7| Welpen und Schmetterlinge
❄️
нαяяу
„Nochmal, Harry! Das war nicht gut." Leise stöhne ich und rapple mich wieder auf. Wenn es gut gewesen wäre, hätte ich keine Bekanntschaft mit dem Eis gemacht. Aber wie soll das alles funktionieren, wenn Alice für die nächsten Wochen ausfällt? Ich habe ihr schon immer gesagt, dass man Pferden nicht trauen kann, aber wieso sollte man auf mich hören? Jetzt liegt sie mit einem gebrochenen Sprunggelenk und einer Sehnenruptur in ihrem Bett, während ich allein trainieren muss. Wir laufen als Paar, ohne sie kann ich bei dem Wettkampf nicht antreten.
„Du brauchst mehr Spannung. Mach eine kurze Pause, dann nochmal." Dankend nicke ich und fahre an die Bande, um mir meine Wasserflasche zu schnappen. „Ich wollte mit dir nochmal wegen Alice und ihrem Ersatz reden." Olga kommt auf mich zu und deutet auf eine der Bänke.
Ich nicke und folge ihr, während ich meine Handschuhe ausziehe. „Wir können es kurz halten. Ich werde mit niemand anderem als Alice laufen. Sie kennt mich und ich kenne sie. Kurz vor dem Wettkampf funktioniert das nicht, Olga.", seufze ich und schaue sie bittend an. „Alice wird nach Boston gehen. Sie hat ein Angebot bekommen und wird Ende des Jahres wechseln." Ich schüttle den Kopf und stehe wieder auf.
„Harry, ihr habt das Jahr mit einer Silbermedaille beendet. Im nächsten Jahr musst du entweder nach einer Partnerin suchen, allein antreten oder deine Karriere hinschmeißen. Aber davon rate ich dir ab, du bist zu gut dafür." Ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Ich weiß, dass ich gut bin, trotzdem höre ich es von Olga gern. Sie macht nicht oft Komplimente, weshalb ich diese um so mehr schätze.
Für einen Moment überlege ich und seufze schließlich. „Hast du jemanden, der mit mir laufen würde? Alle, die ich kenne, haben einen Partner." Dieser Schuss wird nach hinten losgehen, aber ich werde meine Karriere definitiv nicht wegen Alice aufgeben, die mir nichts von dem Angebot aus Boston gesagt hat, weil wir vertraglich aneinander gebunden sind. Sie kann gar nicht gehen!
„Harry, euer Vertrag endet Ende dieses Jahres. Hast du die Unterlagen nicht unterschrieben? Harry, wenn du..." Ich unterbreche Olga mit einer Handbewegung und stehe auf. Wenn ich hier noch länger sitzen bleibe, fange ich an zu frieren. Ohne Jacke ist es ohne Bewegung ziemlich kalt in der Halle. „Ich habe im Oktober unterschrieben. Aber Alice hätte es mir doch sagen müssen.", murmle ich und bin etwas enttäuscht.
Wir haben uns auch privat ziemlich gut verstanden, weshalb ich nicht verstehe, weshalb sie mir diese wichtige Nachricht nicht persönlich gesagt hat. Wir sind nach jedem Turnier oder ähnlichem essen gegangen oder haben uns den Tag danach nach dem Training noch getroffen, das alles ist nicht wichtig gewesen?
„Morgen kommst du bitte eine halbe Stunde vorher, ich hoffe, deine Partnerin kann kommen. Der Cousin des Freundes meines Mannes kennt sie aus einem Verein in Norwegen. Sie ist vor ein paar Monaten nach Montreal gezogen, ihr werdet euch verstehen." Olga scheint mehr als nur überzeugt zu sein, worauf ich wieder aufs Eis gehe und mir meine Handschuhe anziehe. Ich habe noch eine Stunde, in dieser werde ich mein bestes geben. Auch ohne Alice, die mich einfach verlassen hat, ohne mir Bescheid zu geben.
*
Nach dem Training springe ich noch schnell unter die Dusche, bevor ich mir eine Trainingshose und einen Hoodie der Canadian Bears anziehe, wo Louis zufälligerweise seit drei Jahren unter Vertrag steht. Weshalb ich es weiß? Louis ist im Eishockey seit spätestens seinem ungeplanten Outing ziemlich bekannt. Gerade für die queeren Fans ist er eine sehr wichtige Rolle geworden. Natürlich gibt es leider noch viele Menschen, die es nicht für gut halten, dass ein homosexueller Mann in der NHL spielt, aber trotzdem ist er da und wird wahrscheinlich auch noch ein paar Jahre bleiben. Den Vertrag fürs nächste Jahr hat er erst vor wenigen Wochen unterzeichnet.
Da ich heute Abend nicht arbeiten muss, fahre ich nicht wie üblich in den Pub, in dem ich Donald so oft wie möglich helfe, sondern zu Louis. Wahrscheinlich will er mich nicht sehen, aber ich gebe meine Hoffnungen nicht auf. Zwischen uns ist etwas, dass kann er nicht leugnen. Die Hälfte seines Teams ist davon überzeugt und auch Donald, der Louis anscheinend schon seit mehr als zehn Jahren kennt.
Ich bin leider erst vor drei Jahren nach hier gezogen, weshalb ich Louis' Kindheit nicht mitverfolgen konnte. Aber wenn ich irgendwann von ihm seiner Mutter vorgestellt werde, möchte ich alle Fotoalben sehen. Ich möchte wissen, ob Louis genau so süß aussah, wie er jetzt aussieht und damals auch schon diesen verdammt niedlichen Gesichtsausdruck draufhatte. Hoffentlich war das der Fall.
Das letzte Spiel hat Louis' Mannschaft leider verloren, aber vielleicht kann ich ihn ein wenig aufmuntern. Mit einer Massage und einem schönen Abend? Nicht meine Definition von schön, die uns beide nackt beinhaltet, aber anders schön. Vielleicht schaffe ich es, ihn auf ein unromantisches Date einzuladen. Wir könnten einen Burger essen gehen. Das würde zumindest besser zu meinem Outfit passen, als ein Restaurant.
Andere Klamotten habe ich nicht dabei und die von Louis werden mir wahrscheinlich zu kurz sein. Irgendwas würde er mir wahrscheinlich eh nicht leihen. Wir reden hier von Louis, bei mir ist er eine komplett andere Person, aber ich mag es, diese Wirkung auf ihn zu haben. Und ich werde ihn überzeugen, erneut. Einmal ist er schwach geworden und es wird noch weitere Male passieren, bis ihm klar wird, dass wir beide zusammengehören.
Vor seiner Haustür steht glücklicherweise sein Wagen, weshalb ich hinter ihm parke und mich auf den Weg zu seiner Haustür mache. Ohne Jacke, vielleicht lässt er mich so rein, denn es ist eiskalt. Nachts befinden wir uns seit einer Woche kontinuierlich im deutlichen Minusbereich.
Im Flur brennt kein Licht, dafür in den oberen Räumen, weshalb er noch wach sein müsste. Immerhin ist es auch erst halb neun. Mir ein Grinsen verkneifend, betätige ich die Türklingel und warte einen Moment, ehe ich schon Louis' Rufe höre. Auf französisch. Ich liebe es, wenn er Französisch spricht, jedoch ist genau das das Problem. Louis weiß es und redet deswegen in meiner Gegenwart nur Englisch.
„Hallo Sonnenschein.", begrüße ich ihn und fahre mir durch die Haare, bevor ich meine Finger in den Ärmeln meines Hoodies stecke. Möglicherweise ist auf dem Rücken Louis' Rückennummer zu sehen, jedoch ist das nicht meine Schuld. Ich habe den Hoodie beim offiziellen Fanshop erworben, dass dort hinten Louis' Nachname sowie seine Rückennummer zu sehen sind, muss ich wohl überlesen haben.
„Was machst du denn hier?", fragt er und zieht mich sofort an der Hand in den Flur. Dass es so einfach geht, wusste ich nicht. „Dich besuchen. Wieso war es heute so einfach, in dein Haus zu kommen? Ich hätte damit gerechnet, erstmal diskutieren zu müssen.", gebe ich ehrlich zu und mustere Louis.
Er trägt nur eine weiße Boxershorts, darüber einen geöffneten, blauen Bademantel, sonst nichts. Selbst auf Schuhe hat er verzichtet, aber er besitzt eine Fußbodenheizung, weshalb es sicherlich schön warm an den Füßen ist.
„Ich wollte dich besuchen und trösten. Ihr habt verloren, ich habe gehört, da nimmt man die Verlierer in den Arm und küsst sie zufrieden." Lachend schüttelt Louis den Kopf und geht um mich herum, bevor er die Haustür erneut öffnet und durch den Spalt späht. „Ich will dich nicht umbringen oder so. Zeugen wird es trotzdem nicht geben.", grinse ich und stelle mich hinter ihn, um ebenfalls auf die Straße zu schauen.
Und dann sehe ich es. Paparazzi, die ihre Kameras auf uns gerichtet haben. Sofort drehe ich mich wieder weg und fahre mir durch die Haare. Louis weiß nicht, dass ich nicht nur im Pub arbeite. Er denkt, ich will nur an sein Geld, obwohl das das letzte ist, was ich von ihm möchte. Ich möchte ihn als Person und abends auf ihn warten. Nach verlorenen Spielen möchte ich ihn trösten und nach Siegen mit ihm feiern.
„Was machen die hier?", frage ich Louis, der die Tür schließt und mit den Schultern zuckt. „Ich habe sie gesehen, als ich aus dem Wagen gestiegen bin, bin aber sofort reingegangen. Es ist kalt draußen." Er seufzt und schüttelt mit dem Kopf. „So blöd es auch für mich sein mag, du musst bleiben, bis die weg sind. Ich möchte keine Schlagzeilen aufgrund meiner Sexualität."
Jetzt zucke ich mit den Schultern und streife mir die Schuhe von den Füßen. „Ich könnte ein Freund von dir sein. Oder ein Bekannter." Louis schüttelt den Kopf und deutet auf meinen Hoodie. „Da steht hinten fett mein Nachname drauf. Ich glaube nicht, dass ein Freund von mir sowas tragen würde." Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen und schaue an mir herunter. Ich mag den blauen Stoff, er passt irgendwie zum Winter und zum Eishockey. „Wir könnten deinen Nachnamen auch ganz schnell zu meinem machen.", grinse ich und lache auf, als Louis erst errötet und dann gegen meinen Oberarm boxt.
„Sei lieb zu mir, sonst schläfst du auf der Couch. Und die ist wirklich nicht gemütlich." Ich glaube, Louis und ich sind gleichermaßen über seine Aussage überrascht. „Nur, falls die Reporter nicht bald weg sind. Mein Tag war lang und ich bin echt müde. Ich hätte ein Gästezimmer, in welchem du schlafen kannst, da ist es aber echt unaufgeräumt." Er zuckt ausgelaugt mit den Schultern und tritt einen Schritt auf mich zu, bevor er seine Stirn gegen meine Brust fallen lässt.
Meinen beschleunigten Herzschlag kann ich leider nicht verhindern und lege nach einem Moment beinahe ängstlich eine Hand an seinen Rücken. Louis hat sich gerade gegen mich gelehnt und meckert mich nicht an. Ich kann hier mit ihm stehen und seine Nähe für einen Moment komplett genießen, ohne Angst zu haben, dass er mich im nächsten Moment wieder anmotzt oder mich mit seinen Worten mehr trifft, als dass es ihm bewusst ist.
„Alles okay?", frage ich nach einem Moment leise und merke, wie Louis den Kopf schüttelt. „Wegen dem Spiel? Ihr seid doch noch immer relativ weit oben. Das nächste gewinnt ihr wieder. Ich kann meine Nummer 1 anfeuern kommen, wenn du möchtest. Als potenzieller Ehemann, damit es nicht auffällt, wenn ich deine Rückennummer trage."
Daraufhin lacht Louis und legt eine Hand an meine Hüfte, bevor er unter meinen Hoodie schlüpft und seine Hand auf meine Haut legt. „Es ist nicht nur wegen dem Spiel. Ich meine, natürlich ist es traurig, aber die anderen waren verdammt gut und haben zurecht gewonnen. Mason hätte zwar zwei Torschüsse locker halten können, aber jetzt ist es passiert.", erklärt Louis leise und krallt sich mit einer Hand in meine Hüfte, was mich kurz zusammenzucken lässt. „Ich bin seit zwei Jahren geoutet, ich bin stolz auf meine Sexualität, aber mit Beleidigungen komme ich nicht gut zurecht."
Überrascht lege ich eine Hand an einen seiner Oberarme und lasse ihn mich anschauen. „Hör nicht auf diese ganzen Kommentare. Sie alle gönnen es dir nur einfach nicht." Ich lächle ihn vorsichtig an und streiche eine verirrte Strähne aus seinem Sichtfeld. „Als Schwanzlutscher bezeichnet zu werden, der seinem Boss regelmäßig einen bläst, um im Team zu bleiben, tut weh. Ich bin dort, weil ich ein verdammt guter Spieler bin, nicht wegen..." Er lässt den Satz offen, trotzdem weiß ich, was er meint und nicke.
„Du bist ein verdammt guter Spieler, Louis. Ich kenne mich nicht in diesem Sport aus, aber diese Leute suchen nur etwas, mit dem sie dich beleidigen und verunsichern können. Hör nicht auf die, so lange du stark bist, können sie dir nichts antun.", lächle ich vorsichtig und schaue für einen Moment lang zu lang auf seine Lippen, weshalb ich meinen Blick schließlich räuspernd abwende und einen Schritt nach Hinten mache.
„Wieso bist du heute so nett? Du hast noch keinen Spruch abgegeben und bist so... lieb.", nuschelt er und legt seinen Bademantel enger um sich. „Zumindest nicht viele Sprüche.", verbessert er sich und zuckt mit den Schultern. „Ich bin hier, um dich zu trösten. Ich umarme dich auch, wenn du möchtest. Das ist deine Entscheidung." Es ist meine neue Strategie, so an Louis zu kommen. Lieb und freundlich. Ganz werde ich das Provozieren nicht ablegen aber vielleicht schaffe ich es so, dass ich sein Herz für mich gewinne.
Für einen Moment schaut Louis mich überrascht an und zuckt dann mit den Schultern. „Bilde dir hier nichts drauf ein. Irgendsoein Idiot trägt hier gerade einen Fanartikel mit meiner Rückennummer. Ich sollte das wegen Belästigung anzeigen.", grinst er und dreht sich im nächsten Moment von mir weg. „Ich bin allein dein Idiot, Sonnenschein. Komm, ich habe eine Idee, wie ich dich aufmuntern kann. Es wird dir gefallen." Ich lege meine Hand vorsichtig in seine und bin tatsächlich etwas überrascht, als Louis sie nicht entzieht, sondern seine Finger etwas spreizt, sodass ich meine zwischen seine schieben kann. Und scheiße, mir bleibt für einen Moment die Luft weg.
Ich schätze, Louis ist einfach müde und denkt nicht mehr über seine Taten nach, aber das hier ist perfekt. So perfekt, dass ein ganzer Schwarm Schmetterlinge in meinem Bauch entfacht und meine Hände ein wenig schwitzig werden. Hoffentlich merkt Louis das nicht und denkt nicht, dass ich komisch bin.
„Du bist knallrot.", kichert Louis und erwischt mich dabei, wie ich ihn anstarre und beinahe nichts anderes als seine Hand in meiner spüre. „Kennst du das, wenn du verdammt verknallt bist, sodass dir beim Sprechen beinahe die Worte im Hals stecken bleiben? Dazu ein klopfendes Herz und ein Kribbeln im Bauch?" Ich räuspere mich, weil genau das bei mir der Fall ist. Ich bin Louis seit Jahren verfallen, jetzt redet er endlich privat mit mir, auch wenn es meistens darum geht, dass ich ihn massieren soll. Aber scheiße, ich liebe es. Seinen Rücken und seine Schultern, welche immer so verspannt sind, sodass es sich auch richtig lohnt, ihn zu massieren. Aber es ist schon besser geworden. Im nächsten Jahr fühlt er sich wie neu, weil seine Verspannungen weg bleiben werden.
Ich habe leider erst nach Silvester wieder einen Termin, um mir die Muskeln entspannen zu lassen, aber das ist okay. Es hat halt nicht jeder so ein Glück wie Louis. „Du schaust wie ein kleiner Welpe.", grinst Louis und beißt sich auf die Unterlippe, worauf ich meinen Blick direkt von ihm abwende und ihn die Treppen hoch zu seinem Schlafzimmer ziehe. Wenn ich ihn weiter so anschaue, kann ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich möchte endlich wieder seine verdammten Lippen auf meinen spüren. Aber nicht, weil ich ihn dazu zwingen muss, sondern dass es von ihm aus geht. Von mir aus soll er mich im Pub hinter der Bar besuchen und mich dort zu Grund und Boden küssen, aber gegen einen privaten Kuss habe ich auch nichts.
Bis dahin muss ich mich jedoch noch etwas gedulden. Irgendwann wird Louis Gefühle für mich haben und verstehen, was ich fühle. Er wird das gleiche Herzklopfen und die gleiche Nervosität fühlen, wie ich, wenn ich seine Gegenwart spüre. Mit meinen Sprüchen überspiele ich diese Nervosität meistens wahrscheinlich ziemlich gekonnt, jedoch erinnert es mich jedes Mal aufs Neue an die ganzen Jugendlichen in den Filmen, die ihre erste große Liebe durchleben. Denn Louis ist für mich genau das. Meine erste große Liebe.
Vor ihm hatte ich zwar schon Beziehungen und Sex, aber mit ihm fühlt sich alles komplett anders an. Auch wenn wir einfach nur Louis und Harry sind. Noch gibt es kein „wir" aber ich arbeite darauf hin. Irgendwann führt das Schicksal uns zusammen.
❄️
Da hat Harry aber einen schönen Hoodie. Vielleicht ist dieser der Schlüssel zu Louis' Herz?! Zumindest zum Eintreten seines Hauses hehe
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro