xiv - planeten und briefe
Wenn jemand seinen Google-Suchverlauf der letzten Tagen anschauen würde, würde sich dieser Jemand sich ziemlich sicher fragen, was für einem seltsamen Menschen dieses Handy gehörte. Vanitas fragte sich das selber, während er in Richtung Evelyns Zimmer schlich und versuchte, seinen Nervosität zu unterdrücken.
Gleichzeitig ging er seinen Plan innerlich noch einmal genau durch: Erst klopfen, dann begrüßen. Weiter ging es dann damit, dass er nach Evelyns Befinden fragen und sich dann entschuldigen würde. Und dann . . .dann würde entweder alles gut laufen oder er fliehen. Klang beides fürchterlich, wenn er genauer darüber nachdachte.
Vor Evelyns dunkelbrauner Holztür angekommen atmete er noch einmal tief durch und klopfte dann vorsichtig. Erst passierte gar nichts undV anitas wäre fast wieder umgedreht, als ein lautes Rumpeln aus dem Raum tönte und jemand die Tür aufriss.
»Ja?« ,fragte Evelyn und riss erstaunt die Augen auf, als er seinen Besucher erkannte. »Vanitas?« Der Vampir nickte und winkte. »Ähmm . . .Ja. Hallo.« Erst Begrüßung, jetzt die Frage. Lief doch gar nicht schlecht. »Wie geht es dir?«, fragte er mechanisch.
»Hallo. Ähmm . . . Gut?«, antwortete der Diener verwirrt und strich sich nervös eine dunkelbraune Strähne aus dem Gesicht. »Wie geht es dir? Hast du das Abendessen gut überstanden?«
Das Evelyn eine Rückfrage stellen könnte, hatte er nicht mit einberechnet. Niemand hatten ihn je wirklich gefragt, wie er sich fühlte – wieso fing dieser Fremde, den er kaum kannte, jetzt plötzlich damit an? »Das fragst du noch? Natürlich. Der Reis war lecker«, schnaubte er spöttisch, in Gedanken bei Elouan und seinem Angebot. Sollte er Evelyn davon erzählen?
»F-Freut mich. Dürfte ich . . . Dürfte ich fragen, warum du hier bist?«, wollte Evelyn unsicher wissen, der überraschende Besuch seines Herrn schien ihn sehr zu verwirren. Vanitas lächelte frech. »Wieso? Willst du mich etwas nicht hier haben?«
Innerlich war er am durchdrehen. Er hatte nicht damit gerechnet, das Evelyn ihm so viele Fragen stellte, darauf war er absolut nicht vorbereitet. Und das bedeutete, das er improvisieren musste – seine gemeine, spöttische, arrogante Natur übernahm wieder die Kontrolle. Evelyn würde ihn wegschicken. Da war er sich ganz sicher.
»N-Nein, so ist das nicht! Ich wollte nicht unhöflich sein, natürlich heiße ich dich immer gerne willkommen, es ist nur . . .«
»Du hast nicht damit gerechnet?«, half Vanitas dem Anderem auf die Sprünge und lehnte sich gegen den Türrahmen. »Vielleicht bin ich ja hier, um dein Blut zu trinken, wer weiß? Lecker war es nämlich definitiv.«
Während Evelyn knallrot anlief, verfluchte der Vampir sich selbst. Dieser Kommentar war ihm einfach so raus gerutscht, dahinter steckte kein Funken Wahrheit. Ganz sicher nicht. Niemals hatte er Evelyn Blut lecker gefunden, das war völlig lächerlich.
»Ich. . . Du . . . Ähmm . . . Danke«, brachte Evelyn unterdessenheraus, immer noch rot wie im Mond glänzendes Blut. Verdammt, wieso musste er jetzt die ganze Zeit an Blut denken? Wieso brachte Evelyns verfluchte Gegenwart ihn so aus dem Konzept?
»Danke? Wenn ich dich verbluten lasse, bedankst du dich dann auch?«, spottete Vanitas, er schaffte es einfach nicht, sich zurückzuhalten. Nie hatte er sich darum gekümmert, ob er seine scharfe Zunge unter Kontrolle hatte – es war ihm egal gewesen, weil er sowieso nur das Ziel gehabt hatte, alle anderen zu verletzend. Doch Evelyn wollte er aus unerfindlichen Gründen nicht verletzen, eher das Gegenteil. Verdammt, er wollte den Typ zum lachen bringen, nicht zum weinen!
»Nein. Dann würdest du den anderen Angestellten nämlich unnötige Arbeit machen, und das gehört sich nicht!«, erklärte Evelyn überzeugt und trat den zur Seite. Entweder hatte er die indirekte Morddrohung nicht gehört – oder er vertraute seinem Herrn einfach. »Willst du reinkommen?«
Vanitas widerstand dem Drang, seinen Kopf gegen die Wand zu rammen, als er reflexartig ein 'Ja' von sich gab. Seine Stimme war ein verdammter Verräter, einer der schlimmsten Sorte. Er hatte sich doch nur entschuldigen wollen. Wie war es nur so weit gekommen?
»Aber keine Kommentare, okay?«, fügte der Diener noch leicht rot hinzu, was Vanitas wiederum neugierig machte. Was erwartete ihn in diesem Raum? Eine Kuscheltiersammlung? Oder vielleicht doch ein paar vergammelte Leichen?
Die Antwort ergab sich von selbst, als Vanitas die Tür durchschritt. Weder Plüschbären noch Tote schmückten den Raum – der Ersatz wa rjedoch auch nicht schlecht. Überhaupt nicht schlecht.
Die Fenster des Zimmers waren von schwarzen Vorhängen mit silbernen Punkten verdeckt, sodass der Raum in völlige Dunkelheit getaucht wäre, hätten nicht zwei oder drei Sternen-Lichterketten an der Decke und an dem Bett, das auf der rechte Seite stand, gehangen. Neben den Sternen hingen außerdem die verschiedensten Planeten nach unten, alle in ein leichtes, weißes Licht getaucht. An den Seitenwänden klebten weitere fünfzackige Sterne, die ebenfalls weißlich glühten. Diese Lichter erhellten die vielen Plakate, di eüberall klebten – von Bildern von Galaxien bis hin zu Werbung für bunte Regenbogen-Staubsauger war alles dabei. Zwischen diesen Papierfetzen lugte ab und zu außerdem eine Zeichnung hervor, jede bunt wie ein Blumenfeld. Würg.
Auf den Regalen vor den Wänden standen vielseitige Figuren mit einer Vielzahl von Motiven, die zum Großteil ebenfalls leuchteten – sowie der Großteil der Dinge in diesem Raum. Sogar der Teppich leuchtete, genauer gesagt die in allen Blautönen gefärbte Sternewolke, die darauf ausgebildet war. Mit ein bisschen Vorstellungskraft könnte man denken, man wäre in einer Disco.
»Du hast definitiv zu viel Freizeit«, murmelte er, während er noch einen Schritt in den Raum trat und sich im Kreis drehte. Obwohl er es nur ungern zugab: Es war wunderschön. Eigentlich verabscheute er alles bunte, aber das hier . . . war einfach umwerfend. Der Teil seines Gehirns, der sich noch nicht damit abgefunden hatte, das Evelyn ein Freund war, wünschte sich sofort ein Feuerzeug. Der Diener würde ihn sicher für immer hassen, wenn er das hier zerstörte.
»Gefällt es dir?«, fragte Evelyn schüchtern und trat neben den Vampir. Sein großes, saphirblaues Auge leuchtete im Licht der Sterne. Da erste Mal viel Vanitas auf, das die Iris des Kleineren nach unten hin dunkler wurde, er bemerkte die kleinen, weißen Sprenkel, die um die Pupille herum tanzten.
»Ja«, flüsterte er, um die Stimmung nicht zu zerstören. Als Evelyn ihn anlächelte, begann die weißen Sterne in seinen Augen, sich zubewegen – zumindest wirkte es so. Und kurz, wirklich nur kurz, hatte Vanitas das Gefühl, nicht mehr das arrogante Arschloch zu sein, zu dem er geworden war, sondern Kaede, der schüchterne, lebhafte Junge, den er immer für tot gehalten hatte. Aber Evelyn schaffte es wortwörtlich, das Beste in ihm hervorzubringen.
»Aber, so wunderbar das hier ist, ich bin eigentlich aus einem anderen Grund hier.«
Diesen Moment der Freundlichkeit musste er unbedingt ausnutzen. Jetzt war seine Chance, seinen Plan in die Tat auszunutzen. Bevor sein Gehirn wieder entschied, das es doch besser war, Evelyn schnippische Kommentare an den Kopf zu werfen.
»Ich . . . muss mich bei dir entschuldigen, Evelyn. Es ist meine Schuld, das du auch entführt wurdest. Und dazu habe ich dir nicht geholfen,als sie dich gefoltert haben. Das . . . Das . .«
Evelyn sah ihn erwartungsvoll an und formte mit seinen Lippen die Worte 'tut mir leid'. Unter großer Mühe gab Vanitas sich einen Ruck. »Das tut mir leid«, brachte er heraus und seufzte erleichtert. Endlich hatte er diesen Scheiß hinter sich.
»Muss es nicht«, erwiderte Evelyn lächelnd, was ihm einen verwirrtenBlick einbrachte. »Ich hätte mich auch verteidigen können – aber das habe ich nicht. Ich war zu schwach. Es war also meine Schuld.«
Im ersten Moment war Vanitas einfach nur sprachlos, dann zischte er leise, mit zur Faust geballten Hand: »Willst du wirklich so gerne einen Schlag in die Fresse, Evelyn?«
Überrascht zuckte der Kleinere zusammen. »W-Wieso?«, stotterte er teils verwirrt, teils erschrocken. Der Vampir stieß gereizt die Luft aus. Er hasste es, wenn Andere die Schuld auf sich nahmen, wenn es eindeutig nicht ihre war. Das erinnerte ihn viel zu sehr an sein früheres Ich. Zum Glück war er darüber hinweg.
»Wieso wohl, Idiot?«, knurrte er und holte Luft, dann fuhr er mit bebender Stimmer fort: »Diese Leute waren Profis, vielleicht ausgebildete Auftragsmörder. Natürlich konntest du die nicht besiegen, nicht einmal ich konnte das. Also war es ganz eindeutig nicht deine Schuld!« Eigentlich war es überhaupt nicht sein Stil, sich so aufzuregen, aber gerade konnte er gar nicht anders.
»Nein, waren sie nicht!«, erwiderte Evelyn laut und hielt dann kurz mit großen Augen innen, als ob er erwartete, das sein Herr ihn gleich in zwei Teile schnitt.
»Woher willst du das wissen?«, wollte Vanitas mit verschränkten Armen wissen, was den Anderen einen Schritt zurücktreten lies. Die freundschaftliche Stimmung von vorhin war verschwunden, auf einmal wirkte das Licht der Sterne nicht mehr beruhigend. Im Gegenteil. Die Art, wie es sich in Vanitas' rotenAugen spiegelte, lies den Vampir wie ein Massenmörder aus einem Horrorfilm aussehen.
»I-Ich. . . weiß es natürlich nicht g-genau, aber . . . aber ich vermute e-es einfach«, antwortete Evelyn eingeschüchtert. Mit einem spöttischen Grinsen lehnte Vanitas vor. »Oh, du vermutest es? Wen genau willst du hier gerade verarschen, Evelyn?«
Als der Vampir einen Schritt nach vorne tat, zuckte Evelyn zurück und wäre fast in den Schrank mit den vielen Figuren gestolpert. Vanitas lachte kalt. Wenn es etwas gab, das er mehr hasste als Möchtegern-Helden, dann war es definitiv, wenn jemand versuchte, ihm etwas vorzumachen. Besonders, wenn dieser Jemand behauptet hatte,sein Freund zu sein.
»Kennst du diese Verrückten etwa? Steckt du vielleicht mit ihnen unter einer Decke? Wobei, ein Stück Dreck wie dich würden sie wahrscheinlich sowieso nicht aufnehmen . . .«, vermutete Vanitas provokant und lächelte böse. »Außer sie bräuchten einen Möchtegern-Künstler, der ihre Zimmer in eine ausgelaufenen Farbpalette verwandelt.«
Evelyn sah ihn verletzt an und flüsterte dann: »War es gelogen? Als du gesagt hast, das dir mein Zimmer gefällt?« Wieder lachte der Vampir spöttisch.
»Natürlich.«
Natürlich nicht. Er war wirklich beeindruckt von dem Aufwand, der hinter all dem gesteckt haben musste. Doch Evelyn hatte ihm etwas wahrscheinlich Ausschlaggebendes verschwiegen, ihn mehr oder weniger angelogen. Und das tat weh, mehr als es sollte. Diese Schmerzen sollte Evelyn gefälligst auch fühlen, hatte er verdient.
»Am liebsten würde ich das alles hier abbrennen«, setzte er noch eins drauf und beobachtete zufrieden, wie Evelyn sich klein machte und ihn verkrampft anblickte. »Es ist viel zu bunt. Und wieso hängte man Werbung in sein Zimmer? Das ist unfassbar hässlich. Noch schlimmer sind diese ekelhaften Figuren – wer stellt so etwas schon in sein Zimmer? Wie alt bist du nochmal? Drei? Das würde auch deinen Zeichenkünsten entsprechen. Da bekommt man ja Augenkrebs.«
Mit jedem Wort, das er ausspuckte, schien Evelyn weiter zu schrumpfen, bis er mit Tränen in den Augen und zitternden Hände da stand. Erst jetzt bemerkte Vanitas das Blatt Papier, das der Jüngere in seinen linken Hand hielt – einen Zeichnung von einer schwarzen Rose, die in der Nacht leicht schimmerte. In der unteren Ecke stand ein paar Buchstaben, die wie die eines Erstklässlers aussahen – 'Von Evelyn für Vanitas'.
»Geh raus«, sagte Evelyn leise und zerknüllte das Blatt Papier, als er seine Hand zu einer Faust ballte. »Verschwinde! Du hast kein Recht, das zu sagen! Du hast nicht einmal ein Recht, hier zu sein!«
Als Evelyn ihn so anschrie, wurde ihm endlich klar, was er gerade gesagt hatte. Sein Zorn und die Schmerzen über den angeblichen 'Verrat' waren ihm mal wieder zu Kopf gestiegen – die Wunden, die er gerade aufgerissen hatte, würden nicht einfach so wieder heilen. All sein Selbstbewusstsein verpuffte, zusammen mit der Wut. Er hatte wieder alles ruiniert.
»Evelyn, es tut mir-«
»Nein, tut es nicht, du Lügner! Hat es nie! Dir ist es doch völlig egal, ob du Andere verletzt!«, schrie Evelyn und ging eine Schritt nach vorne, immer noch Tränen in den Augen. »Ich dachte erst, du würdest deine gute Seite einfach nur verstecken – aber jetzt weiß ich es besser! Du hast keine gute Seite! Du bist genau das arrogante, gemeine, respektlose Arschloch, das alle in dir sehen!«
Diesmal war es an Vanitas, zusammen zu zucken. Dann senkte er den Kopf. »Du hast Recht«, flüsterte er und sah Evelyn dann flehentlich an. »Aber diesmal ist es Anders, es tut mir wirklich leid!«
Für eine Sekunde sah es so aus, als ob Evelyn ihm vergeben würde, doch dann wurde sein Blick hart. Er schüttelte den Kopf und lachte kalt. »Nein. Du kannst dich nicht ändern, Vanitas – du bist immer noch das Monster von damals. Du dachtest vielleicht, du könntest es verstecken – aber ich weiß, wer der Vampir war, der vor 6 Jahren ein ganzes Dorf abgeschlachtet hat. Das warst du, Monster!«, zischte der Diener kalt und fixierte ihn dann mit seinem Blick. »Und jetzt verschwinde, bevor du noch alles hier kaputt machst!«
Noch nie hatte es jemand geschafft, ihn so sehr zu verletzen. Ashwins Spotts, Iliés Abscheu, ja, selbst der Hass seiner eigenen Eltern war ihm bis zu einem gewissen Grad egal gewissen. Doch das hier war Anders. Es fühlte sich an, als ob jemand ihm ein Messer in den Bauch gestochen hätte und es langsam und genussvoll drehte. Monster. Das Wort brannte sich in sein Gehirn wie eine Kugel, zerschmetterte alls eine Hoffnungen, sich jemals wieder mit Evelyn zu vertragen. Das war es also, was sein Diener jetzt ihn ihm sah. Ein blutrünstiges Monster. Ein verhasstes Monster, das es auszulöschen galt. Mit zitternden Händen drehte er sich um und stolperte nach draußen. Die Tränen, die Evelyn die Wange herunter liefen, sah er nicht mehr.
Iliés sah von ihrem Handy zu Ayera und dann wieder zur Tür. Der Inhalt des Briefes wollte immer noch nicht so ganz in ihr Gehirn. Eine Drohung mit dem Ziel, Vanitas von der Bildfläche zu holen? Wer würde es wagen, der mächtigsten Menschenfamilie der magischen Welt zu drohen? Und, noch wichtiger, wer wäre in der Lage, sie alle auszulöschen?
Die politische und militärische Macht, über die sie verfügten, war nicht zu unterschätzen, besonders ihre vielen Artefakte machten sie stärker als die meisten Menschen. Sie hatten schon rebellierende Familien niedergeschlagen, Vampir besiegt, die Probleme machten, selbst Zusammenschlüsse aus unzufriedenen Wesen der Nacht hatten sies chnell den Gar ausgemacht. Man konnte die Familie Solares nicht einfach wie eine Fliege zertreten, das war unmöglich. Diese Drohung war lächerlich. Und trotzdem lief es ihr kalt den Rücken runter, als sie zur Tür stolzierte und öffnete.
»Ja?«, fragte sie, obwohl sie schon wusste, wer da leicht zitternd vor ihrem Zimmer stand. »Iliés . . . Ich muss mit dir reden«, flüsterte ihr Vater. An seinem Blick, der immer wieder wie bei einem gejagten Tier von links nach rechts huschte, hätte jeder Blinde erkannt, das es sich um ein heikles Thema handelte. Anstatt Spione abzuwehren, lockte er sie also nur an. Was für ein Amateur.
»Nun. . .«, begann sie kalt, die Tür immer noch in der Hand. »Ich lehne ab, Vater. Ich habe Besseres zu tun.«
»Aber es ist wichtig, Iliés! Wichtiger als du dir jemals vorstellen könntest . . .«, hielt Joyce mit zitternder Stimme dagegen, was sie mit einem genervten Seufzen quittierte. Es war überraschend, das dieser Naivling bis jetzt überhaupt überlebt hatte. Nachdem seineFrau verschwunden war, lag sein Kopf quasi auf dem Silbertablett präsentiert, für jeden, der sich bedienen wollte.
»Ach, tatsächlich? Wichtiger als Elouans Bündnis mit den Vampiren? Wichtiger als die Tatsache, das Vanitas sich über meine Mutter lustig gemacht? Wichtiger als mein Leben, nach dem er ganz eindeutig trachtet?«, schnaubte sie und verschränkte die Arme. Es machte irgendwie Spaß, ihn so zappeln zu lassen. Sonst war sie es immer, die ihn um etwas bitten musste.
»Nein, natürlich nicht! Aber genau darum geht es – um Vanitas. Iliés . .. Es ist- Es ist ein Brief angekommen«, stotterte er, die Augen weit aufgerissen. In diesem Moment sah er mehr den je aus wie der klapprige alte Mann, der er eigentlich war. Wenn sie nur ein Bild machen könnte, dann wäre er seine Position für immer los.
»Einem Brief? Hoffentlich einer, der den Wunsch vermittelt, diese Verlobung aufzuheben«, knurrte sie und fixierte den zitternden Alten vor sich.»Es war von Anfang an klar, dass dieser Vampir nur Schwierigkeiten macht. Was auch immer jetzt also passiert: Es ist deine Schuld, liebster Vater.«
Das Oberhaupt der Solares öffnete den Mund, entdeckte dann aber Ayera, die lässig am Tisch lehnte und verengte misstrauisch die Augen. »Wir können niemandem trauen, Iliés«, zischte er leise. »Auch nicht deiner Leibwächterin. Schick sie weg. Du wirst mit mir reden, ob du willst oder nicht. Wie du schon gesagt hast – Elouan ist ein Verräter. Du bist die Einzige, der ich noch trauen kann.«
Mit einem Winken deutet sie Ayera an, den Raum zu verlassen, dann trat ihr Vater ein und setzte sich hin. Ohne darum gebeten zu werden. Mit einem Lächeln setzte sie sich gegenüber von ihm, neben der Schublade mit dem Besteck. Neben der Schublade mit den Messers. Nur für alle Fälle, natürlich.
»So, jetzt bin ich gespannt. Was für einen Brief haben wir bekommen?«,erkundigte sie sich monoton und stütze sich auf dem Tisch ab. »Doch hoffentlich keine unbezahlten Rechnungen oder Liebesbriefe?«
Joyce schüttelte den Kopf und zog dann ein kleines Zettelchen aus seiner Tasche heraus, das man kaum als Brief bezeichnen konnte. Es hatte nicht Mal einen Umschlag. »Lies ihn«, flüsterte der Mann und hielt ihr den Papierfetzen hin. Sie überflog ihn schnell und hob die Augenbrauen.
»Und?Das ist nicht das erste Mal, das wir eine Drohung bekommen. Niemand wäre in der Lage, uns auszulöschen. Das solltest du am Besten wissen«, merkte Iliés kalt an und legte das Papier offen hin. Ihr Vater erstarrte, schnappte die Drohung und versteckte sie schnell in seiner Tasche.
»Ja, ich weiß. Aber . . . Iliés . . . Iliés, sie haben noch etwas geschickt. Mit dem Brief zusammen.«
Diesmal war es Iliés, die erstarrte. Das hatte Azami ihr nicht gesagt. Konnte sie der Assassine etwas doch nicht vertrauen?
»Es war an einem anderen Ort, doch mit der gleichen Handschrift unterschrieben. Iliés . . . Willst du wirklich wissen, was es war?«
Für einen Moment brachte seine plötzlich ernste Stimme sie aus dem Konzept. Dann fing sie sich und nickte. Bei dem leeren Ausdruck, died ie Augen ihres Vaters plötzlich annahmen, stieg ein mulmiges Gefühl in ihr auf.
»In der Toilette, schon halb heruntergespült, lag ein Kopf. Der Kopf deiner Mutter. Versehen mit dem Siegel der Familie Lunares.«
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