Kapitel 11
Seufzend ließ ich mich auf einer Bank nieder, welche im Garten des Schlosses stand. Kilian hingegen blieb einige Schritte weit entfernt stehen und blickte nachdenklich in den Abendhimmel. „Alles in Ordnung, mein Prinz?", fragte ich besorgt, da er sehr niedergeschlagen aussah. „Mein Prinz.... Das klingt so vornehm! Du weißt, wie ich heiße, Lillith. Nenne mich bitte auch so.", bat er mich und setzte sich neben mich. Einige Zeit war es leise zwischen und wir ließen unseren Blick schweifen. Ich hatte das Gefühl, dass er mir irgendetwas sagen wollte. Er ließ auch nicht lange darauf warten....
„Lustiger weise hatte ich im ersten Moment gedacht, dass du eine alte Freundin von mir bist. Wahrscheinlich ist das nur Wunschdenken gewesen. Doch du schaust ihr wirklich sehr ähnlich.", fing er an, zu erzählen. Während er mir etwas mehr über seine damalige Freundin erzählte, musterte ich ihn sehr aufmerksam. Mit glasigen Augen und einem leichten Lächeln auf den Lippen redete er über die vielen Tage, welche ich und er verbracht hatten, als wir noch Kinder waren. „Ich weiß, dass ich davon eigentlich nicht erzählen sollte. Immerhin kennen wir uns noch keine Stunde, aber ich habe das Gefühl, dass ich dir das Alles anvertrauen kann.", sagte er ehrlich. Am liebsten hätte ich ihm in dem Moment gestanden, dass ich niemand anderes war als das letzte lebende Familienmitglied von Sonnenau, doch das wäre viel zu riskant.
„Ich kann deinen Schmerz nachvollziehen. Auch ich habe vor einiger Zeit einen wahren Freund verloren und leider werde ich ihn nie wieder zurückbekommen. Nur mit ihm hatte ich die Hoffnung gehabt, all meinen Pflichten und Problemen zu entkommen.", erwiderte ich wahrheitsgemäß. Kilian blickte mich mitfühlend an, doch in mir schien, etwas zu zerbrechen. Ich war meinem besten Freund näher als jemals zuvor und doch war ich ihm so fern wie noch nie. Es tat weh von ihm zu reden, ohne das er verstand, dass der Junge eigentlich er gewesen war. „Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir uns wieder in den Tanzsaal begeben.", räusperte er sich. Stumm nickte ich und folgte ihm... Schon bald hörten wir wieder die laute Musik und die vielen Menschen. Das ganze Fest war noch ganz im Gange und alle schienen, sich prächtig zu amüsieren. Ich wollte den Saal schon betreten, als mich Kilian zurückhielt.
„Ich möchte dich zu einem kleinen Essen hier ins Schloss einladen. Zwar werde ich während meinem kurzen Aufenthalt vieles erledigen müssen, doch das wird sich bestimmt einrichten lassen. Ich wäre wirklich erfreut, wenn du morgen mit mir hier zu Abend isst.", lud er mich ein. Für einen kurzen Zeitpunkt schien, mein Herz auszusetzen... Ich durfte und konnte diese Einladung nicht annehmen, jedoch würde ich nach dem heutigen Abend alles Erdenkliche dafür machen, auch nur zehn weitere Minuten mit meinem ehemaligen besten Freund zu verbringen. „Ich nehme die Einladung sehr gerne an. Ich werde kurz vor Sonnenuntergang hier sein.", antwortete ich und verschwand kurz darauf auch schon vor seinen Augen, da ich keine weitere Sekunde mehr bei ihm bleiben konnte. Fluchend suchte ich nach Anna, während ich wütend darüber nachdachte, wie ich nur hatte annehmen zu können.
Natürlich wusste ich die Antwort... Jedoch hatte ich in den letzten Jahren gelernt, wie gefährlich es für Leute mit meinem Beruf in der Nähe der Adeligen war. Schon als kleines Kind hatte ich gelernt, dass man den meisten unter ihnen nicht trauen konnte. Sie kannten Möglichkeiten und Wege an Geheimnisse zu kommen, welche ich mir nicht wagte, vorzustellen. Und mein Geheimnis wollte ich wohl behütet wissen, doch damit riskierte ich, dass jemand meine wahre Herkunft erfuhr. Zum Glück fand ich Anna bei einigen vornehmen Herren, doch sie schien schon recht angetrunken. Als ich neben ihr stehen blieb, fiel sie mir regelrecht in die Arme.
„Ich glaube, wir sollten langsam nach Hause. Findest du nicht auch?", redete ich fürsorglich auf sie ein. Natürlich wollte sie widersprechen, doch ich war schon dabei, uns bei den Gästen zu verabschieden. Danach reichte ich ihr einen Arm und führte sie durch die Menschenmasse nach draußen. Vorsichtig zog ich Anna mit zu unserer Kutsche und half ihr, einzusteigen, als ich ihr in die Kutsche folgen wollte, wurde ich aber von jemandem aufgehalten. „Halt! Sofort anhalten, sagte ich!", rief mir eine schrille Frauenstimme hinterher. Verwirrt drehte ich mich um und suchte nach einer Person. Schnell fand ich jemanden, der mit wütendem Gesicht auf mich zugestürmt kam. Irritiert blickte ich zur Grafentochter. Was hatte ich getan, dass sie mir so hinterher gestürmt kam?
„Ich habe gesagt, dass du stehen bleiben sollst!", keifte sie mich an, als sie vor mir zu stehen kam. Verwundert musterte ich sie... Immerhin hatte ich mich keinen Zentimeter gerührt. Während mich das Mädchen immer noch zornig anschaute, konnte ich mir ein Kichern fasst nicht verkneifen. Durch ihren lächerlichen Sprint hatten sich ihre Haare aus ihrer sorgfältig hochgesteckten Frisur gelöst und auch ihr Kleid war nun komplett zerknittert. Zu allem Überfluss keuchte sie auch, als wäre sie seit Jahren nicht mehr gelaufen, was wahrscheinlich auch der Fall war. Sie schien, fast in die Luft zu gehen, als ich keine Reaktion zeigte. „Ich habe mich nicht bewegt, Lady Amelia. Was ist ihr Begehr?", fragte ich emotionslos.
Anscheinend war sie nicht gerade erfreut, dass ich keine Angst vor ihr zu haben schien, doch das war mir egal. „Ich habe gesehen, wie der Prinz und du nach draußen verschwunden seid. Nachdem er wieder da war, hat er nicht mehr mit mir geredet. Ich will dich nur warnen, da er schon bald mein Verlobter sein wird. Lass deine dreckigen Finger von ihm...!", fauchte sie mich an. „Ich glaube, es ist die Sache des Prinzen, mit wem er redet und mit wem er dies nicht macht. Und mein Interesse liegt nicht bei ihm, wenn euch das beruhigt. Nun wünsche ich noch einen schönen Abend!", erwiderte ich scharf. Ohne auf eine Antwort zu warten, stieg ich ein und schloss mit einem festen Ruck die Tür hinter mir. Keine Sekunde später setzte sich die Kutsche auch schon in Bewegung... Natürlich schrie Lady Amelia, dass wir stehen bleiben sollten, doch das würden wir nicht. Erschöpft blickte ich aus dem kleinen Fenster der Kutsche und entdeckte eine Gestalt, welche an der Mauer des Schlosses lehnte. Wahrscheinlich hatte sie das ganze Spektakel mitbekommen, doch was interessierte es mich.
Jedoch vergaß ich fast, zu atmen, als die Person ins Mondlicht trat und ich ein feines Lächeln auf dem Gesicht des Prinzen erkennen konnte, welcher uns hinterher blickte. Er hatte alles mitgehört, dass sah ich ihm an... Ich konnte mich schon mal auf ein interessantes Gespräch einstellen für den nächsten Tag.
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