Nur ein Kuss
-Remus Sichtweise-
>>Auf uns, Moony! << Sirius prostete mir munter zu.
>>Auf uns und auf Harry! <<, erwiderte ich fröhlich und stieß mein Glas an das Seine. Zusammen saßen wir auf dem Sofa im Wohnzimmer, während ein wärmendes Feuer im Kamin prasselte. Es war bereits stockdunkel draußen. Kein Mond war weit und breit zu sehen. Nur die leuchtenden Sterne, hoch am Firmament.
>>Ich bin wirklich stolz auf dich, Tatze! Ich hätte nicht gedacht, dass du es schaffst, mit Severus an einem Tisch zu sitzen, ohne dich mit ihm zu streiten. << Ich trank mein Weinglas zum Viertel leer und genoss die nächtliche Stille. Kein Geräusch vernahm mein empfindliches Gehör.
>>Für dich tue ich doch alles<<, erwiderte Sirius. Grinsend stieß er mir mit der Faust gegen die Schulter, woraufhin ich lachen musste. Entspannt lehnte ich meinen Kopf nach hinten gegen die Lehne, blickte gedankenverloren hoch zur Decke, während ich das Weinglas in meiner Hand hin und her schwenkte. Ich diesem Moment hätte die Zeit stehen bleiben können und es hätte mir nicht im Geringsten etwas ausgemacht.
>>Woran denkst du? <<, wollte Sirius neugierig wissen. Eingehend betrachtete er mich.
>>Ich genieße, Tatze... Es ist schön hier zu sitzen, den Abend ausklingen zulassen, alle Sorgen kurzzeitig zu vergessen, einen wohlschmeckenden Wein genießen, ein wärmendes Feuer, es ist Neumond... Was will man mehr? << Ich war mir nicht sicher, ob der Alkohol aus mir sprach, oder ob es einfach an der Müdigkeit lag, die so langsam von mir Besitz ergriff. Aber im Grunde genommen war es auch egal.
>>Es kann für immer so bleiben, Moony<<, sprach mein Freund mit einer Ernsthaftigkeit, wie ich sie nur selten zu hören bekam. Nachdenklich zog ich die Augenbrauen zusammen, nippte an meinem Wein und starrte weiter Löcher in die Luft.
>>Schön wär's. Aber Harry ist in ein paar Jahren alt genug, um auf eigenen Füßen zu stehen, du wirst irgendwann ein nettes Mädchen heiraten und ich... Keine Ahnung, was ich bis dahin mache. << Sorge überschatte die bis dato herrschende, sorglose Ruhe. Seufzend senkte ich den Blick, schwenkte den Wein in meiner Hand, um die Bewegungen der tief roten Flüssigkeit zu beobachten.
>>Wer sagt, dass ich ein Mädchen zum Leben brauche? Vielleicht will ja auch für immer an deiner Seite bleiben...<<, gab Sirius zu bedenken. Lachend wandte ich ihm den Kopf zu.
>>Unsinn! Jetzt machst du dir selbst etwas vor. << Grinsend stupste ich ihn in die Seite.
>>Woher willst du das wissen? <<, erwiderte er augenzwinkern und zeigte seine strahlenden, weißen, kerzengerade Zähne.
Stunde um Stunde verging. Zu der einen Flasche Wein gesellte sich noch eine Zweite. Wir unterhielten uns, lachten, alberten herum, malten uns Harrys Zukunft aus und hatten einfach nur Spaß. Das Feuer im Kamin knisterte fröhlich vor sich her, Sirius hatte die Gläser neu befüllt und die Distanz zwischen uns, war geringer geworden. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Mein Hirn war mittlerweile vollkommen benebelt und eine bleierne Müdigkeit legte sich auf meine Augenlider. Ich hatte keine Ahnung wie spät es bereits war, doch es musste schon weit nach Mitternacht sein. Eine merkwürdige Anziehungskraft war zwischen Sirius und mir entstanden, die ich geflissentlich zu ignorieren suchte. Daran war sicher nur der übermäßige Alkoholkonsum schuld...oder vielleicht war es auch langsam an der Zeit ins Bett zu gehen. Sirius schien allerdings eigene Pläne zu verfolgen. Mit glasigen Augen beobachtete ich, wie er sein Glas abstellte, ehe er seinen rechten Arm hinter mir auf die Sofalehne legte. Seine sturmgrauen Augen durchbohrten die meinen förmlich, ehe er zum Sprechen ansetzte.
>> Weißt du eigentlich, wie verboten gut du heute Abend aussiehst? << Überrascht hob ich beide Augenbrauen und wusste darauf nichts zu erwidern. Solch ein Kompliment aus dem Mund meines besten Freundes, verwirrte mich zutiefst. Doch noch mehr verwirrte mich, dass er mir mein Glas abnahm, es austrank, auf den Tisch abstellte und mir eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht strich, ehe seine Hand über mein Bein wanderte. Was bei Merlin? Und plötzlich legten sich seine Lippen sanft auf die meinen... Augenblicklich war mein Kopf wie leer gefegt. Ich wusste weder was ich denken, noch was ich fühlen sollte. Ich war schlicht und ergreifend völlig überfordert. Sirius Zunge bahnte sich einen Weg in meinen Mund. Seine rechte Hand fand den Weg in meinen Nacken. Er rückte weiter heran, sodass er nun fast über meinem Schoß hockte. Als jedoch seine Hände begannen, die oberen Knöpfe meines Hemdes zu öffnen, fiel die Schockstarre von mir.
Eilig hob ich die Hände, wollte ihn von mir drücken, doch er schien meinen Wiederstand zunächst nicht zu bemerken. Seine linke Hand fuhr verlangend über die freigelegte Haut meines Oberkörpers. Ein kalter Schauer rann meinen Rücken herab. Vergeblich versuchte in den Kopf wegzudrehen, um seinem Kuss zu entkommen, doch er hielt mich eisern fest, saß nun vollends auf meinen Schoß und deutlich konnte ich die Beule in seiner Hose spüren. Merlin, wo bitte war ich hier nur hineingeraten?
Normalerweise vertraute ich Sirius blind, aber das hier, ging definitiv zu weit. Panik bereitete sich in mir aus. Der Wolf in mir bäumte sich auf, da er sich bedrängt fühlte, gefangen und mit aller Macht seinen Freiraum suchte. Ohne, dass ich es bewusst wollte, ergriff er von mir Besitz und ich holte aus. Mit voller Wucht traf meine Faust Sirius linke Schläfe. Benommen kippte mein Freund von mir runter. Sofort sprang ich auf die Beine und brachte so viel Abstand wie nur möglich zwischen uns, ohne den Raum zu verlassen. Mein Hirn versuchte krampfhaft zu realisieren, was hier gerade passierte. Schweratmend beobachtete ich meinen Freund, der sich stöhnend an den Kopf fasste. Noch immer sah ich das Verlangen in seinen Augen. Schwer schluckte ich und wich weiter zur Wand zurück, als er sich unter Schmerzen aufrichtete.
>>Sirius, was...? <<, brachte ich mit brüchiger Stimme hervor. In diesem Moment war ich einfach nur vollkommen perplex, erschrocken und zutiefst enttäuscht. Es fühlte sich an, als hätte er mich verraten und für seine eigenen Zwecke missbraucht.
>>Ich... Remus... Es tut mir leid. << Flehentlich sah er mich an, während Wut in mir zu toben begann.
>>Es tut dir leid? Ist das dein verdammter Ernst? Was bitte sollte das eben? Bist über Nacht homosexuell geworden, oder was das Ganze nur ein Spiel für dich, ein Experiment? << Heiße Tränen liefen an meinen Wangen herab. Ich hatte den Kampf gegen sie verloren. Doch die Wut schäumte weiter in mir.
>>Nein, natürlich nicht...Ich...Ich, hab einfach die Kontrolle verloren...Bitte glaub mir, ich wollte dich nicht so überfallen...! Die Gefühle sind einfach mit mir durch gegangen und...<< Kopfschüttend unterbrach ich ihn, in seinem unbeholfenen Gestotter.
>>Gefühle? << Verunsichert verschränkte ich die Arme vor der nackten Brust. Ich fühlte mich auf eine merkwürdige Art und Weise entblößt und... hilflos. Ich bemerkte wie Sirius nun ebenfalls schwer schluckte. Nur zögerlich stand er auf und kam mit vorsichtigen Schritten auf mich zu. Angespannt wich vor ihm zurück, was ihn dazu veranlasste stehen zu bleiben. Unaufhaltsam flossen die Tränen über meine erhitzten Wangen, tropften zu Boden, wo sie ihm purpurfarbenen Teppich versiegten. Es kam selten vor, das ich weinte, doch ich wusste mit dieser merkwürdigen Situation einfach nichts anzufangen. Sirius hatte mir stets Sicherheit und Halt gegeben und jetzt? Jetzt fühlt es sich so an, als würden wir nicht mehr auf derselben Seite stehen.
>>Remus, ich...ich liebe dich. << Mit tellergroßen Augen sah ich ihn an und glaubte mich verhört zu haben.
>>Was? <<, fragte ich mit erstickter Stimme. Das konnte unmöglich sein Ernst sein. Nein, wir waren beste Freunde, schon seit Jahren. Sirius hatte sich stets für Frauen interessiert. Nein, dass alles hier musste nur ein schlechter Scherz sein. Sicher wollte er mich nur auf den Arm nehmen, mich reinlegen, um hinterher mit mir darüber zu lachen.
>>Moony, ich meine es wirklich ernst. Ich liebe dich! << Nur ganz langsam kam er auf mich zu. Ich stand mit dem Rücken zur Wand und konnte somit nicht weiter zurückweichen. Mein Hirn schien heiß zu laufen, wollte das Gesagte nicht wahr haben, wollte es nicht verstehen, es nicht hören. Schmerzhaft bohrten sich meine Fingernägel in meine Oberarme.
>>Ich verstehe, dass das ein ziemlicher Schock für dich sein muss... Aber bitte glaube mir, wenn ich dir sage, dass ich rein gar nichts von dir verlange! Wenn du meine Gefühle nicht erwiderst, werde ich lernen damit umzugehen. Ich möchte nichts tun, was unsere Freundschaft gefährdet. Das einzige , was ich wirklich aus tiefsten Herzen will, ist bei dir zu sein. << Sanft zog er mich in eine Umarmung. Haltsuchend klammerte ich mich an ihm fest, obwohl es im kompletten Wiederspruch zu meinen Gefühlen stand. Doch ich brauchte einfach den Halt, den Trost und die Gewissheit nicht allein zu sein.
Als ich am frühen Morgen erwachte, nahm ich zunächst nur die ungewohnte Wärme war. Müde rückte ich näher an die Wärmequelle heran. Mein Kopf fühlte sich schwer an. Ich konnte mich nicht dran erinnern, ins Bett gegangen zu sein. Ein merkwürdiges Gewicht lag auf meiner Taille und ein vertrauter Geruch stieg mir in die Nase. Ich fühlte mich unheimlich geborgen. Doch als mein Geist gerade wieder in das Land der Träume abdriften wollte, spürte ich eine Bewegung neben mir. Murrend verzog ich das Gesicht, zog die Decke höher und wollte eigentlich nur der bleiernen Müdigkeit nachgeben.
>>Moony? <<, vernahm ich Sirius Stimme. Heißer Atem traf auf meine Haut. Erschrocken riss ich die Augen auf, nur um festzustellen, dass sich das Gesicht meines Freundes nur wenige Zentimeter entfernt von dem meinen befand. Sofort wich ich zurück, doch Sirius schlang seine Arme um meinen Körper und drückte mich wieder an sich.
>>Vorsicht, Vorsicht! Du willst doch nicht vom Sofa fallen, oder? <<, meinte er ungewohnt sanft. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich dicht an der Sofakante lag. Eine verlegene Röte legte sich auf meine Wangen. Diese ungewohnte Nähe zu meinem Freund, machte mich erneut unheimlich nervös. Er fuhr mit den Fingerspitzen über mein erhitztes Gesicht, was sich seltsamerweise gar nicht mal so schlecht anfühlte. Die Minuten verstrichen und allmählich entspannte ich mich in seinen Armen. Ich begann sogar, seine zaghaften Berührungen zu genießen. Erschöpft schloss ich die Augen, konzentrierte mich auf seine vertraute Aura und versuchte einfach an nichts zu denken.
>>Und? Wie fühlt sich das an? <<, flüsterte Sirius leise. Seine Finger fuhren noch immer hauch zart über mein Gesicht. Hilflos zuckte ich mit den Schultern.
>>Irgendwie... vertraut<<, gab ich zögerlich zu. Blinzelnd öffnete ich die Augen und blickte unsicher in die sturmgrauen meines Freundes.
>>Ich weiß, dass das hier alles ganz neu für dich ist, aber lass mich trotzdem mal etwas versuchen, ja?! << Ganz langsam lehnte er sich ein Stück weit vor, sodass sich unsere Nasenspitzen berührten.
>>Du vertraust mir doch, oder? << Seine Stimme war nur ein Hauch. Unweigerlich bekam ich eine Gänsehaut, während ich verhalten nickte.
>>Dann schließ die Augen und konzentrierte dich ganz allein nur auf mich! << Tief sah er mir in die Augen. Ich tat was er sagte und keine zwei Sekunden später, legten sich warme Lippen auf die meinen. Es war anders als gestern, denn diesmal vernebelte mir nicht der Alkohol die Sinne und Sirius war nicht so stürmisch. Nein, ich konnte mich voll und ganz auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Ich hatte noch nie jemanden geküsst. Bisher war ich immer der Ansicht gewesen, dass Werwölfe nicht lieben durften. Niemals würde ich absichtlich jemandem diese Bürde auftragen, die das Zusammensein mit mir, mit sich brachte. Lieber akzeptierte ich die Tatsache, für immer allein zu sein. Deshalb hatte ich mir auch noch nie Gedanken darüber gemacht, ob ich nun eigentlich auf Frauen oder auf Männer stand. Es war mir schlicht und ergreifend egal gewesen. Doch das hier...fühlte sich plötzlich gar nicht mehr so verkehrt an, wie anfänglich gedacht. Sirius Lippen waren herrlich warm, weich und schienen genau auf die meinen zu passen. Sein unbeschreiblicher Geruch vernebelte mir die Sinne. Mein Herz raste und Neugier ergriff mich, weshalb ich anfing den Kuss zu erwidern. Natürlich hatte ich keinen Vergleich und trotzdem würde ich diese Art von Zuneigung als schön bezeichnen.
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