1. Kapitel
»Brombeerjunges!!! Komm zurück!!!«, genervt legte Brombeerjunges die Ohren an. Gerade hatte sie noch den frischen Wind in ihrem Fell und den rauen Felsen unter ihren Pfoten genossen, aber ihre Mutter Honigschweif hatte den Moment der Freiheit und Ruhe zerstört. »Jajaja...«, miaute das schwarze Junge und warf einen letzten Blick auf den riesigen Fluss, der in einer Schlucht direkt unter ihr hinweg donnerte. Das laute Grollen klang unheimlich und doch faszinierend. Da spürte Brombeerjunges scharfe Zähne in ihrem Nackenfell und schon wurde sie von ihrer Mutter Honigschweif weg vom Abhang der Schlucht zur sicheren Felswand getragen. Dort hatten die Clans ihr heutiges Lager aufgeschlagen, so gut es ging. Seufzend setzte Honigschweif ihre Tochter ab und trabte zu Hagelschlag, ihrem Gefährten. Brombeerjunges sah die beiden leise diskutieren und spitzte die Ohren. »...liebt die Gefahr! So geht das nicht weiter...«, hörte Brombeerjunges ihre Mutter miauen. Hagelschlag strich seiner Gefährtin besänftigend über den Rücken. »Es ist sicher nur eine Phase. Brombeerjunges hat gerade erst ihre Augen geöffnet. Sie ist aufgeregt!« Brombeerjunges rückte etwas näher an ihre Eltern heran und tat dabei so, als müsse sie nur etwas nachschauen. »Ich weis nicht... Sie ist so voller Energie und hat nicht genug Raum, um sie auszuleben. Wer weis, wohin das noch führen wird...« Brombeerjunges hatte ihre Eltern noch nie so über sich reden hören, war aber nicht überrascht. Sie liebte das prickelnde Gefühl von Adrenalin in ihren Adern und konnte kaum Still sitzen. In diesem Moment spürte Brombeerjunges das Gefühl, das jemand sie beobachtete. Schnell drehte sich die schwarze Kätzin um und sah in die freundlichen blauen Augen von Wasserstern, dem Anführer des FlussClans. Er war noch sehr jung, wurde aber von allen Katzen respektiert. Brombeerjunges erwiderte den freundlichen Blick ihres Anführers und wollte ihre Eltern weiter belauschen, als Wasserstern angelaufen kam. »Na, meine Kleine. Wie geht es dir?« Brombeerjunges schnippte mit dem Schweif, sie konnte einfach nicht Still sitzen. »Gut. Ich freue mich schon so auf meine Schülerernnung!« Wasserstern schnurrte amüsiert und antwortete: »Da musst du, fürchte ich, noch etwas warten. Aber hast du vielleicht jetzt schon Lust auf eine kleine Mission?« Brombeerjunges hüpfte aufgeregt auf und ab und wollte schon antworten, als ihr ein Gedanke kam und sie de Augen misstrauisch verengte. »Ich möchte aber keine Steine sammeln oder Wolken zählen oder so etwas Dummes!« Honigschweif hatte in den letzten Tagen versucht, ihre Tochter mit solchen Übungen zur Ruhe zu bringen, was jedoch nicht geholfen hatte. Wasserstern lachte auf. »Nein, keine Sorge. Es handelt sich um eine wirklich wichtige Mission. Du, ich und Distelpfote, wir werden ein bisschen hier im Gebirge herumwandern und nach einem geeigneten Platz für die Clans suchen.« Brombeerjunges wurde ganz warm vor Aufregung. »Oh ja, bitte!« Das war wirklich eine spannende Mission! Honigschweif würde staunen. Wasserstern nickte zufrieden und wank Distelpfote, den einzigen Schüler des FlussClans, zu sich. Als er sich vorstellte und Brombeerjunges aus seinen warmen, goldenen Augen ansah, fiel der Kätzin nicht wie üblich ein Frecher oder Lustiger Spruch ein, sie murmelte nur ein schüchternes: »Ich bin Brombeerjunges...« Dann zogen die drei Katzen los. Distelpfote war wirklich eine angenehme Gesellschaft. Brombeerjunges mochte seine aufgeschlossene, freundliche Art und das ehrliche Interesse, das er ihr entgegen brachte. Er schien sich wirklich dafür zu interessieren, was die kleine Kätzin zu sagen hatte. Wasserstern sprach kaum sondern sah sich nur in der felsigen Berglandschaft um. Doch nirgendwo war auch nur eine Spur von Beutegeruch zu erkennen, oder ein Baum zu sehen. Brombeerjunges mochte ihr Leben, es war so wie sie es sich wünschte: voller Abenteuer. Doch die Kätzin wusste, dass sich viele der Clan- Katzen nach einem festen Lager und Territorium sehnten. Für alle war es ein Schock gewesen, das der Wald um den See plötzlich gebrannt hatte. Zwar war nur das SchattenClan- Gebiet wirklich betroffen gewesen, aber der Qualm des Feuers hatten viele Katzen krank gemacht. Deshalb hatten die Anführer beschlossen, los zu ziehen und ein neues Zuhause zu suchen. »Ich freue mich schon darauf, wenn du Schülerin bist, Brombeerjunges!«, miaute Distelpfote sanft. Brombeerjunges blinzelte ihn freundlich an. »Ich mich auch! Dann können wir gemeinsam Trainieren!« Wassersterns barsches Miauen kam sehr unerwartet. »Noch ist es aber nicht so weit. Konzentriert euch bitte!« Überrascht legte Brombeerjunges die Ohren an. Den Rest des Weges verbrachten die jungen Katzen schweigend. Brombeerjunges sah sich in der zerklüfteten Felslandschaft um. Hier wollte sie- Abenteuer hin oder her- nicht wohnen. Zwischen den Felsen gab es immer wieder tückische Löcher, durch die man unendlich tief ins Nichts stürzte. Schaudernd hielt sich Brombeerjunges dicht an Distelpfote. Das Junge müsste nun eigentlich schwer erschöpft sein, jedoch war sie an das viele Laufen in den letzten Tagen gewöhnt worden. Alleine am gestrigen Tag waren die Katzen der Clans von einem alten Zweibeinerdorf bis hin zum Gebirge gelaufen. Manchmal war Brombeerjunges allerdings von ihrer Mutter getragen worden. Sie war ziemlich stolz, dass sie mit erst fünf Tagen die Augen auf hatte und so weit laufen und klettern konnte. Brombeerjunges war sich sicher, das ihr das bei ihrer Ausbildung helfen würde. Stolz reckte die Kätzin das Kinn und sprang über einen kleinen Gesteinsbrocken. »Also.«, kam es nun von Wasserstern, »Ich denke, hier ist es nicht sonderlich geeignet. Lasst uns zurückkehren.« Brombeerjunges unterdrückte ein Gähnen und nickte. Mittlerweile war die Kätzin doch Müde geworden. Sie war immerhin noch jung. Als die drei Katzen erst kurz gelaufen waren spürte Brombeerjunges plötzlich ein eigenartiges Gefühl. Es war wie ein Kribbeln. Nicht unbedingt unangenehm aber auch nicht schön. Und da spielte sich plötzlich eine Szene vor dem Auge der Kätzin ab. Sie sah einen riesigen Raubvogel, hörte sich schreien. Distelpfote schreckte auf, wurde jedoch von dem riesigen Tier geschnappt. Der schwarze Kater wurde hoch in den Himmel getragen, den Mund zu einem Schrei aufgerissen. Entsetzt blinzelte Brombeerjunges und die Vision verschwand. War sie etwa im stehen eingeschlafen? Brombeerjunges schüttelte sich hastig, als sie einen seltsamen Geruch wahrnahm. So etwas hatte sie noch nie gerochen. Brombeerjunges ganzer Pelz stellte sich auf, ihr Schweif peitschte hin und her. Und plötzlich wusste die Kätzin, was sie zu tun hatte. Sie jaulte: »Achtung!!!!« Wasserstern und Distelpfote sahen irritiert auf und rissen dann die Augen weit. »Brombeerjunges!«, brüllte Wasserstern mit vor Panik aufgerissenen Augen, »Komm da weg!« Da spürte Brombeerjunges einen Luftzug im Nacken und raste los. Im Laufen drehte sie sich um und sah das Schrecklichste, was sie je gesehen hatte. Ein riesiges Monster mit gelben Augen und aufgerissenem Schnabel. Brombeerjunges rannte so schnell sie konnte, aber das Monster flog immer schneller. Da gruben sich plötzlich scharfe Krallen in den Rücken der Kätzin. »Distelpfote!«, jaulte sie als sie in die Luft gerissen wurde. Es war das beängstigendste, was dem Jungen je passiert war. Ihre Pfoten baumelten in der Luft, die Krallen des Raubvogels gruben sich erbarmungslos unter die Haut des Kätzchens. Da kam der Vogel plötzlich ins Schwanken. Brombeerjunges sah Distelpfote mit entschlossenem Gesicht direkt neben sich. Der Kater hatte sich in einem Vogelflügel festgekrallt und schnappte nach seinem Hals. Da lockerte sich auch schon der Griff um Brombeerjunges und das Junge fiel zu hart zu Boden. Erst war sie etwas betäubt, doch die Kätzin rappelte sich schnell auf und wollte Distelpfote helfen, aber Wasserstern schubste sie weg. »Nein...«, knurrte er, »Bleib in Sicherheit unter diesem Stein...« Brombeerjunges wollte schon protestieren, doch Wasserstern sprang bereits los und holte den Vogel vom Himmel. Doch das Tier war trotz seiner Wunden extrem wild. Es kreischte laut und schlug mit den harten Flügeln um sich. Entsetzt sah Brombeerjunges, dass Distelpfote leblos am Boden sah. Etwas jagte durch die Adern der Kätzin. Etwas, was sie noch nie gespürt hatte. Angst.
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