Kapitel 15
Schläfrig rieb ich mir heute Morgen schon zum hundertsten Male meine Augen... Ich hatte kein Auge zugetan, da ich viel zu aufgeregt war. Ich war gerade auf dem Weg zum Schloss. Der Kutscher spornte sein Pferd immer wieder an und die Landschaft zog an uns vorbei. Gierig sog ich den Anblick der mir bekannten Umgebung ein....
Schon bald und ich würde von hier verschwinden. Und auch, wenn ich nach der Mission wieder hierherkommen würde, fühlte es sich wie ein Abschied für immer an. Doch anstatt traurig zu sein, machten sich Hoffnung und Freude in mir breit. Endlich würde ich von diesem Ort voller schrecklicher Erinnerungen und Schmerzen fortgehen. Ich war bereit, es mit allem aufzunehmen, um das hier zu Ende zu bringen. Bevor ich losgefahren war, hatte ich noch die Bekleidung der Bediensteten besorgt, in welcher ich nun steckte.
Immer wieder kamen in mir Zweifel auf, dass ich auffliegen würde, wenn ich an mir hinunter sah, jedoch ermahnte ich mich, dass es für mich ein Leichtes sein würde, eine Bedienstete zu spielen. Nach kurzer Zeit blieb die Kutsche auch schon vor dem Tor des Schlosses stehen und mir wurde die Türe geöffnet. Während ich ein letztes Mal tief einatmete und meine Augen schloss, fuhr ich mit meiner Hand zu meinem Dekolleté, wo mein Amulett baumelte. Fest drückte ich es und dachte an meine Eltern, bevor ich es unter den Stoff schob, damit man es nicht sehen konnte und ausstieg.
Zu meiner Überraschung standen vor mir der Prinz, der Graf, dessen Tochter und einige Bedienstete, als ich ausstieg. Während Killian mich mit lächelnd musterte und die Grafentochter mich versuchte, mit bösen Blicken zu erdolchen, kam der Graf mit freundlichem Lächeln auf mich zu. „Willkommen auf meinem Schloss, Teuerste. Ich hoffe, Sie werden dem Prinzen gute Dienste erweisen.", begrüßte mich der Graf überschwänglich. „Sie sind sehr gnädig, mein Graf!", erwiderte ich leicht errötend und ließ mich in einem tiefen Knicks fallen, was ihm umso mehr zu gefallen schien. „Eine entzückende junge Frau...", murmelte er, während er sich von uns entfernte. Wahrscheinlich hatte er noch einiges an Arbeit zu verrichten für den heutigen Tag.
Als Nächstes ging ich zu Kilian, welcher mich amüsiert anblickte. „Mein Prinz...", begrüßte ich ihn auch und knickste vor ihm. Danach wandte ich mich zu Amelia, welche mich mit Hass erfülltem Blick ansah. Am liebsten hätte ich ihr erzählt, dass sie schon längst verloren hatte, doch stattdessen begrüßte ich sie auch standesgemäß. Anscheinend hatte sie gehofft, dass ich irgendetwas falsch machen würde, damit sie mich in den Dreck ziehen konnte, denn sie zog beleidigt davon. Nun war ich nur noch mit Killian und einigen Dienern hier.
„Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es mit dir nie langweilig wird. Aber zuerst einmal, wollte ich dir ein paar Leute aus meiner Dienerschaft vorstellen. Zum einen haben wir Andros, mein Lehrer.", fing er an, zu erzählen und deutete auf einen hochgewachsenen alten Mann, welcher mir ernst entgegen blickte. „Es freut mich, Sie kennenzulernen!", log ich und lächelte meinem alten Tanzlehrer zu. Noch gut konnte ich mich an die vielen Stunden erinnern, in denen er mich durch den Tanzsaal gehetzt hatte, damit ich für den nächsten Ball bereit war. Im Gegensatz zu mir schien er, sich nicht an mich zu erinnern.
Den Rest der Bediensteten kannte ich nicht mehr. Unter ihnen befanden sich noch Marianne, die Köchin und ihr Mann Wilhelm sowie ein Junge in meinem Alter. Er hieß Markus und war Soldat und Anführer der Garde von Killian. Schon früh fiel mir auf, dass die Beiden sich sehr gut verstanden und eine freundschaftliche Beziehung zueinander haben mussten. Nachdem Killian mir aale vorgestellt hatte, sollte ich ihm folgen. Während wir durch das Schloss gingen, unterbreitete er mir meine Aufgaben.
„Da du nun meine persönliche Bedienstete bist, ist es deine Aufgabe, meinen Bedürfnissen nachzukommen. Zum einen musst du mir morgens Frühstück bringen oder auch Nachrichten überbringen. Du bist außerdem für meine Garderobe zuständig, aber mach dir keine Sorgen, ich kann mich alleine anziehen.", erklärte er mir schmunzelnd, als er meinen leicht erschrockenen Blick und Angespanntheit bemerkte. „Ansonsten wäre das fürs Erste und ich zeige dir jetzt erst einmal dein Zimmer.", sagte er erfreut und bog in einen breiten Gang ein, wo sich einige Türen befanden. Wir gingen den Gang entlang und blieben am Ende vor zwei Türen stehen.
„Das dort ist dein Zimmer.", erklärte mir Killian und deutete auf die kleinere der beiden Türen. „Also ist das andere Zimmer deines.", folgerte ich daraus, woraufhin mir Killian zustimmend bejahte. „Ich hoffe, du wirst dich hier wohl fühlen, aber wie gesagt... Morgen werden wir schon abreisen, also mach es dir nicht zu gemütlich. Ich werde in ungefähr einer Stunde wieder vorbeischauen und deine erste Aufgabe geben. Bis später!", erklärte er mir lächelnd und verabschiedete sich mit freundlichem Lächeln. Nachdem ich ihm einen letzten Blick zugeworfen hatte, drehte ich mich zu der Tür meines Zimmers.
Auch wenn es eigentlich nicht so war, fühlte es sich wie ein neuer Lebensabschnitt an, als ich diese öffnete und in mein Zimmer trat. Meine Mission hatte nun offiziell begonnen!
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro