32 - Der Tiger im Badezimmer
Am nächsten Morgen werde ich von Chris geweckt. Er setzt sich an den Rand des Bettes auf meiner Seite und streicht mir mit den Fingerspitzen über den Rücken.
„Aufstehen, Schlafmütze", höre ich seine tiefe Stimme. Das ist ein Weckton, den ich gerne jeden Morgen hören möchte.
Meine Lider flattern, als ich meine Augen öffne und realisiere, dass ich bäuchlings geschlafen habe. Müde strecke ich mich. Chris erhebt sich.
„Wie spät ist es?", frage ich und setze mich gähnend auf.
„6:00 Uhr."
Meine Güte, es ist fürs Existieren noch viel zu früh!
Ich kneife vor Schmerzen die Augen zusammen, denn er hat das Licht im Zimmer angemacht. Wer bitte macht das Licht an, wenn man noch im Vampir-Modus schlummert? Das grenzt an Folter.
„Zu hell!", stöhne ich, werfe mich rücklings in die Kissen und drehe mich nochmal in diesem himmlischen Bett um.
Gestern Nacht sind wir gegen 2:00 Uhr ins Bett gegangen. Gerade mal vier mickrige Stunden Schlaf haben wir abbekommen. Es ist mir schleierhaft, wie Chris dennoch so fit sein kann! Ich hingegen würde am liebsten hier meinen Winterschlaf halten und mich in seinem Bett zwischen Laken und Kissen hin und her wälzen, bis meine Haut seinen Geruch aufgenommen hat und ich ihn mit mir tragen kann. Ich bin ein elender Morgenmuffel. Mich kriegt man nur schwer aus dem Nest.
„Willst du Frühstück?", fragt Chris und läuft zur Tür.
Ich blinzle in seine Richtung. Er hat sich schon in seine Arbeitshose geworfen, trägt aber noch kein T-Shirt. Ein Feuerwehrmann mit nacktem Oberkörper. Es gibt nichts Besseres zum Frühstück. Das Wasser läuft mir im Mund zusammen und ich muss die überschüssige Spucke schnell runterschlucken, weil sie mir sonst nur von den Mundwinkeln über das Kinn laufen könnte.
Ich will wohl eher ihn.
„Gerne", sage ich, meine dabei natürlich das Frühstück und hieve mich aus dem Bett. Mit Essen kann man mich aus meiner Schlafstätte locken.
Während Chris runtergeht und in der Küche das Essen zubereitet, schleppe ich mich ins Badezimmer und kämme mir die Haare, die mir völlig durcheinander vom Kopf stehen, als wäre ich ein gerupftes Huhn. Es grenzt an ein Wunder, dass Chris nicht schreiend davongerannt ist, als er heute Morgen aufgewacht ist und meine Visage gesehen hat. Hoffentlich habe ich nicht gesabbert! Das tue ich nämlich, wenn ich in Bauchlage einnicke.
Ich wasche mir das Gesicht, damit der Sand in meinen Augen verschwindet und ich einigermassen ansehnlich aussehe. Das ist der grosse Vorteil, wenn man sich den Menschen meist ungeschminkt präsentiert, da muss man sich am Morgen nicht so bemühen. Man sieht immer gleich kacke aus.
Ich seufze beim Anblick meiner Augenringe im Spiegel. Chris hat mir eine schlaflose Nacht verpasst. Und dabei ist es gar nicht so weit gekommen, wie ich es gewollt hätte. Wie wir es beide uns gewünscht hätten. Ich hoffe so, dass wir es bald nochmal versuchen werden, denn für mich war diese Nacht unvergesslich. Diese unbeschreiblich intensive Nähe zu ihm war das Schönste an allem. Ihn so nahe an meinem Herzen zu wissen, ihn überall an meinem Körper zu spüren, als verschmolzen wir zu einem.
Seufzend blicke ich mich im Badezimmer um. Auf dem Toilettendeckel liegen meine Kleider von gestern schön säuberlich zusammengefaltet. Sogar meinen Schlüpfer hat Chris gefaltet, was ich unendlich süss finde. Er hat meine Kleider von unserer Fummelei gestern aufgesammelt und hergebracht.
„Frühstück ist fertig!", höre ich Chris von unten rufen.
So schnell wie es meine morgendliche Steifheit zulässt, trockne ich mein Gesicht ab und zupfe meinen Pyjama – Chris' T-Shirt und seine Boxershorts – zurecht. Ich fühle mich für nur vier Stunden Schlaf erstaunlich munter, aber dennoch wäre eine erfrischende Dusche nötig. Erstmal Frühstück mit dem Mann meiner Träume!
Ich haste die Treppe runter. Der Anblick, der sich mir bietet, raubt mir für einen kurzen Moment den Atem.
Chris steht in seiner orange-schwarzen Feuerwehrhose am Herd, die nackte Haut seines Oberkörpers schimmert zart bronzefarben im Licht der goldenen Sonnenstrahlen. Er hat eine leichte Bräunung und ich wundere mich, ob das von der Gartenarbeit kommen könnte. Im Vergleich zu ihm, ähnle ich einem Stück Emmentaler.
Seine braunen Haare liegen ihm wirr auf dem Kopf. Er muss geduscht haben, denn seine Strähnen sind feucht und hängen ihm ins Gesicht. Die Stoppeln seines Bartes hauchen einen verruchten Schatten auf sein Gesicht.
Ich beisse mir auf die Unterlippe und komme näher.
Er dreht den Kopf in meine Richtung und begrüsst mich mit einem herzerwärmenden Lächeln.
„Guten Morgen", sagt er und kommt mir entgegen, eine Holzkelle in der Hand.
„Guten Morgen", murmle ich.
Er kommt vor mir zum Stehen, lehnt sich zu mir runter und haucht mir einen sanften Kuss auf die Lippen. Ganz mechanisch schliesse ich die Augen, denn seine Küsse sind so unendlich zart wie der Flügelschlag eines Schmetterlings.
„Und? Hast du gut geschlafen?", fragt er mich, als er sich von meinem Mund löst und sich wieder dem Essen zuwendet.
„Bisschen wenig", antworte ich. Er nickt zustimmend, mit diesem schiefen Grinsen auf dem Gesicht. Ihm muss es genau gleich gehen, denn wir haben uns gegenseitig unseres Schlafes beraubt.
„Kaffee?" Er deutet mit dem Kopf zur Kaffeemaschine, vor welcher bereits eine gefüllte Tasse steht. Ich nicke enthusiastisch.
„Du meinst mein Lebenselixir. Ja, bitte!"
Er reicht mir die dampfende Tasse. Im Schneidersitz setze ich mich an den Esstisch und inhaliere den wunderbaren Duft. Es gibt keinen schöneren Geruch so früh am Morgen, als den von frisch gebrühtem Kaffee.
Mein Feuerwehrmann hat Eier gekocht und dazu Speck mit Tomaten und Zwiebeln angebraten. Ich komme aus dem Staunen nicht heraus. Wie kann man zu einer solch unmenschlichen Zeit – und das noch an einem Samstag – so munter sein und sowas Leckeres kochen?
Chris muss ein Übermensch sein. Alles, was ich bisher geschafft habe, ist, aufzustehen und die toten Zellen von meinem Gesicht zu waschen. Mein Gehirn befindet sich im Schlummermodus und wird eine Weile brauchen, um voll funktionsfähig zu sein. Ich bewundere Morgenmenschen wirklich.
Er richtet die Teller an und schiebt mir mein Frühstück vor die Nase. Da erkenne ich einen meiner pinken Eierwärmer, welcher über mein Frühstücksei gestülpt wurde. Es freut mich, zu sehen, dass er mein hässliches Geschenk tatsächlich verwendet.
„Praktisch, nicht?", sage ich grinsend und deute auf die pinke Wolle.
„Sehr, wie du sehen kannst", meint er und setzt sich zu mir an den Tisch. „Seit du mir die geschenkt hast, muss ich jeden Morgen an dich denken."
Diese Worte zaubern ein Lächeln auf mein Gesicht, denn das ist für mich das Schönste, was mir je jemand gesagt hat. Für einen kurzen Moment scheint die Zeit stillzustehen, während wir uns lächelnd in die Augen blicken. Dann löst Chris seine dunklen Punkte von mir und widmet sich seinem Essen.
„Guten Appetit", sagt er.
Wir schlemmen das wundervolle Frühstück. Wie bisher alle Gerichte, die ich von Chris habe probieren dürfen, schmecken auch diese einfachen Frühstückseier mit Speck, Zwiebeln und Tomaten herrlich. Es ist ein richtig gesundes und reichhaltiges Frühstück, wie ich es noch nie gegessen habe. Das ist nichts im Vergleich zu meinen Zuckerbomben, die ich normalerweise morgens in meine Müslischale schütte. Das hat meist mehr Ähnlichkeiten mit radioaktivem Müll als mit etwas Essbarem.
Es wird still zwischen uns, aber es stört mich nicht. Irgendwie fühle ich mich so zufrieden. Hier, bei Chris. An seinem Tisch in seinem Zuhause. So als gehöre ich hier hin. Wenn es nach mir ginge, könnte ich hier jeden Tag aufwachen und mit ihm frühstücken, denn ich finde wirklich Gefallen daran. Ich hoffe nur, ihm geht es genauso.
„Hey ...", breche ich die angenehme Stille. Er hebt den Blick von seinem Teller.
„Hm?"
Mir fällt auf, dass er sein Essen ziemlich schnell aufisst. Ich vermute, er muss sich wegen der Arbeit beeilen. Das heisst, ich wahrscheinlich auch.
„Wie lange dauert eigentlich deine Schicht?", frage ich, denn ich erinnere mich daran, dass er mir beim Abendessen davon erzählt hatte, dass er manchmal an Wochenenden arbeiten muss.
Als Feuerwehrmann hat er merkwürdige Arbeitszeiten, das war mir schon von Anfang an klar. Dennoch finde ich es schade, dass ich den Samstag alleine sein werde, wo ich doch viel lieber Zeit mit ihm verbringen wollen würde. Eigentlich möchte ich hier bleiben und mich nicht beeilen müssen.
„Bis 13:00 Uhr", antwortet er mir.
Ich nicke stumm und befördere die volle Gabel in meinen Mund. Wie kann ich ihm sagen, dass ich noch nicht gehen möchte?
„Du darfst gerne hier bleiben, falls du das möchtest. Wenn ich dann wieder zurück bin, können wir in die Stadt gehen und den Nachmittag zusammen verbringen", fügt er an, als hätte er meine Gedanken gelesen.
Mein erleichtertes Seufzen muss mich verraten haben, denn er legt den Kopf zur Seite und mustert mich mit diesem belustigten Glitzern in den Augen. Ich strahle bis über beide Ohren.
„Das wäre wirklich schön", sage ich.
„Ein kurzer Halt in der Apotheke wäre dann womöglich angebracht."
Er zwinkert mir zu und ich spüre die Hitze, die deswegen in meine Wangen schleichen will. Er will gleich heute Kondome kaufen! Noch nie hat mir ein Mann bisher seine Zuneigung und Begierde so unmissverständlich gezeigt wie er. Es bringt mich total aus dem Konzept.
„Oh ... ja, äh ... natürlich", stammle ich und stochere auf der kleinen Cherrytomate auf meinem Teller herum.
Chris legt sein Besteck zur Seite und streckt seine Hand zu meiner aus.
„Hey ...", meint er und streichelt sanft meinen Handrücken, „wir können es auch langsam angehen, wenn dir das lieber ist. Einfach nur in der Stadt bummeln und was zusammen unternehmen."
Seine Stirn wirft besorgte Furchen, als würde er befürchten, er hätte mich gekränkt. Als ob letzte Nacht zu schnell gewesen wäre! Dabei konnte es mir nicht schnell genug gehen.
„Nein!", kommt es wie aus der Pistole geschossen. „So meinte ich das nicht. Letzte Nacht war ... es war ... ich ... ich fand ..."
Die richtigen Worte wollen sich nicht in meinem Mund formen. Wie kann ich ihm sagen, dass es für mich unvergesslich war? Dass ich das gerne wiederholen möchte? Dass ich gerne das Gesamtpaket Chris mit allem, was dazu gehört, für mich haben möchte? Mein Kopf schwirrt, während meine Zunge lahm wird.
„Letzte Nacht war unglaublich, Emma", schafft Chris die Worte auszusprechen, die ich ihm gerne gesagt hätte.
Mein Herz macht eine Dreifachschraube in meinem Brustkorb.
„Tatsächlich?", hake ich nach.
Mein Erstaunen ist unüberhörbar, denn eigentlich hatte ich mit einer grossen Enttäuschung seinerseits gerechnet. Wo ich doch absolut nichts zu seiner Lust beigetragen habe. Im Gegenteil sogar. Ich war die grösste Nutzniesserin unserer gemeinsamen Nacht.
Er nickt und drückt meine Hand fester, als würde er mir damit versichern wollen, dass seine Worte die Wahrheit enthielten.
„Für mich war's so. Selbst wenn ich dich nicht so haben konnte, wie ich es gerne gewollt hätte."
Ich schlucke trocken. Ab der Vorstellung von seinem "wie er es gerne gewollt hätte" beginnt mein Herz schneller zu schlagen. Persönlich weiss ich ganz genau, was ich alles noch mit ihm getan hätte, wenn wir gekonnt hätten. Aber was das wohl bei Chris bedeutet? Da wird mir alleine beim Fantasieren schon wieder ganz schwindelig.
Chris steht auf und räumt sein Geschirr weg, als ginge ihm dieses Thema nicht an seine Substanz. Ich hingegen sitze da und muss mich vor Aufregung zusammenreissen. Mein Teller ist noch nicht einmal halb leer gegessen.
„Also bist du nicht sauer, dass ich abgebrochen habe?", flüstere ich meine Frage, die mich gestern beim Einschlafen eine Weile beschäftigte.
„Oh, was? Nein, wieso denn?"
„Keine Ahnung ...", murmle ich und blicke auf mein Essen.
Chris befördert seinen Teller in die Spülmaschine und zieht sich sein T-Shirt an, das er über eine Stuhllehne gehängt hatte. Dann beugt er sich vor, stützt beide Arme auf den Tisch ab und blickt mich eindringlich an.
„Um ehrlich zu sein, will ich dich jetzt nur noch mehr", sagt er und schaut mich dabei so intensiv an, dass ich mich beinahe an meiner Tomate verschlucke. „Du entwischst mir nicht ein zweites Mal."
Ich greife überfordert zur Kaffeetasse, um nicht in einen Hustenanfall überzugehen. Er neckt mich, das weiss ich. Als ich meine Lippen von der Tasse löse, lehnt er sich weiter vor, um mir zum Abschied einen Kuss zu geben. Seine Hand führt er an mein Kinn und zieht es zu sich hoch. Seine dunklen Schokoladendrops durchringen mich und wühlen in meinen Gefühlen.
Wie kann jemand einen solch unglaublichen Effekt auf mein ganzes Wesen haben? Das soll mir bitte mal ein Wissenschaftler erklären!
„Ich muss leider gehen. Schlaf noch ein bisschen, bis ich wieder zurück bin", sagt er und drückt seine Lippen auf meine. Ich schliesse die Augen.
Der Kuss ist viel zu kurz, denn schon schlägt die kühle Luft an meinen Mund. Chris greift nach seinem Hausschlüssel.
„Fühl dich hier bitte wie zuhause", meint er noch, bevor er die Tür aufschliesst.
Ich lächle und schiebe mir eine Gabel voll Speck in den Mund.
„Schon passiert."
✵
Als Chris gegangen ist und ich das herzhafte Frühstück verschlungen habe, werfe ich mich todmüde in unser Bett. Vier Stunden Schlaf wirken sich bei mir sehr schlecht auf meine Laune und mein allgemeines Wohlbefinden aus. Unter Schlafmangel verwandle ich mich in ein launisches Monster.
Die Kissen und die grosse Decke fangen mich auf und befördern mich auf eine weiche Wolke. Ich schliesse genüsslich die Augen und drifte relativ schnell in einen tiefen Schlaf.
Dieser dauert allerdings nicht lange, denn jäh werde ich aus meinen Wolken gerissen. Etwas Spitzes bohrt sich in meinen grossen Zeh und jagt einen scharfen Schmerz durch meinen Fuss.
Jemand beisst mich!
Kreischend schlage ich mit dem Bein aus, um die spitzen Krallen abzuschütteln. Die Kreatur lässt allerdings nicht locker, sondern beisst mit mehr Wut in meinen unschuldigen Körperteil. Ich jaule auf und wehre mich noch stärker dagegen, aber es hilft alles nichts. Das Ding verbeisst sich in meinen Zeh.
Ich setze mich auf, da fällt mein Blick auf dieser jemand, der sich heute offenbar vorgenommen hat, meinen Fuss zu zerfleischen: Eine hellbraune, getigerte Katze.
„Du verdammtes Mistvieh!", brülle ich, was dem Tier einen derartigen Schrecken versetzt, dass es meinen Fuss loslässt und den Katzenbuckel macht.
Ich werde angefaucht und angemault, als hätte ich den Streit begonnen. Dabei habe ich doch bloss friedlich geschlafen.
„Was bist du für eine freche Muschi!", schreie ich das Tier empört an und ziehe meinen blutigen Fuss zu mir heran.
Die Kratzspuren heben sich deutlich von meiner blassen Haut ab. Dieses Biest hat mir voll in den Zeh gebissen und meinen Fussrücken blutig gekratzt! Der Fellball bäumt sich am Bettende auf und faucht mich entrüstet an. Auch wenn ich keine Katzenflüsterin bin, kann ich recht gut erkennen, dass die über meine Anwesenheit in Chris' Bett nicht sehr erfreut ist. Die schiebt hier die Krise.
Wahrscheinlich besetze ich ihren Lieblingsplatz: Chris' Kopfkissen.
Ich wusste gar nicht, dass er eine Katze hat. Die war letzte Nacht nirgendwo gewesen. Das muss mir irgendwie entgangen sein. Das Biest sieht aus, als hätte es in die Steckdose gegriffen, so buschig stehen die Haare vom Körper ab.
„Hau ab!", rufe ich und werfe das Kissen nach der Katze.
Diese springt laut schreiend zur Seite und verschwindet unter dem Bett. Sofort ziehe ich die Beine an und schlüpfe unter die Decke in Sicherheit. Nur noch mein Kopf schaut heraus und ich blicke panisch um mich.
Wo wird dieses Monster rauskrabbeln? Von links? Von rechts? Von unten? Von oben? Diesen haarigen Ninjas ist alles zuzutrauen!
Mein Blick fällt auf die grosse Weckeruhr, die auf dem Nachttischchen steht. Es ist erst 08:02 Uhr. Ich habe eine knappe Stunde geschlafen, ehe mich dieser Säbelzahntiger attackiert hat.
In meinem Kopf rattert es, welche Möglichkeiten es für mich gibt, um aus dem Revier dieses Jägers zu fliehen. Hier kann ich nicht bleiben, denn mit jeder Minute, die verstreicht, riskiere ich länger, in Stücke gerissen zu werden. Einen Hund habe ich nicht, also lasse ich die Option fallen. Eine Waffe trage ich auch nicht bei mir, mit welcher ich mich gegen die messerscharfen Krallen und die spitzen Zähne wehren könnte.
Da fällt mir ein, dass Katzen Wasser hassen.
Die Dusche! Ich könnte mich in die Dusche retten! Ich wollte meinen schwitzigen Körper ja sowieso waschen.
Zu meinem Leidwesen befindet sich die Dusche aber nicht im Nebenzimmer. Um meinen nassen Panic Room zu erreichen, müsste ich erst durch den Gang hasten und dann die zweite Tür von links nehmen. Ein gefährlicher Spiessrutenlauf, wenn ein Tiger auf der Lauer ist und sich aus dem Hinterhalt in meinen Nacken verbeissen könnte.
Mit den Augen scanne ich den Raum ab. Die Katze muss sich direkt unter mir befinden. Mit einem grossen Sprung vom Bett schaffe ich es vielleicht in die Nasszelle. Ich robbe bis zum Bettende, das der Tür am nächsten ist. Mein Herz klopft mir bis zum Hals, als würde ich tatsächlich von einem gefährlichen Raubtier flüchten müssen.
Flink wie ein Floh springe ich vom Rand, renne so schnell ich kann den Gang entlang zum Badezimmer und knalle die Tür hinter mir zu. Keuchend lasse ich mich mit dem Rücken zur Tür auf den Boden sinken. Die Mieze ist mir nicht gefolgt. Vorerst bin ich in Sicherheit.
Wenn ich schon mal hier bin, dann kann ich ja auch gleich duschen. Hoffentlich verzieht sich in der Zeit der aggressive Panther aus dem Haus.
Ich entledige mich meines Pyjamas, steige in die Dusche und lasse das angenehm warme Wasser über meinen Körper rieseln. Der Kopf der Regenwalddusche ist riesig und so bin ich hier bei Chris nicht mit dem üblichen Problem konfrontiert, dass ein Teil meiner Haut der Kälte ausgesetzt sein könnte. Das Wasser läuft an meinem ganzen Körper entlang und hüllt mich in eine angenehme Dunstwolke.
Ich greife zur Körperseife und lese Arctic Ice 24h Energy. Das habe ich fast schon vermutet, dass ich in einem Männerhaushalt keine wohlriechenden Shampoos und Seifen finden werde. Ich zucke mit den Schultern, öffne die Flasche und schnuppere daran, denn ich frage mich ernsthaft, wie arktisches Eis aus der Tube denn eigentlich riechen muss. Da haben sich die Marketingheinis wieder einiges ausgedacht.
Durch den Geruch rollen sich fast meine Zehennägel nach hinten. Es riecht tatsächlich nach Kälte! Gott, wie schaffen die das auch immer?
Vorsichtig schmiere ich meinen Körper damit ein und spüre sofort, wie eine Eiseskälte über meine Haut zieht. Selbst als ich das Wasser heisser drehe und jeder normale Mensch sich daran wahrscheinlich schon verbrüht hätte, verfliegt die Kälte nicht, die von der Lotion auf meiner Haut ausgeht. Na toll. Eine Körperseife, die dich frieren lässt. Als wäre das Duschen alleine schon nicht schlimm genug.
Als ich das Wasser abdrehe und das Badetuch ergreife, um es mir um den Körper zu wickeln, stelle ich mit Erschrecken fest, dass die Badezimmertür offen steht.
Hatte ich die nicht geschlossen?
Ich trete ganz aus der Duschkabine heraus und befestige das Tuch mit einem Knopf vor der Brust um meinen Körper. Ein feuchter Nebel hängt in der Luft. Ich sehe nicht viel in diesem milchigen Schleier, aber der Luftzug, der wegen der offenen Tür um meine Beine zieht, jagt mir augenblicklich einen kalten Schauer über den Rücken.
Und dann, als ich zu meinen Kleidern greifen möchte, erkenne ich die hinterhältige Fellnase wieder. Sie sitzt auf meinen Kleidern und blickt mich provokativ an. Mit dieser blutrünstigen Miene. Ihr Schwanz peitscht langsam auf und ab.
Die sieht aus, als würde sie gerade meinen Mord planen. Und jetzt sitzt die verdammt nochmal auf meiner Kleidung! Nur mein Slip liegt etwas daneben. Den versuche ich aufzufischen, indem ich ganz vorsichtig meinen Fuss anhebe und einen Riemen des Tangas mit meinen Zehen zu greifen bekomme. Den Rest meiner Kleider muss ich wohl oder übel hier liegen lassen. Ich riskiere es sicher nicht, nochmal zerhackt zu werden!
Ich mache einen möglichst weiten Bogen um das Tier und entscheide mich dafür, lieber bei Chris im Kleiderschrank nach Klamotten zu suchen, als meine Sachen unter dem Arsch dieser Bestie herauszuziehen. Ich bin ja nicht lebensmüde. Die Katze mault, als ich an ihr vorbeischleiche, sehr darauf bedacht, ihr nie den Rücken zuzukehren.
Während ich rückwärts aus dem Badezimmer schleiche, bekomme ich die Klinke zwischen die Finger, damit ich die Türe zwischen uns schliessen und das Viech im Badezimmer einsperren kann. Chris wird sich um seine Katze kümmern müssen, wenn er wieder zurück ist. Bis dahin werde ich sie im Badezimmer eingesperrt lassen!
Als ich erleichtert ausatmend im Gang stehe, eine dicke und sichere Tür zwischen mir und dem Raubtier, höre ich plötzlich die Türklingel.
Chris hat mir nichts von Besuch gesagt. Wer das sein kann?
Ich sprinte zurück in sein Zimmer, denn ich bin unter dem Badetuch ja noch nackt und wenn ich wirklich die Tür öffnen sollte, dann wäre das besser, wenn ich das angezogen tue. Es klingelt gleich dreimal hintereinander, als wolle die Person unten absichtlich sturmläuten. Hier ist jemand aber in Eile!
Ich öffne hektisch seinen Kleiderschrank und greife zum erstbesten Shirt, das ich finden kann. Ein schwarzes, schlichtes T-Shirt, in welchem Chris sicher mega heiss aussehen würde. Der Duft seines Waschmittels steigt mir in die Nase und ich schliesse kurz die Augen. Ich glaube fast, dass ein Hauch seines Geruches an dem Shirt hängen muss, selbst wenn es gewaschen ist.
Das Kleidungsstück reicht mir gerade mal bis zur oberen Mitte meiner Schenkel. Ich schlüpfe in meinen Slip und renne die Treppe runter. Das muss reichen, um mich hinter der Tür zu verstecken, während ich sie der unbekannten Person öffne. Ich muss mich ja nicht ganz zeigen – hoffe ich.
Es klingelt schon wieder Sturm und ich sage ganz automatisch „Ja, ja, ich komme ja schon!" als würde ich hier wohnen.
Bevor ich allerdings die Eingangstüre aufschliesse, stehe ich auf die Zehenspitzen, um durchs Guckloch zu schauen. Ich will ja keinem merkwürdig aussehenden Menschen die Tür öffnen. Schon gar nicht, wenn es nicht die Tür meines eigenen Heims ist. Hoffentlich ist es nur der Postbote, der ein Paket abzugeben hat.
Als ich durch das Loch blinzle und ich erkenne, wer da so hektisch klingelt, steht mein Herz für eine Sekunde still.
„Das gibts doch nicht!", sage ich laut, obwohl ich das nur denken wollte.
Chris' Exfrau steht vor der Tür und neben ihr das Kind.
Chris' Kind.
✵✵✵
Hallo ihr lieben Menschen
Ich hoffe, euch hat dieses Kapitelchen gefallen.
Wie mich einige von euch bestimmt schon kennen. Immer, wenn es am Schönsten ist, kommt Fleur und... *BAM* Hoppla, die Ex ist da.
Na, wer von euch freut sich auf das nächste Kapitel? Also ich auf jeden Fall xD
Hab euch lieb.
Eure Fleur
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