
#69 - Lass die Bombe platzen
Sie hat ihn nicht geküsst.
Sie hat es nicht getan.
Sie hat ihn nicht geküsst.
Jeder konnte sehen, dass er sie küssen will. Wie er sie angesehen hat.
Aber sie wollte nicht.
Sie hat sich weggedreht.
Sie hat ihn nicht geküsst.
Ich habe es genau gesehen.
Ich stand im Backestage-Bereich und habe sie über den Bildschirm beobachtet.
Wie sie sich bewegt. Wie sie mit Leidenschaft tanzt.
Ständig verfällt mein Herz ihr wieder.
Und sie hat ihn nicht geküsst.
Sie hat ihn nicht geküsst.
~~
Ich faltete das zerknautschte Ding auseinander und entzifferte Nialls Gekrakel, das er wahrscheinlich in aller Schnelle hingeschmiert hatte.
‚Sam, ich habe noch voll viel im Kühlschrank. ...'
Er zählte erst einmal auf, was ich alles essen konnte, und ich staunte nicht schlecht, was eine Person überhaupt in einen Kühlschrank packen konnte. Damit hätte man eine ganze Fußballmannschaft eine Woche lang durchfüttern können!
Ich fragte mich ehrlich gesagt gerade, wieso er mir mitteilte, was er alles zu essen da hatte. Ich meine, das würde doch eh nicht auffallen, wenn etwas fehlte?
‚Bitte geh wirklich gleich schlafen. Du bist so fertig, das ist Wahnsinn. Es tut mir so weh, dich so zu sehen. :( Ich wünsche dir eine gute und vor allem erholsame Nacht! <3
P.S.: Ich habe dich heute Morgen angelogen. Sorry .___. Die Antwort war nicht 3, sondern eher 12... aber ich hab dich trotzdem lieb und du bist so oder so wunderschön! xx'
Gegen meinen Willen musste ich grinsen. Kleiner Schlawiner, der Gute!
Langsam trottete ich hinüber in die Küche und machte mich an Nialls Kühlschrank zu schaffen. Was mich auch so wunderte, war, dass er genau wusste, wo was stand. Der Kühlschrank platzte aus allen Nähten, aber er wusste, dass die Erdbeeren in der zweiten Etage von oben neben dem Stück Lasagne standen, oder dass der Vanillejoghurt auf der Dose mit den eingelegten Pfirsichen stand.
Wow, was für ein Elefantengedächtnis. Wenn er sich so auch die Songtexte merken konnte, könnte er die One Direction-Konzerte auch alleine meistern!
Ich merkte, wie meine Gedanken schon wieder wegdrifteten und ich mich ermahnen musste, nicht schon wieder das Bewusstsein zu verlieren.
Wahrscheinlich würde mich eh bald jemand anrufen und kontrollieren, ob ich noch unter den Lebenden weilte. Würde mich nicht wundern, wenn es Paul höchstpersönlich war.
Ein wenig unangenehm war es mir echt, dass immer er mich einsammeln musste... okay, nicht nur unangenehm. Es war mir verdammt peinlich.
Ich machte mir alles Mögliche in der Mikrowelle warm, packte mir unendlich viele Sachen auf das Tablett, das neben dem Kühlschrank an der Wand auf der Arbeitsplatte lehnte und – stellte es dann zwei Meter neben mir wieder ab. Ich war so blöd. Ich sollte erst einmal duschen gehen.
Stöhnend verdrehte ich die Augen über mich selber. Bis ich aus der Dusche wieder raus war, war eh alles wieder kalt und ich konnte es erneut aufwärmen.
Oder du isst es jetzt gleich, sagte ich mir selber in Gedanken, aber ich entschied mich für die Dusche.
Als ich wieder in die Küche kam, führte ich das ganze Prozedere noch einmal durch und balancierte das Tablett dann hinter in Nialls Schlafzimmer, wo der Fernseher stand.
Wenn Paul und Lucy wirklich glaubten (und der Rest der Welt auch), dass ich wirklich sofort schlafen ging, dann hatten sie sich aber gewaltig getäuscht. Sah ich wirklich so aus, als würde ich mir das restliche Event entgehen lassen? Also bitte.
Nichts da.
Ich holte noch schnell mein Handy, das auf der Couch – also auf meinem Bett – lag und kuschelte mich dann unter meine Bettdecke, die ich mir ebenfalls mitgenommen hatte. Unter Nialls Bettdecke zu liegen käme mir irgendwie ...falsch vor. Es gab eben freundschaftstechnisch auch irgendwo noch Grenzen.
Ich zappte durch die Kanäle, bis ich den richtigen fand, auf dem das Event übertragen wurde. So war es eigentlich auch ganz cool, weil ich auf dem Bildschirm die Auftritte viel besser sehen konnte als im Backstage-Bereich auf dem Bildschirm, der ewig weit weg und weit oben hing.
Es fühlte sich an, als würde ich eine DVD von einem Konzert schauen. Es ging nicht wirklich in meinen Kopf rein, dass das Ganze ja wirklich genau jetzt in diesem Augenblick stattfand und ich dort auch schon vor weniger als einer Stunde mitgewirkt hatte.
Als ich alles in mich hineingestopft hatte – ich hatte wirklich alles gegessen, was ich mir mitgenommen hatte, und das war nicht gerade wenig – griff ich nach meinem Handy und entsperrte es. Ich ging in Whatsapp und kümmerte mich erst einmal um meine Cousine.
Ich las ihre tausend Nachrichten, die sie mir geschrieben hatte. Ich war noch nicht einmal durch, als schon die nächste folgte.
‚Wieso bist du online?? Sam?!? Bist du nicht mehr auf dem Event!?'
‚Nein...', schrieb ich zurück.
‚WAS?! WIESO!?? WAAARUUMMMMMMM'
‚Bin zusammengeklappt...', antwortete ich und wartete darauf, dass sie ausflippte. Was sie natürlich auch tat.
‚NICHT
DEIN
ERNST
WAS
OHA
SCHEISSE
Wie geht's dir? :(((((', schrieb sie in lauter einzelnen Nachrichten.
‚Gut. Ich liege auf Nialls Bett und schaue die Übertragung vom Event.'
Da fiel mir etwas ein.
‚Sag mal, hast du morgen nicht Schule?!? Wieso bist du noch wach?!'
Heute war Sonntag und die Herbstferien waren jetzt vorbei!
‚Ja und? Schlafen wird überbewertet. :P Ich schau lieber mit Manu das Event', antwortete sie mir.
‚Sag mal, was ist jetzt eigentlich mit dir und Luke?!?', fragte ich, was ich schon den ganzen Abend wissen wollte, seit Luke mich nach meinem Auftritt umarmt hatte.
Sie war die ganze Zeit online, aber sie antwortete mir nicht.
Ich runzelte die Stirn. Was hieß das?
‚Jana?'
‚Du darfst jetzt nicht ausflippen, okay...', fing sie an.
Ich schloss ergeben die Augen. Oh nein, was kam jetzt...
‚Ich sag's dir, mich hat's so krass erwischt, ja holla. Wir schreiben die ganze Zeit und er ist so süß und ich mag ihn so gern und er interessiert sich so für mich'
‚Und wieso genau soll ich jetzt ausflippen? Das ist doch total wunderbar!:)))'
Ich fragte das eigentlich nur, ...weil ich es halt fragte. Ich wusste ganz genau, dass die Bombe noch kommen und explodieren würde. Sie hatte gerade erst Anlauf genommen, um sie mir jetzt vor die Füße zu schmeißen.
‚Naja... weißt du, was morgen ist?'
‚Montag'
Sie schickte den Smiley mit dem angepissten Gesichtsausdruck. Und danach den Kackhaufen.
‚Sehr gut, Sherlock. Sonst noch irgendwelche geistigen Ergüsse?'
‚Ich kann heute nicht mehr denken, Jana. Sag's mir einfach.'
Sie tippte eine Antwort: ‚Morgen Abend ist ein One Direction Konzert.'
Aha. Wusste ich nicht. Woher auch.
‚In London', schrieb sie jetzt weiter.
Ich wartete.
‚Mit 5 Seconds Of Summer als Vorband.'
Aha, da kamen wir der Sache – oder der Bombe – schon näher.
Ich konnte die Zündschnur schon schmoren riechen.
‚Jetzt spuck's aus, sonst schlaf ich bald ein', meinte ich ein wenig genervt.
‚Oh Gott du wirst so sauer sein du wirst mich so hassen ich weiß es ich hab so ein schlechtes Gewissen ich bin so eine schlechte Cousine!!!'
‚Was ist denn los?!'
‚Niall hat mich erpresst.'
‚?!'
Ich verstand nur Bahnhof.
Sie tippte eine halbe Ewigkeit und ich wartete ungeduldig auf die Erklärung. Währenddessen sah ich Ariana Grande zu, wie sie sich auf der Bühne räkelte und ihre Haare durch die Gegend schwang.
Endlich kam die Nachricht.
‚Niall...hat mich mit einer Konzertkarte erpresst. Erst war es ein Backstage-Pass für das Event heute, aber das ging nicht, weil meine Oma heute 75 geworden ist, weißt schon, große Feier mit der blöden Nicht-Ferroni-Seite diesdas. Jetzt habe ich stattdessen einen Pass für das morgige 1D Konzert in London.'
Ich kam absolut nicht mit.
‚Und was hast du für eine Gegenleistung gebracht?', fragte ich.
Sie antwortete nicht.
‚Jana-.-'
‚Ich habe ihm immer erzählen müssen, wie es dir geht....'
Mein Mund klappte ungläubig auf und ich starrte ihre Nachricht an.
Mein Finger schwebte über dem Bildschirm, aber ich konnte keine Nachricht tippen.
Was?!?!
Wie bitte?!
Sie hatte hinter meinem Rücken Niall erzählt, wie es mir ging?!
‚Guck, jetzt bist du voll sauer :'(((((('
Ich war echt nicht in der Lage, eine Antwort zu schreiben.
‚Es war aber nur die ersten Tage in New York! Dann nicht mehr! Und ich habe mich auch erst voll gesträubt weil ich das nicht wollte und voll scheiße fand aber er hat mich so sehr überredet das war voll unfair und und und ... es tut mir so Leid <3 :('
‚Passt schon..', antwortete ich und legte mein Handy weg.
Es war wirklich in Ordnung. Es war komplett egal, was sie getan hatte. Sie hatte ja nichts kaputt gemacht. Sie hatte Harry und Niall lediglich mitgeteilt, dass es mir nicht gut ging und mehr nicht.
Ich entsperrte mein Handy wieder und schrieb ihr: ‚Mach dir keinen Kopf, Schuff, es ist alles okay. Das macht auch keinen Unterschied. Ich bin nicht sauer, ich könnte niemals auf dich sauer sein :*'
Was absolut der Wahrheit entsprach.
‚Ich habe trotzdem ein total schlechtes Gewissen. Ist bei jetzt eigentlich wieder alles in Ordnung?'
Wieder schloss ich Whatsapp und legte mein Handy beiseite.
Tjaaaa, stimmt, das fiel mir jetzt erst ein. Ich hatte ja bisher noch niemandem erzählt, dass es vorbei war. Nur die anderen 1D-Jungs , Eleanor und Danielle wussten, dass es vorbei war.
Shit, dann hatte ich jetzt wohl auch eine Bombe, die ich direkt vor ihren Füßen platzen lassen musste...
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