iii - tanzschritte und kutschen
»Kann ich ihn bitte umbringen, Iliés?«
Die junge Frau seufzte genervt und schüttelte den Kopf. Ayera fragte sie das jetzt ungefähr zum fünften Mal, und obwohl es natürlich gut gemeint war, war es langsam einfach nur noch nervig.
Natürlich hätte sie ihrer Leibwächterin sofort die Erlaubnis gegeben, wenn sie die Befugnis dazu hätte – aber die hatte sie nicht. Deswegen würde sie einen anderen Weg finden müssen, den Vampir aus dem Weg zu räumen, denn spätestens jetzt war sie davon überzeugt, dass Vanitas den Tod verdiente.
»Das ist unfair. Ich will nur meinen Job machen und dieses Arschloch aus dem Weg räumen. Der ist schließlich ganz eindeutig eine Gefahr für dich!«, maulte Ayera. Nach dem Angriff ihres Verlobten hatte sie ihre Freundin gerade noch davon anhalten können, direkt auf Vanitas loszugehen – das hätte nur zu Problemen geführt. Probleme, die sie nicht gebrauchen konnte.
Zu Ayera's Verteidigung musste man jedoch auch sagen, das sie nicht wissen konnte, das Iliés bereits ihre Pläne. Sie hatte zwar vorgehabt, ihre Leibwächterin einzuweihen, im Trubel des hektischen Aufbruchs zur Hochzeit hatte sie das dann aber doch vergessen.
»Ich würde ihn auch liebend gerne umbringen, Ayera. Aber aktuell ist das leider einfach nicht möglich.«
Ayera seufzte ergeben und nickte dann. »Ich verstehe schon. Der Typ regt mich aber trotzdem auf!«
Als ihre Freundin ihr Gesicht zu einer bösen Grimasse verzog, konnte Iliés einfach nicht anders, als in leises Gelächter auszubrechen. Ohne ihre Leibwächterin wäre ihr Leben sicher sehr langweilig –oder, um es anders zu formulieren, ihr Leben hätte simple gesagt keinen Sinn.
»Hoffentlich haben die Vampire ihm eine ordentliche Standpauke gehalten!«, fügte Ayera hinzu, jetzt mit einem schadenfrohem Grinsen. »Das sein eigener Vater ihm dem Arm gebrochen hat, ist schonmal ein gutes Zeichen!«
Bei einem Menschen wäre das sicher ein sehr harte Strafe gewesen, bei einem Vampir war das jedoch zu bezweifeln. Vanitas' Arm war wahrscheinlich jetzt schon wieder verheilt, wenn auch unter großen Schmerzen.
»Ich muss nachher wahrscheinlich noch mit ihm tanzen, leider. Deshalb können sie nicht viel weiter gehen, denke ich«, überlegte Iliés, während sie zu den tiefroten Vorhängen blickte. Hinter diesen zwei Seide-Wänden waren die Oberhäupter der Vampire und der Menschen gerade dabei, über das weiter Vorgehen zu verhandeln. Wen ner gerade wirklich schlechte Laune hatte, könnte ihr Vater die Heirat sogar ganz abblasen – auch wenn das einer Kriegserklärung gleichkommen würde.
Nicht nur deshalb war es ziemlich wahrscheinlich, das Vanitas noch einmal ungeschoren davon kommen und die Party wie geplant weitergehen würde. Leider. Iliés hätte gerne die Foltermethoden der Vampire gesehen, mit denen sie ihre Artgenosse bestraften. Besonders, wenn das Opfer ihr liebenswerter Verlobter gewesen wäre.
»Echt? Mein Beileid.« Ayera sah ebenfalls zu den Vorhängen und lächelte dann zufrieden. »Ich habe schon einen anderen Tanzpartner gefunden.«
Obwohl sie versuchte, es zu unterdrücken, versetzten Ayeras Worte Iliés einen Stich ins Herzen. Wie gerne würde sie mit Ayera tanzen, nicht mit diesem Vampir. Allein bei der Vorstellung färbten sich ihre Wangen leicht rot. Hoffentlich sah man das in dem schummrigen Licht nicht.
»Oh, das freut mich aber für dich«, log die junge Frau mit einem warmen Lächeln. Sie stellte sich einfach vor, das dieser anderer Tanzpartner sie selbst war, dann hoben sich ihre Mundwinkel und vervollständigten die Maske.
»Mich freut es auch«, erwiderte die Leibwächterin begeistert, das übertrieben breite Lächeln wollte gar nicht mehr aus ihrem Gesicht verschwinden. Schon jetzt wünschte Iliés dem Ursprung dieses Lächelns, dem neue Tanzpartner, mehr als nur einen schmerzhaften Tod.
»Miss Solares? Die Entscheidung ist gefällt. Das Fest wird wie geplant weitergehen, als nächstes werden Sie also mit dem Vampir tanzen müssen.«
Kurz spielte die junge Frau mit dem Gedanken, sich einfach zu weigern. Sie wäre nicht diejenige, die dafür Ärger kriegen würde, nein, im Gegenteil. Mit einer Weigerung würde sie Vanitas nur noch mehr Probleme machen, als er sowieso schon hatte.
»Was werden Sie eigentlich tun, wenn-« Sie brach ihren Satz in der Mitte ab. Wenn sie sich jetzt weigerte, würde sie das ganze nur herauszögern und dazu auch noch ihren Ruf verschlechtern. Nein, das konnte sie sich beim besten Willen nicht leisten.
»Wenn der Vampir mich ein weiteres Mal angreift?«
Die Gesichtszüge ihres Gegenübers verhärteten sich, während Ayera das kleine Messer in ihrem Kleid unauffällig wieder an seinen Platz rückte. »Dann werden wir ihn töten. Sie müssen sich keine Sorgen machen.«
»Noch eine letzte Warnung, Vanitas: Noch eine solche Aktion, und du wirst öffentlich hingerichtet.«
Das waren doch sicher die Worte, die man von seinem Vater hören wollte, wenn man gerade gegen seinen Willen mit einer arroganten Menschenfrau verheiratet wurde. Zuckersüße Abschiedsworte, wirklich. Vor Liebe und Zuneigung nur so triefend.
Das Ganze war so lächerlich, Vanitas stand kurz davor, in lautes Gelächter auszubrechen. Sein Vater tat so, als ob er nur verhandelt hätte, um seinen Sohn zu retten. Doch alles was ihm am Herzen lag, war diese verdammte Heirat.
»Ich freu mich schon«, antwortete er mit eine frechen Grinsen, dann verschränkte er locker die Arme hinterm Kopf und schlenderte zu Iliés rüber, die gerade hinter dem roten Vorhang hervorgetreten war. Es wäre eine Lüge, wenn er behaupten würde, er würde die viele Aufmerksamkeit nicht genießen.
»Und, wie geht es deiner Wunde, Miss Iliés?«, fragte er spöttisch, das Grinsen von vorhin immer noch im Gesicht. Das Getuschel im Ballsaal verstummte, als ob die Show gerade losgehen würde.
»Ganz hervorragend«, antwortete die junge Dame kalt. Die zwei blauen Flecke an ihrem Hals sahen zwar alles andere als gut aus – aber das war Vanitas so ziemlich egal. Sollte sie doch an ihren Schmerzen verrecken.
»Das freut mich natürlich sehr. Dürfte ich Sie dann um einen Tanz bitten?«
Das Getuschel wurde wieder lauter. Die Show war wohl langweilig, jetzt, wo alles nach Drehbuch verlief.
»Wenn es sein muss.«
Als er ihren anwiderten Blick bemerkte, konnte er sich ein leises Kichern nicht verkneifen. Er hatte ja schon viele angewiderte Gesichtsausdrücke gesehen, aber diese war besonders wunderbar.
»Was? Habe ich was im Gesicht?«
Noch während er auf einen Antwort wartete, packte Iliés plötzlich seine Hände und zog ihn nach vorne, in eine Tanzhaltung. Es war nicht so, dass er noch nie getanzt hatte – er hatte sogar Tanz-Unterrichtgehabt -, aber die Selbstsicherheit, die sie ausstrahlte, lies ihn unsicher werden. Dann begann die Musik.
»Dann zeig mir Mal deine Tanzkünste, Vampir.«
Wenn dieser Tanz ein Sturm wäre, dann wäre Vanitas ein hilfloses Blatt, dass war ihm schon im ersten Moment klar. Jede Bewegungen der Menschenfrau strotzte nur so von Eleganz und Präzession, er selbst wirkte dagegen wie ein rostiger Roboter. Kurz um – es war eine Katastrophe.
Jeden seiner Versuche, sie aus dem Gleichgewicht zu bringen, balancierte sie mit Bravour aus, und ließ ihn dann unsicher vor sich herstolpern. Sie spielte mit ihm, wie eine Puppenspielerin mit ihren Puppen. Und obwohl er es niemals laut sagen würde, musste er zugeben, das sie ihm um Meilen überlegen war.
Umso schneller die Musik wurde, umso schneller drehten sie sich, umso schwindliger wurde Vanitas. Hätte er noch die Kontrolle über seine Bewegungen gehabt, hätte er spätestens jetzt gestoppt – doch Iliés schien noch lange nicht fertig zu sein. Dem Vampir lief ein Schweißtropfen die Stirn runter.
Die Zeit hatte er schon lange aus den Augen verloren, für ihn fühlte es sich an, als würden diese Torturen noch ewig anhalten. Seine Beine wurden langsam schwach – Ausdauer war nie eine seiner Stärkegewesen. Und als er zu Iliés blickte, bemerkte er, das sie ihre Augen geschlossen hatte.
»Genau wie ich erwartet hatte. Enttäuschend.«
Endlich war es vorbei. Die Bewegungen stoppten, zumindest sollten sie das –doch die Welt drehte sich einfach weiter. Vanitas stolperte zur Wand und stütze sich leise keuchend ab. Tanzen war definitiv nicht sein Ding.
»Oh, wo ist denn dein arrogantes Grinsen hin, mein Lieber? Hat dich dieser kleiner Tanz wirklich so gefordert?«
Wenn das hier ein 'kleiner' Tanz gewesen war, blieb nur zu hoffen, dass er niemals wieder mit Iliés tanzen musste. Das würde er garantiert nicht überstehen. Oder sie würde es nicht überstehen, wenn er die Beherrschung verlor.
»Nein-«, brachte er zwischen zwei abgehackten Atemzügen heraus und beendete seinen Satz so gut es ging: »Nein, das war kein Problem.«
Iliés lachte kalt und musterte ihn. »Du bist erbärmlich, Vampir.«
Normalerweise hätte er definitiv etwas erwidert, doch gerade fehlten ihm a) die Luft dafür und b) die Ideen. Also beschränkte er sich darauf, weiter nach Luft zu schnappen und sich dann langsam wieder gerade hinzustellen. Iliés schien das Interesse verloren zu haben, denn sie war schon wieder in der Menschenmenge verschwunden. Das Letzte, was sie von sich gab, war ein Kurzes »Ich erwarte dich in zehn Minuten vor dem Haupteingang«.
Vanitas seufzte erleichtert, nachdem er seine Atmung wieder halbwegs unter Kontrolle gebracht hatte. Das Tanzen hatte er also überstanden. Jetzt fehlte nur noch die erste Begegnung mit der ganzen Familie Solares, dann war das Schlimmste erstmal vorbei.
»Auf Nicht-Wiedersehen, kleiner, dummer Vanitas!«
Der Vampir ging nicht auf die Beleidigung seines Bruders ein und winkte mit einem aufgesetzten Lächeln. Ein richtiger Abschied wäre aber auch zu viel verlangt gewesen.
»Dürfte ich dich fragen, was du deiner Familie getan hast, dass sie dich so sehr hasst?«
Vanitas drehte sich langsam um und starrte den blondhaarigen Jungen, der ihn angesprochen hatte, für ein paar Sekunden an. Dann entschied er sich, ihn zu ignorieren, und blickte gelangweilt aus dem Fenster der geschlossenen Kutsche.
»Hallo?! Ignorier mich gefälligst nicht!«, fauchte der Kleine böse und hob dann mit einem herablassenden Blick den Kopf. »Ich bin ein Mitglied der großen Solares-Familie, nur das du es weißt!«
Vanitas hätte beinah angefangen, laut zu lachen, als er kurz in Iliés' Gesicht blickte. Für sie war ihr kleiner Bruder wohl einfach nur eine Schande, der Fremdscham stand ihr ins Gesicht geschrieben.
»Oh, ja, das weiß ich. Außer euch ist wirklich niemand so dumm, heute noch in so einer altmodischen Kutsche zu fahren.«
Vielleicht war dieser Typ – wenn Vanitas sich richtig erinnerte, hieß er Elouan – ja ein neuer Kandidat für die Rolle des leicht zu provozierenden Clowns.
»Ha, auf deine Provokationen falle ich nicht rein! Mein Vater hat mich längst darüber informiert, wie du tickst! Ich durchschaue dich, Vanitas Lunares!«
Diesmal konnte der Vampir sich nicht zurückhalten. Er brach in schallendes Gelächter aus. Ja, der hier war definitiv ein geeigneter Kandidat. Da konnte man wirklich nur hoffen, das Iliés oder jemand anderes den Spaß verderben würde.
»Kleiner. . . Dein Vater weiß nicht, wer ich bin, was ich kann, was ich getan habe. Ich habe ihn dazu gebracht, vor vielen seiner Mitbürger auf eine Illusion einzuschlagen. Was sollte mich also daran hindern, dich mindestens genauso zu blamieren?«
Für einen Moment sah man die Angst in Elouans Augen. Er war wirklich noch jung und unerfahren, wenn er sich von einem breiten Grinsen und einem etwas verrückten Blick so einschüchtern lies. Doch dann senkte er den Kopf und begann, erst leise, dann laut zu lachen.
»Das warst also du? Interessant. Dafür sollte ich dich auf der Stelle umbringen.«
Also hatte er doch Potential, zumindest ein bisschen. Vanitas lächelte zufrieden. Mit dem da würde es noch lustig werden. Anders als mit Iliés – diese lächelte immer noch ihr seltsames, maskenähnliches Show-lächeln. Die Enthüllung, das er für die Illusion verantwortlich gewesen war, schien sie kein bisschen zu interessieren.
»Ach, Iliés . . . Bist du wirklich so gefühllos? Willst du mir nicht auch den Tod androhen, aus Rache für deinen Vater und deine Mutter?«
Elouan starrte den Vampir ungläubig an, als er ein weiteres Mal ignoriert wurde. Seine beiden Hände waren zu Fäusten geballt, in einer Fausthielt er sogar einen Dolch. Und doch zollte Vanitas ihm nicht einmal ein kleines Stück seiner Aufmerksamkeit.
»Oder ist dir deine Mutter etwas egal? Warst du vielleicht sogar glücklich, als sie mit einem wildfremden Vampir durchgebrannt ist?«
Eine Faust krachte neben Vanitas in die Wand der Kutsche. Iliés' kleiner Bruder war aufgestanden, das Gesicht vor Wut verzerrt. Alle außer Iliés und Elouans mysteriösen Zwillingsschwester reagierten also doch sehr aggressiv auf die Nennung ihrer Mutter.
»Halt endlich die Fresse, du verdammtes Arschloch! Unsere Mutter ist mit niemandem durchgebrannt, verdammt! Schon gar nicht mit einem Vampir! Der Vampir hat sie entführt!«
Vanitas hob mit schmerzverzerrten Gesicht eine Hand an sein linkes, mit silbernen Ohrringen verziertes Ohr. Warum mussten wütend Menschen immer so laut sein? Reichte es nicht, die Wand in kleine Stücke zuschlagen?
»Musst du mir deshalb gleich ins Ohr brüllen? Kann ich doch nichts dafür, dass deine Mutter einen Vampir mehr als dich liebt«, maulte er und sah Elouan's Faust an, als wäre sie ein Stück Dreck auf seinem Mantel. »Und nimm dieses Ding weg. Du hättest sowieso niemals die Kraft, mir auch nur einen Kratzer zuzufügen. Menschen sind schwach im Vergleich zu Vampiren, schon vergessen? Hast du in der Schule etwa nicht richtig aufgepasst?«
Vielleicht war es nicht normal, so viel Genugtuung dabei zu empfinden, jemand anderes zu provozieren – aber das war Vanitas egal. Die Welt hatte ihn sowieso schon als nicht normal abgestempelt.
»Du. . . Du . . . Was erlaubst du dir!?«, brachte Elouan mit vor Wut und Fassungslosigkeit verzerrter Stimme heraus. Sein Gesicht war bereits etwas rot angelaufen, bald würde er sicher zu einer aufgeblasenen Tomate mutieren.
»Wie kannst du es nur wagen, gegen jemand, der eindeutig über dir steht, das Wort zu erheben!? Du bist höchstens so viel Wert wie eine Mücke, nein, wahrscheinlich sogar weniger! Deine Eltern hassen dich, genau wie deine gesamte Spezies! Du wirst es niemals so weit bringen wie ich! Dein Leben-«
Er verstummte, vielleicht weil er bemerkte, das alle in der Kutsche ihn genervt anblickten. Nur einer – Vanitas – war in schallendes Gelächter ausgebrochen.
»Wirklich niedlich, dein kleiner Bruder, Iliés. Bei so viel Freundlichkeit wird mein Herz ja ganz warm-«
Die junge Frau hob langsam den Kopf und lächelte Vanitas freundlich an. »Ja, nicht wahr?«
Dann ertönte ein lautes Krachen und Vanitas verlor den Boden unter den Füßen, als die Kutsche umkippte.
Iliés hatte ihr Leben lang nicht gewusst, was Liebe und Hass waren. Bis sie Ayera getroffen hatte – damals hatte sich ihr offenbart, was Liebe war. Jetzt war sie wieder an dem Punkt angekommen, an dem sich ihr ein extremes Gefühl offenbarte. Diesmal war es Hass.
Schon oft hatte sie gedacht, dass sie jemanden hassen würde. Als Grundschülerin ihre Lehrer, später dann die Vampire und vielleicht auch ihre Mutter, die sie verraten hatte. Doch keins dieser angeblichen Hassgefühle war so intensiv wie dieses.
Immer wenn sie Vanitas sah, wollte sie ihn umbringe. Am liebsten direkt, auf eine möglichst qualvolle Art. Sie wollte ihn ertränken und um Hilfe schreien hören. Wollte ihn an ein Kreuz binden und verbrennen, seine schmerzverzerrten Schrei genießen. Alles, was sie daran hinderte, ihm einen Dolch in den Körper zu rammen, waren ihre Pläne.
Pläne, davon hatte sie viele. Ihr großes Ziel war es, ihren schwachen Vater zu ersetzten und an seinem Platz die Solares-Familie wiederaufzubauen. Natürlich wollte sie außerdem Ayera dazu bringen, die Augen endlich zu öffnen und sich in die Richtige zu verlieben –das war vielleicht sogar noch wichtiger als das Erste. Und dann wollte sie noch einen großen Garten besitzen, vielleicht eine Schlange als Haustier halten, irgendwann eine Weltreise machen, . . .Und so weiter und so fort. Ja, Pläne hatte sie viele. Und keiner davon würde je ausgeführt werden, wenn sie wegen Mord von den Vampiren hingerichtet wurde. Was aber nicht hieß, dass sie vorhatte, Vanitas am Leben zu lassen. Deshalb war ja auch gerade die Kutsche umgekippt.
Genau wie erwartet hatte Arwyn, ihre kleine Schwester, schnell genug reagiert und sich sowie Elouan gerettet, indem sie sich an den Lehnen der Kutschensitze festgehalten hatte, genau wie Iliés selbst. Nur Vanitas hatte weniger Glück gehabt – er hatte das Gleichgewicht verloren und war erst nach draußen geflogen, um dann von der sich mehrmals überschlagendes Kutsche mitgerissen zu werden.
Elouan sah zwar auch nicht wirklich gesund aus – in seinem Gesicht befanden sich mehrere Kratzer, außerdem war er ziemlich blass und zitterte leicht – aber wie Vanitas jetzt aussehen musste, wollte Iliés sich gar nicht vorstellen. Das war viel zu unappetitlich.
»Miss Iliés! Geht es Ihnen gut?«, riss sie da Ayeras Stimme aus ihrer wunderbaren Welt der Todesfantasien. Sie nickte, wie immer lächelnd. Doch diesmal war es kein aufgesetztes Lächeln – sie war wirklich zufrieden mit sich und Ayera. Der Anschlag war geglückt. Wie gut, dass sie ihre Freundin eingeweiht hatte, anstatt auf eigene Faust etwas zu planen.
»Und Herr Lunares? Hat er es etwas nicht geschafft?«
Die gespielte Sorge in der Stimme ihrer Freundin lies ihr Lächeln nur noch breiter werden. Ach, Ayera war einfach wunderbar. Es gab nicht viele, die einen bei dem Planen und Ausführen eines Anschlages unterstützen würden.
»I-Ich glaube nicht«, stotterte Elouan entsetzt, mit einem schnellen Blick auf die Überreste der Kutsche. Als er den Arm bemerkte, der aus den Trümmern ragte, weiteten sich seine Augen vor Ekel. Dann drehte er sich um und kotzte in das schöne, grüne Gras.
Iliés schritt auf den Trümmerhaufen zu und sah den Arm misstrauisch an. Dann hörte sie ein leises Kichern hinter sich.
»Dachtest du wirklich, du wirst mich so einfach los, meine liebe Iliés?«
Sie drehte sich um und starrte Vanitas ungläubig an. Dann schlossen sich seine Augen und er kippte zur Seite um.
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