*Frühstück für zwei*
Geweckt werde ich von lauten qualvollen Würgegeräuschen. Wirklich nicht der Wecker meiner Wahl, aber ich kann das ganz gut ignorieren.
Charlie trinkt gerne mal einen über den Durst und es ist auch nicht das erste Mal, dass ich von einer kotzenden Charlie geweckt werde.
Solange sie noch solche Geräusche von sich gibt, muss ich mir also keine Gedanken machen, denn sie zeigen mir, dass meine Freundin noch lebt.
Also lasse ich mich wieder in die Kissen fallen und schließe meine Augen.
Sofort sehe ich wieder diese unglaublich braunen Augen. Spüre seine samtig weichen, warmen Lippen auf meinen, als wäre er wirklich hier.
Die ganze Nacht ging mir Erik mit seinen Teddy Augen nicht mehr aus dem Kopf. Der Mann mit den braunen Augen...
Nicht nur das er mich vom ersten Augenblick an fasziniert hat, nein, Erik hat mir auch noch meinen ersten Kuss gestohlen. Meinen ersten richtigen Kuss – das eine Mal mit Kai zählt nicht.
Gestern Nacht aber...Der zählt. Seine Lippen waren weich und warm, nur ganz leicht haben sie sich gegen meine bewegt, kaum spürbar, aber doch da. Allein bei dem Gedanken daran beginnen meine Lippen zu kribbeln.
Und heute darf ich den ganzen Tag mit ihm verbringen!
Eine leise Stimme in meinem Kopf sagt mir, ich soll nicht so naiv sein. Immerhin fliegen wir morgen wieder zurück und die Chancen, dass ich Erik dann nochmal wieder sehe, sind doch äußerst gering. Doch diesen kleinen Teil will ich heute einfach ignorieren. Mit Erik habe ich mich gestern einfach gut gefühlt. Sonst ist mir diese Art von Nähe mit Männern eher unangenehm – außer bei Kai und auch seinem Freund Paul.
Doch bereits jetzt hoffe ich, dass es nicht nur bei dem Kuss von heute Nacht bleibt.
„Was grinst denn du so dämlich?", brummelt Charlie und lässt sich plötzlich wieder neben mir ins Bett fallen. Sofort wird mein Gesicht ganz heiß und ich weiß genau, dass ich jetzt aussehe wie eine Tomate. Schnell vergrabe ich meinen Kopf in meinem Kissen und versuche, Charlie zu ignorieren. Ja, sie ist meine beste Freundin, aber ich mag ihr das mit Erik jetzt nicht erzählen. Kater-Charlie kann nämlich richtig fies sein. Zu meinem Pech gibt sie sich jedoch nicht mit meinem Schweigen zufrieden. „Sag schon! Du siehst aus als würde dein Kopf gleich explodieren! Rede!"
Sie zieht mir die Decke vom Kopf und piekt mir so lange mit ihrem spitzen Finger in die Wange, bis ich mich schließlich doch ruckartig aufsetze. „Kannst du das mal sein lassen!", brülle ich extra laut, damit es auch in Charlies Kopf ankommt. Die hält sich gleich selbigen. Selber schuld! „Nicht so laut. Mein Schädel explodiert gleich...Man, ich hätte echt den letzten Drink weglassen sollen...", brummelt sie und legt sich zurück. „Ja, oder auch die letzten fünf. Du konntest nicht mal mehr auf deinen eigenen Füßen stehen. Erik musste dich zurück ins Hotel tragen." In dem Moment, in dem meine letzten Worte meinen Mund verlassen haben, reißt Charlie die Augen auf und ich schlage mir beide Hände vor den Mund. MIST!
„Wer ist Erik?", fragt Charlie verwundert und mein Kopf wird noch heißer. Anlügen kann ich sie jetzt auch nicht mehr. Wenn ich ihr jetzt sage, er sei nur irgendein Kerl, der uns geholfen hat, glaubt sie mir dank meiner eindeutigen Gesichtsfarbe sowieso nicht. Trotzdem starte ich einen zugegeben kläglichen Versuch: „Er hat nur im Club gesehen, wie ich beinahe mit dir auf dem Boden gelandet bin und da hat er uns geholfen. Zum Glück, denn ohne seine Hilfe hätte ich dich niemals herbekommen."
Charlie betrachtet mich einen Moment, zu genau. Ohne ihre Miene zu verziehen haut sie trocken raus: „Du lügst."
Wieder Mist!
Charlie durchbohrt mich mit ihrem Blick. Mit dem hätte sie locker bei der spanischen Inquisition mitmachen können. Und genau deshalb halte ich dem auch nur eine Minute stand. Dann sprudeln die Worte viel zu schnell aus meinem Mund heraus.
Ich erzähle ihr im Schnelldurchlauf, wie Eduardo mich angemacht und betatscht hat, wie Erik mich gerettet hat – wobei ich aus dem Schwärmen gar nicht mehr rauskomme – wie Erik und ich einfach geredet haben, bis sie uns mehr als nur betrunken gestört hat. An der Stelle murmelt Charlie doch tatsächlich eine leise Entschuldigung, lässt mich dann aber weiter reden.
Aber eigentlich braucht sie sich ja nicht entschuldigen. Ich glaube, wenn Charlie nicht so betrunken gewesen wäre, hätte Erik uns nicht ins Hotel gebracht und mich nicht geküsst.
„...Und dann hat er mich gefragt, ob ich den heutigen Tag mit ihm verbringen möchte. Um halb zehn holt er mich ab." Den Kuss verschweige ich ihr erst mal. Das ist etwas nur zwischen Erik und mir. Wieder muss ich an seine Lippen auf meinen denken und schon beginnen meine Lippen zu kribbeln, sodass ich beginne auf meiner Unterlippe herum zu kauen, um dieses Gefühl irgendwie zu mildern.
Charlie ist trotz Kater ziemlich begeistert von der ganzen „Verbring-den-Tag-mit-mir" Sache. „Und was macht ihr so den ganzen Tag?", fragt sie neugierig, allerdings kann ich daraufhin nur mit den Schultern zucken. „Hat er nicht gesagt...", antworte ich ihr. Tatsächlich habe ich keine Ahnung was Erik vor hat, aber es ist mir auch egal. Mit ihm wird der Tag unvergesslich, egal was wir machen.
„Wann wollte er dich nochmal abholen?", fragt Charlie und reißt mich so aus meinen Tagträumen. „Um halb zehn, wieso?" Sie zeigt nur auf die große Wanduhr an der gegenüberliegenden Wand.
Wie von der Tarantel gestochen springe ich aus dem Bett und renne ins Badezimmer. In einer halben Stunde wird Erik hier sein und ich bin noch nicht mal geduscht!
In Rekordzeit schaffe ich es zu duschen und mich in frische Klamotten zu schmeißen. Da ich nicht weiß, was Erik geplant hat, habe ich meinen dunkelroten Bikini wieder angezogen und darüber mein dunkelblaues Sommerkleid. Meine Füße stecken in meinen Flip Flops. Die sind zwar hübsch verziert, haben aber eine robustere Sohle. Ich will mich ja nicht noch verletzen und am Ende den Tag mit Erik im Krankenhaus verbringen.
Als Charlie nicht hinguckt, stecke ich schnell noch meine Chucks in meine Tasche. Wer weiß schon, was der Tag so bringt. Dazu stecke ich noch mein Portemonnaie, mein Handy und meine Sonnenbrille.
Als es klopft habe ich es gerade geschafft, meine noch nassen Haare zu einem Zopf zusammen zu flechten. Da Charlie mittlerweile wieder in meinem Bett liegt und leise vor sich hin schnarcht, laufe ich zur Tür und öffne sie schnell. Und was mich da erwartet, lässt meinen Mund trocken werden.
Erik sieht bei Tageslicht noch besser aus. Er trägt helle Shorts, ein dunkelblaues T-Shirt und genau wie ich Flip Flops. Seine schwarzen Locken stehen in alle Himmelrichtungen ab, aber bei ihm sieht das nicht ungepflegt aus – ganz im Gegenteil. Doch was mich gleich wieder alles um mich herum vergessen lässt, sind seine Augen. Ich verliere mich in dem satten Braun und muss schwer ein Seufzen unterdrücken.
Auch Erik kann seinen Blick nicht von mir abwenden. Selbst als er sich vorbeugt und mir einen leichten Kuss auf die Wange haucht, versinken wir in den Augen des anderen. „Guten Morgen", sagt er und seine tiefe raue Stimme bringt meinen Körper zum Schwingen.
Als ich merke, wie mein Gesicht schon wieder ganz heiß wird, drehe ich mich ein wenig weg und lasse ihn rein. „Aber sei leise, Charlie schläft noch", flüstere ich und zeige zum Bett. Wie auf Kommando dreht diese sich stöhnend auf den Bauch, schläft aber weiter. Wir müssen uns beide ein lautes Lachen verkneifen.
Schnell husche ich rüber zu dem kleinen Tisch, auf dem meine Tasche liegt. „Was hast du denn alles da drin?", fragt Erik leise, aber nicht minder amüsiert. Ja, ich muss die große Tasche nehmen, sonst passen meine Ersatzschuhe nicht mehr rein. Ich zeige ihm den Inhalt meiner Tasche. „Ich weiß doch nicht was wir machen, also...", beginne ich ein bisschen beschämt zu erklären, aber Erik unterbricht mich grinsend indem er aus seiner Umhängetasche ebenfalls ein paar Chucks zieht. Mir fällt ein Stein vom Herzen.
Erik nimmt mir meine Tasche ab und beginnt einfach meine Sachen mit in seine zu räumen. Lautlos forme ich ein „Danke" und lege die jetzt leere Tasche zurück auf den Tisch. Erik aber winkt ab und hängt sich einfach seine Tasche wieder um.
Gerade als ich meine Brille abnehmen will, hält er meine Hände fest und nimmt sie wieder von meinem Gesicht weg.
„Lass sie an...Ich finde sie steht dir...", murmelt er und schiebt mir meine Brille wieder richtig auf die Nase.
Seine Hand streicht dabei erst über meinen Nasenrücken, dann über meine Wange, wo sie letztendlich verweilt. Plötzlich lässt er meine andere Hand los, greift um mich herum und zieht mich mit einem Ruck an sich heran. Um mich abzufangen lege ich meine Hände auf seine Brust, spüre wie sein Herz unter meinen Händen rast.
Ich muss meinen Kopf in den Nacken legen, um ihm in seine funkelnden Augen zu schauen. Erik ist locker noch ein Stück größer und auch breiter als Kai und sein einer Arm um mich geschlungen reicht schon, um mich in Sicherheit zu wiegen.
Sein Gesicht ist dem meinen so nah, dass ich seinen hektisch gehenden Atem schon auf meinen Lippen spüren kann. „Davon habe ich die ganze Nacht geträumt...", raunt Erik kurz bevor er unsere Lippen miteinander vereint.
In meinem Körper platzt ein Knoten und ein Sturm an Empfindungen wirbelt durch mich hindurch. Seine Lippen bewegen sich nur ganz zart gegen meine und wie von selbst folge ich seinen Bewegungen.
Viel zu schnell trennt er uns wieder, ich muss mich an seinem Shirt festkrallen, weil es mich sonst von den Füßen gehauen hätte. Erik hält mich aber zum Glück immer noch mit einem Arm umschlungen und grinst mich über beide Ohren an. „Sorry, ich konnte einfach nicht anders", sagt er leise und streichelt dabei meine Wange entlang. Ich kann mich einfach nicht von seinem Anblick losreißen und doch ziehen sich meine Mundwinkel nach oben. „Hab ich mich beschwert?", piepse ich heiser und bin über mich selbst schwer verwundert. Normalerweise versage ich bei Männern und auch fremden Menschen allgemein auf ganzer Linie, wenn es um Kommunikation geht - abgesehen von meiner Arbeit. So wie jetzt bin ich nur in Gegenwart meiner besten Freunde und Kais Vater. Meiner Familie eben. Doch bei Erik kann ich auch so sein. Einfach frei. Einfach ich selbst.
Schnell drückt Erik nochmal seine Lippen fest auf meine, ehe er meine Hand nimmt und mich hinter sich her aus dem Zimmer zieht. „Na los, jetzt besorgen wir uns erstmal Frühstück!"
Ich schaffe es noch, meine Schlüsselkarte zu greifen und schon sind wir draußen. Auch die Karte verstaut Erik in seiner Umhängetasche, dann greift er breit grinsend wieder nach meiner Hand und gemeinsam gehen wir zum Aufzug.
Draußen brennt die Sonne schon gut und sofort tausche ich meine Brille gegen die Sonnenbrille aus. Gleiches Modell, nur getönte Gläser. Erik nimmt das mit einem Schmunzeln hin und führt mich dann die Promenade runter.
„Also was hast du mit mir vor?", frage ich ihn, während ich Erik von der Seite mustere. Ich kann jetzt schon meine Augen nicht von ihm lassen. Er schaut nur kurz zu mir herunter, schiebt mir wieder die Brille richtig auf die Nase und grinst verschwörerisch. „Das mein Engelchen ist eine Überraschung..."
Damit dreht er sich wieder nach vorn und geht weiter.
Mir gefällt das ganze viel zu gut. Für einen Moment kann ich einfach alles vergessen. Alles was zu Hause wieder auf mich wartet. Jetzt kann ich einfach nur mit Erik meinen Tag genießen. Auch, wenn die kleine leise Stimme in meinem Kopf mir zuflüstert, ich sollte es nicht tun.
Aber noch nie hat mich ein Mann so angeschaut, geschweige denn, sich um mich bemüht. Ich möchte einfach auch mal an das Gute im Menschen glauben und nicht nur das Schlechte sehen. Deshalb verdränge ich diese nervende Stimme, die mich davor warnt, dass auch Erik nur wie alle anderen Männer ist.
„Da wären wir!" Eriks melodische Stimme reißt mich aus meinem inneren Kampf und lässt meinen Blick auf das kleine Restaurant vor mir fallen. Es passt eigentlich so gar nicht in das sonstige Erscheinungsbild dieser Stadt. Es schaut klein und gemütlich aus, bietet genau die richtige Atmosphäre für ein Frühstück. Es sieht nicht nur wahnsinnig einladen aus, es riecht auch köstlich.
Der Mann neben mir greift erneut wie selbstverständlich meine Hand und führt mich in den kleinen Laden. Im Innenraum spiegelt sich alles das wieder, was ich von draußen schon wahrgenommen habe. Es gibt viele kleine Tische, an denen auch einige Menschen sitzen und ihr Frühstück genießen. Und unterschiedlicher könnten all diese Menschen gar nicht sein.
Ich sehe Pärchen in den unterschiedlichsten Altersklassen, Grüppchen die sich angeregt unterhalten und auch eine kleine Familie, an der meine Augen einen Moment länger hängen bleiben.
Die Eltern sehen noch recht jung aus und doch macht es den Eindruck, als wären sie wie gemacht fürs Elternsein. Ein kleines Mädchen von vielleicht drei Jahren lässt sich hibbelig auf und ab hüpfend von ihrer Mutter das Gesicht von Schokocreme befreien. Der Vater hält ein kleines Baby an sich gedrückt und beobachtet mit vor Stolz strahlenden Augen seine beiden Frauen.
Ich hoffe, dass auch ich genau das irgendwann mal habe. Ich liebe Kinder, kann absolut nicht genug von ihnen bekommen. Und eine eigene Familie, egal wie klein sie auch sein mag, wäre für mich das größte Glück.
Meine eigene Familie ist nicht wirklich eine Familie. Heute besteht sie aus Kai, seinem Vater, Paul, Charlie und Sophia. Jemand anderen habe ich nicht mehr...
Eine große warme Hand auf meinem Rücken lässt mich den Blick abwenden. Mich empfangen große leuchtend braune Augen, deren Strahlen mich meine eigentlich gar nicht mehr vorhandene Familie vergessen lassen und stattdessen einfach in diesem Moment gefangen halten.
Wir sind uns schon wieder so nah, dass es ein leichtes wäre, mich zu strecken und seine Lippen zu berühren. Sonst bekomme ich bei Männern keinen Ton raus und möchte sie am liebsten auch auf Abstand halten, doch bei Erik verschwindet dieses Bedürfnis, ihn zu berühren, einfach nicht.
Als hätte er meine Gedanken hinter meinen Augen entlanglaufen sehen, beugt sich Erik das letzte Stück zu mir herunter und umschließt meine Lippen mit den seinen. Nur ganz kurz, ganz leicht. Und doch lässt es den Sturm in mir wieder toben.
Ohne ihn wirklich zu kennen, fühle ich mich bei ihm wohl und auf eine seltsame Art und Weise vollständig. Und das war jetzt schon das dritte Mal, dass er mich einfach küsst und ich absolut nichts dagegen einzuwenden habe. Ganz im Gegenteil, als er sich wieder zurückziehen möchte, lege ich eine Hand in seinen Nacken und halte ihn nah bei mir, um noch einmal seine weichen Lippen zu spüren und dieses unglaubliche Gefühl nicht zu verlieren.
Die Stimme die mich als naives Blödchen bezeichnet, habe ich in ein dunkles Zimmer ohne Fenster und mit unendlich vielen Schlössern eingesperrt.
Als unsere Lippen sich ganz zaghaft wieder trennen, lehnt Erik seine Stirn an meine und streicht gedankenverloren über meine Wange. „Wo warst du nur so lange...", murmelt er mehr zu sich selbst als für mich bestimmt. Ganz vorsichtig lasse ich meine Finger über seinen Nacken ein wenig in seine Haare gleiten. Seine Locken fühlen sich zwischen meinen Fingern ganz weich an und ich muss mich zurückhalten, nicht einfach beide Hände darin zu vergraben.
Die Möglichkeit dazu bekomme ich auch gar nicht mehr, da wir von einer Kellnerin unterbrochen werden, die uns mit einem leicht britischen Akzent begrüßt und zu einem der Tische führt.
Ich möchte sie verfluchen dafür, dass sie diesen Moment viel zu schnell gestört hat, und doch möchte ich sie knutschen, denn mittlerweile hängt mir mein Magen irgendwo in der Kniekehle.
Ich musste gar nicht lange überlegen als die doch ganz nette Brünette nach unserer Bestellung fragt. Croissants mit guter Butter und Erdbeermarmelade und einem großen Milchkaffee dazu. Zum Frühstück brauche ich einfach etwas Süßes. Die Bedienung notiert sich meinen Wunsch und wendet sich an Erik. Der grinst wie ein Honigkuchenpferd und bestellt einfach das ganze nochmal, nur noch mit einem Orangensaft.
Jetzt muss auch ich grinsen. Ein bisschen seltsam ist es ja schon, aber es macht mir Erik nur noch sympathischer als er es doch sowieso schon ist.
„Also... ich weiß ja schon ein bisschen was über dich...Aber ich möchte noch viel mehr wissen...Alles was ich hinter deinen Augen abspielt...", sagt Erik, nachdem die Bedienung gegangen ist und streicht mir dabei wieder eine meiner widerspenstigen Strähnen hinter mein Ohr. Diese Geste hatte bereits gestern etwas so Liebevolles und Sanftes, dass es mir eine Gänsehaut bereitet hat. So wie jetzt. Innerlich möchte ich verlegen den Blick senken, doch Eriks Augen halten mich gefangen, lassen mich in einem tiefen Braun versinken, aus dem ich am liebsten gar nicht mehr auftauchen möchte.
„Da gibt es nicht mehr zu wissen, ehrlich", antworte ich ihm zwar lächelnd aber doch leicht bedrückt. Denn es stimmt. Eigentlich weiß Erik schon alles, was ich bereit bin preis zu geben. Meine Ausbildung, mein Vorhaben Jura zu studieren, meine enge Freundschaft zu Kai.
Der ganze Rest ist fest verschlossen irgendwo tief in mir vergraben, wie die Büchse der Pandora – und ich werde einen Teufel tun und sie ihn öffnen lassen.
Erik scheint zu merken, dass mich das ganze doch eher bedrückt. Anstatt also nach zu haken, greift er nach meiner Hand und legt sie verschränkt mit seiner auf dem Tisch ab. „Du magst Kinder?" Seine Frage macht mich erst leicht stutzig, doch als er mit einem Nicken auf die kleine Familie von vorhin deutet, verstehe ich warum er fragt.
„Ja allerdings. Das mag komisch klingen, aber ich könnte die Kleinen einfach ewig beobachten", gestehe ich und schaue dem kleinen Mädchen dabei zu, wie sie neben ihrem Vater auf den Stuhl klettert und dem Baby in seinem Arm über das Köpfchen streichelt. Mich fasziniert das mindestens genauso wie das kleine Mädchen und wieder kann ich meinen Blick erst losreißen als Erik mit seinem Daumen über meinen Handrücken streicht.
Er sitzt mir mit einem seltsamen Lächeln auf den Lippen gegenüber. Obwohl ich es nicht deuten kann, gefällt es mir. „So wie du die Kleine anschaust, müssen ihre Eltern wohl aufpassen, damit du sie ihnen nicht klaust!" Eriks Lachen lässt die Stimmung wieder lockerer werden und mich meine Verschlossenheit wieder verdrängen.
Gespielt eingeschnappt schlage ich ihm auf den Oberarm. „Hey! Ich bin doch keine Verrückte!", rufe ich empört aus, was Erik nur noch mehr lachen lässt.
Sein Lachen fährt durch meinen Körper und ich kann nichts dagegen tun, muss einfach mit ihm mitlachen.
Erst als die Bedienung von vorhin beladen mit unserem Frühstück an den Tisch tritt, versuche ich mich halbwegs zu beherrschen. Sie stellt alles vor uns ab und verabschiedet sich. In einvernehmlichem Schweigen essen wir und ich muss grinsend feststellen, dass wir nicht nur das Gleiche essen, sondern es auch noch gleich essen.
Zuerst ein Croissant mit Butter, dann das andere mit Marmelade. Auch Erik entgeht das nicht. Wie auch, hört er doch nicht einen Moment auf, mich zu betrachten.
Und das erste Mal in meinem Leben ist es mir nicht unangenehm von einem Mann so beobachtet zu werden. Vor allem nicht, wenn seine dunkelbraunen Augen dabei funkeln als hätte er gerade einen lange versunkenen Schatz gefunden.
Auch als wir beide schon längst unsere Teller leer haben, hört Erik nicht damit auf, mich weiter anzuschauen als wäre ich das Schönste, was er jemals gesehen hat. Unsere Hände liegen mittlerweile wieder ineinander geschlungen auf dem Tisch.
Obwohl diese Stille mehr als angenehm ist, wächst in mir der Drang, mehr über den Mann mir gegenüber zu erfahren.
„Was ist mit dir?", frage ich leise, bezweiflefast, dass er es gehört hat. Doch er hat mich genau gehört. All seineAufmerksamkeit liegt nur bei mir. „Ich würde dafür sorgen, dass du gar keinfremdes Kind mitnehmen musst..."
Es knistert immer mehr... Wo das hinführt?!
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