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v - züge und kälte

»Ach komm, ein bisschen Spaß kannst du dir schon gönnen, Iliés. Bitte!«

Die junge Frau verdrehte die Augen und seufzte dann ergeben. Ayera nervte sie jetzt seit mindestens 20 Minuten damit, dass sie mit ihr auf eine Disco gehen sollte. Und das nur, damit sie ihren tollen, neuen Freund kennenlernen konnte. Als ob sie gerade nicht genug Anderes zu tun hatte.

»Meinetwegen. Aber nur eine Stunde«, willigte sie ein, was Ayera ein zufriedenes Grinsen entlockte. »Klar, nur eine Stunde. Keine Minute mehr, Miss Ich-habe-so-unfassbar-viel-zu-tun.«

Erneut verdrehte Iliés die Augen und betrachtete dann kritisch den Aufzug ihrer Freundin. Übertriebenes Make-Up, schwarzer Lippenstift, ein eng anliegendes, kurzes Kleid . . . Nein, so würde sie sich ganz sicher nicht anziehen.

»So muss ich mich aber nicht anziehen, oder?«, erkundigte sie sich, die Nase rümpfend. Ihr war es ein Rätsel, wie man freiwillig etwas so hinderliches anziehen konnte. War man darin überhaupt noch in der Lage, sich zu bewegen?

Und dann diese Schuhe mit riesigen Absätzen. Darin konnte man doch gar nicht laufen, oder? Und was machte man eigentlich, wenn die Absätze abbrachen? Iliés sah an sich herunter und schwor sich im Stillen, das sie sich niemals so anziehen würde. Nur über ihre Leiche.

»Nein, musst du nicht, aber . . .« Ayera betrachtete sie mit zusammengekniffenen Augen und grinste dann breit. »Aber es würde dir stehen. Vielleicht findest du dann auch endlich deine große Liebe, wer weiß?«

Sie stand kurz davor, Ayera zu sagen, dass sie ihre große Liebe schon längst gefunden hatte, hielt sich dann aber doch noch einmal zurück. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. Irgendwann würde sie so weit sein. Aber nicht jetzt.

»Nein, danke. Ich brauche kein Schoßhündchen. Außerdem bin ich doch schon verheiratet, schon vergessen?«

Als Ayera laut lachte, besserte sich auch ihre Laune langsam. In der Gegenwart ihrer besten Freundin gelang es ihr langsam, Vanitas und die Probleme, die er mit sich brachte, zu vergessen. Vielleicht hatte Ayera Recht – ein bisschen Spaß konnte nie schaden.

»Aber wenn du meinst. Ausnahmsweise wäre ich bereit, mich einer Disco entsprechend anzuziehen. Aber keine High-Heels!«

Die Augen der Leibwächterin begannen vor Vorfreude zu funkeln. Sie schnappte sich Iliés' Hand und zog sie zum Kleiderschrank, drückte ihr drei verschiedene Kleider in die Hand. Anscheinend war sie schon vorbereitet gewesen.

»Du weißt nicht, worauf du dich eingelassen hast, Iliés! Du wirst dich im Spiegel nicht wiedererkennen!«

So ausgesprochen klang das eher wie eine Drohung, aber jetzt war es leider zu spät für einen Rückzieher. Soviel also zu ihrem Schwur, sich niemals so anzuziehen.

»Jetzt bin ich aber gespannt«, murmelte sie in Ayeras Richtung, dann verschwand sie im Badezimmer. Alle drei Kleider waren gleich schrecklich, Ayera zu Liebe probierte sie jedoch trotzdem alle aus und präsentierte sie brav, hörte sich die Kommentare ihrer Freundinan und befolgte ihre Anweisungen. Nach ungefähr zehn Minuten hatte sie jedes der Kleidungsstücke dreimal angehabt und entschied sich schlussendlich für das Rote. Doch leider war damit erst der Anfang geschafft, stellte sie kurze Zeit später fest.

»Nicht bewegen, Iliés!«, befahl Ayera und trug weiter das Make-Up auf, mit einem Gesichtsausdruck, der einem Chirurg beim Operieren glich. Eins musste man ihr lassen – sie verstand ihr Handwerk. Als Iliés sich kurz darauf im Spiegel ansah, erkannte sie sich selbst wirklich nicht mehr.

»So, jetzt fehlen nur noch die Accessoires!«, verkündete Ayera voller Eifer und öffnete eine Schublade, in der sich ein immenser Haufen an Goldschmuck befand. Sie überlegte kurz, zog dann einen schwere Halskette ohne Anhänger und ein paar andere Dinge heraus. Iliés ,die es mittlerweile aufgegeben hatte, sich zu beschweren, zog alles an und sah ihre Freundin dann ängstlich an.

»Das war's aber, oder?«

Ayera brach in schallendes Gelächter aus und verzog ihr Gesicht dann zu einem teuflischen Grinsen. »Man könnte noch deine Frisur etwas upgraden, dir die perfekten Schuhe aussuchen . . .«

Die Braunhaarige wurde blass und schüttelte hektisch den Kopf. »Nein, bitte verschone mich!«, bettelte sie und stand dann von dem Stuhl auf, der sie bei ihren Qualen begleitet hatte. »Ich bin schon sehr zufrieden mit meiner Frisur und meinen Schuhen!«

Ihre Begleiterin hörte gar nicht mehr auf zu lachen, im Gegenteil. Sie stütze sich bereits an der Wand ab, Tränen in den Augen. »Ja, ja, schon gut, beruhige dich«, prustete sie und wischte sich die Tränen aus den Augen. Beinah wäre ihr Make-Up verlaufen, auf wunderhafte Weise hatte sie das jedoch verhindert.

»Wir müssen jetzt eh los, sonst verpassen wir die Bahn«, stellte sie fest, grinste Iliés an und hakte sich bei ihr unter. »Und das wäre ja wirklich dramatisch, wo du Bahnen doch so liebst.«

Allein bei der Vorstellung, in eine dieser überfüllten, stinkenden Fahrzeuge zu steigen, wurde ihr leicht übel. Sie blickte Ayera gequält an, während sie ihren Mantel überzog.

»Ja, ich freue ich mich schon. Die Bahnfahrt wird bestimmt das Beste am ganzen Abend.«

Wieder kicherte die Leibwächterin und hielt ihrer Begleiterin dann mit einer angedeuteten Verbeugung die Tür auf. »Willkommen in der modernen Welt, Iliés. Man kann halt nicht immer mit einer Kutsche fahren.«

Wenige Minuten später standen die Beiden an der Haltestelle und warteten, die Bahn kam in drei Minuten. Oder auch in sechs, wenn man mit den üblichen Verspätungen rechnete.

»Ich wette, die Bahn kommt Mal wieder zu spät«, sprach Iliés ihre Gedanken laut aus, die Anzeige mit den Fahrzeiten kritisch betrachtend. Ayera lachte leise. »Du bist doch gar nicht oft genug hier, um 'Mal wieder' zu sagen.«

Da hatte sie allerdings Recht, das musste Iliés zugeben. Sie und öffentliche Verkehrsmittel waren einfach keine Freunde, und das würde sich so schnell auch nicht ändern. Wer würde schon mit einem überfüllten Zug fahren, wenn er auch eine leere Kutsche haben konnte?

»Außerdem kommt die Bahn nicht immer zu spät. Einmal war sie sogar eine Minute zu früh!«, verteidigte Ayera ihre liebsten Fortbewegungsmittel und lenkte dann vom Thema Bahnen ab. »Aber Busse kommen immer zu spät. Ich hasse Busse.«

Iliés konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, als sie Ayeras angewiderten Gesichtsausdruck bemerkte. So wie jedes Mal, wenn das Thema zu Bussen wechselte.

»Ja, Busse sind noch schlimmer, das muss ich zugeben. Die sind sogar noch enger und voller als Bahnen.«

Voller Überzeugung nickte die Leibwächtern. »Außerdem wird mir immer übel, wenn ich Bus fahre, weil dieses Ding so wackelt. Und die Busfahrer sind immer so unfreundlich, das ich am liebsten direkt wieder aussteigen oder ihnen eine reinhauen würde.«

Bei der Vorstellung, wie Ayera in den Bus stieg, dem Busfahrer kommentarlos ins Gesicht schlug und dann wieder ausstieg, musste Iliés erneut kichern. Die Gesichter der Mitfahrer wären bestimmt erste Klasse.

»Ja, da hast du definitiv recht. Obwohl ich Züge nicht mag, würde ich freiwillig in einen steigen, wenn ich mich so vor einer Busfahrt retten kann.«

Ayera machte einen gespielt überraschten Gesichtsausdruck und stieß geschockte die Luft aus. »Oha. Das ist jetzt aber wirklich eine Kriegserklärung an alle Busse der Welt.«

Neben den Beiden ertönte ein lautes Quietschen, dann kam die gelbe Straßenbahn langsam zum Stehen. Ayera ging fröhlich auf die Türen zu und grinste Iliés breit an. »Und da ist auch schon unser Kampffahrzeug. Kommst du?«

Mit einem Augenverdrehen folgte die junge Frau ihrer Freundin, lies sich neben sie fallen und starrte konzentriert die weiße Decke an. Als die Bahn sich ruckartig in Bewegung setzte, kämpfte sie so gut es ging gegen die Übelkeit an. Ayeras Lächeln war mittlerweile beinah mitleidig geworden.

»Du darfst auf keine Fall Vanitas verraten, das du nicht mit Zügen zurechtkommst. Sonst sperrt er dich irgendwann in einem ein und lässt dich 24 Stunden lang im Kreis fahren.«

Iliés schnaubte belustigt. »Als ob dieses Arschloch in der Lage wäre, mich auch nur einen Minute irgendwo festzuhalten«, spottete sie und verschränkte verkrampft die Arme, um ihren innerlichen Kampf gegen den Spuckreiz zu verstecken.

»Arschloch? So ein Wort aus deinem Mund zu hören überrascht sogar mich. Du magst ihn wirklich nicht, oder?«, stellte Ayera amüsiert fest, ihre Augenbrauen waren leicht gehoben. In diesem Punkt konnte Iliés ihrer Begleiterin voll und ganz zustimmen. Sie mochte dieses Stück Dreck von einem Vampir wirklich nicht.

»Pfff, als ob irgendjemand den mögen würde. Sogar sein eigener Vater hasst ihn«, erwiderte Iliés mit hasserfüllter Stimme, sie spuckte die Worte nur so aus. An Vanitas zu denken, sorgte sofort dafür, das ihr Puls anstieg. Sie hasste wirklich alles an dem Kerl. Sein Tod würde kein Verlust für die Welt werden.

»Ich weiß. Ich mag ihn auch nicht. Der ist arroganter als Elouan und respektloser als ich und du zusammen.«

Kurz war die junge Dame zwischen Lachen und Nicken hin und her gerissen, dann lachte sie leise, während sie nickte. »Ja. Und respektloser als du zu sein ist schon eine Leistung.«

»Findest du? Ich bin doch voller Respekt und Hingabe, Miss Solares«, witzelte Ayera und rutschte vor ihrer Herrin auf die Knie. »Ich bin bereit, Ihnen zu dienen, oh allmächtige, gottgleiche Meisterin. Bitte geben Sie mir einen Ihrer wohlklingenden Befehle, damit ich ihn voller Liebe und Bewunderung ausführen kann.«

Die Dunkelhäutige verdrehte die Augen, ihre Augen schimmerten jedoch belustigt. »Ach komm, du übertreibst. So schlimm ist keiner meiner Angestellten«, rechtfertigte Iliés sich und fügte dann hinzu: »Und setzt dich gefälligst wieder auf deinen Platz. Sonst denken die Leute hier noch, du machst mir einen Antrag.«

Bei diesen Worten nahm Iliés ein leichtes Kribbeln in ihrem Bauch wahr. Sie hätte nichts dagegen, Ayera zu heiraten, auch wenn allein die Vorstellung dafür sorgte, das sie etwas rot wurde. Hoffentlich bemerkte Ayera das nicht.

»Stimmt, die sind noch schlimmer. Hast du Mal gesehen, wie manche von denen dich anstarren? Die denken, du bist einen Göttin oder sowas!«

Iliés wollte gerade etwas erwidern, als ihre Nebensitzerin plötzlich aufsprang und sie mit sich zog. Etwas verdattert stolperte die braunhaarige Frau ihr hinterher. Gerade noch rechtzeitig zwängten sie sich durch die Tür und standen endlich wieder draußen, an der frischen Luft.

»Bin ich ja auch«, griff Iliés das Gespräch von drinnen wieder auf und strich dich divenartig die Haare hinter die Ohren, ein möglichst eitles Lächeln im Gesicht. Ayera lachte und verbeugte sich. »Natürlich, Meisterin. Und ich bin nur ein armer, hoffnungslos verlorener Sterblicher, der sich in Eurer Großartigkeit sonnt.«

Immer noch voll in ihrer Rolle nickte die angebliche Göttin, hielt ihrer Untergebenen einen Arm hin und hob den Kopf. »Genau. Und deswegen ist ja auch eine große Ehre, das ich, die allmächtige Göttin Iliés, einen schwachen Sterblichen wie dich begleite.«

Während sie sich einhakte, lachte die Sterbliche immer noch und ging dann in Richtung Disco, zusammen mit ihrer Göttin. Wenn man sie so reden und lachen hörte, könnte man beinah denken, sie wären ein Paar, stellte Iliés glücklich fest.

Vanitas musste seine Zähne ziemlich fest zusammenbeißen, um seine Schmerzen vor Evelyn zu verstecken. Mittlerweile hatte seine Schulter den schlimmsten Teil des Regenerationsprozess erreicht, den Teil, den er am liebsten schlafend verbracht hätte. Aber dank diesem Clown war es jetzt anders gekommen.

Der Diener blickte immer wieder zu Vanitas rüber - wahrscheinlich um zu gucken, ob er noch da war – wand den Blick aber gleich wieder hektisch ab, sobald der Vampir seinen Blick erwiderte. Nachdem sich dieses Spiel ein paar Mal wiederholt hatte, seufzte Vanitas genervt.

»Was? Glaubst du, ich steche dich ab, oder warum drehst du dich die ganze Zeit um?«, knurrte er und fügte dann kalt hinzu: »Falls ja: Wenn ich dich hätte umbringen wollen, hätte ich es im Garten getan. Dann wäre von dir jetzt nur noch eine kalte, blutverschmierte Leiche übrig.«

Eigentlich war der letzte Kommentar dazu gedacht, die Nervensäge abzuschrecken, doch leider bewirkte es eher das Gegenteil. Der Kleinere schien sich so darüber zu freuen, das sein neuer Herr überhaupt mit ihm sprach, das er sich zurückfallen lies und neben Vanitas her schlenderte. Das genau dieser Herr ihm gerade indirekt gedroht hatte, schien ihn völlig kalt zu lassen.

»Wirklich? Wäre meine Leiche echt schon kalt?«, fragte Evelyn mit großen Augen, bevor er die Stirn nachdenklich in Falten legte. »Ich glaube ja, das sie noch ein bisschen warm wäre. Schließlich scheint die Sonne!«

Vanitas lief bewusst etwas langsamer, um wieder Abstand zwischen sich und den Fremden zu bringen, dieser passte sein Gehtempo jedoch perfekt an. Hätte er doch bloß nie etwas gesagt.

»Vielleicht hätte ich dich ja auch zerstückelt und in einem Gefrierfach verteilt, dann wären deine Überreste definitiv schon kalt«, erwiderte er so emotionslos wie möglich. Der Andere durfte auf keinen Fall merken, wie befreiend er es fand, endlich wieder mit jemandem zureden, der ihn nicht am liebsten umbringen würde.

»Also hat Miss Solares dich schon herumgeführt und dir die Küche gezeigt?«, vermutete Evelyn enttäuscht und blieb dann verwirrt stehen. »Warum weißt du dann nicht, wo dein Zimmer ist?«

Wenn das ein Scherz gewesen wäre, hätte Vanitas jetzt vielleicht spöttisch gelacht – nur leider schien es das nicht zu sein. Der Typ starrte ihn mit verwirrten, ehrlichen Augen an und strich sich unsicher einen Strähne hinter die Ohren, er schien das ernst zu meinen. Der Vampir stieß ein ungläubiges Schnauben aus.

»Das war ein Scherz, nur zu deiner Information. Nein, sie hat mich nicht rumgeführt. Und ich habe auch nicht vor, sie darum zu bitten, ich erkunde-«

»Dann kann ich Sie ja herumführen!«, unterbrach der Diener seinen Herren mit leuchtenden Augen, hielt sich aber gleich darauf die Hände vor den Mund. »Es tut mir leid, Herr Lunares! Ich hätte Sie nicht unterbrechen dürfen!«

Vanitas hatte die letzten Jahre seines Lebens unter Vampiren verbracht, die alles daran gesetzt hatten, ihn fertig zu machen. Niemand hatte es je geschafft, seine Fassade zu durchbrechen – bis jetzt. Um den Typen zu beschreiben, müsste man eine Steigerung des Wortes 'nervig' erfinden.

»Kannst du mir bitte einfach mein Zimmer zeigen?!«, zischte er ungeduldig und funkelte den Kleineren böse an. Letzterer zuckte zusammen und nickte kleinlaut, dann schlich er mit gesenktem Kopf voraus. Für einen Moment hatte Vanitas ein schlechtes Gewissen, dann wurde dieses von einer neuen Schmerzenswelle abgelöst.

Die Wand verschwamm vor seinen Augen, während er sich den Gang entlangschleppte, die Farben vermischten sich auf eine seltsam schöne Weise. Als sich dann auch noch ein paar weiße Funken dazu gesellten und zu tanzen begann, blieb er leise keuchend stehen. Seine Handsuchte verzweifelt nach der Wand, nach irgendetwas greifbaren, fand jedoch nichts. Noch während er einen verzweifelten Schritt machte, um die Wand zu erreichen, verweigerten seine Beine den Dienst und knickten ein. Er fiel. Bis seine Hände doch etwas zum festhalten fanden.

»Herr Lunares, geht es Ihnen gut?«, ertönte eine besorgte Stimme, irgendwo direkt vor ihm. Zuordnen konnte er sie nicht, alles klang viel zu weit weg. Vielleicht war es ja der seltsame Fremde, den er im Garten getroffen hatte? Oder Iliés, die plötzlich aus einer der vielen Türen gekommen war?

Obwohl irgendjemand verhinderte, das er endgültig auf den Boden fiel, zitterte sein ganzer Körper immer noch. Eigentlich befand er sich doch in einem Gebäude . . . Warum war es hier dann so eiskalt? Und woher kam dieses plötzliches Bedürfnis, Blut zu trinken? Hatte er wirklich so viel verloren?

»Ich bringe Euch wieder ins Krankenzimmer, okay?«, redete die fremde Stimme weiter, die nächsten Worte verstand Vanitas nicht mehr. Anstatt Worten hörte er nur ein unverständliches Rauschen, als ob seine Verbindung zur Außenwelt abgebrochen wäre.

Umso weiter er geschleift wurde, umso schwerer viel es ihm, einen klaren Gedanken zu fassen. Er starrte einfach nur auf den Boden, lauschte seinem eigenen Atem. Dieses gequälte Keuchen klang zwar alles andere als erhaben, aber es gab ihm Halt, zeigte ihm, das er noch lebte. Solange er atmete, war alles okay.

Doch plötzlich drang ein Geruch an seine Nase, den er jetzt lieber nicht gerochen hätte. Blut. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen. Er hatte Hunger, solchen Hunger . . . Er brauchte Blut, und zwar jetzt. Alles andere war egal.

Bevor er weiter nachdenken konnte, setzte sich sein Körper in Bewegung. In seinem Kopf drehte sich alles nur noch um Blut, die Schmerzen waren egal. Aus diesem Grund war es auch kein Problem, die Person neben ihm wegzustoßen und der Geruchsfahne zu folgen.

Der Boden unter ihm verschwand, stattdessen starrte ihm jetzt eine lächelnde Frau ins Gesicht. Wer war sie nochmal? Er hatte das Gefühl, das er sie lieber in Ruhe lassen sollte . . . Aber das war eigentlich egal. Alles, was zählte, war das Blut, das ihren Arm herunter lief.

»Stopp!«

Sein Körper stoppte. Das Blut war so nah . . . Und doch konnte er es nicht erreichen. Irgendjemand hielt ihn fest. Und dieser jemand war so stark, das der Vampir ihn in seinem gegenwärtigen Zustand nicht abschütteln konnte.

Sein Sichtfeld füllte sich langsam mit schwarzem Nebel, während er nachhinten gezogen wurde. Immer weiter weg von der lebensnotwendigen Flüssigkeit, die er so sehr brauchte.

Das war es also. So würde er sterben. Vielleicht hatte Iliés das ja alles so geplant – erste ein Anschlag, bei dem er Blut verlor, dann seine Flucht, bei der alle Wunden wieder aufgerissen waren, und jetzt die Unfähigkeit, sich selbst vor dem Austrocknen zu retten. Ashwin würde bei der Beerdigung sicher vor Freude weinen.

»Nicht aufgeben, Herr Lunares. Sie- Sie können mein Blut trinken.«

Die Worte klangen in seinen Ohren erstaunlich klar, wo doch alles andere ein einem lauten, eindringlichen Rauschen unterging. Und trotzdem verstand er nicht, was der Sprechende von ihm wollte. Alles, was er wahrnahm, war das Wort 'Blut'. Er brauchte Blut.

Und genau in diesem Moment bekam er es endlich. Direkt vor seinen Augentropfte ein roter Tropfen auf den Boden, dann verschwand die Kraft, die ihn festhielt. Der Vampir schoss nach vorne und rammte seine Zähne in den Arm, der vor seinen Augen schwebte. Endlich.

Die Kälte verschwand langsam, zusammen mit dem Hunger. Trotzdem hörte er nicht auf, bis sich sein Gehirn langsam wieder einschaltete. Es war lange her, das er Blut direkt aus dem Körper eines anderen Lebewesens getrunken hatte, sehr lange. Eigentlich war das sogar verboten – aber mit etwas Glück konnte er das den Solares Anhängen, schließlich hatte sie ihm trotz großem Verlust kein neues Blut zugeführt.

Erst, als seine Blutquelle plötzlich nach unten gerissen wurde, hörte Vanitas auf, zu trinken. Sein Ärmel färbte sich in einem wunderschönen rot, als er sich den Mund abwischte und aufrichtete.

Sein Kopf schmerzte zwar immer noch etwas, doch alle anderen Körperteile des Vampirs funktionierten wieder hervorragend. Und so staunte er nicht schlecht, als er ein ängstliches Dienstmädchen, die beiden Solares-Zwillinge und das Oberhaupt persönlich entdeckte, die ihm gegenüber standen. Er hob die Hand und winkte, ein warmes Lächeln auf den Lippen.

»Hallöchen, Herr Solares. Habe ich was im Gesicht? Oder bewundern Sie einfach meine Großartigkeit?«

Aus dem Augenwinkel bemerkte er außerdem noch eine weitere Person, die jedoch nur reglos am Boden lag und sonst nicht weiter interessant wirkte. Wahrscheinlich war das das Opfer, das freiwillig sein Blut hergegeben hatte . . . Wieso auch immer.

»Nein. Wir versuchen nur zu begreifen, was Sie glauben lässt, das Sie einfach unsere Angestellten angreifen dürfen«, antwortet Elouan für seinen Vater. Am Arm des Dienstmädchens befand sich etwas getrocknetes Blut, frisch getrocknetes Blut. Vanitas' Gesichtszüge verhärteten sich. Dahinter steckte sicher Iliés. Erst hungerte sie ihn aus, dann opferte sie eins ihrer Dienstmädchen, um ihn mit Blut zu verführen und beschuldigte ihn dann eines Mordanschlages. Gar nicht Mal so schlecht, das musste er zugeben.

»Oh, ich weiß nicht. Wahrscheinlich dasselbe, was euch glauben lässt, das ihr mich einfach so aushungern und dann mithilfe einer Anzeige loswerden könnt«, spottete er und kniete sich dann neben den Typ, der ihn mehr oder weniger gerettet hatte.

Genau wie er schon vermutet hatte, handelte es sich um den Jungen, den er im Garten getroffen hatte. Aber wieso hatte er das getan? Und wieso hatte sein Blut so . . . anders geschmeckt?

Ohne Elouan und seine Verwandten anzusehen, packte er seinen Retter und zog ihn hinter sich her, in Richtung des Zimmers, das laut Letzterem ihm gehörte. »Und abgesehen davon ist der hier mein Diener, also kann ich mit ihm machen, was ich will, nicht wahr?«

Die Gesichter der Menschen waren wirklich legendär, beinah so toll wie bei er Türsteher-Sache. Vanitas grinste zufrieden. Schon an seinem ersten Tag hatte er sich so unbeliebt gemacht, das ihm sicher niemals langweilig werden würde.


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