Lieber Vor-mir-Stehender,

du nahmst mir einst,

was mein Ich war,

mein Sein, meine Identität,

ein Wort, das mich bezeichnet, nur mich,

meinen Namen,

dafür wurde ich

eine Menge, die Menge meiner Knochen,

eine bedeutungslose Zahl.

Lieber Vor-mir-Stehender,

du weichst meinem Blick aus, verständlich,

denn nun führt das Lamm die Wölfe zur Schlachtbank,

und du bist nur noch eine Nummer,

mit welcher ich dich nun ins Verderben stürzen kann

und werde, sollte, muss,

denn

manchen nahmst du mehr als ihren

N a m e n

geschrieben 08.2021; veröffentlicht 31.10.2021

Die Geschichte dazu: In Flossenbürg wurde ein kleines Video gezeigt, in dem eine ehemalige Inhaftierte gegen die vermeintlichen Lagerangestellten vor einem Gericht aussagte. Die Verdächtigen waren anhand von Nummern zu identifizieren. Und zu Lagerzeiten hatten die Inhaftierten nur Nummern.

Mich hat das ziemlich beeindruckt.

Im Nachhinein habe ich dann das hier geschrieben.