15. the heaven we created
TW: SSV
the strongest hearts
have the deepest scars.
A M E L I E
Der Weg in den Teil des Schlosses in dem sich der Krankenflügel befand war beschwerlich, denn die Kälte regierte in den Korridoren von Hogwarts wie ein eisiger Herrscher. Sie kratzte an unserer Haut, nistete sich in unseren Knochen ein und lähmte unsere Körper, sodass wir nur langsam vorankamen.
Astoria und ich hielten Pansy in unserer Mitte und achteten darauf, dass sie nicht stolperte und wankte.
Ihre zierlichen Schultern zitterten und ich konnte hören, wie die Anstrengung zusätzlich zu dem
Schmerz ihrer Verletzungen und den Nachwirkungen des Folterfluches ihre Atmung immer rasselnder werden ließ. Die Erschöpfung streckte langsam die Hände nach der Slytherin aus, doch sie kämpfte verbissen dagegen an, das Bewusstsein zu verlieren.
Auch Astoria hatte kaum Kraft, doch sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen und lief weiter.
Nach einigen sich endlos anfühlenden Minuten erreichten wir endlich die untersten Treppenstufen des Turmes, in dessen schwindelerregenden Höhen sich der Krankenflügel befand und begannen mit dem Aufstieg. Ein kurzer Schulterblick verriet mir, dass wir auf unserem Weg eine leuchtend rote Blutspur hinterlassen hatten, die einige der Teppiche durchtränkte, doch es kümmerte mich nicht.
»Halt durch, wir sind gleich da, Süße«, flüsterte ich Pansy zu, die jedoch kaum noch ansprechbar war.
Je höher wir stiegen, desto lauter wurde das Flüstern der Portraits, die an den Steinwänden des Turmes platziert waren. Die meisten von ihnen waren Heiler aus vergangenen Jahrhunderten, weshalb sie uns veraltete Ratschläge mit auf den Weg gaben, von denen einer schwachsinniger als der andere war.
Andere jedoch, besaßen gar kein Feingefühl.
»Oh seht nur, das schöne Gesicht. Was für ein Jammer, nun wird sie niemand mehr ansehen«, rief eine eingebildete Hexe mit strohblondem Haar, woraufhin ich ihr einen vernichtenden Blick zuwarf.
»Halt die Klappe«, fuhr ich sie wütend an, woraufhin sie beleidigt die stark gepuderte Nase rümpfte und erhobenen Hauptes aus ihrem Portrait stolzierte.
Der Blutverlust ließ Pansys Knie plötzlich einknicken, woraufhin wir beinahe allesamt rücklings die steilen Treppenstufen hinabgestürzt wären, hätte uns eine der Ritterrüstungen, die vor einem medizinischen Lager in einer Ecke des Turmes Wache standen, nicht im letzten Moment gestützt.
»Bleib bei ihr, ich hole Hilfe«, rief ich Astoria zu, bevor ich mit stechender Lunge die letzten Stufen des Turmes hinter mir ließ, dabei um ein Haar in ein verliebtes Pärchen hineingerannt wäre, das eng umschlungen in der Ecke neben dem Eingang zum Krankenflügel knutschend gegen die Wand lehnte.
»Oh Verzeihung, ich— Enzo?«
»Amelie?«
Erschrocken und mit rosafarbenen Wangen löste sich mein Bruder von der hübschen Blondine, die er vor sich gegen die Wand gedrückt hatte. Das dunkelbraune Haar des Slytherin war durcheinander und seine Lippen vom Küssen leicht angeschwollen.
Er sah glücklich aus, denn es war das erste Mal seit sehr langer Zeit, dass seine Augen wieder leuchteten.
»Diana und ich haben nur... also da war ein Mistelzweig und wir haben—«, doch seine Stimme erstarb in der Sekunde, in der er das Blut auf meiner Kleidung und auf meinen Händen entdeckte.
»Was ist passiert?«, riefen Enzo und Diana gleichzeitig, die sich jetzt an ihm vorbei schob um mich routiniert auf Verletzungen abzusuchen.
Ich schüttelte nur den Kopf und wich zurück.
»Pansy ist verletzt«, brachte ich atemlos hervor und zeigte mit zitternden Fingern auf die Treppen hinter mir. »Es war Umbridge. Sie hat—«, doch bevor ich den Satz beenden konnte, war Enzo bereits an mir vorbei gestürzt, während Diana in den Krankenflügel rannte um Madam Pomfrey zu alarmieren.
Sekunden später lief mein Bruder wieder an mir vorbei, die bewusstlose Pansy in seinen Armen.
Besorgt warf ich einen Blick zurück und entdecke Astoria, die in diesem Augenblick völlig erschöpft auf dem Treppenabsatz erschien. Als ich zu ihr lief, weiteten sich ihre tiefgrünen Augen plötzlich.
»Amelie«, flüsterte sie. »Du blutest.«
»Nein, das ist nicht mein Blut«, erklärte ich ihr, doch Astoria schüttelte den Kopf und zeigte traurig auf den dunkelgrauen Rock meiner Schuluniform.
Irritiert blickte ich an mir hinab, bemerkte erst jetzt, dass sich dunkelrote Flecken auf dem Rock meiner Uniform auszubreiten begonnen hatten, die langsam immer größer wurden. Bei der Anstrengung mussten einige meine Narben wieder aufgerissen sein.
»Mir gehts gut«, flüsterte ich heiser.
»Oh Amelie«, schluchzte Astoria leise und legte die Arme um mich, drückte ihren zitternden Körper an meinen. »Nein. Es geht dir nicht gut, meine Süße.«
Ich presste die Lippen aufeinander und schwieg, während wir einen langen Moment eng umschlungen in dem kleinen Korridor vor dem Krankenflügel standen, der jetzt nur noch von der kleinen Lichterkette beleuchtet wurde, die Diana über der schmuckvollen Eingangstür angebracht hatte.
»Ich geh kurz ins Bad«, murmelte ich und löste mich von der zierlichen Hufflepuff. »Du siehst erschöpft aus, du solltest dich etwas ausruhen, Tori.« Besorgt strich ich ihr über die Wange. »Lass dir etwas zur Stärkung geben und sieh dann nach Pansy, okay?«
Astoria nickte, doch ich spürte wie sie mir nachsah, als ich die Treppen wieder hinabstieg. Im Stockwerk darunter flüchtete ich mich in das alte Bad der Vertrauensschüler, das nur noch selten genutzt wurde, seit es ein neues und deutlich luxuriöseres gab, das meine Eltern unserer Schule gespendet hatten, als ich im dritten Schuljahr gewesen war.
Von der Decke hing ein altmodischer Kronleuchter aus purem Silber, dessen smaragdgrüne Kerzen bei meinem Eintreten sanft aufflackerten und dem Raum eine glimmernde mystische Atmosphäre verliehen.
Es erinnerte mich an die Kerker von Slytherin.
Auch das alte Bad war wunderschön, mit hohen Decken, verziert mit goldenen Ornamenten und hübschen Buntglasfenstern, in dessen Mitte eine Meerjungfrau auf ihrem Felsen thronte, während sie sich mit einer perlenbesetzten Haarbürste durch ihr goldblondes Haar fuhr, das ihr wie Seide über ihre Kurven fiel, die etwa in Taillenhöhe in einem aquamarinfarbenem Fischschwanz endeten.
Sie war bezaubernd.
Die Nixe sah mich aus ihren sanftmütigen Augen heraus besorgt an und bewegte die Lippen, doch der Zauber, durch den sie vor vielen Jahren erschaffen worden war, hatte ihr niemals eine Stimme gegeben.
Und auch ich blieb stumm, wandte ihr traurig den Rücken zu und flüsterte einen Zauberspruch der die Türen verschloss, bevor ich mit blutigen Händen die abgenutzte Keramik eines alten Waschbeckens umfasste und in den verwitterten Spiegel sah.
Früher hatte ich mich auch hübsch gefunden.
Doch das besorgniserregend blasse Mädchen mit den blutleeren und rissigen Lippen, dem langen Haar und den traurigen braunen Kulleraugen, das mir nun entgegen sah, war nur noch ein Schatten ihrer selbst.
Mein Haar, das eigentlich die leuchtende Farbe von dunkler Kastanie an einem sonnigen Oktobermorgen hatte, hatte in den letzten drei Jahren fast jeglichen Glanz verloren, wirkte spröde und leblos, wie eine Pflanze die man in den Schatten heranzüchtete.
Unter dem smaragdgrünen Pullover mit dem eingestickten Hauswappen auf der Brust, der durchtränkt von Pansys Blut war, stachen die Knochen meiner Schlüsselbeine auffallend hervor.
In letzter Zeit vergaß ich häufiger als sonst zu essen, was sich langsam bemerkbar machte. Denn auch meine Brüste waren deutlich kleiner geworden.
Traurig wandte ich den Blick von meinem Spiegelbild und fragte mich, welcher Junge mit einer solch traurigen Erscheinung auf den Weihnachtsball gehen wollte, geschweige denn sich in ein Mädchen zu verlieben, das so blass war wie die Seiten der vielen Bücher, hinter denen es sich stets versteckte.
Scheu und verängstigt wie ein dummes Reh.
Von der aufgeschlossenen Berkshire Erbin, dessen prinzessinnenhaftes dunkles Haar jeder Junge anfassen— und mit dem jedes Mädchen befreundet sein wollte, war nun nicht mehr allzu viel übrig.
Schwer atmend sank ich auf die Knie und schob ganz vorsichtig meinen Rock hoch und sog scharf Luft ein, denn der Stoff klebte hartnäckig an meinen Wunden.
Zwei der Schnitte, die ich mir nach Enzos Angriff hinzugefügt hatten waren wieder aufgerissen.
Ich zog meinen Zauberstab und starrte auf meine Beine, auf denen es mittlerweile kaum noch eine Stelle gab, die ich nicht zerschnitten hatte. Ich wusste, dass ich die aufgerissenen Wunden mit einem Desinfektionszauber reinigen musste, damit sie sich nicht wieder entzündeten. Sie heilen musste und zurück in den Krankenflügel gehen um meiner Freundin beizustehen, doch ich konnte es nicht.
Denn ich sehnte mich danach mir weh zu tun.
Ich sehnte mich nach Schmerz.
Dem vertrauten körperlichen Schmerz, der mich schon seit Jahren meinen seelischen ertragen ließ. Ich wollte nur für einen Moment die Bilder aus dem Kopf bekommen, von dem was heute geschehen war.
Nur einen Augenblick alles vergessen.
Die Worte der Ministeriumshexe über unsere Pflichten als Ehefrauen im dunklen Regime, die Brauanleitungen der Tränke die meine Fruchtbarkeit erhöhten, die ich gezwungen war nach meiner Hochzeit einzunehmen um möglichst schnell schwanger zu werden, Pansys markerschütternde Schreie und der Anblick ihres gekrümmten Körpers auf dem Boden, während Umbridge sie folterte.
Ich schloss die Augen und presste die Lippen fest aufeinander, versuchte angestrengt meine zitternden Hände dazu zu bewegen meinen Zauberstab wegzulegen, dessen Spitze ich durch die Kraft meiner Gedanken in eine Rasierklinge verwandelt hatte.
Doch ich konnte es nicht.
Ich wollte es nicht.
Der bittersüße Schmerz als die Klinge durch meine Haut schnitt, fühlte sich wie eine Erlösung an. Mir selbst weh zu tun, mir freiwillig Schmerz hinzuzufügen war die einzige Art von Kontrolle die mir noch geblieben war. Wie in Trance schnitt ich mich, heilte die Schnitte und verletzte mich wieder.
Es klopfte an der Tür, doch ich ignorierte es
Umbridges Worte wiederholten sich in meinem Kopf, während ich mich schnitt, waren so laut, als würde sie direkt neben mir stehen und mich anschreien.
Du wirst gehorchen.
Wieder klopfte es an der Tür, diesmal energischer.
Bittere Kälte kroch meinen Körper hinauf, biss mich in die Haut wie eine hungrige Schlange, während ich mir Schmerz hinzufügte, bis ich darin ertrank.
Ich wusste, dass ich diesmal zu tief geschnitten hatte, denn als ich endlich den Zauberstab zur Seite legte, saß ich in einer tiefroten Blutlache, die sich bereits ausgebreitet hatte. Mir war schwindelig und mein Kopf war wie in Watte gepackt, weshalb ich nur dumpf hörte, wie jemand meinen Namen rief, während Fäuste gegen die Tür des Bads hämmerten.
»Es ist b-besetzt«, flüsterte ich, während ich den Blutstropfen dabei zusah, wie sie in Richtung Tür sickerten. Vielleicht hatte ich eine Arterie verletzt.
Ich schob meinen Rock wieder über die Schnitte um nicht mehr sehen zu müssen, was ich getan hatte.
»Amelie?«
Ich kannte die Stimme, wusste genau, wer vor dieser Tür stand und seine Fäuste immer ungeduldiger dagegen krachte, doch ich konnte mich nicht rühren, konnte mich nicht heilen, konnte nicht mehr denken.
Ich wollte nur, dass es endlich aufhörte.
Eine feine Blutspur sickerte wie ein Rinnsal über die schäbigen alten Fliesen und schließlich durch den Spalt durch die Tür und auf den Flur hinaus.
Ein Pochen meines erschöpften Herzens.
Nur verschwommen nahm ich wahr, wie die Tür zum Bad krachend aufsprang, bevor jemand in den Raum stürmte und sich neben mich in mein Blut hinein kniete. Jemand dem die Dunkelheit wie ein Schatten folgte und dessen machtvolle dunkle Aura das Licht in dem alten Bad augenblicklich aufflackern ließen.
»Amelie? Wer hat das getan?«, drang eine vertraute Stimme an mein Ohr, zornig und aufbrausend wie der Schneesturm, der jetzt von außen gegen die Fensterscheiben schlug. »Amelie, antworte mir.«
Ihn meinen Namen aussprechen zu hörten tat weh, tat so sehr weh, schmerzte mir bis tief in meine Seele.
Ich konnte nicht antworten, war wie erstarrt.
»War es Umbridge? Hat sie—«, doch seine Stimme erstarb in der Sekunde, in der seine dunklen Augen die Stelle gefunden hatte, aus der das Blut sickerte.
Dann war er ganz nah bei mir.
So nah, dass ich seinen Duft riechen konnte.
Ich wimmerte und schloss die Augen, als ich spürte wie seine Hände zaghaft meinen Rock hochschoben.
Doch er berührte mich nicht.
Er würde mich nie gegen meinen Willen berühren.
»Ich hole Enzo, er weiß besser als ich, wie—«
»Nein, bitte nicht«, flehte ich kaum hörbar.
Ich konnte hören, wie er scharf Luft einsog.
»Ich muss das heilen, Amelie. Es ist sehr tief und es wird weh tun.« Seine raue Stimme klang plötzlich sanft, beinahe wie in einem Traum. Doch die erkennbare Sorge darin, holte mich jetzt zurück.
Er war hier, hier bei mir.
Mein Theo.
Ich nickte und presste die Lippen fest aufeinander.
Seine dunklen Locken kitzelten meinen Hals und meine Wange, als er sich über mich lehnte. Die Wärme, die der ältere Slytherin ausstrahlte war tröstend, wie Balsam für meine zersplitterte Seele.
Denn zum ersten Mal seit der Nacht in der wir einander verloren hatten, überwiegte die Sehnsucht nach seiner Nähe und stellte die Angst hinter sich.
Ich schrie auf, als sein Desinfektionszauber wie Flammen über meine Haut tanzte. »Es wird noch schlimmer«, flüsterte Mattheo. »Fuck, Amelie. Du hättest verbluteten können. Es ist verdammt tief.«
»Es tut mir leid«, wisperte ich und öffnete die Augen, schaffte es nicht ihm direkt ins Gesicht zu sehen und starrte stattdessen auf seine Wange. Mattheo schüttelte den Kopf. »Beiß in meine Schulter, wenn du schreien musst«, sagte er mit ruhiger Stimme.
Ich nickte und lehnte mich vor, zitterte wie Espenlaub als ich mein Gesicht an seine Schulter drückte. Er trug nur einen relativ dünnen schwarzen Pullover und als ich die Spitze seines Zauberstabs sanft gegen den schlimmsten der Schnitte drücken spürte, tat ich was er mir aufgetragen hatte.
Ich biss durch den Stoff des Pullovers in seine Haut, tief und hart um meine Schreie zu unterdrücken, doch er schien es nicht einmal zu spüren und wenn, dann ließ er es sich nicht anmerken. Er hielt es aus.
Meine Augen verdrehten sich, rollten vor Schmerz umher, während der Lockenkopf die Schnitte heilte.
Schnitte, die lange und furchtbar hässlich Narben hinterlassen würden. So wie sie es immer taten.
Nach einigen Minuten hörte der Schmerz auf.
Ich sah ihm dabei zu, wie er mit seinem Zauberstab langsam das Blut von meiner Haut sog. Sein Blick verdunkelte sich mit jeder weiteren Narbe, die darunter zum Vorschein kam. Ich schämte mich für das, was ich mir und meinem Körper antat, schämte mich so sehr, dass ich auf dem Boden vor ihm zurück wich, bis mein Rücken mit einer Säule kollidierte.
Mattheo starrte auf meine Beine, ein so gequälter Ausdruck auf seinem Gesicht, dass mir der Schmerz des Slytherin die Kehle fest zuzuschnüren begann.
»Das muss aufhören, Sweetie«, flüsterte er und schluckte schwer, bevor er das Kinn hob und ich seinen Blick auf mir spürte. »Du darfst dir so etwas nicht antun.« Und zum ersten Mal, seit er den Zauber durchbrochen hatte, mit dem ich die Tür versiegelt hatte, blickte ich ihm direkt in die Augen.
Und fand dort nichts als Schuld.
»Denkst du, ich habe es nicht versucht?«, brachte ich mit heiserer Stimme hervor und funkelte ihn zornig an. »Du hast keine Ahnung, wie es sich anfühlt—«
»Doch, ich weiß genau wie es sich anfühlt.«
Einen langen Moment sah er mir tief in die Augen, bevor er nach dem Saum seines Pullovers griff und sich den Stoff langsam über den Lockenkopf zog.
An seiner Schulter hatte er einen leuchtend roten Abdruck von meinem Biss, doch die Haut war nicht verletzt worden. Mein Atem begann zu stocken, als mein Blick über seinen nackten Oberkörper glitt.
Meine Augen füllten sich mit Tränen, als mir klar wurde, dass er genau wusste wie ich mich fühlte.
Mattheo kannte Schmerz.
Er kannte meinen Schmerz.
Die Haut auf seinen definierten Bauch— und Brustmuskeln war verziert von unzähligen Narben.
Glatte, feine Narben, die eine Rasierklinge hinterließ, wenn der Seelenschmerz nicht mehr zu ertragen war.
Einige waren längst verheilt, andere schienen noch nicht so alt zu sein. Kreuz und quer zogen sie sich über seine Haut, bildeten ein abstraktes Kunstwerk gezeichnet von Selbsthass und tiefer Traurigkeit, trugen sie doch die Handschrift purer Verzweiflung.
Seine Narben erinnerten mich an Sterne.
Verblasst und doch für die Ewigkeit zu sehen.
Mein Blick glitt tiefer, fiel plötzlich auf sein dunkles Mal und was ich dort sah, ließ mich kaum mehr atmen. Die Haut um das Mal herum und überall wo die Tinte sie berührte, war furchtbar vernarbt.
Als hätte er versucht es sich aus der Haut zu kratzen, verzweifelt versucht es irgendwie loszuwerden, um seinem Schicksal entgehen zu können, sich zu befreien aus den Fängen des dunklen Lords, in die er mit gerade einmal Siebzehn Jahren geraten war.
Doch nur der Tod konnte ihn davon erlösen.
Und Schmerz war seine Art es auszuhalten.
»Ich weiß genau wie es sich anfühlt.« Seine Stimme klang heiser und gebrochen, war nun nichts weiter als ein Flüstern, begleitet von bitterer Reue. »Aber im Gegensatz zu dir verdiene ich es zu leiden.«
Er schluckte und senkte den Blick, fuhr sich mit einer Hand durch seine chaotischen dunklen Locken, nur um seinen zitternden Händen etwas zu tun zu geben, die immer noch befleckt von meinem Blut waren.
»Theo«, flüsterte ich tränenblind.
»Ich verdiene den Schmerz, für das was ich dir angetan habe, Amelie. Ich verdiene es und—«, doch seine Stimme brach, als die Erinnerungen an die Nacht der Schlacht seine Gedanken zu fluten begannen und sein Herz zum bluten brachten.
So wie auch meines zu bluten anfing.
Wir waren gleich und doch so verschieden.
Zwei einst so fest miteinander verbundene Seelen, die sich den selben Himmel geschaffen hatten um in Zeiten vollkommener Finsternis eine Weile der flammenlosen Hölle entgehen zu können, in die sich ihrer beider Leben seit dem Krieg gewandelt hatte.
Ein Himmel, in dem Narben Sterne waren, deren Leuchten die Dunkelheit erträglicher machte.
Ein Himmel, in dem Schmerz Erlösung war.
Wenn auch nur für einen kurzen Augenblick.
𓆙
the heaven they created <3
bereit für den Weihnachtsball?
danach gibt es noch eine Überraschung
(etwas auf das ihr alle sehnlichst gewartet habt)
bitte denkt ans voten,
wenn euch die Geschichte gefällt ♡
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