Heart Of Stone
Schreie durchschneiden die Luft. Schreie eines verzweifelten Menschen, der meinen Männern und mir schutzlos ausgeliefert ist.
Ich sitze auf einem Stuhl und lauere. Warte. Wie ein Raubtier das nur den perfekten Moment abpassen will.
Zwei meiner Männer schleifen den halb leblosen und blutenden Körper zu mir. Zerfetzte Kleidung, Blutergüsse - sie deuten auf die Qualen hin, die diese Person durchleiden musste. Sie lassen die Person zu meinen Füßen fallen und ziehen sich dann zurück, denn sie wissen das ich meine Arbeit nie in Gesellschaft erledige. Ich stehe auf, laufe über den Körper hinweg und gehe im Kopf mehrere Szenarien durch, wie all das hier enden kann. Aber es gibt nur einen Weg.
Der junge Knabe zu meinen Füßen versucht sich aufzurichten. Seine Augen sind angeschwollen und er hat keine Chance mich zu sehen, doch dafür lauscht er meinen Schritten um mich kommen zu hören.
" Bitte... Bitte lass mich gehen. Ich weiß nichts. Ich habe es geschworen das ich nichts weiß. Bitte... "
Er bettelt. Etwas, das ich in mancher Hinsicht mag, aber gerade alles andere als passend finde. Ich will Antworten und auch wenn er nur ein Laufbursche ist, so könnte es sein das er Informationen hat, die ich benötige. Der arme Tropf ist zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen und auch wenn ich ursprünglich etwas anderes gewollt habe, war er es, der schließlich hier gelandet ist. Dem Vorhof zur Hölle - meinem Zuhause.
" Sag mir... Woher stammen die Blutergüsse? " frage ich. Ich kann es mir aufgrund der Verletzungen und der zerfetzten Kleidung denken, weiß, was meine Männer getan haben - und doch will ich es hören.
" Sie... Ich habe die Wahrheit gesagt aber niemand hat mir geglaubt. Ich weiß nichts von dem was ihr in Erfahrung bringen wollt. Und dann haben sie... Sie haben... "
Die Schreie der vergangenen Tage waren unmenschlich, fast bizarr. Das sie aus dem Mund dieser schmächtigen Person stammen, die sich gegen 2 bullige Männer wehren musste wirkt fast schon grotesk.
" Sprich es aus. " fordere ich. Ich bleibe stehen, sehe auf die arme Sau herab und ziehe bereits mein Messer. Ich werde all dem ein Ende setzen, doch zuerst will ich ein paar Dinge wissen.
" Ich habe gebettelt. Ich habe gefleht, aber... Und dann haben sie mich ausgelacht und bespuckt als sie fertig waren. Als sie gesehen haben dass das Blut unter mir... "
Blitzschnell presche ich nach vorne, greife den Knaben am Hals und durchtrenne seine Hauptschlagader. Das röcheln aus seinem Mund ist das einzige was ihn jetzt noch im hier und jetzt hält, doch es versiegt und wenige Momente später sackt der leblose Körper zu Boden.
In diesem Moment öffnen sich die Türen und die beiden Männer, die ihn zuvor hinein gebracht haben kommen um den Leichnam zu entfernen. In aller Ruhe säubere ich mein Messer, doch innerlich kocht die Wut und der Zorn bereits über. Ich befehle, daß sich alle draußen im Hof versammeln sollen. Ich will ein Exempel statuieren. Die Männer sehen sich für wenige Wimpernschläge fragend an, verzichten dann jedoch darauf mir dumme Fragen zu stellen und verschwinden. Was zurück bleibt bin ich und die Blutlache zu meinen Füßen.
†
Draußen stehen alle in Reih und Glied. Sie teilen sich, als ich mich nähere, machen den Weg frei für Ihren Anführer, für ihren Boss. Ich bin es gewohnt, seit meiner Jugend, anderen Befehle zu erteilen und sie um mich zu versammeln, doch noch nie musste ich so etwas wie gerade tun.
" Der junge Mann aus dem Kerker ist tot. Franco und Luke sorgen gerade für eine Feuerbestattung. Aber das ist nicht der einzige Grund weswegen ihr euch hier versammeln solltet. Ich will Antworten. " sage ich laut, damit mich auch der letzte Mann deutlich versteht. Es stimmt, doch gleichzeitig ist es eine Falle. Eine Falle für jene, die sich über meine Regeln hinweg gesetzt haben.
Zwei Männer treten vor, deren Namen ich bereits vergessen habe. Sie sind Fußvolk, unwichtig und alles was für sie zählt ist das sie ihren Gelüsten nachgeben können - und wo kann man das besser als unter dem Deckmantel einer kriminellen Organisation, einer Familie?
" Wir haben ihn bearbeitet. Aber er schien tatsächlich keine Ahnung zu haben, was wir von ihm erwarten. " posaunt der eine, während der andere in Erinnerungen zu schwelgen scheint. Als die Kugel zwischen seinen Augen einschlägt zuckt der großspurige etwas zusammen. Sein Gesicht wird fahl.
" Dann erzähl uns doch mal, was ihr genau getan habt um ihn zu bearbeiten. Und lass ja nichts aus, das könnte ins Auge gehen. " knurre ich und schenke ihm ein Lächeln, welches in keinster Weise ernst oder ehrlich gemeint ist. Stotternd ringt er nach Worten.
" Wir sind hier schon ewig. Ohne richtigen Kontakt zur Außenwelt. Wir haben ewig keine Frau mehr gesehen oder geschmeckt, also dachten wir... Da er eh sterben wird... " murmelt er. Ihn ereilt das selbe Schicksal wie seinen Kumpel und wenige Sekunden später klatscht sein Körper auf dem Boden auf, tränkt die Erde mit seinem Blut.
" Ihr kennt die Regeln. Es sind nicht viele, doch diese sind einfach. Wer sie bricht wird bestraft durch meine Hand. Wie diese Bestrafung aussieht könnt ihr anhand dieser Demonstration erkennen. Ich dulde keine Zuwiderhandlungen, ist das klar? " schreie ich. Alle Köpfe um mich herum nicken, keiner traut sich etwas zu sagen.
" Ihr alle habt eine Aufgabe. Eine einzige. Wenn ihr diese nicht anständig erledigt werdet ihr dafür bezahlen. Ich toleriere keine Fehler. Bringt mir, GOTT VERDAMMT, endlich Ergebnisse! "
Wie aufgeschreckte Tiere laufen sie schließlich los um meine Forderung zu erfüllen. Die Zeiten des lieben, guten Anführers sind lange vorbei und mit meinen Eltern und meiner Schwester gestorben, die brutal misshandelt, missbraucht und schließlich getötet wurden.
Ich bin nicht mehr als ein menschlicher Klumpen aus Stein und Eis, mein Herz ist gestorben ist nicht länger erreichbar. Seit 3 Jahren suche ich die Mörder meiner Familie, durchkämme die Straßen und Kneipen und finde jeden, der etwas damit zutun haben könnte, doch der entscheidende Hinweis ist bisher ausgeblieben. Ich werde nicht ruhen, bis der letzte Stein herum gedreht und der Schuldige gefunden wurde.
†
Im Mausoleum meiner Familie finde ich Kraft weiter zu machen. Stumm rede ich mit meinen Eltern, bitte um Geduld für ihre ruhelosen Seelen. Dann schaue ich zu der Grabesplatte meiner Schwester Carina. Sie war gerade einmal 20, ihr Leben lag noch vor ihr. Was ihr widerfahren ist hat mich getötet - Bilder ihres zerstückelten Körpers geistern noch heute durch meinen Kopf. Sie wurde vergewaltigt, gefoltert. Ihre Zähne wurden ihr brutal aus geschlagen... Und als das Interesse versiegte verteilte man ihre Überreste in der ganzen Stadt, sorgfältig platziert damit ich sie finde.
Ich habe lange nach dem WARUM gesucht und schon fast aufgegeben, bis der erste richtige Hinweis auf eine Fehde wegen Grundstücken mich auf die richtige Fährte brachte. Mein Vater weigerte sich damals den Bemotti Platz, den er von seinem Vater bekommen hatte, zu verkaufen. Alle wussten das tief in der Erde eine Gold Ader lag. Vater wies alle Interessenten ab, was ihn schlussendlich das Leben kostete... Doch die Täter hatten nicht damit gerechnet das noch jemand der Bemotti übrig war - ich. Und genau das war ihr Fehler.
" Ich werde sie finden, Carina. Ich werde sie alle finden und zerstören. Einer nach dem anderen. Für euch. " verspreche ich. Das räuspern hinter mir lässt mich aus meiner Lethargie erwachen. Meine Männer wissen das ich hier alleine sein will und ich knurre bereits über den Regel Verstoß, doch dann sehe ich beim umdrehen das es sich um meinen Henker handelt der mit gefalteten Händen ehrfürchtig die Grabplatten betrachtet. Er ist bereits seit mehreren Jahrzehnten Teil dieser Familie und hat meinem Vater gedient bis ich den Thron bestiegen habe. Das er ein Privileg genießt, welches anderen verwehrt bleibt, ist eine Ausnahme, denn auch er hat über den Verlust getrauert.
" Ezio... Wir haben etwas. Ich bin noch nicht sicher ob die Spur 100% passt, aber es ist ein Anfang. " erklärt er anschließend und führt mich zurück zum Anwesen. " Wir haben jemanden gefunden. Sie ist Teil der Familie die wir schon länger im Auge haben. Vielleicht kann sie Beweise liefern um endlich den Stein ins rollen zu bringen. "
Endlich. 2 einhalb Jahre hat es gedauert eine brauchbare Spur zu finden, die letztlich bei dem armen Tropf endete... Doch in unserer Welt vergelten wir Dinge nicht durch die Macht der Gerichte oder der Polizei, nein. Wir bringen Beweise hervor um uns dann rechtmäßig über die Feinde zu stürzen. Die Familie die ich schon länger beobachten lasse blieb die meiste Zeit unter sich, versteckt und unauffällig. Doch anscheinend ist ihnen nun endlich ein Fehler unterlaufen... Und es ist notwendig sofort zu handeln.
" Sie? Wer ist sie? " frage ich. Eigentlich ist es mir egal. Bevor mein Henker, der eigentlich Casio heißt, antworten kann höre ich bereits die Schreie die aus der Kehle einer Frau stammen und laufe los.
Im Hof angekommen wird sie bereits umringt von meinen Männern, die alle einen Blick auf sie erhaschen wollen. Casio schiebt einige zur Seite damit ich Platz habe, dann sehe ich sie selbst. Die langen braunen Haare umhüllen ihr Gesicht und sie kauert auf dem Boden. Einige gieren schon nach ihr. Es stimmt das meine Männer sich von öffentlichen Plätzen, Bars und so weiter fern halten sollen - aufgrund dessen und weil hier keine Frauen gestattet sind wirken sie alle ausgehungert und verzehren sich nach etwas Spaß und körperlicher Liebe.
" Was ist das für ein Benehmen, meine Herren. Das ist nicht angemessen. " pfeife ich fröhlich. Perfekt geschauspielert. Ich knie mich neben die ängstliche Frau, halte ihr meine Hand hin und versuche sie zu locken. " Ich helfe dir auf. Dann bringe ich dich rein. Na los, komm. "
Ich merke das sie zögert - doch in Anbetracht der Lage hat sie keine Chance und muss mir wohl vertrauen. Ich ignoriere das gemurmel über ihren Hintern, die Kommentare unter der Gürtellinie meiner Männer und erhebe mich langsam, ziehe sie mit mir. Starr vor Angst zittert sie, folgt mir aber wesentlich bereitwilliger als zuvor.
†
Ihr scheint nicht bewusst zu sein was ihr bevor steht, als sie mir weiter wortlos folgt. Sie macht sich auch keine Gedanken darüber, wieso wir gemeinsam die Kellertreppen hinab steigen, anstatt oben am warmen Kamin Platz zu nehmen. Ich passiere den Stuhl auf dem ich wenige Zeit vorher gesessen habe und führe sie weiter, bis ich die Zelle erreiche. Auch hier wehrt sie sich - ganz zu meiner Verwunderung nicht.
" Casio. Das Licht. " maule ich und binnen weniger Sekunden erhellen die Baustellenlampen die Umgebung. Da sehe ich es... Ich sehe wieso sie die ganze Zeit so ruhig geblieben und mir gefolgt ist ohne Fragen zu stellen. Ähnlich wie bei dem armen Tropf zuvor sind ihre Augen angeschwollen - sie kann unmöglich etwas sehen. Ihre Lippe ist aufgeplatzt und in ihrer Armbeuge erkenne ich einen Einstich. " Auf ein Wort. In fünf Minuten. "
knurre ich in seine Richtung, widme mich dann wieder der Frau vor mir. " Weißt Du wo du bist? Oder... Wer du bist? "
Keine Reaktion, keine Antwort. Sie ist zu High um etwas um sie herum mitzubekommen. Schlampige Arbeit meiner Männer, die nicht weiter denken als sie sehen können. Letztlich bleibt mir nichts als zu warten, also schließe ich die Zellentür und gehe zu Casio.
" Erklärung? " schnauze ich. Meine Wut ist unberechenbar.
" Wir haben sie beschattet. Beim Zugriff hat sie sich so sehr gewehrt das einige von uns Probleme hatten. Sie ist wild, hat Tony fast das Ohr abgebissen. Er hat sie daraufhin zu Boden geworfen und verprügelt. Wir mussten sie ruhig stellen um nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen. "
Tony, der seine Aggressionen nie im Griff hat und diese auch mal im Freudenhaus auslebt ist schon lange eine Gefahr für uns. Eine tickende Zeitbombe, die jederzeit los gehen kann. Wenn er sauer ist kennt er weder Freund noch Feind.
" Schenk ihm ein paar neue Schuhe für den See. Danach will ich alle Informationen über sie haben. " knurre ich. Casio sieht mich entgeistert an, will wohl meine Entscheidung anzweifeln, aber er weiß selbst dass das nicht gesund wäre. Schließlich nickt er und verschwindet.
Ich bleibe zurück, schaue mir nochmal die Frau genau an, die wie in Trance langsame Schritte in ihrer neuen Behausung macht und verlasse sie schließlich ohne ein weiteres Wort. Wenn es stimmt und sie der Schlüssel zu allem ist, wird sie noch früh genug merken das ich das Monster unter all den Männern hier bin.
Und sie kann mir nicht entkommen.
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