Alte Zeiten
{ Alba }
„ Maus, geh doch bitte einmal an die frische Luft. Der Winter ist vorbei und endlich scheint die Sonne. Du dagegen hockst nur in deinem Zimmer herum und lernst." Entnervt sehe ich meine Mutter, die es sich gerade auf meinem Bett gemütlich gemacht hat, an. Sie weiß genau, dass Damian hohe Ansprüche in meiner Nachhilfestunde bei ihm an mich hat.
Zwar gibt er mir erst seit einigen Wochen Nachhilfe, doch schonen tut er mich nicht. Im Gegenteil. In der ersten Stunde, bei meinem Mitschüler, hat er mir direkt gezeigt, was er von mir erwartet und dabei ist nun einmal dabei, dass ich jeden Tag mindestens eine halbe Stunde lang lernen soll. Was ich bis jetzt auch jeden Tag getan habe.
„ Komm mir jetzt bloß nicht mit Damian. Er möchte sicherlich nicht, dass du hier in deinem Zimmer vergammelst!", schimpft meine Adoptivmutter weiter, wobei ihre einige der losen roten Haare ins Gesicht fallen. Wie ich sie manchmal um diese glatten Haare beneide.
Dass meine Mutter und ich nicht die selben Gene tragen, sieht man bereits auf den ersten Blick. Während ihre Haare glatt wie Seide auf ihren Schultern liegen ( wobei sie nicht einmal etwas dafür macht ), muss ich Stunden damit verbringen, meine Afrohaare zu bändigen. Sie wollen einfach anders als ich.
" Hörst du mir überhaupt zu, Alba?" Wild fuchteln Hände vor meinen Augen herum und reißen mich wieder in die Realität zurück. Meine Mutter zeigt nur stumm mit dem Finger auf die Tür und schaut mich durch ihre Brille streng an. Dabei hat sie ihren Mumblick drauf, der keine Widersprüche gelten lässt.
" Okay, ich ziehe mich noch schnell um." Dabei deute ich mit dem Finger auf meine graue Jogginghose und auf meinen Kuschelpullover, wo riesengroß der Kopf von Mickey Mouse prangt.
„ Wenn ich dich noch in zehn Minuten hier sehe, dann..." Grummelnd verschwindet sie wieder zurück in die Küche, um unser Mittagessen vorzubereiten.
Schnell ziehe ich mir eine Jeans an und binde meine schwarzen Haare nach oben. Unten angekommen schlüpfe ich in meine Stiefelletten hinein und verabschiede mich noch schnell von meiner Mutter. Diese ist allerdings damit beschäftigt, dass das Essen nicht anbrennt.
Bis vor einigen Monaten hat mein Vater auch immer gekocht, daher musste sie sich nie Gedanken machen, wie man überhaupt kocht. Es hat ja schließlich immer ihr Ehemann erledigt. Sie war immer die Geschäftsfrau, die das Geld mit nach Hause brachte. Dieser hat sich jedoch aus heiterem Himmel von meiner Mutter getrennt und ist mit einer anderen Frau nach Europa abgedampft. Später haben wir beide erfahren, dass er seit über einem Jahr eine Affaire mit dieser Frau gehabt hatte.
„ Hallo Alba, schöner Tag heute." Werde ich sogleich von meiner Nachbarin Ms. Jones begrüßt, nachdem ich die Haustür hinter mir zugezogen habe. Seit langem scheint die Sonne wieder und auch die Luft ist um einige Grad nach oben gegangen.
„ Da haben Sie recht", stimme ich der älteren Dame zu.
Diese sitzt wie eigentlich jeden Tag, mit ihrer Katze auf dem Schoß, auf ihrer Hollywoodschaukel und strickt was das Zeug hält. Ihr Hund namens Jack liegt mit seinem Kopf auf ihren Füßen und schaut mich treudoof, aus seinen bernsteinfarbenen Augen, an.
Als kleines Kind bin ich jeden Tag mit ihm Gassi gegangen, bis er an einem Bein operiert werden musste. Von da an, musste ich leider meine Joggingrunden alleine drehen.
„ Wohin gehst du liebes?" Neugierig sieht sie mich unter ihrer Brille an.
„ Meine Mutter hat mich dazu verdonnert, eine Runde spazieren zu gehen."
„ Nimm es ihr nicht übel, so ist Bethany nun einmal. Würde es dir was ausmachen, wenn du Jackie mitnimmst? Er hatte heute noch keinen Auslauf", bittet sie mich und zeigt auf ihren älteren Labrador.
Freudig nicke ich und laufe zu ihr hinüber auf die Veranda. Wie früher nehme ich das Geschirr von seinem Platz und ziehe es ihm über, mit flinken Handgriffen befestige ich noch schnell die Leine und schon sind wir startklar.
Erst jetzt bemerke ich, wie sehr ich diese Zeit mit ihm vermisse. Warum habe ich nicht schon früher mir mal die Leine geschnappt und bin mit ihm eine Runde spazieren gegangen?
Mit freudig schwingender Rute läuft er an meiner Seite mit. Wahrscheinlich hat er ebenfalls die alte Zeiten vermisst, oder er ist einfach nur froh sich bewegen zu können.
„ Viel Spaß euch Zweien!", höre ich noch die Stimme meiner Nachbarin, bevor ich aus ihrem Gartentürchen mit Jack heraus spaziere.
[ 745 Wörter ]
© Lexi_Duvall
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