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Kapitel 47; Michael

Ich wache auf, als die ersten Lichtstrahlen durch die Balkontür in mein Zimmer scheinen. Ich habe den Vorhang wohl gestern nicht richtig zugezogen. Gestern Abend konnte ich Maurice' Fragen zu meiner plötzlichen Nettigkeit Patrick und Manuel gegenüber noch ausweichen, aber heute wird er mich wohl nicht damit in Ruhe lassen. Ich habe keine Lust darauf. Generell habe ich keine Lust, aufzustehen. Zum ersten Mal seit langem spüre ich nicht das Verlangen danach, irgendwas zu tun.

Ich zucke etwas zusammen, als mein Handy auf dem Nachttisch anfängt zu vibrieren. Na toll. Ich seufze, greife nach meinem Handy. Mehrere Nachrichten werden mir angezeigt. Mein Vater, Nico und Mika. Ich schalte mein Handy aus, ohne die Nachrichten gelesen zu haben. Ich will einfach nur meine Ruhe. Wenn ich die Nachrichten jetzt lese, muss ich antworten und bin zu Kommunikation gezwungen. Das Handy wandert zurück auf meinen Nachttisch und dann drehe ich mich auf die Seite. Ich stehe nicht auf. Warum auch? Was soll ich tun? Nichts. Ich kann nichts tun.

Ernüchterung überkommt mich. Warten. Warten ist das einzige, was wir momentan machen. Ständig warten wir darauf, dass wir irgendein Zeichen von Gluttony oder Zorn finden, oder dass die Irre mit der Waffe plötzlich vor uns steht und uns umbringt. Das ist alles. Warten. Warten auf den Tod.

So hab ich mir mein Studentenleben definitiv nicht vorgestellt. Ich hab gedacht, Maurice und ich ziehen in diese Wohnung und 65 Prozent unserer Zeit besteht nur aus lernen für die Uni. Tja, da hab ich wohl falsch gedacht. Lediglich 10 Prozent sind für die Uni draufgegangen. 40 Prozent der Zeit ging's um die Gegenstände und die restlichen 50 Prozent drehen sich nur um Maurice. Ich will nicht mehr. Das läuft alles definitiv nicht so, wie ich es haben wollte. Mich in Maurice zu verlieben, war nicht geplant gewesen. Gegenständen hinterherzujagen auch nicht. Nichts hier von war geplant gewesen. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich das Portemonnaie damals trotzdem an mich genommen? Und wäre ich danach trotzdem noch mit Maurice hierher gekommen? Ja. Ja, ich hätte beides gemacht.

Aber was soll ich jetzt tun? Wir stecken in der Scheiße und kommen nicht weiter. Schön und gut, dass wir die Zeit als Gruppe überbrücken, aber wie lange soll das so weitergehen? Wie lange sollen wir ein Ziel verfolgen, dass fast schon ausweglos erscheint? Ich will nicht aufgeben. Ich werde nicht aufgeben. Ich kann gar nicht aufgeben. Dafür habe ich mich schon viel zu sehr in der Sache verbissen. Mein Verlangen nach diesen verdammten Gegenständen ist schon viel zu groß, um jetzt noch einen Rückzieher machen zu können. Was erhoffe ich mir überhaupt davon? Es wurde von einem Wunsch gesprochen, der einem gewährt wird, aber was das Opfer für eben jenen Wunsch sein wird, weiß ich nicht. Die Gegenstände? Verlieren wir sie dadurch? Und was will ich überhaupt. Was ist mir dieser Wunsch wert.

Maurice' Liebe? Nein. Das kann ich nicht machen. Ich will niemanden zu irgendwas zwingen, nicht bei so einer Sache. Das wäre ihm gegenüber nicht fair. Weltfrieden? Ne, darauf scheiß ich. Allein schon die Tatsache, dass es sowas wie Todsünden gibt, zeigt doch schon, dass diese Welt eh verdammt ist. Man muss nur fünf Minuten in die Nachrichten schauen und wird überflutet von Schlechtem. Diese Welt ist ein Höllenpfuhl und es definitiv nicht wert, dass ich dafür einen Wunsch opfere. Ich könnte so größenwahnsinnig werden und mich zum Gott dieser Welt machen, aber erstens, wer würde das freiwillig werden wollen und zweitens, ich bin mir ziemlich sicher, dass das ganze irgendwie nach hinten losgehen wird.

Aber was will ich dann?

Ein Klopfen reißt mich aus meinen Gedanken. Die Tür öffnet sich. Je größer der Spalt wird, desto mehr Licht flutet mein Zimmer und genervt ziehe ich mir die Decke über den Kopf. Klack. Maurice hat wohl das Licht in meinem Zimmer angemacht.

„Liegst du immer noch im Bett? Wirst du etwa krank?“ Ich höre die Besorgnis aus seiner Stimme und ich kann es nicht lassen, die Augen zu verdrehen, während es sich gleichzeitig so anfühlt, als würde mein Herz für einige Sekunden aussetzen. Maurice sorgt sich um mich. Schwachsinn. Das machen Freunde eben. Für einander da sein und auf das Wohl des anderen achten. Ich muss mich zusammen reißen. Wenn ich jetzt damit anfange, mir bei jeglicher Aktion seitens Maurice Hoffnungen zu machen, dann werde ich wirklich irgendwann wahnsinnig.

Maurice und ich sind Freunde. Und die Wahrscheinlichkeit, dass aus uns jemals mehr wird, ist verdammt gering. Freunde. Einfach nur Freunde. Beste Freunde und trotzdem tut es weh, je öfter ich dieses Wort in Gedanken ausspreche. Es fühlt sich so an, als würde mit jedem Mal ein kleiner Teil von mir absterben. Ich habe schon längst damit angefangen, mir Hoffnungen zu machen. Das war dumm von mir und jetzt muss ich irgendwie mit den Konsequenzen leben.

„Hallo? Micha?“ Die Decke wird von mir gezogen und genervt kneife ich die Augen zusammen. Gott, ich hab ganz vergessen, wie tödlich Licht eigentlich sein kann. „Du wirst doch nicht wirklich krank, oder?“ Maurice' Hand wandert auf meine Stirn, wo sie für einige Sekunden verweilt. „Also deine Temperatur scheint nicht erhöht zu sein, aber du siehst etwas fertig aus“, stellt er fest und zieht seine Hand weg.

Vielleicht sehe ich so fertig aus, weil ich wieder über alles nachdenke, anstatt mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Aber was ist das Wesentliche überhaupt? Was ist mein Ziel? Mein Studium erfolgreich abzuschließen? Alle Gegenstände zu haben? Maurice' Liebe? Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, worauf ich mich konzentrieren soll. Mein Leben ist einfach innerhalb von kürzester Zeit komplett durcheinander geworfen worden.

„Was hast du denn?“ Wieder dieser besorgte Blick. Ich zwinge mich zu lächeln. Er soll sich jetzt nicht auch noch um mich sorgen. Er hat genug Probleme. Ich will keine Last sein. Ich bin seine Stütze, nicht andersrum.

„Nichts, mir geht es gut. Ich dachte nur, ich schlafe heute etwas länger. Mein Schlafrythmus ist ja eh schon am Arsch.“ Ich grinse ihn an, lege alle meine Energie, die ich gerade aufbringen kann, in mein Lächeln. Und es scheint zu funktionieren. Er nickt.

„Ziemlich ungewöhnlich, dass ich mal vor dir aufstehe.“ Oder vielleicht klappt es doch nicht so gut.

„Vielleicht wollte ich dir auch einfach mal dieses Erfolgserlebnis lassen“, necke ich ihn etwas und er verdreht die Augen. Wenigstens ist der besorgte Blick jetzt verschwunden.

„Idiot.“ Kopfschüttelnd entfernt er sich wieder von meinem Bett, verschwindet aus meinem Zimmer. Wir wissen beide, dass ich jetzt aufstehen werde.

Umständlich kraxel ich aus meinem Bett, erledige meine Morgenroutine. Bevor Maurice die Chance bekommt, mich auf gestern Abend anzusprechen, verlasse ich die Wohnung. Sein verwunderter Blick gestern hat mir gereicht. Das Gespräch werde ich solange aufschieben, wie ich kann.

Mein Weg führt mich ohne Umwege direkt in den Park. So als ob diese Route automatisch in mich einprogrammiert wurde. Wieder einmal vermisse ich Gonzo, als ich mich auf die übliche Parkbank setze.

Wie die Lage zuhause wohl ist? Natürlich schreibe und telefoniere ich oft genug mit meinen Eltern, aber es ist trotzdem nicht dasselbe, wie daheim zu sein. Ich verpasse einfach so viel. Auch was in meinem Freundeskreis so abgeht, bekomme ich nicht alles mit. Ich freue mich schon darauf, wenn ich mal wieder nach Hause komme. Wann das sein wird, weiß ich nicht, aber lange will ich damit nicht mehr warten.

Oder sollte ich das lieber nicht tun? Kann ich überhaupt riskieren, meine Familie und Freunde in Gefahr zu bringen, jetzt wo ich weiß, dass es definitiv jemand auf uns abgesehen hat? Ist das ihnen gegenüber fair oder befriedige ich damit nur meinen eigenen Egoismus?

„Michael -ich ignoriere Anrufe- Rankl! Was fällt dir ein, dein Handy auszuschalten?“ Oh shit. Ich habe hier auch Freunde, die ich eventuell in Gefahr bringe und eben diese Freunde laufen gerade auf mich zu. Aber irgendwas ist anders.

„Sag mal, bist du irgendwie gewachsen?“, rufe ich Mika entgegen. Nico fängt an zu lachen, während sie ihr Gesicht verzieht. Kurz darauf stoppt sein Lachen und er verzieht sein Gesicht. Tut wohl ganz schön weh, ihren Ellbogen in die Rippen gestoßen zu bekommen.

„Wechsel jetzt bloß nicht so unsensibel das Thema!“, fordert sie, als die beiden vor mir zum stehen kommen. Dabei wollte ich das Thema nicht einmal wechseln. Ich habe mich nur wirklich gefragt, ob und wie sie so plötzlich gewachsen ist. Ein Seufzen ihrerseits ertönt.

„Plateuboots.“ Was? Man scheint mir meine Unwissenheit anzusehen, denn Mika rollt mit den Augen und deutet auf den Boden. Ich folge mit meinen Blick der Richtung ihres Fingers. Oh. Schuhe. Weiße Stiefel mit schwarzen Schnürsenkeln und 'nem ebenso schwarzen fetten Absatz unten drunter. Das erklärt einiges.

„So. Und jetzt erklärst du uns mal, wieso du unsere Nachrichten ignoriert hast.“ Nicolaus lässt sich neben mich fallen und es dauert nicht lange, bis Mika ebenfalls neben mir sitzt.

„Ich habe einfach vergessen, mein Handy wieder an zu machen, als ich aufgestanden bin“, gebe ich zu. Ich ziehe mein Handy aus meiner Jackentasche und schalte es an. Daran hätte ich wirklich denken sollen, als ich gegangen bin. Ich schalte mein Handy halt so selten aus, dass ich gar nicht daran gedacht habe.

Ich überfliege kurz die Nachrichten, die ich bekommen habe. Drei davon von Nico, in denen er umständlich fragt, ob wir was zusammen machen. Zwei vom Mika, die übliche, dass sie immer noch keine Olivia kennt und die Frage, ob ich noch schlafe. Eine Nachricht von meinem Vater. Mehrere Anrufe, alle von Nico und Mika.

„Woher wusstet ihr eigentlich, dass ich hier bin?“ Ich selbst habe es ihnen ja offensichtlich nicht gesagt.

„Naja, beim letzten Mal ist ziemlich deutlich geworden, dass du den Platz hier magst“, erklärt Nico mir. Wow, ich bin also nicht nur für Manuel ein offenes Buch. „Und außerdem waren wir bei dir zuhause. Dein Mitbewohner, Maurice, meinte, wir finden dich wahrscheinlich hier.“

„Übrigens. Wüsste ich nicht, dass wir beide irgendwann mal auf eure Hochzeit eingeladen sind, wäre ich doch glatt bei euch zuhause geblieben und hätte Nico alleine herkommen lassen.“ Trotz Mikas Grinsen bin ich mir nicht so sicher, dass das ganze nur ein Witz war.

„Vergiss den Teil mit der Hochzeit. Freunde. Mehr nicht, aber danke, dass du trotzdem rücksichtsvoll bist.“ Das unwohle Gefühl ignoriere ich. Bloß nicht noch mehr dumme Hoffnungen machen.

„Oh nein. Du ruhst dich jetzt nicht auf eurer Freundschaft aus. Du redest dir das doch nur ein, um dir keine falschen Hoffnungen zu machen!“ Mikas Miene ist ziemlich ernst geworden. In was für eine Diskussion habe ich mich da jetzt wieder reinmanövriert?

„Tut mir ja leid, aber ich behalte lieber meinen besten Freund als da irgendwas zu riskieren. Da unterdrücke ich meine Gefühle lieber“, verteidige ich meine Entscheidung. Lieber so, als Maurice komplett zu verlieren. Dann habe ich nämlich wirklich verloren.

„Ach. Ich dachte, du wärst nicht in Maurice verliebt“, Nico stößt mich an und ich zucke zusammen. Fuck.

„Äh, Moment-“ Ach, was soll's.

„Lass ihn Nico!“, fährt Mika ihn an, bevor sie sich mir zuwendet. „Und du, lass diese Pussy Methode. Ich sage dir, du bereust das irgendwann, wenn du nicht ehrlich bist. Außerdem wird das komplett schief gehen und so oder so rauskommen.“

„Wow, sehr aufmunternd.“ Das hat mir jetzt auch nicht wirklich weitergeholfen. Sieht eher so aus, als hätte ich von vorneherein schon keine Chance, Maurice in meinem Leben zu behalten, nicht mal als Freund.

„Ich will dich nicht aufmuntern, ich will dir in den Arsch treten, damit du dich mal zusammen reißt. Maurice sieht nett aus. Der Junge wird dir schon nicht den Kopf abreisen. Für Gefühle kann man doch nichts!“ Seufzend wende ich mich von ihr ab und mustere den Boden. Als ich sie das nächste Mal ansehe, zündet sie sich gerade eine Zigarette an.

„Das wird er vielleicht nicht tun, aber ich will nicht, dass es zwischen uns komisch wird.“ Warum rechtfertige ich mich überhaupt dafür?

„Und was willst du dann machen?“, hakt Nico nach. Ja. Was mach ich?

„Abwarten.“ Weil es das einzige ist, was ich momentan tun kann und sowieso schon zur genüge tue. Es ist immer dasselbe. Warten, bis irgendwas passiert.

„Also selbst dafür sorgen, dass es komisch wird. Okay.“ Der Rauch von Mikas Zigarette weht in meine Richtung, und ich fächle ihn weg. Belustigt mustert sie mich, ob sie das wegen meiner Aussage oder meiner Handlung tut, weiß ich nicht. Vielleicht auch wegen beidem.

„Du hast doch keine Ahnung“, genervt verdrehe ich die Augen. Muss ich mir jetzt wirklich von den beiden sagen lassen, was ich zutun habe? Es ist sicherlich nett gemeint und ich nehme es ihnen auch nicht wirklich übel, aber irgendwann reicht's dann auch mal.

„Jetzt pass mal auf du unsensibeles Arschloch. Ich hab mehr Ahnung davon als du denkst, also hör auf mich, wenn ich dir sage, dass das so nicht funktionieren wird. Du wirst verkacken. Entweder ihr redet drüber und du spielst mit offenen Karten, oder du wirst versuchen deine Gefühle zu verstecken und im Endeffekt einfach nur dumm und mehr als offensichtlich handeln. Also, was willst du tun? Reden und mindestens die Freundschaft erhalten oder Scheiße bauen?“ Ihr verletzer Ton lässt mich sofort bereuen, was ich gesagt habe. Scheint so, als wüsste sie doch, wovon sie redet. Ich hab mal wieder nicht weit genug gedacht.

„Tut mir leid. Ich wusste ja nicht, dass du-“

„Kein Themenwechsel!“ Okay, dann eben keine Entschuldigung.

„Ich weiß es nicht“, antworte ich ihr stattdessen zögerlich auf die Frage. Wenn ich nur zwei Optionen habe, und beide scheiße ausgehen können, wofür soll ich mich dann entscheiden? Sicher, die beiden haben offensichtlich schon entschieden, was ich tun sollte. Aber will ich das riskieren?

„Denk nicht zu lange darüber nach.“ Leichter gesagt, als getan. Das einzige, was ich momentan hinbekomme, ist nachdenken und Entscheidungen treffen funktioniert trotzdem nicht.

Wohin soll mich das ganze führen? Diese ganze verdammte Situation setzt mich so unter Druck, dass ich mich kaum konzentrieren kann. Es ist immer dasselbe. Meine Gedanken springen von Thema zu Thema und landen letztlich immer bei Maurice. Das hilft mir auch nicht dabei, einen klaren Gedanken zu fassen. Eine weitere kleine Rauchwolke wabert an mir vorbei und ich sehe zu der Zigarette in Mikas Hand. Moment. Die war doch eben viel kürzer. Ist das etwa schon ihre zweite in der kurzen Zeit?

„Du solltest mit dem Rauchen aufhören“, wende ich ein. Mika streckt ihre Hand aus und betrachtet die Zigarette zwischen Ihren Fingern.

„Ich sollte mit vielen Dingen aufhören.“ Keine Sekunde später nimmt sie den nächsten Zug ihrer Zigarette. Kopfschüttelnd wende ich mich ab. Das gehört wohl zu den Dingen, die man nur versteht, wenn mal selbst betroffen ist. Allein schon der Geruch hat mich immer davon abgehalten, jemals an einer Kippe zu ziehen. Warum auch? Man hat nichts davon.

„Hat nicht jeder irgendwie seine Laster?“, wirft Nico ein. Hab ich...? Ja. Natürlich. Definitiv.

„Stimmt schon.“ Was wäre, wenn man seine Laster einfach loswerden könnte? Ganz easy? Ohne irgendwas dafür zu tun? „Wenn ihr einen Wunsch hättet, was würdet ihr euch wünschen?“

„Mhm. Interessante Frage“, Nico brummt leise. Nachdenklich mustert er mich, dann setzt er zu einer Antwort an. „Ich denke, ich würde versuchen, meine Fehler ungeschehen zu machen. Ich weiß nicht. Man könnte sich selbst und auch anderen ziemlich viel ersparen.“ Eine ziemlich gute Antwort. Ich glaube, jeder wünscht sich bestimmte Dinge wären nie passiert.

„Bullshit.“ Mikas Tonart macht ziemlich deutlich, wie sehr sie von dieser Antwort abgeneigt ist. Anders als ich.

„Was?“ Nico hört sich so an, als fühle er sich persönlich von Mikas Ablehnung angegriffen.

„Fehler sind menschlich. Sie gehören zur Persönlichkeitsentwicklung und sind von essenzieller Bedeutung. Sie ungeschehen zu machen ist, als würde man einen Teil seiner Vergangenheit löschen.“ Ihre Zigarette landet auf dem Boden, bevor sie sie mit ihren, äh, Plateauboots austritt.

„Im Laufe seines Lebens verletzt man viele und wird selbst auch oft genug verletzt. Was ist falsch daran, sie also rückwirkend zu verhindern?“ Nico verschränkt seine Arme und zieht eine Augenbraue hoch.

„Alles. Andere zu verletzen und selbst verletzt zu werden, dass alles sind Lektionen. Man sagt doch nicht umsonst, dass man aus Fehlern lernt.“ Sie verdreht die Augen, scheint ziemlich überzeugt von ihrer Meinung. Es ist einleuchtend, irgendwie. Zumindest verstehe ich ihren Punkt. Fehler auszumerzen würde dafür sorgen, dass bestimmte Situationen nie eingetreten wären.

„Und was würdest du dir stattdessen wünschen?“, möchte ich wissen. Einerseits interessiert es mich wirklich, andererseits will ich eine Diskussion zwischen den Geschwistern umgehen.

„Irgendwas banales. Etwas, dass nicht dafür sorgt, dass ich und andere Menschen sich verändern. Das sollte man nämlich auch betrachten. In wie weit beeinflusse ich mit meinem Wunsch meine Mitmenschen?“

„Mhm“ Etwas banales also. Das ist doch ziemlich nichtssagend. Jedenfalls nichtssagender, als ich von ihr erwartet hätte.

„Vesteht ihr, was ich meine? Diese Du-hast-einen-Wunsch-frei-Thematik war schon immer ziemlich kritisch. Letztlich seh ich in dem ganzen keine Bereicherung, sondern nur einen Fluch. Hinterher wird man mit dem Ergebnis seines Wunsches nicht zufrieden sein“, redet sie weiter. Langsam begreife ich wirklich, was sie meint. Alles, was im ersten Moment gut erscheint, wird irgendwelche Nachteile haben, sei es für einen selbst oder andere.

„Wenn du das so sagst, ergibt es schon Sinn“, gibt Nico zu. Er hat also auch begriffen, wie drastisch bestimmte Wünsche sein können.

„Eben. Es ergibt Sinn, aber kaum jemand würde in so einer Situation so weit denken. Deswegen bin ich froh, dass das ganze nur ein Gedankenerperiment ist“, Mika grinst etwas. Gedankenexperiment. Natürlich. Wenn es nur das wäre. Für Außenstehende mag das wie eine einfache Frage wirken, die man sich halt mal so aus Langeweile stellt. Dabei ist es zumindest für mich momentan so viel mehr. Ob die anderen auch schon darüber nachgedacht haben?

„Du hättest Philosophie studieren sollen“, merke ich an. Sie hat wirklich ein Händchen für sowas.

„Ich mag Philo. War mein Lieblingsfach in der Schule. Aber ich glaube, ein Studium in dem Gebiet wäre nicht das richtige für mich gewesen“, sie zuckt mit den Schultern. Und schon verfallen wir in ein etwas weniger ernstes Gespräch über unsere Schulzeit.

„Ich sollte wohl langsam wieder nach Hause“, stelle ich nach einem Blick auf die Uhr fest. Das Gespräch mit den beiden war eine wilkommene Ablenkung, auch wenn es mir nicht wirklich bei meinem Problemen geholfen hat.

„Mach das. Maurice will bestimmt etwas Gesellschaft haben“, stimmt Nico mir grinsend zu. Mein Gott, dieser Typ kann so nervig sein.

„Bis später. Wir sehen uns morgen in der Uni“, verabschiede ich mich, ohne auf Nicos Anspielungen einzugehen.

„Und denk an meine Worte!“, ruft Mika mir noch hinterher, als ich aufstehe, um zurück zu unserer Wohnung zu gehen. Sie hat heute viel gesagt, aber es ist mehr als offensichtlich, dass sie sich auf Maurice und mein Verhalten ihm gegenüber bezieht.

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