
Kapitel 70; Manuel
Ich wache auf als die Sonne durch das Fenster strahlt. Hab ich die Jalousien gestern offen gelassen? Ich weiß es nicht, aber viel präsenter in meinem Kopf ist gerade die Tatsache, dass Palle nicht mehr bei mir liegt. Wo ist er? Sofort springe ich auf und blicke mich im Zimmer um. Hier ist er nicht. Was wenn Zorn was damit zu tun hat? Was wenn wir eigentlich längst alle in ihrer Gewalt sind und ich das im Traum irgendwie verzerrt habe? Das Panikgefühl kommt wieder in mir hoch, sorgt dafür, dass ich das Gefühl habe als würde mein Herz zehnmal schneller Blut durch meinen Körper pumpen. Gleichzeitig bildet sich in meinem Magen dieses ziehende Gefühl der Stressempfindung. Wo ist Palle? Schnellen Schrittes durchquere ich das Zimmer, um dir Tür aufzureißen. Ich muss Palle finden. Was wenn ich ihn nicht finde? Was wenn er weg ist und genug von mir hatte? Würde er mir das antun? Nein. Das würde er niemals tun. Er würde mich niemals so verraten, niemals. Oder? Shit, was mache ich hier? Zweifel ich gerade meinen allerbesten Freund an? Ich eile durchs Wohnzimmer und nähere mich der halben Trennwand, die das Wohnzimmer von der Küche trennt. Als ich Palle mit dem Rücken zu mir den Kühlschrank öffnen sehe, breitet sich eine unfassbare Erleichterung in mir aus. In großen, schnellen Schritten bewege ich mich auf ihn zu und klammere mich an seinen Rücken. Ich spüre wie Palle zusammen zuckt und lege meine Arme um ihn, damit ich ihn näher an mich drücken kann. Es geht ihm gut. Es ist nichts passiert.
„Tu mir das nicht mehr an“, murmel ich in den Stoff seines Oberteils. Ihn nicht bei mir zu haben, als ich aufgewacht bin, hat mich wahnsinnig gemacht. Was mach ich denn wenn er plötzlich weg ist? Oder ihm was passiert? Das könnte ich mir nie verzeihen.
„Was meinst du?“, fragt er leise und ich löse mich kurz von ihm, um ihn an seiner Schulter zu mir zu drehen. Sein Blick ist auf den Boden gerichtet, aber jetzt sieht er verunsichert zu mir. Ich hasse es. Ich hasse diesen verunsicherten und verletzlichen Blick. Er soll mich nicht so ansehen. Es tut so verdammt weh, wenn er mich so ansieht.
„Steh nicht einfach auf, sondern bleib bei mir liegen oder weck mich“, sage ich und schließe ihn wieder in meine Arme. Meinen Kopf lege ich auf seiner Schulter ab. Seine Nähe tut gerade so unglaublich gut. „Ich hatte so Angst, als du nicht mehr neben mir gelegen hast“, flüstere ich und spüre, dass er sich anspannt, weswegen ich mich wieder etwas von ihm löse, um ihm ins Gesicht blicken zu können. Seine Augen fixieren einen Punkt auf dem Boden und es stört mich. „Hey, was ist los?“, frage ich und tatsächlich erregt das seine Aufmerksamkeit, denn sein Kopf schnellt nach oben.
„Ich will nur nicht, dass- Ach, vergiss es einfach“, weicht er meiner Frage und gleichzeitig wieder meinen Blick aus. Es regt mich auf, dass er so ausweichend reagiert.
„Jetzt sag schon“, fordere ich, aber er schweigt weiterhin. Ich seufze und lege meinen Kopf wieder auf seiner Schulter ab. „Ich dreh durch, wenn ich nicht weiß wo du bist. Die Nebenwirkungen sorgen dafür, dass ich mir gleich das Schlimmste ausmale und absolut in Panik ausbreche, also bitte mach das nicht mehr. Lass mich nicht plötzlich alleine.“ Ich spüre wie seine Hände sich auf meine Schulter legen und stelle schmerzlich fest, dass er mich gerade von sich drückt.
„Du sollst dir keine Sorgen um mich machen.“ Seine Stimme gleicht einem Hauchen und sein Körperhaltung zerreißt mich. Er drückt mich weg, hat mittlerweile seine Arme ausgestreckt und hält mich leider diese Armlänge entfernt. Sein Blick ist auf den Boden gerichtet und alles in mir zieht sich zusammen. „Ich will das alles nicht.“ Das Alles. Scheiße. Hat er mir gerade gesagt, dass er meine Nähe nicht will? Tränen bilden sich in meinen Augen und ich versuche sie wegzublinzeln. Das ist okay. Das ist völlig okay, wir sind uns sowieso etwas zu nah, schließlich sind wir ja nur Freunde. Beste Freunde.
„Was willst du nicht?“, frage ich leise, damit meine Stimme nicht bricht.
„Das du dich weiterhin so darum bemühst, dass es mir gut geht. Kümmer dich lieber um dich, ja? Ich belaste dich doch nur.“ Während dem letzten Teil hat er seinen Blick wieder gehoben und seine Augen treffen auf meine und fuck er weint. Sofort spüre ich das Brennen in meiner Nase und kurz darauf laufen vereinzelte Tränen über meine Wangen. „Siehst du jetzt weinst du schon meinetwegen“, er atmet ein und durch seine unregelmäßigere Atmung wird es zu einem verzehrten Schluchzer. Es tut so weh. Ich ziehe ihn wieder in eine Umarmung, auch wenn er versucht sich daraus zu befreien, lass ich ihn nicht los, bis er irgendwann einfach ausgelaugt gegen mich sinkt.
„Du belastest mich nicht. Red dir das bitte nicht ein, okay? Das sind nur die Nebenwirkungen, die dich das denken lassen und wenn ich dir alle 5 Sekunden sagen muss wie wichtig du mir bist, damit diese dummen Gedanken weggehen, dann mache ich das. Du bist mir verdammt wichtig und ich will, dass es dir gut geht“, sage ich und drücke ihn etwas näher an mich. Palle reagiert immer noch nicht. Fünf, vier, drei, zwei, eins: „Du bist mir verdammt wichtig und ich will das es dir gut geht.“ Jetzt höre ich ein leises Lachen und spüre im selben Moment wie sich Arme um mich legen.
„Du bist so ein Idiot“, murmelt er gegen den Stoff meines Oberteils und automatisch muss ich lächeln. Es ist mir viel lieber, wenn er mir sagt, dass ich ein Idiot bin, als das er sagt, dass er eine Belastung für mich wäre. Wir stehen noch eine Weile schweigend in der Küche, bis wir uns voneinander lösen. Wir machen uns schnell etwas zu essen und beginnen damit zu packen. Heute Abend checken wir noch in diesem Luxushotel ein.
„Hast du alles?“, fragt Palle mich und sieht mir dabei zu wie ich versuche das Chaos an Klamotten, die verteilt auf den Boden liegen, in meinen Koffer zu quetschen. „Manu wir sind nur zwei allerhöchstens drei Tage in diesem Hotel. Findest du nicht, du übertreibst etwas?“ Skeptisch betrachtet er wie ich mich auf meinen Koffer stemme um ihn schließen zu können.
„Was wenn ich feststelle, dass ich irgendwas vergessen habe, oder mein Oberteil irgendwie untragbar wird, weil irgendetwas darüber gelaufen ist?“, erkläre ich zwischen meinen angestrengten Versuchen den Reißverschluss endlich um die Ecke des Koffers herumbewegen zu können. Shit, ist das anstrengend. Palle seufzt daraufhin nur und jetzt sehe ich zu ihm. Er lehnt am Türrahmen und eine Sporttasche stehet neben ihm auf dem Boden. „Ist das alles was du mitnimmst?“, frage ich und zweifel jetzt doch an meinem Koffer.
„Ja, die Tasche“, er tritt mit seinen Fuß leicht dagegen, „und meine Laptoptasche.“ Mein Laptop! Natürlich den muss ich auch unbedingt mitnehmen. Aber erst muss ich mal den Koffer schließen und das ist echt schwerer als es klingt. Palle stößt sich von der Tür ab und sitzt kurz darauf neben mir. „Drück die Seiten aufeinander“, ich tue was er sagt und dann nimmt Palle den Reißverschluss und zieht ihn fast mühelos die Spur entlang. „So und jetzt lass uns gehen.“
„Ich brauche noch meinen Laptop“, lasse ich ihn wissen und gehe zu meinem Schreibtisch, um diesen schnell in die dafür vorgesehen Tasche zu befördern.
„Können wir jetzt los?“
„Ja gleich, lass mich nur sehen, ob auch alles zu ist“, sage ich und beginne dann damit sicherzustellen, dass jedes Fenster und jede Tür zu ist, indem ich daran rüttel. Als nächstes stecke ich alle elektronischen Geräte aus, außer dem Kühlschrank und prüfe, ob der Herd ausgeschaltet ist. Diesen Vorgang wiederhole ich solange bis es Palle endgültig reicht und er mich aus der Wohnung zerrt.
Eine halbstündige Busfahrt und einen kurzen Fußmarsch später stehen wir vor dem Luxushotel. Ich blicke an mir runter. Mika meinte wir sollten nicht in Hoddie dort auftauchen und deswegen tragen wir beide Hemden, aber während ich die Leute betrachte die ein und ausgehen, fällt mir auf, dass es keinen Dresscode zu geben scheint was dafür sorgt, dass ich mich sofort entspanne.
„Na dann mal los“, Palle neben mir setzt sich in Bewegung und ich hoffe inständig, dass Zorn wirklich noch nicht im Hotel ist, ansonsten hätten wir nämlich ein riesiges Problem. Unwillkürlich steigt wieder das panische Stressgefühl in mir an und ich bliebe wie erstarrt stehen. Was wenn das alles doch eine Falle ist? Was wenn dort nur der Tod in Form von Zorn auf uns wartet? Ich will da nicht rein. Ich will hier weg. Ich- „Kommst du Manu?“, Palle hat sich nach mir umgedreht und betrachte mich etwas, bevor er sanft lächelt und mir eine Hand entgegen hält. „Es wird schon nichts passieren.“ Und obwohl alles in mir schreit, dass das schiefgehen wird und wir sterben werden und die Panik weiter und weiter ansteigt, ergreife ich automatisch Palles Hand und lasse mich von ihm in das Innere des Hotels ziehen.
Am Schalter steht ein junge Frau und lächelt uns freundlich an. Palle neben mir sinkt wieder etwas in sich zusammen und ich ahne, dass seine Nebenwirkungen, also seine Minderwertigkeistkomplexe wieder kicken, weswegen ich das Reden übernehme. Es dauert nicht lange und die Frau gibt uns den Schlüssel und ein junger Mann begleitet uns zu unserem Zimmer. Ich bedanke mich und schließe die Tür hinter uns. Endlich alleine. Meine Augen nehmen den riesigen Raum wahr und ich schlucke. Das Zimmer ist größer als unsere Wohnung und bei der teuren Einrichtung habe ich Angst irgendetwas kaputt zu machen. Die zwei unglaublich weich aussehenden Betten stehen je an einer Seite des Zimmers mit je eigenem Kleiderschrank und Nachttisch. Die großen Fenster durchfluten den Raum mit Licht und in diesem Moment bin ich froh, dass ich meine Brille nicht trage, auch wenn ich in der Ferne leicht verschwommen sehe, denn mit Brille wäre der Neid in mir unendlich groß gewesen. Ohne Brille mache ich mir eher Gedanken um die riesigen Fenster. Was wenn man uns von unten sehen kann? Siebte Etage hin oder her man kann hier mit 'ner Drohne doch easy reinsehen, deswegen ziehe ich jetzt die Vorhänge vor die Fenster und der Raum wird dunkel. Ich höre ein Klicken und schon erhellt künstliches Licht den Raum und mein Blick fällt auf den riesigen Kronleuchter über mir. Shit. Ist das alles teuer hier.
„Ich will einfach nur schlafen. Bist du auch so müde?“, fragt Palle mich und ich sehe zu der schönen Uhr, die an der Wand hängt. 22:23 eigentlich nicht wirklich spät, aber ich bin auch verdammt müde. Ich nicke zustimmend und bewege mich ins Bad, um mich umzuziehen. Ich versuche möglichst wenig auf den Boden aus weissem Marmor zu achten oder auf die goldfarbenen Akzente. Als ich fertig bin verschwindet Palle im Bad und kommt realtiv schnell wieder ins Zimmer. Er steuert auf das rechte Bett zu und ich halte ihn auf.
„Schlaf bei mir“, flehe ich leise und alleine der Gedanke daran plötzlich wieder ohne ihn aufzuwachen, nimmt mir den Atem. Was wenn er plötzlich weg ist? Was wenn er mich alleine lässt? Was wenn Zorn ihn erwischt. Nein. Er soll bei mir bleiben. Ich sorge schon dafür, dass ihm nichts passiert. Ihm darf nichts passieren. „Bitte“, hänge ich flüsternd an und Palle bewegt sich jetzt auf mein Bett zu. Zufrieden lege ich mich neben ihn und ziehe ihn zu mir.
„Lass das“, murmelt Palle und drückt sich wieder von mir weg. Es schmerzt. Wieso schmerzt es so verdammt sehr?
„Warum? Magst du meine Nähe nicht?“, frage ich und kann nicht verhindern, dass ich traurig klinge.
„Doch, aber ich- ich hab das einfach nicht verdient, okay?“ Automatisch lege ich meine Hand auf seiner Wange ab, um sein Gesicht vorsichtig zu mir zu drehen.
„Du hast einfach alles verdient, wenn ich könnte würde ich dir alles geben was du brauchst, aber leider kann ich das nicht. Ich kann dir den Ring nicht zurückgeben, aber ich verspreche dir, dass wir unsere Gegenstände wieder bekommen, ja? Solange wir sie nicht haben, muss ich dir reichen.“ Ich lächle Palle leicht an und seine brauen Augen sehen mich so unglaublich lieb an, dass ich das Gefühl habe, als würde mein Herz einen Schlag aussetzen. Trotz dem dünnen Tränenschleier lächelt er leicht und alles in mir will diesen Jungen beschützen. Ich will nicht, dass er leidet. Er soll glücklich sein. Er blinzelt seine Tränen weg und sieht mir weiterhin in die Augen und ich kann den Blickkontakt nicht lösen. Ich will den Blickkontakt auch gar nicht lösen. Ich könnte für immer in diese warmen brauen Augen sehen und es würde mir nie langweilig werden. Erst als Palle seine Augen leicht aufreißt, bemerke ich, dass ich seinem Gesicht immer näher gekommen bin. Er ist mir so verdammt nah. Es wäre kein Problem ihn zu küssen. Ich könnte das tun. Was zur Hölle denke ich hier? Warum will ich ihn küssen? Ich bin ihm so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüre. Er ist nicht zurückgewichen. Er liegt noch genauso wie vorher im Bett oder ist er mir auch näher gekommen? Scheiße, was machen wir hier? Ich reiße mich von seinem Blick los und drücke einen Kuss auf seine Stirn, bevor ich ihn an mich drücke. Hinterfrag das jetzt nicht. Schlaf einfach. Bitte, bitte schlaf einfach. Es dauert eine Weile, aber tatsächlich höre ich den regelmäßigen Atem von Palle und entspanne mich wieder. Ich löse mich etwas von ihm, um in sein Gesicht zu blicken. Wie friedlich er aussieht, wenn er schläft. Ich muss lächeln während meine Hand wie von selbst vorsichtig über seine Wange streicht, ehe ich realisiere was ich da tue und abrupt meine Hand zurückziehe. Was ist denn los mit mir? Schnell schließe ich meine Augen und verwerfe die komischen Gedanken. Es dauert etwas bis ich Schlaf finde.
Fast vergessen betazulesen weil ich den ganzen Tag so beschäftigt war xD
Die Weihnachtszeit ist doch stressig. Hoffentlich kann ich morgen endlich mal wieder entspannen und ausschlafen qwq (Silberschwingen)
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