nickt einmal in meine Richtung, wobei sie für einen Augenblick ihre Lider schließt. Sie wird nichts sagen. Meine Schultern sinken langsam. Wann habe ich sie angehoben? "Cana, komm." Langsam und mit neuen Fragen ziehe ich mir meine Stiefel an, bevor wir aus dem Haus laufen. Mama wird nichts sagen, aber sie muss doch etwas sagen? Werden sie sich streiten? Das will ich auch nicht. War es komplett meine Schuld? Kaum fällt die Tür ins Schloss, beginnt Baba zu reden. "Was ist passiert?" Ich will nichts sagen und ich werde nichts sagen, aber ich will Mama auch nicht alleine lassen. Mann, so etwas ist verdammt schwer! "Wieso hat deine Mutter dir eine Ohrfeige gegeben?" Ich zucke stumm mit meinen Schultern. "Werdet ihr euch streiten?" Ich schaue zögernd zu ihm hoch. Er seufzt. "Wir werden darüber reden müssen. Wieso habt ihr euch gestritten?" Ich zucke wieder mit meinen Schultern. "Schon gut", murmele ich. "Cana, es ist nicht gut. Erzähl es mir." "Nein, es geht schon. Wirklich. Wenn es schlimmer wird, dann erzähle ich es dir." Ich weiß, dass er eigentlich nicht lockerlassen will, aber für jetzt aufgibt. Ich weiß selber nicht, was ich von diesem Tag halten soll. Erst scheuert mir Mama eine und dann ist sie wie immer und versichert mir, dass er nichts mitbekommt. Ich seufze. Wie der morgige Tag aussehen wird, weiß ich nicht. Soll ich früh nach Hause? Und wie wird der Sonntag? Am Sonntag sind alle zu Hause. Wird die Stimmung angespannt sein?

Onkel Ramazan öffnet die Tür, überrascht meinen Vater und mich zu sehen. Sein typisches Grinsen kommt natürlich sofort auf und er umarmt meinen Vater innig. "Komm rein, Babyboo", raunt er. Yasmin und die anderen kommen runter, um meinen Vater zu begrüßen und dann laufen wir in ihr Zimmer. "Spontane Pyjama-Party? Gibt es irgendetwas, was ich wissen müsste?" Ich summe leise, hin- und hergerissen, ihr von dem Geschehen zu erzählen oder nicht. Ich kann es für mich behalten, aber soll ich es? Ich weiß nicht so recht. "Ich erzähle es dir vielleicht etwas später. Zumindest, wenn mein Vater nicht mehr da ist", murmele ich. "Schmutzig?" Ihr schelmisches Grinsen zeigt, wie ahnungslos sie doch ist. Ich verneine es leicht zerknirscht. Es macht mich trotz Mamas neutralen Verhaltens sensibel, wenn ich daran denke. Yasmins Grinsen fällt augenblicklich. "Was ist passiert? Hat er was getan?" "Nein, er würde mir nie etwas antun. Ich erzähle es dir später", beruhige ich sie. Morgen gehe ich einfach zu Ardan, um mich ganz abzuregen. "Und wie geht es dir so?", frage ich. "Gut und selbst?" Ich zucke mit meinen Schultern. "Ganz okay, schätze ich." "Warst du nicht heute shoppen?" "Doch, ich habe mir Unterwäsche ... grins nicht so dreckig!" Aus dem Nichts fängt Yasmin an zu lachen, als sie ihr Kissen nach mir schmeißen will. "Du dreckiges Biest! Extra knapp und mit viel Push-up?" "Ich heiße nicht Didem", beteuere ich prustend. Mamas Erkenntnis über meine Brüste kommt mir in den Sinn - die beste Nachricht dieses Tages. Ich schaue wieder runter auf meine Brüste und muss augenblicklich kichern.

"Was ist los? Hat Ardan heute deine Brüste geknetet?" "Nein." Ich beiße mir au die Lippe, um mir den Satz zu verkneifen. Aber er könnte es. Vielleicht fördert es wirklich das Brustwachstum. "Sondern?" "Mama hat gesagt, dass meine Brüste gewachsen sind!", quietsche ich leise. Vor Freude springe ich sie an und drücke ihr meine Brüste ins Gesicht. "Hilfe, du erstickst mich mit deinen Eutern!", prustet sie. "Das hat mich echt glücklich gemacht. Du weißt doch, wie das mit meinen Brüsten ist", gebe ich nun wieder verlegen von mir, als ich von ihr hinabsteige. Heute gehen wirklich alle Gefühle mit mir durch, dass meine Augen glasig werden. Ihr Blick wird ganz mitfühlend. "Wenn deine Mutter das sagt, dann muss es stimmen. Mir würde so ein Unterschied sicherlich nicht auffallen, weil ich mir deine Brüste jeden Tag angucke. Lass Ardan tasten", raunt sie gegen Ende, wo sie mir gegen meine linke Brust tippt. "Hast du irgendeinen Tratsch?" Nach meiner Frage hole ich die Snacks aus meinem Rucksack. "Ich habe gestern am Fenster gesehen, wie Dilan und Adam spazieren gegangen sind und habe sie angeschrien. Das war lustig. Aber sonst habe ich nichts mitbekommen. Wir sollen wohl zum Halbjahr wieder neue Schüler vom Gymnasium kriegen." "Vielleicht weiß Ardan mehr dazu. Er hat ja seine LKs am Gymnasium." "Ardan, der schlaue Philosoph. Wie ist er eigentlich so? Das habe ich dich noch gar nicht gefragt." Ich seufze. Mein Mund umspielt ein verlegendes Lächeln, weil ich sonst nie so wirklich über Ardan und meine Gefühle zu ihm geredet habe.

"Wie er ist? Er ist unfassbar sanft und liebevoll", setze ich lächelnd an. Schüchtern streiche ich mir eine Strähne hinter mein Ohr, ehe ich weiterrede. "Ich entspanne mich so oft bei seiner sanften Stimme und wenn er dann noch philosophiert, dann kann man so beruhigt einschlafen. Ardan gibt sich so viel Mühe. Er ist so aufmerksam und ein wahrer Gentleman. Er gibt viel Liebe und er verdient viel Liebe. Ich bin wirklich froh, ihn zu haben", flüstere ich. Meine Augen sind schon wieder glasig. Yasmin lächelt mich mitfühlend an. "Das freut mich wirklich. Ich gönne es euch vom ganzen Herzen. Komm her, ich will dich drücken." Kichernd lasse ich mich in die Arme schließen. Das brauche ich wirklich nach dem Tag. Jetzt will ich noch mehr über Ardan reden, weil ich so stolz bin, ihn zu haben. Ich löse mich seufzend von ihr, um weiterzuerzählen. "Ich hätte niemals gedacht, dass es solche Jungs wie ihn gibt. Diese unfassbar guten Manieren. Weißt du noch, als ich einmal aufgelöst nach dem Treffen war, wo du dachtest, dass er mir etwas angetan hat?" Yasmin nickt aufmerksam. "Er dachte es ja auch und er hat es seiner Mutter gebeichtet und dann hat er immer den Blick gesenkt gehalten und auch davor. Er hat mir nie wirklich auf die Rundungen geschaut. Ich ... Mann, er ist so goldig und so aufmerksam und so süß und so geduldig und sanft und ... hach, er ist einfach Ardan", gebe ich am Ende verträumt von mir. Als ich in ihre braun-grünen Augen sehe, muss ich an das Grün seiner Augen denken. Wie Murmeln.

"Erzähl mir mehr. Jetzt will ich noch mehr wissen." "Ich hatte schon früh Gefühle für ihn entwickelt. Ich mochte ihn einfach. Er hat etwas so Pures an sich. Ardan hat dieses ... keine Ahnung, wie ich es ausdrücken soll. Es ist diese Wärme, dieses Sanfte. Ich fühle mich einfach wohl bei ihm. Ich hatte einmal meine Periode und bin auf seiner Matratze durchgelaufen und da waren wir noch nicht zusammen." Sie keucht lachend, hält sich schockiert den Mund. "Und dann?" "Er hat sich um mich gekümmert. Das letzte Mal saß ich auf ihm und habe ihn angeblutet, dann hat er nur gelacht." Wenn ich wieder daran denke und an seinen Spitznamen für mich, dann muss ich auflachen. "Du machst mich ganz schön eifersüchtig. Er ist ja ein kleiner Romantiker, aber ich habe mir nichts anderes vorstellen können. Er hat eine echt sanfte Stimme. Er könnte uns Gutenachtgeschichten erzählen und dich dann am Ende in den Schlaf ficken", prustet sie am Ende flüsternd. Oh Gott! Voller Empörung knuffe ich ihr gegen den Oberarm. Sie ist so direkt! Direkt, aber ehrlich. "Cana?" Ich zucke erschrocken zusammen, als Baba an der Tür klopft. Mir wird ganz warm, weil das irgendwie knapp war. "Ja?" Er öffnet die Tür. "Ich gehe dann jetzt. Brauchst du noch etwas? Hast du alles?" Ich nicke etwas starr. "Ich habe alles, danke." Oje, er wird gleich mit Mama reden. "Tschüss, Onkel. Komm bald wieder", winkt Yasmin noch. Baba verabschiedet sich lächelnd und geht dann schließlich. Was er wohl sagen wird? Was Mama wohl sagen wird? Ich muss wieder an den Streit denken. Hätte sie mir eine Ohrfeige gegeben, wenn ich Aiman und sein Problem mit eingemischt hätte? Nein, das glaube ich nicht.

"Das war knapp", flüstert Yasmin mit einem verkniffenen Schmunzeln. Ich nicke leicht. Soll ich es jetzt erzählen oder später? Yasmin scheint es wohl nicht gerade im Sinn zu haben, also muss ich mich nicht jetzt dazu zwingen. "Erzähl mir mehr. Das ist voll interessant." Über die schönen Dinge zu reden, ist sowieso um einiges angenehmer und leichter. "Da gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Er ist verdammt gutmütig und hat nur das Beste verdient. Durch ihn sehe ich Dinge manchmal anders. Dank ihm fühle ich mich in meinem Körper selbstbewusster", nuschele ich am Ende verlegen. "Das ist schön. Und wie sind die Eltern so?" "Ganz herzliche Menschen. Die Mutter ist unfassbar lieb. Ich gehe Ardan morgen besuchen." "Gibt es dann auch Nachtisch?", summt sie. "Yasmin", murre ich. Sie grinst nur dümmlich und macht mit der Luft rum. "Ach, wolltest du mir nicht irgendwas erzählen?" Na toll, dann komme ich doch nicht so leicht davon. "Ja, eigentlich schon, aber ... ich weiß nicht so recht." "Worum geht es denn?" Ich lege meinen Kopf auf ihrem Schenkel ab, seufze und sammele mich noch einmal. "Mama und ich haben uns heute gestritten." "Und weshalb?" Ich zucke leicht mit meinen Schultern. "Indirekt wegen Ardan. Ich war heute so reizbar, weil sie ja nicht will, dass ich in diesem Alter Beziehungen eingehe und weil ich so reizbar war, habe ich mich voll provozieren lassen ..." Ich will den letzten Teil nicht ansetzen. Es kommt mir einfach nicht über die Lippen. "Weiß sie jetzt, dass du eine Beziehung hast?" Darüber habe ich gar nicht richtig nachgedacht. "Hoffentlich nicht", murmele ich. "Ich habe immer beteuert, dass ich mich einfach für dieses Recht einsetzen will. Ich hoffe, ich habe es nicht schlimmer gemacht."

Jetzt habe ich Gewissensbisse. Mama könnte jetzt total misstrauisch werden. Sie könnte weitere Maßnahmen ergreifen. Wie wird dieses Gespräch zwischen Baba und ihr enden? Was wird sie erzählen? "Hoffentlich wird alles wieder gut. Hoffentlich gefährdet das nicht eure Beziehung." Das wäre das Schlimmste, was passieren könnte. Ich will gar nicht daran denken. Nein, das wäre grausam. "Aber ich glaube nicht daran. Mach dir keine Sorgen. Morgen verbringst du einen wunderbaren Tag mit deinem Schatz und ich liege hier alleine in meinem Bett, in der Hoffnung, auch irgendwann mal einen so süßen Jungen abzukriegen, der noch sehr gut in Mathe ist. Oh Mann, jetzt will ich auch so etwas. Hat er einen Bruder?" Ich verneine es. "Schade. War ja klar, dass es solche Jungs nur einzeln gibt. Was war euer schönstes Erlebnis bis jetzt?" Da muss ich nachdenken. Unser erstes Mal? Ja, das oder mein Geburtstag, wo er im Gewächshaus war und wir uns geküsst haben? "Das weiß ich gar nicht. Es gab so viele schöne Momente. Wir saßen einmal auf dem Dach, da waren wir aber noch kein Paar. Das war schön oder der Tag, an dem ich meine erste Rose bekommen habe und eine Blüte von jetzt immer mit mir herumtrage." Ich halte meine Phiole in der Hand, lächele verträumt und stolz. Ardan hat mir an dem Tag auch meinen Glasfisch geschenkt. Ich sollte ihm auch etwas schenken, aber was? Soll ich morgen früh zu ihm? Ich schaue, was sich am Morgen so ergibt.

Hoffentlich ist der morgige Tag sanfter für mein Herz.

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