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Kapitel 20

Songempfehlung: Chris Brown - Grass Ain't Greener

»Mann, der hat dich ja ganz schön auf dem Kieker«, hörte ich Charlotte sagen, während sie nach der Vorlesung ihre sieben Sachen packte und sich von der Bank erhob.

»Das kannst du laut sagen«, murmelte ich verdrossen.

Ich tat es Charlotte nach, stopfte meine Unterlagen in die Tasche und ging die Stufen des Saals nach unten. Am Pult jedoch trennten wir uns voneinander. Charlotte warf mir einen aufmunternden Blick zu, ehe sie mit den anderen Studenten nach draußen lief.

Ich unterdessen verharrte an Ort und Stelle und wartete, während sich der Raum leerte. Es kam mir vor wie eine halbe Ewigkeit. Zudem vermied ich es, Julian anzusehen, der hinter dem Pult stand und irgendwelche Papiere sortierte.

Erst nachdem auch der letzte meiner Kommilitonen den Vorlesungssaal verlassen hatte, wandte ich mich ihm zu.

Er kam um den Schreibtisch herum, lehnte sich mit demonstrativ verschränkten Armen dagegen und starrte mich an. Seine Augen waren ausdruckslos. Leer. Kalt. Kälter als die Antarktis. Hastig senkte ich den Blick, denn ich wusste, dass ich mich ziemlich daneben benommen hatte. Mir war klar, dass eine Entschuldigung das Mindeste war.

»Du brauchst nichts zu sagen, ich weiß, dass das gerade ziemlich scheiße von mir war und es tut mir leid.«

Kurze Stille.

»Schön, dass du das wenigstens einsiehst.«

»Gut. Kann ich dann gehen?«, fragte ich überstürzt. Ich konnte es kaum erwarten, hier raus zu kommen. Seine Nähe brachte mich schon wieder um den Verstand, drang in jede Pore meines Körpers ein, betörte mich.

»Nein.«

»Nein?«, überrascht hob ich das Gesicht.

»Nein.«

»Warum nein

Diese Konversation grenzte an Lächerlichkeit. Sofern man das ständige Wiederholen eines Wortes überhaupt als Konversation beschreiben konnte.

»Ich glaube, wir sollten über letzten Samstag reden, Laney, meinst du nicht auch?«

Ich sog scharf die Luft ein.

»Ich...«, ich stockte. Dann ließ ich resigniert die Schultern fallen. Er hatte ja recht. Ich konnte es nicht ewig vor mir herschieben. Es widerstrebte mir nur, mich mit den Konsequenzen unseres Handelns auseinanderzusetzen. Mich mit den Gefühlen auseinanderzusetzen, die seit letzten Samstag in mir brodelten, wie ein Vulkan. Kurz davor auszubrechen. Zu explodieren. Ich wollte dieses Gespräch so schnell wie möglich hinter mich bringen.

»Hör mal, Julian, es war... der Kuss war... ein großer Fehler«, ich brachte es fast nicht zustande, die Worte auszusprechen. Ich räusperte mich und riss mich zusammen. »Es tut mir leid, dass ich dich geküsst habe. Es wird nie wieder vorkommen, das verspreche ich.«

Wieder kurze Stille.
Eine laute Stille, vor der ich am liebsten davongerannt wäre. Mein Fluchtinstinkt setzte ein.

»Darf ich jetzt gehen?«, fragte ich nervös.

Ich spürte seinen Blick auf mir.

»Nein.« Sagte er wieder.

Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Wie festgewachsen stand ich noch immer auf der gleichen Stelle. Julian rollte mit der Zunge. Dann stieß er sich vom Pult ab und kam ein paar Schritte auf mich zu.

»Ich wollte mit dir über letzten Samstag reden. Keinen Monolog hören.«

»W-wie bitte?«, stotterte ich, während er immer näher kam. Wut sammelte sich in meinem Bauch. »Aber wir haben doch gerade darüber geredet...«

»Nein, du tust gerade alles, um nicht darüber reden zu müssen, Laney. Und wenn du ehrlich zu dir selbst bist, dann weißt du, dass ich Recht habe.«

Wie? Wie zur Hölle machte er das? Wie schaffte er es, mein Innerstes mit nur einem Satz völlig zu entblößen? Mein Mund wurde ganz trocken, während Julian vor mir zum Stehen kam und auf mich herab sah. Mit einem Mal war mein Zorn auf ihn wie verpufft.

Er war zu nah.
Viel zu nah.
Merkte er das nicht?

Meine Denkmechanismen setzten aus und ich konnte mich auf nichts anderes mehr konzentrieren als darauf, seiner verführerischen Nähe zu widerstehen. Seinen Lippen. Seinem Duft. Seinem Körper.

»Hör auf mit diesen Ausflüchten und lass uns darüber reden, wie Erwachsene.«

»Das... Das habe ich gerade versucht«, sagte ich erneut, völlig in Trance.

Julian schnaubte verächtlich und fixierte gereizt einen Punkt hinter mir, ehe er seinen stechenden Blick wieder auf mich richtete.

Und plötzlich veränderte sich etwas.

Die Luft zwischen uns begann zu vibrieren, sich aufzuladen. Julian schien sich mit einem Mal unserer unmittelbaren Nähe bewusst zu werden. Schien zu begreifen, wie nah er an mich herangetreten war, als wäre es ihm vorher gar nicht aufgefallen.

Er öffnete die Lippen, um etwas zu sagen, aber es kam kein Ton heraus. Nicht ein einziger. Sein Gesicht verlor langsam aber sicher an Härte. Seine Gereiztheit sowie der Ärger schwanden. Lösten sich auf und verwandelten sich zu einem warmen, mir vertrauten Ausdruck. Und seine Augen... Gott, seine Augen glühten. Ein grünes Feuer schien darin zu lodern. Ein Feuer, in dem ich liebend gerne verglühen würde, bis nur noch Staub und Asche von mir übrig waren.

Hastig senkte ich den Blick und sah zu Boden.

In diesem Moment beugte Julian sich zu mir herab.

»Feigling«, flüsterte er dicht an meinem Ohr. Sein Atem war schwer und streifte mein Gesicht. Meinen Hals. Mein Haar. Er brachte mich um den Verstand und wenn ich jetzt nicht zusah, dass ich schleunigst Land gewann, würde dieser Augenblick in einer weiteren Katastrophe enden. Doch statt die Beine in die Hand zu nehmen, schloss ich die Augen und genoss das Gefühl seiner Nähe.

Dumm. Dumm. Dumm.
Sei nicht so dumm, Laney !

Mit dem letzten bisschen Würde, das ich zusammenkratzen konnte, neigte ich den Kopf und sah ihn an. Was sich sogleich als Fehler erwies.

Julians Gesicht schwebte direkt über meinem und wieder einmal war ich erstaunt darüber, wie groß er im Vergleich zu mir doch war. Seine Lippen waren leicht geöffnet und er starrte auf meinen Mund. Hitze rann wie flüssiges Feuer durch meine Adern. Ein Feuer, das mich von innen heraus versengte. Und einfach so, begann ich wieder zu brennen. Lichterloh. Für Julian.

Wir waren nur Sekunden davon entfernt, uns erneut zu küssen. Erneut diesen schrecklichen Fehler zu begehen, den wir schon vor zwei Tagen begangen hatten. Erneut die Richtlinien der Universität zu verletzen. Nur einen Atemzug davon entfernt, Julians Eid zu brechen und mein Versprechen mit Füßen zu treten.

Mitten in seinem Vorlesungssaal.

Fuck.

Plötzlich schlang sich seine Hand um meine Kehle, als wüsste er nicht, ob er mich festhalten oder wegstoßen wollte. Und verflucht nochmal. Vielleicht würde ich in die Hölle dafür kommen. Vielleicht würde ich für alle Zeit im Fegefeuer brennen und nie wieder Vergebung erfahren. Doch all das war mir egal, wenn er mich dafür bloß nicht von sich stieß.

In diesem Augenblick wollte ich nichts mehr, als dass er mich küsste.
Ich wollte diesen schrecklichen Fehler machen.
Ich wollte die Richtlinien der Universität verletzen.
Ich wollte seinen verfluchten Eid brechen und mein Versprechen mit Füßen treten.
Gott, und wie ich das wollte!
Nur noch einmal. Nur noch dieses eine Mal...

»Hör auf mich so anzusehen, Laney«, flüsterte er mit belegter Stimme. Sie klang rau und verführerisch und war die schönste Melodie, die meine Ohren jemals umschmeichelt hatte. Die Art und Weise, wie er meinen Namen aussprach, ließ mich beinahe vom Boden abheben. Tausende und Abertausende Schmetterlinge in meinem Bauch erwachten zum Leben.

Mein gesamter Körper stand unter Strom.

»Wie denn?«, fragte ich unschuldig, wobei meine Stimme vor Herausforderung nur so triefte. Ich hob den Blick und sah ihm direkt in die Augen. Oh ja, ich wusste genau, was ich hier tat...

»Laney«, warnte er mich erneut. Doch ich dachte nicht einmal im Traum daran, jetzt einen Rückzieher zu machen. »Du spielst mit dem Feuer.« Julians Augen blitzten gefährlich. Noch immer hielt er mich mit eisernem Griff an der Kehle umfangen. Dennoch reckte ich das Kinn vor und strotzte seinem Blick, versuchte ihm standzuhalten.

»Es ist nicht meine Schuld, wenn es dir ein bisschen zu sehr gefällt deine Studentin zu küssen«, murmelte ich erstickt, da der sanfte Druck seiner Hand um meinen Hals mir das Sprechen erschwerte. Sie war warm, schwielig, und weich zugleich. Sie brannte sich regelrecht in meine Haut und stieß Blitze durch meinen gesamten Körper. Blitze des Verlangens. Blitze der Lust. Mein ganzes Dasein sehnte sich nur noch danach, dass Julian diese kleine Distanz zwischen uns überbrückte. Dass er dieser bittersüßen Sehnsucht in mir endlich ein Ende bereitete. Gleichzeitig jedoch hasste ich ihn auch. Ich hasste ihn dafür, dass er diese Gefühle in mir heraufbeschwor. Dass er Wünsche in mir aufkommen ließ, die für immer unerfüllt bleiben würden. Dass er ein Verlangen in mir weckte, das dazu verdammt war, nicht gestillt zu werden.

»Doch«, sagte er gequält. »Es ist deine Schuld.«

»Dann tu es nochmal«, drängte ich und war schockiert von meinen eigenen Worten. Als wäre ich fremdgesteuert, versuchte ich ihm entgegenzukommen. Mein Körper stieß auf seinen. Ich spürte seine stählerne Brust an meiner, spürte trotz der Kleidung die Hitze, die von ihm ausging. Nur mit Mühe konnte ich ein Stöhnen unterdrücken. Ich schmolz regelrecht dahin, als besäße mein Körper keinen einzigen Knochen mehr. Noch nie zuvor hatte ich so sehr auf einen Mann reagiert, wie auf ihn. Als würde in seiner Nähe die Schwerkraft ihre Fähigkeit verlieren und alles, was mich noch anzog, war Julian selbst.

Doch obgleich unsere Körper sich nun berührten, unsere Lippen taten es nicht. Noch immer hielt Julian meinen Hals fest und behielt somit die klitzekleine Distanz zwischen unseren Gesichtern bei. Hatte die absolute Kontrolle darüber, was als nächstes passierte.

Gierig senkte ich meine Augen auf seine Lippen. Die Spannung, die zwischen uns in der Luft knisterte, war beinahe schon mit Händen greifbar. Sein Gesicht näherte sich meinem und noch während seine Lippen ganz kurz und ganz sanft wie eine Feder über meine strichen, hörte ich ihn sagen:

»Ich kann nicht.«

Einen Moment später ließ er mich los. Seine Hand fiel kraftlos von mir herab und er brachte etwas Abstand zwischen uns, indem er zwei Schritte rückwärts ging.

Benommen blinzelte ich, als ich mit dem plötzlichen Verlust seiner Nähe konfrontiert wurde. Die Distanz zu ihm bereitete mir fast schon körperliche Schmerzen. Als hätte man einen Eimer Eiswasser über mir ausgeschüttet. Oder als wäre ich unter einem tiefgefrorenen See gefangen. Enttäuschung breitete sich in mir aus. Tiefe tiefe Enttäuschung.

Als ich den Blick wieder hob und in Julians Gesicht schaute, entdeckte ich dort Bedauern. Bedauern und Reue.

Und mit einem Schlag wich die Lust und das Verlangen, das Julian noch kurz zuvor in mir hervorgerufen hatte. Stattdessen stieg Zorn in mir auf. Zorn, dem ich Luft machen musste.

»Was zur Hölle sollte das?«, formulierte ich scharf. »Gefällt es dir, mit mir zu spielen?«, die Worte purzelten nur so aus mir heraus. Aufgebracht. Wütend. Verschmäht. Ich spuckte sie ihm regelrecht vor die Füße. Und ich setzte noch einen drauf. »Ist das die Rache dafür, dass ich Samstag Morgen einfach abgehauen bin? Hab ich deinen Stolz verletzt? Willst du es mir auf diese Weise heimzahlen?«

Ich redete mich so sehr in Rage, dass ich ihm erst gar nicht die Möglichkeit gab, sich zu erklären.

»Laney...«, setzte er an, aber ich schnitt ihm sofort das Wort ab.

»Wer ist jetzt der Feigling, huh?«, spie ich ihm entgegen.

Julian spannte sich kaum merklich an und seine Gesichtszüge verhärteten sich allmählich.

»Du verhältst dich kindisch, Laney.«

»Nein«, hielt ich beharrlich dagegen. »Du verhältst dich kindisch.«

»Bist du jetzt ernsthaft beleidigt, weil ich dich nicht geküsst habe?«, Julian schüttelte verständnislos den Kopf. »Lass es mich wenigstens erklären. Wir können darüber reden und...«

»Wir werden über gar nichts reden«, fauchte ich. »Weil es nämlich nichts zu bereden gibt.«

Nun ging auch ich ein paar Schritte zurück und begann mir das Haar zu raufen. Ich verlor die Kontrolle. Vollkommen. Ich wusste nicht einmal, weshalb ich so aufgebracht war. So außer mir. War es, weil er mich zurückgewiesen hatte? Weil er mich zuvor vor dem Kurs bloßgestellt hatte? Weil meine Gefühle das reinste Chaos waren?

Nein. Das waren alles nur Ausflüchte.
Eigentlich wusste ich, warum ich gerade kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand.

Ich war nicht sauer darüber, dass Julian mich nicht geküsst hatte. Um Himmels Willen, nein. Das war nicht der Grund für meinen Ausbruch.
Ich war nicht sauer auf ihn. Keineswegs.

Ich war sauer auf mich selbst.
Und ich ließ es an ihm aus.
Weil er gerade hier war.
Weil ich fühlte, was ich nun einmal fühlte.
Weil ich etwas für ihn empfand, das ich nicht empfinden wollte.
Weil er etwas in mir zum Leben erweckte, dass lieber verschlossen geblieben wäre.
Weil ich langsam aber sicher zu verstehen begann.
Ich begann zu verstehen, dass es nicht nur sein unfassbar schönes Äußeres war, das mich anzog. Es war nicht nur sein Körper, der vollbepackt war mit Muskeln und Proportionen, die genau an den richtigen Stellen saßen. Es war nicht der kleine Schönheitsfleck unter seinem rechten Auge, der den Wunsch in mir weckte, ihn zu berühren. Es war auch nicht sein hübsches Gesicht oder die grünen Augen, die mich in die Knie zwangen. Nein. Es war so viel mehr.

Es war sein Charakter.
Es waren die Worte, die er aussprach.
Es war die Weise, wie er mit seiner Hündin Sam umging.
Es war seine Fürsorglichkeit, die er mir jedes Mal bedingungslos schenkte, wenn mein Herz Probleme machte.
Es war die Art, wie er die Welt betrachtete und über sie philosophierte.
Wie er mir Dinge zeigte, die mir vorher nicht bewusst gewesen waren.

Julian Wright berührte mich auf eine Art und Weise, die ich niemals für möglich gehalten hätte. Und das Wissen, dass ich nicht die Chance hatte, all das zu genießen - und diese Chance auch niemals haben würde - brachte mich um.

Also ja. Ich war wütend, weil ich Begriff stand, mich in Julian Wright zu verlieben.
In meinem Professor.
In den letzten Menschen auf dieser verfluchten Erde, in den ich mich hätte verlieben dürfen.

Scheiße.
Scheiße. Scheiße.
Scheiße. Scheiße. Scheiße.

Panisch richtete ich meinen Blick wieder auf sein Gesicht. Auf dieses verdammt perfekte Gesicht, das sich in meinen Kopf gebrannt hatte und das mich nun zu verhöhnen schien.

Julian sah mich an. Sein Ausdruck war von einer solchen Härte gezeichnet, die ich noch nie an ihm gesehen hatte. Er war verärgert.

»Es gibt also nichts zu bereden? Du findest, das was zwischen uns passiert ist«, wiederholte er meine Worte und deutete in der Luft zwischen ihm und mir hin und her. »Ist also nichts, was man klären sollte?«

Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter.

Meine Kehle war wie zugeschnürt.

»Ich... Der Kuss letzten Samstag war ein Fehler. Und das eben war...«

»Auch ein Fehler, ganz offensichtlich«, beendete er meinen Satz und warf mir einen fast schon abstoßenden Blick zu. Als wäre mein Anblick unerträglich. Als wäre ich etwas Lästiges.

»Du solltest gehen, Laney«, seine Stimme war kalt. So kalt, dass sie hätte Glas schneiden können. Er wandte sich von mir ab und ging zu seinem Pult.

Meine Augen begannen verräterisch zu brennen.

Das Herz schlug mir bis zum Hals.

Am liebsten hätte ich den Mund geöffnet. Hätte ihn angeschrieen. Hätte ihm alles entgegen geschleudert. Die ganze Wahrheit. Ich wollte ihm sagen, dass ich krank war. Dass ich Angst hatte. Dass meine Tage gezählt waren. Dass ich zum ersten Mal in meinem Leben so etwas wie Verliebtheit spürte. Dass ich ihn doch eigentlich wollte.

Doch was hätte es schon für einen Unterschied gemacht?

Julian war mein Professor. Mein Lehrer. Ein Verhältnis zwischen uns wäre ohnehin verboten. Falsch. Unmoralisch. Was spielte es da für eine Rolle? Unabhängig davon wollte Julian mich sowieso nicht. Das hatte er mir klar gemacht, indem er mich abgewiesen hatte. Indem er mir gesagt hatte, dass er mich nicht küssen konnte.

Es war also besser so.

Das redete ich mir jedenfalls ein.

Mein Herz jedoch konnte und wollte diese Wahrheit noch nicht akzeptieren und sorgte dafür, dass mir nun Tränen über die Wangen liefen.

Dieses blöde, verdammte Ding.

Ohne ein weiteres Wort kam ich seinem Wunsch nach und wandte mich zum Gehen.

»Und Laney?«, hörte ich ihn hinter mir sagen. Ich blieb stehen, drehte mich jedoch nicht mehr zu ihm um. Er sollte nicht sehen, wie sehr mich das alles verletzte. »Rede nie wieder so mit mir vor meinem Kurs.«

Julian hielt mich nicht auf, als ich zur Tür ging. Auch nicht, als ich nach dem Knauf griff, ihn drehte und erst recht nicht, als ich nach draußen ging.

Mittlerweile strömten mir die Tränen regelrecht über die Wangen.

Ich weinte. So richtig. Konnte es nicht mehr verbergen. Wie viel Pech konnte ein Mensch haben? Als wäre meine Krankheit nicht schon Fluch genug, musste die erste Person, in die ich mich verliebte ausgerechnet mein Professor sein. Mein Lehrer. Wie zum Teufel hatte ich es überhaupt so weit kommen lassen können, mich zu verlieben?

»Laney?«, hörte ich eine vertraute Stimme. »Ich dachte, ich warte hier auf dich und...«

Ich drehte mich um und entdeckte Charlotte, die ein paar Meter entfernt an der Wand stand. Als sie mich weinen sah, stieß sie sich sofort ab und kam zu mir rüber.

»Was ist passiert?«, fassungslos betrachtete sie mich.

Eilig wischte ich mir über die Augen, um die Tränen zu verbergen. Doch sicherlich war es bereits zu spät. Ich war viel zu aufgelöst, als dass es ihr hätte entgehen können.

»War es denn so schlimm?«, fragte sie und strich mir in einer mitfühlenden Geste über die Schulter.

Ich schniefte laut und wandte alle Kraft auf, um gegen die Tränen anzukämpfen, die mir immer noch aus den Augen quollen.

»I-Ich...«, es wollte kein einziges Wort über meine Lippen kommen. Es ging nicht.

»Komm«, sagte sie und zog mich mit sich.

Kurze Zeit später fand ich mich auf dem Rasen des Old Campus' wieder.

Die Sonne thronte am Himmel und spitzelte zwischen vereinzelten Wolken hervor. Ein kühler Septemberwind schlug uns entgegen und trocknete die salzigen Tränen auf meinem Gesicht. Tränen, die nun langsam verebbten. Immer mehr bekam man zu spüren, dass der Sommer vorüber war. Es war die Zeit des Jahres, in der man sich nicht entscheiden konnte kurze Klamotten oder doch lieber etwas Langärmliges zu tragen. Zwar was es in der Mittagssonne durchaus noch herrlich warm, aber sobald die Sonne sich wieder hinter den Wolken versteckte, begann man zu frösteln.

Charlotte hatte nicht mehr weiter darüber nachgehakt, was geschehen war. Sie hatte geschwiegen, bis ich mich allmählich beruhigte. Stattdessen saßen wir nebeneinander im Gras und lauschten dem Wind.

Ich war ihr dankbar dafür, dass sie mir geholfen hatte. Dass sie mich so geistesgegenwärtig von dem Hörsaal weg und hierher gebracht hatte. Ich wollte nicht, dass mich noch mehr Kommilitonen heulen sahen, als ohnehin schon. Ein paar von Julians Studenten hatten nämlich vor dem Saal rumgelungert und mich herauskommen sehen.

Das war schon peinlich genug.

Dass jemand ahnte, was sich wirklich zwischen Julian und mir abgespielt hatte, bezweifelte ich stark. Zwar hatte ich während der Vorlesung einen ziemlich gedankenlosen, fadenscheinigen Spruch abgelassen, doch bezweifelte ich stark, dass die anderen Studenten die richtigen Schlüsse daraus zogen. Sicher glaubten sie, dass Julian mir ordentlich die Leviten gelesen hatte. So wie er es immer tat. Im Kurs war allgemein bekannt, dass Professor Wright und Laney Taylor immer mal wieder aneinander gerieten. Was größtenteils stets auf meinen Mist wuchs. Sicher fragten sich die anderen schon, wann er mir endlich den Laufpass geben und Yale nur noch eine umgeschlagene Seite in dem kurzen Buch meines traurigen Lebens sein würde.

»Professor Wright kann ganz schön fies sein, was?«, Charlotte wagte einen erneuten Versuch, mich zum Reden zu bringen. Vorsichtig lugte sie unter ihren schwarzen Wimpern zu mir herüber. Ich begegnete ihrem Blick und stellte fest, dass ihre Augen doch nicht ganz braun waren. Ich hatte es vorher nicht erkannt, doch nun in der Sonne waren blaue Sprenkel darin zu entdeckten. Wirklich faszinierend. Charlotte war generell unfassbar hübsch und in diesem Moment begriff ich, dass ich bis dato so gut wie nichts über sie wusste.

Ich nahm mir fest vor, das zu ändern.

»Ja«, erwiderte ich. »Aber er hatte recht. Es war meine Schuld, ich habe mich daneben benommen. Schon wieder.«

»Er hat dich zum Weinen gebracht«, sagte Charlotte mit fester Stimme und griff nach meiner Hand. »Ganz gleich was du getan hast... So etwas ist nicht in Ordnung.«

Oh Charlotte, wenn du wüsstest.

»Wird er es weitergeben? An den Dekan?«, Sorge breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

»Ich... Ich denke nicht«, verneinend schüttelte ich den Kopf.

»Was hat er denn zu dir gesagt...«, Charlotte setzte zu einer weiteren Frage an, als sich plötzlich ein Schatten über uns legte. Jemand stand vor uns.

»Laney?«, hörte ich Cayas Stimme. »Hast du geweint? Ist alles okay?«

Ich hob das Gesicht und blinzelte gegen das helle Sonnenlicht an. Schnell hob ich die Hand vor die Augen, um etwas sehen zu können.

»Wright hat sie wieder einmal rund gemacht vor dem ganzen Kurs«, erklärte Charlotte.

»Wright?«, Caya wirkte verwirrt und starrte nun zu Charlotte. »Professor Wright?«

»Ja genau«, Charlotte rollte mit den Augen. »Er hat es schon von Anfang an auf Laney abgesehen«, erklärte sie.

In diesem Moment schien sich Charlotte wohl bewusst zu werden, dass sie und Caya noch Unbekannte waren.

»Oh«, sagte sie. »Ich bin übrigens Charlotte, Laneys Sitznachbarin und Leidensgenossin.«

Sie streckte Caya im Sitzen die Hand hin. Zögernd ergriff Caya diese.

»Caya.«

»Hey«, Charlotte lächelte freundlich, was Caya erwiderte. Dann richtete meine beste Freundin ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich.

»Ein Streit mit Wright also?«, in Cayas Augen lag ein wissender Ausdruck und wir tauschten kurz einen vielsagenden Blick miteinander.

Caya benötigte nicht viel, sie brauchte nur einmal in mein Gesicht zu schauen und wusste schon was Sache war. Erkannte, dass ich gerade nicht in der Verfassung war, über Julian zu sprechen.

»Okay«, sie klatschte einmal in die Hände. »Wisst ihr, was wir jetzt machen werden?«

Charlotte und ich schauten uns zweifelnd an.

»Zur nächsten Vorlesung gehen?«, fragte Charlotte unsicher.

Caya runzelte die Stirn »Was bist du denn für eine Spießerin?«

»Okay«, sagte Charlotte und hob entschuldigend die Hände. »Dann eben nicht in die Vorlesung gehen?«

»Ganz genau«, Caya grinste breit. »Wir machen einen Mädelstag!«

Huhu meine Lieben!
Ich hoffe das neue Kapitel gefällt euch <3 An dieser Stelle möchte ich mich auch nochmals bei euch bedanken. Eure zahlreichen Kommentare und Votes bedeuten mir die Welt. Danke, dass es euch gibt. Ihr seid die Besten <3
Ich freue mich schon auf eure neuen Kommis!
Ganz viel Liebe,
Lora <3

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