Kapitel 55
Sicht GLP
Unterwegs hatten wir uns dazu entschieden, die Mamba in einen der Kellerräume im Hounds Quartier einzusperren. So wäre sie einerseits nicht in der Lage, zu Natrix zu gelangen, andererseits wäre sie weit genug von unseren Membern weg. Trotzdem wäre ihr Aufenthaltsort nicht allzu weit, sodass wie sie jederzeit noch mal ausfragen könnten.
Nachdem wir das Hauptquartier betreten hatten, führten wir sie zielstrebig in den Keller. Unser Glück war es, dass es noch Nacht war, sodass die meisten Hounds und meine anwesenden Cats noch schliefen oder sich zumindest in ihren Zimmern befanden. Einzig Sniper und Scar liefen uns über den Weg, die uns mehr als skeptisch musterten und anfingen, Fragen zu stellen. Wir konnten sie zwar auf Morgen vertrösten, schließlich war es ja Nacht, aber langsam wurde es Zeit, dass wir unsere Member aufklärten. Nicht nur, weil sie misstrauisch wurden, sondern auch, weil sie immer mehr in Gefahr gerieten. Es war zwar bekannt, dass die Schlangen Probleme verursachten, aber wie schlimm das ganze tatsächlich war, wussten nur Paluten, Maudado, Zombey und ich.
Sobald die Mamba, die immer noch narkotisiert schlief, im Keller war, verabschiedete ich mich von den anderen. Es war viel passiert und der Tag war dementsprechend einfach nur anstrengend. Beinah automatisch machte ich mich auf den Weg zum Baum, welcher hier mittlerweile mein Rückzugsort geworden war. Schnell kletterte ich auf ihn und ließ mich auf einem der dicken Äste nieder, bevor ich mich meinen Gedanken komplett her gab.
„Manu?“, ertönte plötzlich Palutens Stimme. „Du sitzt da schon ziemlich lange und es ist schon ziemlich spät, fast so spät, dass es schon wieder früh ist. Ist alles okay?“ fragte er vorsichtig nach. Wie lange saß ich denn hier? Mir war es gar nicht so lange vorgekommen.
„Mhm, ja klar“, versicherte ich ihm und blickte wieder zurück in den oberen Teil der Baumkrone, durch die man leicht den Himmel erkennen konnte. Ich hörte, wie Paluten seufzend den Baum erklomm.
Er ließ sich neben mir nieder, ehe er anfing zu sprechen: „Was ist los, Manu?“, war das sein Ernst?
„Nichts, hab ich doch gesagt“, wiederholte ich etwas genervt. Warum verstand niemand, dass alles okay war, wenn ich es sagte?
„"Nichts", ja klar, deswegen bist du jetzt auch so gereizt“, konfrontierte er mich.
„Bin ich doch gar nicht. Es ist alles gut. Wir haben gerade eh wichtigeres zu tun“ winkte ich ab. Wir mussten auf die Mamba aufpassen und sobald wie möglich mit unseren Membern sprechen. Was sollten wir denen bitte erzählen? Wie sollten wir es ihnen erzählen?
„Du bist auch wichtig, also sag doch bitte was dich bedrückt“, hakte Paluten einfühlsam nach. Einerseits hatte ich gerade absolut keine Lust, darüber zu sprechen, andererseits wollte ich Paluten nicht schon wieder abweisen, gerade jetzt, wo wir uns definitiv gegenseitig brauchten.
„Mich nervt das einfach alles. Diese ganze Scheiße hier. Haben unsere Member nicht schon genug durchgemacht? Und jetzt müssen wir versuchen, den Rotz auch noch von ihnen fernzuhalten“, erzählte ich ihm schließlich doch, was mich bedrückte.
„Mich nervt es auch, aber wir sind wenigstens wieder ein Stückchen weiter als vorher. Und wir wissen, dass deine Cats in Sicherheit sind“, versuchte er mich zu beruhigen. Leider brachte das Recht wenig, es löste eher das Gegenteil aus.
„Ja, noch. Es muss nur ein verdammter Fehler passieren und das Quartier fliegt auf. Sie sind schutzlos, sie wissen von nichts. Und ich kann sie nicht mal warnen, weil es zu unsicher wäre, sie zu kontaktieren“, erinnerte ich ihn an die verdammte Situation. Die Schlangen hatten schon versucht, das Cat Hauptquartier zu finden und in Brand zu setzen. Wer konnte mir versichern, dass sie es nicht plötzlich schaffen würden? Am liebsten würde ich jetzt hier verschwinden und zu meinen Cats zurück gehen, aber das würde die Schlangen sehr wahrscheinlich nur noch schneller auf ihre Spur bringen.
„Ich hab dein Hauptquartier auch nie gefunden und ich habe echt lange gesucht und im Süden deines Territoriums habe ich nichts gefunden. Und jetzt haben wir eins seiner Mitglieder, vielleicht kann sie uns doch noch nützlich sein.“
“Ja. Du. Du hast es nicht gefunden“, kurz lachte ich freudlos auf. „Wer sagt, dass diese Missgeburten es nicht doch finden? Ich hätte sie nicht alleine lassen dürfen“, zweifelte ich meine Entscheidung an. Wenn ich direkt bei ihnen geblieben wäre, hätte ich dieses Problem der Ungewissheit jetzt nicht.
„Hey, beruhig dich. Das sind immer noch fucking Cats, die können sich schon zur Wehr setzen“, betonte er. „Außerdem wissen sie, dass du hier bist. Das heißt wenn irgendwas passieren sollte oder sie sich unsicher fühlen, werden sie zu dir kommen.“
„Mhm. Stimmt schon. Aber...was Wenn das nicht klappt? Weil Sie's zu spät merken? Wenn sie nicht mehr flüchten können?“, Bilder von eingesperrten Cats schossen mir vor Augen, umrundet von Flammen, die sich am einstürzenden Gebäude empor frassen. Kurz schüttelte ich mich, um diese Bilder los zu werden.
„Das sind deine Cats, Manu. Die schaffen das“, versicherte Paluten mir ruhig. Und ja verdammt, das waren meine Cats, meine Member, meine Familie.
„Ja. Ja, eben. Das sind meine Cats. Ich schwöre dir, passiert denen was dann bring ich Natrix und seine Bande von Hurensöhnen eigenhändig um“, knirschte ich wieder leicht gereizt. Alleine schon die Idee, auch nur eine Cat zu verletzten war dumm von Natrix gewesen. Das würde ich nicht zulassen.
„Ihnen wird aber nichts passieren, dafür sorgen wir schon, indem wir diese Mistviecher vorher ausräuchern“, versprach er mir.
„Das hoff ich doch. Ich lass nicht zu, dass jemand meine Cats anrührt“, eine kurze Stille entstand, welche mir aber auch nicht lange vergönnt war.
„Kommst du jetzt? Wir sollten langsam echt schlafen“, forderte Paluten mich dazu auf reinzugehen. Irgendwie hatte er recht, wir waren die ganze Zeit nur unterwegs und wegen mir schlief er jetzt nicht, sondern saß auf einem Baum rum. Leichte Schuldgefühle überkamen mich.
„Ja, du hast recht“, nickte ich deswegen, woraufhin Paluten mich anlächelte und vom Baum kletterte. Ich sprang ihm hinterher und gemeinsam liefen wir in sein Zimmer.
Schnell machte ich mich fertig und ließ mich dann in mein Bett fallen. Paluten tat es mir gleich und sank ebenfalls in sein Bett. Kurz wünschten wir uns noch eine gute Nacht, ehe wir nacheinander in den Schlaf fielen.
Ich freute mich darauf, endlich wieder in unser Hauptquartier zu kommen. Ich war nur kurz weg, um eine Grenze zu überprüfen, nachdem Xain mir von einem Grenzübertritt einer kleineren Gang berichtet hatte. Zombey und Scar hatten mich begleitet und liefen nun über eine Nichtigkeit diskutierend vor mir.
„Was sagst du dazu, Manu?“, wand Scar sich mir zu. Ich hatte die Unterhaltung der beiden kaum verfolgt, ich wusste nicht mal genau, worum es ging. Ich kam aber sowieso nicht dazu, zu antworten.
„Scheiße!“, fluchte Zombey und blieb entsetzt stehen. Scar und mir erging es nicht anders, geschockt blickten wir auf das Schauspiel vor uns. Rauch stieg aus dem Gebäude vor uns, welches zweifellos unser Hauptquartier war. Flammen schlugen schon aus einigen Fenstern und an einer Mauer prangte das Schlangen Symbol. Nirgendwo konnten wir Cats entdecken und das konnte nur bedeuten, dass sie noch im Gebäude waren.
Nach einigen Sekunden des Schocks sprinteten Zombey und Scar quasi zeitgleich auf das Gebäude zu, um zu retten, was noch zu retten war. Ich schloss mich ihnen an, und je näher wir dem Gebäude kamen, desto deutlicher wurden die Schreie und die Hitze aus dem Inneren.
Zombey schmiss sich gegen die Eingangspforte und die Türen schwangen auf. Eine Qualmwolke kam uns entgegen, aber darauf konnten wir jetzt unmöglich Rücksicht nehmen. Sobald wir auch nur fünf Schritte in das Gebäude gesetzt hatten, wurden wir vollkommen von dem Qualm umhüllt. Zombey und Scar waren nur noch als Silhouetten erkennbar.
Durch die drückende Hitze und dem allesverdeckenden Qualm kämpften wir uns weiter durch das Gebäude. Hin und wieder riefen wir nach einzelnen Membern, hatten es aber mittlerweile aufgegeben. Hier zu atmen, war schon schwer genug, unsere Bandanas schützen uns nicht wirklich vor den Giftstoffen. Das knacken des Feuers war mehr als verunsichernd, und die immer mehr ansteigende Hitze ließ erahnen, dass wir dem Brandherd immer näher kamen.
Gerade wandte ich mich Zombey zu, um ihn darauf aufmerksam zu machen, als mir auffiel, dass ich ihn nicht mehr sah. Ich drehte mich um, suchte nach Scar doch auch ihn konnte ich nicht erkennen. Panik stieg in mir auf, doch ich zwang mich zur Ruhe. Jetzt den Kopf zu verlieren würde alles nur schlimmer machen.
Entschlossen wagte ich mich weiter nach vorne, um nach meinen Membern zu suchen. Ihre Schreie waren mittlerweile verstummt und ich konnte nur noch erahnen, wo sie ungefähr sein mussten. Die Sichtverhältnisse wurden immer schlimmer, ich tastete mich mittlerweile voran, weil ich nichts mehr sah.
Meine Finger ertasteten eine Türklinke, die ich runterdrücken wollte. Allerdings bekam ich die Tür nicht auf. Irgendwas blockierte sie. Von der anderen Seite ertönten plötzlich Schreie, welche sich recht schnell identifizieren ließen.
„Manu? Manu bist du das?“, fragte Cloud mich röchelnd durch die Tür.
„Ja! Die Tür! Ich bekomm sie nicht auf!“, antwortete ich ihm leicht hektisch.
Manu! Das Feuer ist im Nebenraum! Wir sind alle hier, wir sind eingesperrt“, klärte Bunny mich auf. Meine Gedanken überschlugen sich. Da drin waren meine Cats, quasi direkt hinter ihnen der Brandherd und zwischen uns diese verschlossene Tür.
Manu! Ich glaube, das Feuer ist bereits in der Zwischendecke, es ist über uns!“, schrie Scar durch die Tür, Panik schwang in seiner Stimme. Bevor ich hinterfragen konnte, wie er überhaupt in diesen Raum kam, erklang ein Schluchzen, welches sich stark nach Shadow anhörte. Eine weitere Stimme war zu hören, Eagle, wie sie versuchte, Shadow zu beruhigen. Ich musste diese Türe aufbekommen, doch egal, wie sehr ich daran rüttelte oder mich dagegen warf, sie blieb verschlossen. Das Stimmengewirr auf der anderen Seite schwoll wieder an und blockierte meine Gedanken. Alle sprachen oder schrien durcheinander, nichts war mehr verständlich für mich.
„Manu!“, war das letzte, was für mich verständlich war. Es war eindeutig Zombey, der da grade nach mir rief. Im selben Moment ertönte ein lautes Knacken, die Schreie wurden lauter, und ein lautes Knallen ertönte.
„Wach auf! Du bist nur am Träumen“, schrie mir eine Stimme entgegen, während jemand mich an der Schulter rüttelte.
„Was?“, desorientiert blickte ich mich in dem Zimmer um, versuchte festzustellen wer mich da grade schüttelte und wo ich war.
„Du hast dich mega im Bett gewälzt und irgendwas gemurmelt. Das schien kein schöner Traum zu sein“, Paluten. Er hörte zwar damit auf, mich zu rütteln, hielt mich aber immer noch an den Schultern fest.
„Scheiße! Scheiße verdammt!“, stieß ich hervor, als ich mich einigermaßen gefangen hatte. Immer noch verfolgten mich diese Schreie, ließen mich nicht los.
„Hey beruhig dich. Alles ist in Ordnung. Du hast nur geträumt“, versuchte er mich flüsternd zu beruhigen.
„Nein man! Nichts ist in Ordnung!“, wie konnte er sagen, alles war in Ordnung? Es war alles andere als das!
„Was ist denn los?“, wollte er ruhig wissen und ging nicht auf mein Schreien ein.
„Feuer...“, klärte ich ihn auf. Scheiße, das war grade offensichtlich ein Traum, aber wer sagt mir, dass es nicht doch irgendwann so kommen würde?
„Feuer? Was für Feuer?“, besorgt musterte Paluten mich, während ich ihm murmelnd versuchte, die Situation zu erklären.
„Manu?“, sprach er mich erneut an und rüttelte an meinen Schultern. Wahrscheinlich hatte er mich nicht verstanden. „Rede mit mir was ist los?“
„Scheiße alter, ich werde noch wahnsinnig“, ich schüttelte erneut meinen Kopf, um wieder in die Realität zurückzufinden.
„Was hast du denn geträumt?“, wollte Paluten von mir wissen.
„Nein, also... vergiss es einfach“ bat ich ihn. Ich wollte da jetzt nicht drüber sprechen, sondern einfach verdrängen.
„Vergessen? Junge du zitterst immer noch, also sag mir nicht, dass ich es vergessen soll“, Paluten klang recht aufgebracht, weswegen ich mich dazu entschied, es ihm doch zu erzählen.
„Ja, ist ja gut“, gab ich nach. Paluten, der auf meinem Bett hockte, ließ meine Schultern los und blickte mich abwartend an. „Mann Alter. Das war absolut grausam...“
„Inwiefern?“
„Das ganze Hauptquartier stand in Flammen. Absolut alles hat gebrannt. Aber das war nicht mal das Schlimmste. Du hättest diese Schreie hören müssen“, fasste ich den Traum zusammen, und wieder schossen diese Schreie in meinen Kopf. Paluten schien das zu spüren, denn er umarmte mich plötzlich.
„Das war nur ein Traum. Alles ist gut“, versprach er mir, während er die Umarmung etwas verstärkte. Ich warf einen Blick auf meine Hände, die zitternd auf meinem Schoß lagen. Scheiße, dieser verdammte Traum hatte mich ziemlich mitgenommen.
„Ja. Ja ich weiß“, ich zitterte immer noch.
„Deinen Cats geht's gut“, Paluten musste mein Zittern wohl wahrgenommen haben. Wieder verstärkte er die Umarmung etwas, was mich ruhiger werden ließ.
„Noch, ja. Und was anderes lass ich gar nicht erst zu“, langsam wurde ich klarer, die Schreie leiser.
„Das ist die richtige Einstellung“, lobte mich Paluten, löste die Umarmung aber nicht. Ich legte ebenfalls einen Arm um Palutens Schulter, um ihm zu zeigen, dass es mir langsam besser ging.
„Geht's wieder?“, fragte Paluten auch sofort und löste die Umarmung etwas, um mir ins Gesicht zu sehen.
„Ja, ja ich denke schon“, nickte ich vorsichtig.
„Okay, gut, dann geh ich wieder“, langsam löste Paluten die Umarmung und wollte sich erheben. Sofort spürte ich wieder eine leichte Panik in mir aufsteigen.
„Nö“, entgegnete ich schlicht. Ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen, aber er sollte jetzt nicht gehen.
„Was?“, irritiert durch meine Aussage hielt er in seiner Bewegung inne.
„Als du 'nen Albtraum hattest, musste ich auch Babysitter spielen“ möglichst gelassen zuckte ich mit der Schulter. Paluten lachte verlegen, ging aber nicht weg.
„Okay, dann bleib ich“, er lächelnd, saß aber etwas überfordert auf dem Bett.
„Gut“, nickte ich erneut und legte mich wieder ordentlich und bequem ins Bett. Paluten blieb immer noch unbeholfen sitzen, was mich lachen ließ. „Willst du im Sitzen pennen?“
„Nein, eigentlich nicht“, lachte Paluten leise und ließ sich unsicher neben mich sinken.
„Nacht Palle“, murmelte ich, während mir ein Gähnen entwich.
„Nacht, Manu“, antwortete mir Paluten, wahrscheinlich grinsend. Eine kurze Stille entstand, bis Paluten mich plötzlich zu sich zog. „So jetzt hast du die ganze Babysitter Aktion“, kicherte er dann leise.
„Du bist echt kindisch“, warf ich ihm grinsend vor, blieb aber liegen.
„Tu nicht so, als würde es dir nicht gefallen“, lachte er immer noch leise, während er sich noch näher an mich drückte.
„Hab ich nicht behauptet, trotzdem bist du kindisch.“
„Von mir aus“, wieder entstand eine kurze Pause. „Schlaf gut, Manu“
„Ja, du auch“, entgegnete ich und schlief recht schnell ein, diesmal ohne Träume.
Ratet mal, wer grade eine komplette Matheklausur verhauen hat; richtig, Ich. Jetzt sitz ich hier in einer Pfütze meiner eigenen Tränen...
Spaß, ist nur 'ne normale Pfütze, wer hätte es gedacht xD
Die Klausur hab ich aber leider trotzdem verhauen...
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