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Du hast dich zurück auf dein Zimmer verzogen, nachdem du beinahe trotzig aufgesprungen warst um zu verkünden, dass es dir gut ginge und du keine Therapie brauchst. Du hast sogar deine Tür zugeworfen, wie ein kleines Kind, dem seine Süßigkeiten weggenommen wurden. Niedlich.
"Sie beruhigt sich sicherlich wieder. Macht euch keine Sorgen. Das war ein guter Vorschlag." Ich lächele unseren Eltern aufmunternd zu, die ziemlich niedergeschlagen wirken. "Und es tut mir leid, dass ich euch mit meinem Verhalten Schwierigkeiten bereitet hab."
Unsere Mama zieht mich in ihre Arme und das vertraute Gefühl von Familie breitet sich in mir aus. "Es ist alles in Ordnung. Mach dir keine Vorwürfe. Die ganze Situation ist schwer für uns alle, aber es ist nicht deine Schuld." Sie lächelt mir zu und drückt mir einen Kuss auf die Wange.
"Ja wir schaffen das gemeinsam. Eine Familientherapie wird uns gut tun oder Schatz?", meint auch Papa und lächelt ebenfalls, während Mama nickt.
"Danke. Ich werde mal nach ihr sehen und versuchen alles zu klären."
"Ja, mach das Liebling."
Ich gehe langsam die Treppe hoch. Familientherapie. Als hätte ich nicht schon genug zu tun. Was hast du uns da nur eingebrockt? Deshalb brauchst du mich an deiner Seite. Du scheinst deine Entscheidungen nicht richtig zu überdenken und dann führt das zu sowas. Wenn wir erstmal vereint sind, wird alles einfacher. Dann kümmere ich mich um alles. Du musst dir nie wieder irgendwelche Sorgen machen. Ich werde dich beschützen, zumindest wenn du endlich lernst mich zu lieben.
Mach mich zu deinem und ich werde dich bis in alle Ewigkeit auf Händen tragen.
Ich öffne deine Tür, wie schon lange ohne anzuklopfen. "Nica, wir..." Ich erstarre, genauso wie du, als dein Gesicht beginnt rot anzulaufen und du schnell deinen Schlafanzug vor deine nackte Brust hältst, den du bis eben noch getragen hattest.
Ich spüre wie mein Atem sich beschleunigt. Ich hatte dich noch nie Oberkörper frei gesehen. Normalerweise versuche ich deine Privatsphäre zumindest noch ein wenig zu beachten, aber woher hätte ich denn wissen sollen, dass du dich gerade umziehst. Wie automatisch drücke ich die Tür vollständig zu. Ich erwarte das du was sagst, doch du schaust mich nur weiter schockiert an, damit beschäftigt mir deinen Anblick vor zu enthalten.
"Nica." Ich kann nicht anders, ich komme langsam auf dich zu, während du rückwärts gehst, bis dein Rücken gegen die Wand kracht.
Ich muss lachen. "Hast du etwa Angst? Meinst du, ich tue dir was an?"
Ich spüre, wie der Trotz der so tief in dir liegt, sich an die Oberfläche drängt, denn du drückst deinen Rücken durch und schaust mich nun Finster an. Du öffnest den Mund, doch schließt ihn sofort wieder.
"Oh hat es dir endlich mal die Sprache verschlagen?" ,frage ich süffisant, als ich dir so nah bin, dass du zu mir herauf schauen musst.
"Mama und Papa sind unten. An deiner Stelle hätte ich eher Angst, das ich schreie." Ich zucke zurück und du lächelst mich nun an.
"Wag es nicht."
"Gib mir Nathans Bild zurück."
"Warum? Warum hängst du so an ihm?" Ich balle meine Hände zu Fäusten. "Es ist immer nur er. Ich würde alles für dich tun, aber ich war nie genug, nicht wahr?"
Ich hasse es. Ich hasse dich so sehr dafür mich immer wieder mit ihm quälen zu wollen. Es zerreißt mich beinahe diesen Namen auch nur aus deinem Mund zu hören.
Immer und immer wieder. All diese verdammten Jahre.
"Er ist mein Bruder. Das ist der Grund." Ich spüre, wie es dich traurig macht, allerdings entfacht die meine Wut nur noch mehr.
"Ich bin auch dein Bruder! Ich wollte das du meine Schwester wirst. Ich hatte mich immer bemüht und du hast mich immer weggestoßen."
Du zuckst bloß mit den Schultern. "Das ist was anderes. Dürfte ich mich jetzt bitte umziehen?"
Deine Stimme klingt plötzlich schwach, als hätte sich etwas verändert.
"Gehst du weg?"
"Ja."
"Wohin?"
"Geht dich nichts an. Und jetzt raus. Ich will allein sein."
Dieser Satz. Wie oft hatte ich ihn schon aus deinem Mund gehört? Wieso konntest du meine Nähe noch nie ertragen? Was ist dein verdammtes Problem?!
"Okay, wie du willst! Wir werden noch viele Jahre zusammen haben, das verspreche ich dir!" Damit will ich gerade aus der Tür treten, doch bevor ich verschwinde, drehe ich mich noch einmal um.
"Du wirst mich nicht los, Nicole. Niemals."
Damit schließe ich die Tür und atme einmal tief durch, bevor ich ebenfalls in mein Zimmer gehe und mich anziehe. Ich will wissen, was du tust. Ich hab ein ungutes Gefühl dabei. Du bist viel zu aufgebracht um irgendwo hinzugehen. Meine Sorge um dich war schon immer unfassbar groß. Egal was du gemacht hast, egal was vorher zwischen uns geschehen war, ich war nie in der Lage, zu sagen, dass es mir nicht wichtig wäre. Das du mir nicht wichtig wärst.
Ich verstehe selbst nicht warum. Ich sollte froh sein, dass du kein Teil meines Lebens sein willst. Das du mir aus dem Weg gehst. Und doch kann ich dich nicht in Ruhe lassen. Als hättest du dich so fest in meinem Kopf festgesetzt, dass du tun und lassen kannst, was du willst.
Ich würde dich wohl niemals dort heraus bekommen. Nicht, das ich das wollte. Dafür genieße ich deine Nähe viel zu sehr. Auch wenn du mich schon viel zu oft zur Weißglut getrieben hast, kann ich trotzdem immer nur an dich denken. Du weißt gar nicht, wie sehr mich der Gedanke erfreut, wenn ich dir die Schuld am Tod unsere Eltern in die Schuhe schiebe.
Ich werde mich an deiner Verzweiflung ergötzen und dein Schreien wird wie Musik in meinen Ohren erklingen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sehr es dein inneres zerfetzen wird aber ich weiß, wie sehr es mir Spaß machen wird, alle Einzelteile wieder zusammen zukleben. Natürlich nicht ganz so wie vorher.
Einige Dinge werden dann hoffentlich für immer aus deinem Leben gestrichen werden. Dein Bruder beispielsweise. Ich werde ganz oben stehen. Ich werde dich dazu bringen, dich von mir beherrschen zu lassen. Sowohl deine Gedanken als auch dein Handeln. Und solange du das nicht verstehen wirst, kannst du mich so lange verfluchen, bist du es endlich tust.
Ein Lächeln hat sich auf meinen Gesicht gebildet und bei diesen Gedanken beginnt mein Herz erneut schneller zu schlagen. Beinahe hätte ich dabei deine Tür überhört, die sich leise öffnet. Deine Schritte sind schnell aber ruhig, als du die Treppe herunter läufst. Scheinbar willst du nicht, dass unsere Eltern etwas mitbekommen.
Untypisch für dich. Wahrscheinlich bist du immer noch Sauer. Dennoch bin ich neugierig. Es kann noch so langweilig sein, was du vor hast. Solange du dabei bist, werde ich es lieben, so wie ich dich liebe, auch wenn ich dir gleich bin.
Du wirst immer der Mittelpunkt meines Lebens sein.
Also genieß ruhig noch ein wenig deine Freiheit, Nica, bevor ich dir alles weg nehmen werde, was du liebst und mich zu deinem Mittelpunkt machen werde.
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