Hermines Sicht:

Der erste Schultag ging ohne besondere Ereignisse zu Ende und wir gingen alle pünktlich zu Bett.

Aber schlafen konnte ich irgendwie nicht. Gähnend setzte ich mich auf und sah erschöpft auf die Uhr. Es war erst gerade um Mitternacht herum. Langsam stand ich auf und streifte mir eine Strickweste über und schleppte mich in den Gemeinschaftsraum. Müde saß ich da und sah mich um. Wie immer war es sehr aufgeräumt. Plötzlich klopfte eine Eule mit ihrem Schnabel gegen die Fensterscheibe und ich fuhr hoch. "Ach… Nur du…", murmelte ich ihr lächelnd zu und öffnete das Fenster. Vorsichtig wickelte ich das Papier von ihrem Fuß und sah, dass der Brief tatsächlich an mich gerichtet war - ein unheimlicher Zufall. Angespannt öffnete ich ihn.

Liebste Hermine,

tu mir bitte den Gefallen und komm heute Nacht in den großen Speisesaal!

Verwundert betrachtete ich das Stück Papier und die Schrift. Die Schrift war voller Schnörksel und sah sehr edel aus. Sofort musste ich an Rons Teufelsklaue denken, die er beim Schreiben hatte. Das war doch Liebe, wenn man dauernd an jemanden denken musste. Leider war so klar, dass er es nicht war, der mich auf romantische Art verführen wollte.

Sollte ich der Nachricht folgen, oder nicht? Sie war von niemandem unterzeichnet worden. Ich umklammerte das Papier und schlich mich doch tatsächlich aus dem Gemeinschaftsraum. Es war jedes Mal wieder aufregend, wenn ich die Regeln brach! Meine Neugiere war einfach zu groß. Meine Schritte hallten laut durch die zugigen Korridore und ich zuckte bei jedem kleinsten Geräusch zusammen. Meistens waren es doch nur die Laute, welche eine alte Schule eben machte, oder die Menschen aus den Bildern flüsterten über mich - die Regelbrecherin. Das gefiel mir sogar. Nervenkitzel war ein furchtbar schönes Gefühl. Ich war am großen Speisesaal angekommen. Tief atmete ich durch und trat ein. Vielleicht war der geheimnisvolle Schreiber ja auch jemand Böses. Jemand, der Voldemort rächen wollte? Ein Todesser? Ich roch am Papier. Ein Duft von frischer Minze kam mir entgegen. Plötzlich knallte die Tür hinter mir zu und ich machte erschrocken einen Satz. Aus der anderen Richtung trat Malfoy aus der Dunkelheit hervor…