
...
Er guckt mich an und ich spüre nur das schreckliche Stechen in meinem Herzen, was mir die Tränen in die Augen schießen lässt. Aber ich versuche mir nichts anmerken zulassen, obwohl ich ihm am liebsten anschreien und zurück durch die Tür schubsen würde. Weg von meinem Zuhause, weg von meinen Eltern, an dessen Händen er geht. Seine blauen Augen schauen mich an und er lächelt so überschwänglich, dass ihm seine blonden Haare ins Gesicht fallen. Mama lächelt ihm ebenfalls zu und streicht ihm die Strähne so liebevoll zurück, dass ich das Gefühl habe, mich übergeben zu müssen. Ich wusste, dass meine Eltern überlegt haben noch ein Kind zu adoptieren, schon lange bevor... bevor Nathan verschwunden ist und allein es zu denken, lässt mich innerlich zusammenzucken. Mama und Papa haben mir damals erklärt, wie sehr sie sich noch ein Kind wünschen. Kein kleines Baby, sondern schon etwas älter, da sie bereits zu Alt sind um noch ein eigenes zu bekommen, aber auch für mich noch ein Geschwisterchen möchten. Damals fand ich die Idee toll. Ich stellte mir ein kleines Schwesterchen oder auch noch einen Bruder vor und ich wollte eine so tolle Schwester sein, wie Nathan mein großer Bruder. Ein mal redete ich sogar mit einer Frau darüber, die mich fragte, ob ich mir das auch wünschen würde und wie es bei uns zu Hause ist und ich war so begeistert, dass ich gar nicht aus dem Reden heraus gekommen bin. Doch jetzt fühle ich mich, als hätte ich persönlich Nathan verraten und ihn ersetzen lassen und ich ertrage das Gefühl kaum, obwohl ich weiterhin ein lächeln auf dem Gesicht trage, dass schon vollkommen schmerzt, so verkrampft fühlt es sich mittlerweile an. Dieser Junge ist das komplette Gegenteil von meinem Bruder, sodass nichts an Nathan erinnern kann und dennoch, scheint er wie ein Ersatz, ein merkwürdiger Störfaktor, zu sein und seinen Platz einzunehmen. Aber das will ich doch nicht. Das will ich auf keinen Fall! Ich will ihn nicht hier haben. Nein! NEIN!
"Nicole. Das ist Jonathan. Er ist jetzt dein kleiner Bruder", richtet sich Mama an mich und lächelt mir aufmunternd zu. Meine Eltern haben ihn schon ein paarmal besucht aber ich habe mich immer rausgeredet, um nicht mitzukommen und nun ging alles doch so viel schneller, als ich gehofft hatte. Ich hab Mama und Papa vorgespielt, dass es immer noch in Ordnung ist und jetzt steht dieses Kind hier, was ich niemals sehen wollte. "Jonathan, möchtest du deiner Schwester hallo sagen?" ,reißen mich Mamas Worte wieder aus meinem Zweifeln und ich sehe wie Jonathan die Hände meiner Eltern loslässt und auf mich zukommt. Papa hat erzählt, er ist fünf Jahre alt, aber kurz davor sechs zu werden, ich erinnere mich alleridngs nicht an das Datum. Ich hatte nicht wirklich zugehört.
"Hallo", sagt er voller Freude und ehe ich es verhindern kann, hat er auch schon seine Arme um mich gelegt. Ich fühle mich wie erstarrt. Ich will das nicht.
"Hallo", presse ich irgendwie heraus und zwinke mich zu lachen und ihn ebenfalls kurz zu Umarmen, bevor ich ihn weg schiebe. Er strahlt jetzt übers ganze Gesicht und ich weiß nicht wieso, aber ich will nicht, dass er so glücklich ist. Ich finde es unfair, weil ich es nicht darf. Mir wurde mein großer Bruder genommen, den ich doch so sehr lieb habe und ich kann nicht anders, als zu hoffen, dass er zurück kommt, auch wenn es schon ein halbes Jahr her ist. Er allerdings drängt sich einfach in meine Familie und ich kann das Gefühl nicht los werden, dass er Nathan ersetzen will, soll. Ich dachte, es wäre schön eine große Schwester zu sein, aber ich hatte mich getäuscht. Ich möchte wieder die kleine sein. Und ich möchte, das Nathan wieder hier ist und mit mir spielt und... und... er muss doch bei mir sein. Ich hab ihn doch so lieb. Ich will meinen Bruder, niemand anderen.
Niemand anders wird je mein Bruder sein. Komm bitte zurück, großer Bruder.
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