Kapitel 44
VAX ft. Teddy Sky - Crime
Der Montag erscheint mir nicht vielversprechend. Mama weiß Bescheid, dass ich einkaufen gehen möchte. Zwar muss ich bis Samstag warten, weil diese Woche ein OP-Marathon ist, aber wir gehen bummeln. Pädagogik ist bis jetzt das leichteste Fach. In der ersten Klausur habe ich die beste Note erzielt und diesmal wird es auch so sein. Vor allem habe ich mich daran ergötzt, dass auch Didem von meiner gelungenen Klausur mitbekommen hat, weil unsere Lehrerin mir gratuliert hat. Hach, ist Erfolg nicht etwas Schönes? Gerade laufe ich mit Dilan zur Mensa und beschließe, sie etwas zu fragen. "Letztens war Adam so glücklich. Hatte es mit dir zu tun?" Sie grinst. "Vielleicht?" Schmunzelnd schaue ich mich um. Vielleicht ist Ardan ja schon draußen. "Wir wollen uns diese Tage treffen." "Aha", säusele ich zweideutig. "Wer weiß, was passiert." Empört ziehe ich die Luft ein und schlage ihr gegen die Schulter. "Du Luder." "Dein Bruder ist eben ein Hübscher." "Genug davon." Sie schnurrt. "Du kannst mich jetzt schon Schwägerin nennen." "Erzähl das mal meiner Mutter." Und schon spitzt sie eingeschüchtert ihre Lippen. "Tante ist ziemlich autoritär." "Du kannst ruhig sagen, dass sie einschüchternd ist." Wir setzen uns hin. Yasmin und Ardan gesellen sich zu uns. Ich bin sofort glücklicher. "Und? Wie war Erdkunde?", frage ich. Am liebsten würde ich mich auf Ardan schmeißen. Ich weiß nicht wieso. "Ardan und ich haben zusammengearbeitet." Sie grinst. Es stört mich nur ein wenig, aber nicht ganz stark. Schließlich finde ich es gut, dass Ardan in Kontakt mit anderen kommt. Aber ein Junge wäre als Partner für ihn angemessener.
"Hört sich aufregend an", murmele ich leicht. Ardan fährt sich durch sein Haar. Ich will auch! Er macht mir immer Lust drauf. "Die Aufgaben waren ziemlich langweilig", gesteht er. "Aber ich war doch dabei. Willst du etwa sagen, dass ich langweilig bin?" Yasmin sieht ganz empört aus, aber ich weiß, dass es nur gespielt ist. Ardans Augen weiten sich leicht. "Nein, du hast Leben in die Aufgaben gebracht mit deinen Geschichten." "Ich mache nur Witze." Schmunzelnd kneift sie ihm in die Wange. Ich kneife mir in den Schenkel. Yasmin hat genug Smalltalk mit ihm geführt. "Wo sind Ramzi und Miran?" Sie zuckt mit ihren Schultern. "Sie meinten zu mir, dass sie gleich kommen werden", antwortet sie mir. Wenigstens betatscht sie Ardan nicht mehr. Das darf nur ich. Um mich von meiner Eifersucht abzulenken, spiele ich an meinen Anhängern herum, aber das bringt nicht sonderlich viel. Zudem stört mich der Druck im Unterleib, weil ich meine Periode habe. Kann es noch schlimmer werden? Am liebsten würde ich meinen Stuhl nehmen und mich zwischen die beiden quetschen, weil sie mir zu nahe aneinander sind. "Es ist so ruhig", meint Dilan. "Ich bin ja da." Adam legt seine Hände auf ihre Schultern und sofort errötet die blasse Dilan. Wie süß die beiden als Paar aussehen. So etwas möchte ich auch mit Ardan haben. Wie gerne ich es mir wünsche. Ich sehe, wie Ardan sich unauffällig von Yasmin abwendet und auf seinem Handy zu tippen beginnt. Schreibt er mir? Mein Handy vibriert!
'Kommst du heute zu mir?' Am liebsten würde ich ein Ja kreischen.
'Liebend gern.'
"Cana, kommst du heute zu mir?" Ich schaue zu Yasmin. Oh Gott, was ein Zufall. "Ginge das morgen? Heute haben wir doch sowieso neun Stunden." Mir ist sehr warm. Hoffentlich nehmen meine Wangen keine verräterische Röte an. Sie schmollt. "Komm schon." Ich gehe schon zu Ardan. Tut mir leid. "Morgen, versprochen." Sie seufzt nur. Aiman setzt sich gegenüber von mir hin und auch Adam tut es, nachdem er sich von seiner Muse lösen konnte. "Was hast du vor?" Wieso ist Yasmin so neugierig? "Sie ist mit ihrem Freund verabredet", scherzt Dilan. Ach du Heiliger, es ist so warm hier. Knapp, Dilanchen. Mit meinem Fast-Freund. Aiman zieht streng die Augenbrauen zusammen. "Was?", blaffe ich direkt. "Was hat das zu bedeuten?" "Hast du in deinem trockenen Leben jemals das Wort Spaß und Necken gehört?" Er sieht mich warnend an. Genervt verdrehe ich meine Augen und stehe perfekt zum Klingeln auf. Aiman ist so nervig! Er ist immer so verdammt streng. Nicht einmal Baba ist so misstrauisch. Genervt laufe ich durch den immer missbrauchten Notausgang und trotte über den Rasen durch das Tor. Ich muss mit Mama über diesen Idioten reden. Wie kann man nur so trocken und scheiße streng sein? Der Typ wird niemals eine Freundin kriegen und wenn doch, dann tut sie mir leid, genauso wie seine kleine Tochter. "Cana!", ruft Dilan. Ich laufe augenverdrehend weiter. Vom Weiten sieht man Ramzi, Miran und Amal. Ramzi winkt mir wie wild zu, ich erwidere es mit weniger Elan. "Hey, was ist los?", brüllt Ramzi über den ganzen Schulhof, woraufhin er auf mich zu galoppiert und mich an seine Brust drückt. "Was hat meine Cani-Bani?", nuschelt er kindlich. Vollkommen in seinem Element dreht er mich.
Lachend streiche ich mir meine Haare aus meinem Gesicht und sehe in Ardans unzufriedenes Gesicht. Oh, oh, ist er eifersüchtig? "Ramzi?", lache ich leicht. "Ja, mein Schnuckel?" Wow, Ardan sieht echt hübsch aus, wenn er unzufrieden ist. Sein Kiefer spannt sich leicht an und er bewegt seinen Unterkiefer leicht hin und her. Je näher Ardan und die Mädchen zu uns kommen, umso unruhiger werde ich. "Hast du mir genügend Ramzi-Energie gegeben?" "Ich weiß nicht so recht." Er dreht uns wieder um und läuft weiter. Oje, Ardan wird eifersüchtig. Wieso muss ich grinsen? Ich spüre ein aufregendes Gefühl in meinem Bauch. Ramzi trottet mit mir die Treppen hoch und setzt uns auf den Treppen hinab. Den Arm nimmt er immer noch nicht runter von mir. Als unsere anderen Freunde vor uns stehen, beschleicht mich wieder dieses Gefühl im Bauch. Ardan schaut auf das Treppengelände. Diese Unzufriedenheit sieht so verdammt heiß aus. Sein Kaumuskel sticht so schön hervor, ich werde noch verrückt! Die Arme hat er vor seiner Brust verschränkt. Die feinen, herausragenden Venen an den Unterarmen und die eine Vene, die man auch an seinem muskulösen - und durch die Pose total betonten - Oberarm sieht, bringen mich schier um den Verstand. Wieso sieht er in einem einfachen grauen T-Shirt so verdammt gut aus? Und diese helle Jeans? Sie sitzt so schön! Hätte er seine Doc Martens an, dann wäre ich sicherlich gestorben. Oje, ich stelle es mir so wunderbar vor, wie er sich das T-Shirt auszieht und es mir gibt. Genüsslich schließe ich meine Augen und seufze zufrieden. Dass Ardan eifersüchtig ist, ist wirklich wie ein Segen für mich.
Die zwei Stunden Spanisch sind zum Glück vorbei. Leider haben wir, wie immer, dort und in Englisch Hausaufgaben aufbekommen. Die mache ich einfach bei Ardan. Ich schreibe Ardan, dass er sich weiter weg verstecken soll, damit meine Brüder ihn nicht sehen. Gerade gebe ich Mama Bescheid und warte, bis meine Brüder sich verziehen. "Komm", meint Adam. "Ich fahre zu einer Freundin, Mama weiß Bescheid." "Gut", säuselt er. Adam ist Gott sei Dank nicht so ein Skeptiker wie Aiman. Er erinnert mich ein wenig an Ramzi. Er ist so verspielt und dusselig. Als beide Brüder dann endlich weg sind, laufe ich auf Ardans Auto zu. Er ist an die Beifahrerseite gelehnt und weil er dabei so gut aussieht - die Arme wieder vor der Brust verschränkt, ein Fuß an das Auto gelehnt - seufze ich genießend. Was ein Augenschmaus. Ardan bemerkt mich und lässt wieder seine wunderbaren Manieren spielen, als er mir die Tür aufhält. Er wirkt trotzdem nicht besser gelaunt. Ich weiß nicht wieso, aber ich fühle mich so besonders, weil er eifersüchtig ist. Das liegt womöglich daran, dass ich eben in ihn verliebt bin und mich die Erkenntnis nun mal über alles freut, dass er nicht möchte, dass ein Junge mir so nahe ist. Freudig, aber trotzdem unterdrückend, strecke ich mich und schaue mit einem verstohlenen Grinsen zu Ardan, der ganz konzentriert das Auto fährt. Die Fahrt ist still und schnell. Bei unserer Siedlung ducke ich mich, weil wir gerade jetzt an meinem Haus vorbeifahren. Als der Wagen zum Stehen kommt, kann ich durchatmen. Mein Bauch war im Weg. Ich steige aus und laufe Ardan nach. Roxy tappt schon voller Vorfreude gegen die Tür und begrüßt dann Ardan herzlich. Ihre Freundschaft ist so rührend. "Hallo, Roxy." Er lächelt und setzt ihr einen Kuss zwischen die Augen. Gott, ist das süß.
Nachdem wir uns die Schuhe ausgezogen haben, setze ich mich im Wohnzimmer hin und hole sofort meine Hausaufgaben raus. Roxy gesellt sich zu mir und schnuppert am Glas Wasser, welches mir von Ardan hingehalten wird. "Dankeschön." Er ist immer so aufmerksam. Das Wasser trinke ich zur Hälfte leer, lege es dann auf dem Tisch ab und bearbeite schnell die zwei Aufgaben im Arbeitsheft. Danach gehe ich zu meiner Summary in Englisch über und schiebe Ardan meine Spanischhausaufgaben hin, damit er sie abschreiben kann. Das Ganze dauert nicht länger als fünfzehn Minuten und schon bin ich befreit von den Hausaufgaben. Ardans Mimik sagt mir immer noch, dass er unzufrieden ist. "Willst du reden?" Ich verkneife mir mit viel Mühe mein Grinsen. Ardan sitzt einfach nur unfassbar attraktiv da. Ist heute zufällig der Attraktive-Männer-Tag? Oder der Ich-Mache-Alles-Sexy-Tag? Ardan ist die perfekte Mischung aus süß und sexy. Süxy? Ich stelle mir Ardan in einer unglaublich attraktiv wirkenden, verärgerten Situation vor. "Ist es nicht offensichtlich?" Seine Stimme wird viel tiefer. "Wegen heute? Ramzi?" Er nickt. "Du weißt, was da zwischen uns ist und es gefällt mir überhaupt nicht, dass jemand Männliches dir so nahe ist." Er steht auf und kommt auf mich zu. Mein Herz, oh Gott, mein Herz! Unruhig rutsche ich herum und kann nicht anders, als nach hinten zu weichen. Er wirkt gerade so dominant. Dass er sich zu mir hinunterbeugt, macht es nicht besser. Es zieht sogar untenrum! Sein Kopf nähert sich mir Stück für Stück. Vor Unruhe lehne ich mich zurück, bis mein Kopf auf dem Kissen liegt und seine Lippen über meinen schweben. "Du gehörst zu mir", haucht er mir auf meine Lippen.
"Cana, hörst du mir überhaupt zu?" Ich zucke quietschend zusammen. Oh, verdammt! "Ich-, ja, glaube schon", murmele ich. Sein entgeisterter Blick liegt auf mir. Tut mir leid, ich hatte dich gerade als sehr dominant in meinen Gedanken. Mein Unterleib hat sich sogar zusammengezogen, ach du heiliger Käsekuchen! Mein erhitzter Kopf und meine Verlegenheit bringen mich in eine Situation, in der ich nicht weiß, was ich tun soll. "Was hat dich abgelenkt?" Sofort schüttele ich den Kopf. Das werde ich ihm niemals sagen. "Cana", ermahnt er mich. "Dominant", flüstere ich. Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen. "Was?" "Oh Mann." Ich presse mir quietschend das Kissen ans Gesicht und bedanke mich bei Roxy, die sich, dank meiner liegenden Lage, auf meinen Rücken legt. Das ist mir so peinlich. Was habe ich für schmutzige Gedanken? Als mich seine Hände an den Hüften packen, spüre ich eine starke Gänsehaut auf meinen Armen und auf meinem Rücken. Oh Gott, da hat er mich noch nie berührt. "Was ist los mit dir?" Frag mich bitte nicht. Geniert lasse ich meine Schultern zucken. "Du kannst ja wieder anfangen", nuschele ich. Diese grünen Augen lassen meine Wangen ganz heiß werden. Seufzend lässt er seine Hand durch sein Haar gleiten. "Es hat mir einfach nicht gefallen, dass Ramzi dich zu sich gezogen hat. Ja, ihr seid beste Freunde, aber ..." Ohne seinen Satz zu beenden, zuckt er mit seinen breiten Schultern. "Du warst eifersüchtig." Ich kann nicht anders, ich muss dümmlich grinsen. "Das scheint dir wohl sehr zu gefallen", merkt er spöttisch an. Grinsend lehne ich mich zurück und kraule Roxy. Dabei ziehe ich mein nach oben gerutschtes Oberteil über meinen Bauch. "Dein Herrchen ist eifersüchtig." Neckend sehe ich zu Ardan. Sein Blick ist jedoch auf den Tisch gerichtet. Oje, er meint es total ernst.
Seufzend setze ich mich neben ihn und lehne mich an seine Schulter. "Ich war heute auch eifersüchtig." Er blickt kurz zu mir. "Als Yasmin dir in die Wange gekniffen hat." Ich kneife ihm in die Wange. "Und dass ihr zusammengearbeitet habt, hat mich ebenfalls etwas gestört." "Ich konnte sie schwer abweisen." "Das hätte ich nicht verlangt, Ardan. Ich wollte es dir nur erzählen." Meine Hand wandert zu seiner Wange, dreht sein Gesicht zu mir. "Aber wegen Ramzi musst du dir keine Sorgen machen." Seine Liebe konnte ich nicht erwidern. Unwohl schlucke ich. "Ich weiß, aber ... ach, diese Eifersucht." "Diese Eifersucht", schmunzele ich. Roxy läuft über meinen Schoß und lässt sich dann auf mir nieder. "Ist Ardan auch bei dir eifersüchtig? Wenn andere Jungs dich streicheln?" Sie hechelt fröhlich und lässt ihre Zunge raushängen. "Du findest sehr daran gefallen, Mopsi." Verlegen nicke ich. Er schenkt mir sein sanftes Lächeln. Sein linkes Grübchen sticht mal wieder hervor. Hach, ist er schön. "Sollen wir hoch?" Es kommen Erinnerungen hoch. Oh Gott, ich habe meine Periode. Nicht, dass ich sein Bett wieder vollblute. Aber ich habe sie gestern bekommen und heute ist alles besser. Vorsichtig schiebe ich Roxy von meinem Schoß hinunter und folge Ardan. Selbst sein Rücken ist anziehend. Und sein Duft erst! Heimlich schnuppere ich an ihm. Oh ja, das ist ein gut riechender Mann. Er lässt mir den Vortritt in sein Zimmer. Ich hätte ein längeres Oberteil anziehen sollen. "Holst du mir bitte ein Handtuch?" Verdutzt tut er es. "Danke." Einmal falte ich es und setze mich dann drauf. So, jetzt kann ich seine Matratze nicht beschmutzen. "Oh, hast du deine Tage?" Er grinst. "Anscheinend findest du gefallen dran." Sein Grinsen bleibt.
"Leg dich hin." In seinem Bett zu liegen ist das beste Angebot der Welt. Kurz knie ich mich auf die Matratze, verschiebe das Handtuch und lege dann die Decke auf mich. Es ist echt gemütlich hier. Ardan hebt die Decke an und setzt sich zu mir. Es wäre auch zu schön gewesen, wenn er ebenfalls liegen würde. Ich würde zwar erröten und ein inneres Chaos haben, aber das würde sich lohnen. Ich erröte gerade sicherlich, meine Wangen fühlen sich so warm an. "Hast du Schmerzen?" Seine Hand fährt über mein Haar. "Es geht schon." "Soll ich dir eine Wärmeflasche bereitmachen?" Ohne auf meine Antwort zu warten, steigt er die Treppen hinab. Wie kann man ihn nicht lieben? Er ist ein so aufmerksamer Mensch und so liebevoll. Wieso hatte er keine Freunde früher? Es kann doch nicht sein, dass Mädchen nicht auf ihn standen. Diese Michelle, was ist jetzt eigentlich mit ihr? "Los, auf!" Roxy steigt die Treppen hinauf und hält die Wärmeflasche in ihrem Mund. "Wow, super, Roxy!" Lächelnd kraule ich sie, als ich die Wärmeflasche an mich nehme. "Du bist eine tolle Hündin." Ardan kommt mit Multivitaminsaft und Puffreis hoch. "Das wollte ich dir heute noch geben." Er hält mir einen Schokobon hin. "Als du wegen deines Bruders wütend warst." Ich liebe diese Geste. "Danke." Lächelnd nehme ich ihm die Schokolade ab und verspeise sie sofort. "Weißt du, Aiman ist wirklich nervend. Er ist immer skeptisch und streng. Ich hasse das!" Ardan lässt sich auf seinem Bett nieder. "Er war schon immer das etwas Strengere. Er liebt seine Schwester halt." Skeptisch ziehe ich meine Augenbrauen zusammen. "Und deshalb ist er so scheiße?"
"Einmal, da hat er seinen Kollegen geschlagen, weil er nicht wusste, dass du seine Schwester bist." Überrascht hebe ich meine Augenbrauen. "Und was hat er gesagt?" Leicht schmunzelnd fährt er sich über seinen Mund. "Über deinen Hintern geredet." Oh Gott. Ich schaue ihn verdattert an. Mir wird ganz warm. "Ich musste ihn alleine zurückhalten, weil Adam noch in der Mensa war. Wir hatten Pause und du warst mit deiner Mutter da. Das war noch vor den Sommerferien." Oh. Da hat mich Aiman auch so wütend angesehen, als Mama nach ihm gesucht hat. "Da hat er mich auch wütend angeguckt. Ich kann doch nichts dafür, dass ich so einen-," Ich halte inne. Ardans Schmunzeln sagt mir schon, was er denkt. "Kofferraum?" Mein Mund öffnet sich. "Äh, ich weiß nicht", murmele ich. Kann man meinen Hintern als Kofferraum bezeichnen? Er ist groß, aber ... Moment, da passt doch nicht so viel rein, wie in einem Kofferraum! Ich keuche erschrocken und halte mir die Hüfte. Seine Augenbrauen ziehen sich fragend zusammen. "Was?" "Das war ein bisschen ... unpassend." "Oh, fühlst du dich in deiner Figur nicht wohl?" Er legt seine Hand auf meinen Oberarm. "Na ja, doch", nuschele ich. Außer meine Brüste. "Wieso war es denn unpassend?" Sonst ist er der Schmutzige von uns. "In einen Kofferraum passt viel rein", flüstere ich. Seine Augen weiten sich und schon fängt Ardan an zu lachen. Seine Lache ist so schön, so unbeschwert. Mein Bauch kribbelt. "Ach, Mopsi." Er schaut mich immer noch lachend an. Er hat eine so wunderschöne Lache. "Du denkst ziemlich schmutzig." Schief grinst er. Mein Magen knurrt.
"Meine Mutter kommt gleich, halte durch." Er tätschelt meinen Kopf. Solange nehme ich die Schüssel mit dem Puffreis an mich und verspeise sie mit Ardan und Roxy. "Nächstes Jahr wird es so richtig losgehen mit dem Abitur." Oh Gott, wenn ich schon daran denke. "Oh Mann", murmele ich. "Machst du dir ernsthaft Sorgen?" "Ja, natürlich." Entgeistert kneift er seine Augenlider zusammen. "Du hast einen Einserschnitt. Wo sind da die Sorgen?" "Der Schnitt ist nicht gut genug", murmele ich. "Vor allem ist Mathe mein Hindernis." "Cana, das kriegen wir sicherlich hin." "Wir sind nach den Sommerferien nicht mehr im selben Kurs." "Ich gebe dir trotzdem Nachhilfe. Für Mathe muss man nicht viel lernen." "Hör auf, mir Scheiße zu erzählen!", fauche ich. Erschrocken weicht er zurück. "Für Mathe muss man total viel lernen." "Also ich finde, dass man für Biologie ... ach, schon gut." Mein Blick hat ihn verstummen lassen. Roxy läuft die Treppen hinunter und kurz darauf wird die Tür aufgeschlossen. "Das ist meine Mutter." Oje, unser erstes Aufeinandertreffen war ja nicht sonderlich angenehm - vor allem nicht, als sie den Blutfleck gesehen hat und es komplett falsch verstanden hat. "Komm." Ardan hält mir seine Hand hin, die ich greife und läuft die Treppen hinab. Ich bleibe hinter seinem breiten Rücken. Das ist mir lieber. "Hast du deine Medikamente genommen? Oh, ist sie das?" Verlegen trete ich hervor und winke ihr. "Hallo", murmele ich. Sie schielt lächelnd auf unsere Hände. Ich verstecke sie sofort hinter meinem Rücken. "Hallo, meine Liebe. Möchtest du etwas Bestimmtes essen?" Ahnungslos zucke ich mit meinen Schultern. "Schäm dich nicht, sag es mir." "Irgendetwas mit Hähnchen?" Das ist mir echt unangenehm. "Okay. Mach es dir so gemütlich wie du magst. Ardan, hast du ihr eine Kleinigkeit zu essen gebracht?" "Ja, Puffreis." Sie zieht ihre Augenbrauen zusammen. "Das hat gereicht, wirklich." Schon lächelt sie wieder. "Na dann." Sie wendet sich der Kühltruhe zu.
"Sollen wir in den Garten?" Ich nicke. Heute scheint die Sonne stärker als sonst. Wir laufen durch das Wohnzimmer zur Terrassentür und ziehen uns die Schlappen an. "Was ein schöner Garten." Es ist so schön grün und voller Blumen. Links ist ein großer Pool und ein kleineres Plantschbecken, welches sicherlich für Roxy ist. "Komm." Er zieht mich zu den grauen Sofas in der Ecke. Ich schaue auf die Markisen über uns und dann auf unsere Hände. Mein Bauch kribbelt und ich bin mutig genug, um seine Venen auf dem Handrücken nachzufahren. "Wann hast du eigentlich Geburtstag?" Ich schaue zu ihm hoch. "Am 29. Juni, du?" Er schmunzelt. "Am 29. September." Ich muss schmunzeln. "Was möchtest du zum Geburtstag haben?" Mein Schmunzeln fällt. "Du-," "Jetzt komm mir nicht mit dem Satz an, dass ich dir nichts schenken brauche. Ich möchte dir etwas schenken." Zärtlich streichelt er meine Wange. Oh Mann, diese Berührung bringt mich aus der Fassung. "Ich weiß nicht", nuschele ich. Er spielt an meinem Bettelarmband herum. "Weiß Mopsi nicht, was sie möchte?" Ich kichere bei seiner kindlichen Aussprache. Du könntest dich bis auf deine Boxershorts ausziehen. Dieser Junge sorgt für schmutzige Gedanken. "Und was möchtest du zum Geburtstag haben?" Er schmunzelt. "Ich weiß es nicht." "Weiß Ardan nicht, was er möchte?", mache ich ihm nach. "Ja, das weiß er tatsächlich nicht. Aber ich glaube nicht, dass ich meinen Geburtstag feiere." "Wieso?" Er zuckt mit seinen Schultern und fährt mir durch mein Haar. "Du hast deine Geburtstage doch gefeiert, oder?" "Ja, mit meinen Cousins und Cousinen. Den Achtzehnten habe ich auch gefeiert und da hatte ich sogar Freunde." Er lächelt. Dieser Junge sorgt immer wieder, dass ich mit ihm fühle, unglaublich.
Inspizierend nimmt er sich eine Locke und tippt sie an. "Sie sehen aus wie Lockenpommes." "So lockig sind meine Haare nun auch nicht." "Aber sie haben auch die Kringel, guck." Er hält die Strähne vor meine Augen. "Nur sind deine Locken breiter." Er lehnt mich an sich und legt seinen Arm um mich. Diese Nähe ist so verdammt schön. Ich bin mehr als nur zufrieden damit und könnte Stunden mit ihm verbringen. Wäre da nicht sein blödes Handy, welches gerade klingelt. "Ja?" Ich schaue ihn an. "Heute geht es nicht, morgen?" Er summt. "Gut, dann bis morgen." Er legt auf. "Wer war das?" "Adam." Ich schlucke. "Und was wollte er?" "Er hat gefragt, ob ich mit ins Fitnessstudio komme. Wusstest du, dass deine Brüder und ich im selben Kampfverein waren?" Oh. Ich schüttele den Kopf. "Du hast Krav Maga gemacht?" Er nickt. "Ich habe früh damit angefangen, aber ich musste es wegen meiner Diabetes pausieren. Wenn ich die letzten Tests bei meinem Arzt bestehe, dann darf ich wieder ins Verein. Mein Trainer freut sich schon sehr auf mich." Seine Augen glänzen vor Freude. Ich hoffe, dass er die Tests gut besteht. "Bist du noch in Form?" "Ja, ich habe vieles einfach zu Hause gemacht. Mal habe ich ein wenig mit meinen Cousins gekämpft und mal gegen deine Brüder, damit ich nichts verliere." Wieso stelle ich es mir so unfassbar heiß vor, wie Ardan meine Brüder besiegt? Ich seufze verträumt. "Träumst du gerade von mir, Mopsi?" Ich nicke. "Ich fühle mich geehrt." Seine Finger streichen meinen Rücken auf und ab. "Wenn du möchtest, kannst du auch hierhin kommen und schwimmen." "Wir besitzen ebenfalls einen Pool." "Ich weiß und eine ganze Schwimmhalle, aber ich meine das etwas anders." Oh, so meint er das. "Ouh." Ich ziehe das Wort in die Länge. "Bei dir können wir nicht gemeinsam schwimmen. Natürlich nur, wenn du willst." Mit Ardan in einem Pool? Das ist der Himmel auf Erden. "Ich überlege es mir."
Nach dem stillen Essen liege ich wieder in Ardans Bett. "Leg dich zu mir", murmele ich. Er sitzt die ganze Zeit, wenn ich liege. "Ich dachte, du würdest dich unwohl fühlen." Ich hebe die Decke für ihn an und lege mich auf seine Brust. Sein Herz schlägt sanft und beruhigend. Meine Hand wandert ebenfalls zu seiner Brust. Ich liebe dich, Ardan. Tief atme ich durch. Das macht mich ein wenig emotional, ich weiß nicht wieso. Schnell blinzele ich meine Tränen weg. Ich will ihn umarmen, ich will eine noch tiefere Bindung und kann gar nicht auf den nächsten Schritt warten. "Hey, ist alles in Ordnung?" Ich nicke, schniefe leicht. Sein Duft berauscht mich immer wieder und seine warme Haut macht mich abhängig. Ich liebe ihn so sehr und dabei dachte ich, dass ich eine Person sehr lange dafür kennen muss. Nein, ich kenne ihn seit fast einem Jahr und ich fühle mich so geborgen und verbunden zu ihm. Seine großen Hände fahren meinen Rücken auf und ab. Niemand kann mir dieses schöne Gefühl schenken. Vorsichtig löst er sich von mir. "Was ist los?", fragt er sanft. "Nichts, ich wurde nur ein wenig emotional. Ich bin echt glücklich mit dir." Sofort strahlt er. Seine Grübchen stechen hervor, ich lege meine Daumen auf beide. Ich gestehe es ihm einfach oder ich küsse ihn davor. Was soll schon passieren? Vorsichtig rutsche ich auf und nähere mich ihm langsam. Soll ich es vor oder nach dem Kuss sagen? Wissend lächelt er. Unwillkürlich muss ich auch lächeln. Jetzt werde ich etwas hibbeliger und weiß nicht so recht, wie ich meinen Kopf platzieren soll. Eher links oder rechts? Und wie muss ich meine Lippen bewegen? Oje, ich bin ein totaler Anfänger. "Denk nicht so viel nach", raunt er. Tief atme ich durch und komme ihm noch näher.
"Ardan?" Es klopft an der Tür und sofort springe ich zurück. Mein Herz schlägt schneller. Die Mutter kommt mit zwei Schüsseln Schokopudding rein. Ich sollte vielleicht das Fenster öffnen. "Dankeschön", murmele ich und nehme die Schüssel entgegen. "Gerne, meine Liebe. Ich hole euch gleich noch Limonade." Sie lächelt mich und Ardan voller Stolz und Freude an und schließt die Tür. "Das war wohl wieder nichts", murmelt er mit einem leichten Lächeln. "Wenn das Schicksal es nicht möchte, dann müssen wir wohl oder übel warten", murmele ich. "Schokopudding ist auch gut", füge ich dann hinzu. "Ja, das ist es wirklich und Mamas Limonade auch." Zwar wäre der Schokopudding eine grandiose Nachspeise, wenn der Kuss gekommen wäre, aber ich muss es hinnehmen. "Deine Mutter sieht immer so glücklich aus." "Sie ist auch sehr glücklich, seitdem sie weiß, dass es dich in meinem Leben gibt. Am liebsten würde sie jetzt schon die Hochzeit planen." Ich kichere leise. "Sie hat mir erzählt, dass sie vor Freude gar nicht mehr schlafen konnte. Es ist schon überwältigend, wie gefühlvoll die Mutter doch sein kann." Ich nicke. Der Pudding schmeckt echt gut. "Sie denkt aber, dass wir ein festes Paar sind." Er zuckt mit seinen Schultern. "Als du das erste Mal hier warst, ist sie davon ausgegangen und ich habe sie einfach auf ihrer Wolke schweben lassen. Zwar dauert es noch ein wenig, aber ganz gelogen ist es ja nicht." Es dauert noch ein wenig. Nur ein wenig. Ich muss Geduld haben. "Sie ist sicherlich über jede Person froh, die mit dir im Kontakt steht." Er nickt kauend. "Ich bin immer noch recht scheu gegenüber den anderen. Oft wollte ich Ramzi und Miran fragen, ob sie vielleicht mal zu mir kommen wollen, aber ich schäme mich irgendwie." Oh nein, wie goldig. Bemitleidend jaule ich. "Du weißt ganz genau, dass Ramzi dich vergöttert. Ich kann ihn für dich fragen."
Nach weiteren zwei Stunden muss ich nach Hause. Ardan begleitet mich wie immer zur Tür und hilft mir, meinen Rucksack anzuziehen. Ich setze mich auf dem Boden, um mir meine Schuhe neu zu schnüren. Seine Schritte sagen mir, dass er sich von mir entfernt und sich mir wieder nähert. Roxy tapst vor mich und wedelt mit ihrem Schwanz herum. "Ich muss nach Hause." Schmunzelnd kraule ich sie. "Aber ich komme wieder, ja?" Innig umarme ich die Golden Retriever Hündin. Langsam stehe ich und drehe mich zu Ardan. "Das wollte ich dir schon eigentlich auf der Klassenfahrt geben, aber ich habe es vergessen." Ich lache freudig bei dem kleinen Glasfisch auf. In seinem Glaskörper schwimmt ein Bernstein. "Dankeschön, Ardan." Ich umarme ihn innig und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. Das ist ein so niedliches Geschenk. "Hier." Er hält mir eine gepflückte Rose hin und klaut eine Blüte. Meine erste Rose von ihm. Die werde ich niemals wegschmeißen. Ich umarme ihn wieder innig und will ihn gar nicht mehr loslassen. Kann es denn noch schöner werden? Am liebsten würde ich die ganze Nacht bei ihm bleiben und ihn nicht mehr loslassen wollen. Die Liebe ist so wunderbar. Ich schwebe auf Wolken. Ich bin so energiegeladen, dass ich fester zudrücke. Immer stärker und stärker. "Lass mich bitte am Leben, Mopsi", ächzt er. Mit erhitztem Kopf löse ich mich von ihm. Mein Herz schlägt spürbar schneller und das Lächeln kriegt mir so schnell keiner von meinem Gesicht runter. "Bis morgen", flüstere ich. "Bis morgen, Mopsi." Zufrieden lächelt er und hält mir die Tür offen. Ein letztes Mal drehe ich mich lächelnd zu ihm und laufe dann raus, renne vor Freude, als ich höre, wie er die Tür schließt. Ich bin so glücklich. So übertrieben glücklich! Auf halber Strecke bleibe ich keuchend stehen und versuche mich zu beruhigen. "Oh mein Gott", keuche ich lachend.
Ardan ist mein Herzensdieb.
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