Kapitel 10
Mit dem Entschluss, sich erneut mit Arbeit abzulenken, betrat Draco die Stube. Er hatte mit dem Ministerium just eine Erhöhung der Liefermenge seines belebenden Trankes verhandelt, was ihm nun überaus gelegen kam. Sein Butler fing ihn jedoch ab, bevor er im Ankleidezimmer verschwinden konnte.
„Besuch für Sie, Mr. Malfoy", informierte er in neutralem Ton.
Unwillkürlich machte Dracos Herz einen Satz. War sie doch noch...? Doch der passive Gesichtsausdruck von Simon machte schnell deutlich, dass Draco diesbezügliche Erwartungen vergessen konnte.
„Wer?", fragte er daher mit einer Spur Schroffheit in der Stimme. Simon zögerte einen Moment, als befürchte er eine negative Reaktion seines Dienstherrn. Schließlich verkündete er verhalten:
„Ihr Vater wünscht Sie zu sprechen."
Damit hatte Draco nicht gerechnet. Weder Lucius noch seine Mutter hatten sich jemals seit seinem Auszug aus Malfoy Manor bei ihm blicken lassen. Nicht dass es Draco gestört hätte. Er hatte nach der letzten Auseinandersetzung mit seinem Vater, bei der sich seine Mutter wie erwartet im Hintergrund gehalten und damit Lucius' Seite eingenommen hatte, rigoros die Verbindung zu seinen Eltern gekappt. Das überraschende Auftauchen seines Vaters verschlug ihm daher sekundenlang die Sprache. Das Schweigen im Raum dehnte sich aus, bis Simon schließlich wissen wollte:
„Darf ich Mr. Malfoy in den Salon geleiten?"
Dracos Lippen bewegten sich wortlos, bis er schließlich knurrte:
„Machen Sie! Aber unterstehen Sie sich, ihm etwas zu trinken anzubieten!"
„Sehr wohl, Mr. Malfoy."
Gemessenen Schrittes verließ Simon den Raum, während Draco ihm nachdenklich hinterhersah. Was hatte dies zu bedeuten? Was wollte sein Vater von ihm? Soweit er wusste, befand sich seine Mutter bei bester Gesundheit. Jegliche anderslautenden Nachrichten hätte er gehört. Doch welchen anderen Grund sollte sein Vater haben, den verachteten Sohn nun zu Hause aufzusuchen?
Draco gab sich fünf Minuten, die er seinen Vater warten ließ. Die beabsichtigte Provokation entlockte ihm ein dünnes Lächeln. Mal schauen, wie wichtig Lucius dieser Besuch war... Dann reckte er die Schultern und nahm mit erhobenem Haupt Kurs auf den Salon. Die Tür stand offen und erlaubte Draco den Blick auf seinen Vater, der in bekannt lässiger Haltung, eine Hand auf den Knauf seines silbernen Gehstockes gestützt, eines der Gemälde an der Wand betrachtete.
Draco gab sich keine Mühe, den Ton seiner Schritte auf dem Parkett zu dämpfen, der Lucius sogleich seine Ankunft signalisierte. Fern jedes Zeichens von Ungeduld drehte dieser sich um. Ein breites Lächeln zierte die Gesichtszüge seines Vaters, das jedoch wie üblich dessen Augen nicht erreichte.
„Draco. Mein Sohn", kommentierte Lucius mit sanfter Stimme das Offensichtliche.
„Was verschafft mir die Ehre deines Besuches, Vater?", erwiderte Draco kühl und blieb mehrere Meter von ihm entfernt stehen, so dass Lucius auf ihn zuzutreten gezwungen war. Malfoy Senior ließ sich vom alles andere als willkommenheißenden Verhalten seines Sohnes jedoch nicht abschrecken. Er blieb direkt vor ihm stehen und erwiderte Dracos wachsamen Blick mit dem wärmsten Lächeln, das er aufzubringen vermochte.
„Was willst du, Vater?", wiederholte Draco, dessen Ungeduld und Ärger einen Moment lang sichtbar wurden.
Lucius ignorierte die Frage seines Sohnes und wies mit seinem Stock auf die sie umgebenden Bilder an der Wand, die Reichtum und Geschmack repräsentierten. „Wie ich sehe, war unsere Erziehung doch nicht völlig vergebens."
Draco holte unauffällig tief Luft und unterdrückte jegliche weitere Emotion.
Langsam drehe sich Lucius einmal um seine eigene Achse, um den ganzen Salon in Augenschein zu nehmen.
„Du hast dich gemacht, mein Sohn. Gratuliere", lobte er dann. „Ganz im Stile eines Malfoys." Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: „Deine Mutter verfolgt jeden Artikel und jede Nachricht über deine kontinuierlichen Erfolge und lässt schön grüßen."
„Wie schön", erwiderte Draco ausdruckslos und verschränkte die Arme hinter seinem Rücken. „Warum hat sie dich nicht begleitet?"
„Ah, Draco..." Lucius ließ seine Stimme lang ausklingen und das Strahlen auf seinem Gesicht vertiefte sich. „Heute... geht es um ein Gespräch unter Männern."
Wie um Draco die Gelegenheit zu geben, nach der Absicht seines Besuches zu fragen, beschäftigte sich Lucius mit seiner Taschenuhr, die er angelegentlich durch die Finger gleiten ließ. Da Draco dazu nur schwieg, sah Lucius schließlich auf.
„Ein gemütlicheres Setting wäre dabei nicht von Nachteil", fügte er langsam hinzu und beobachtete seinen Sohn mit einem unlesbaren Ausdruck im Gesicht.
Die Situation erinnerte Draco an den Stil der Verhandlungen, die er kürzlich mit einem Kunden in Saudi-Arabien geführt hatte. Die Erinnerung an den Legilimentik-Zauber, der ihm dabei überaus gute Dienste geleistet hatte, war sofort präsent. Dennoch kam ihm nicht in den Sinn, ihn hier anzuwenden, nicht zuletzt deshalb, weil es genug war, ein Risiko in seinem jetzigen Leben einzugehen, ohne noch ein zweites auf sich zu nehmen.
Mit gerunzelter Stirn betrachtete Draco seinen Vater, dem die vergangenen zweieinhalb Jahre offenbar gut getan hatten. Er hatte nichts mehr von dem hohlwangigen, leichenblassen Zauberer an sich, der als Schatten seiner selbst aus Azkaban zurückgekehrt war. Mehr noch, er strahlte eine Art inneres Glühen und eine Befriedigung aus, die Draco an die Zeiten der Rückkehr des Dunklen Lords erinnerte.
Schließlich zuckte er mit den Schultern und ging Lucius voran zu der Sitzecke hinüber, die mit bodentiefen Fenstern den normalerweise eindrucksvollen Blick auf den See freigab. Dabei durchfuhr Draco kurz ein Stich. Es war Hermines Stube in ihrer Londoner Wohnung gewesen, die ihm die Vorlage zu dieser Fenstergestaltung gegeben hatte... Mit einem wortlosen Nicken bedeutete er seinem Vater sich zu setzen und tat es ihm dann gleich.
Zu Dracos stiller Befriedigung ließ sich sein Butler weisungsgemäß nicht blicken – er hatte nicht vor, seinem Vater die Farce einer Familienzugehörigkeit vorzuspielen, die nicht mehr existierte. Selbst eine höfliche Gastfreundschaft war an Lucius verschwendet. Dennoch konnte Draco eine gewissen Neugier auf den Grund für Lucius' geheimnisvolle Worte nicht verhehlen.
Lucius' Augen musterten Draco mit einer gewissen Erwartung, wenngleich er ansonsten überaus lässig gegen das Polster gelehnt dasaß. Da Draco keine Anstalten machte, ihm etwas anzubieten, begann er schließlich leutselig:
„Es ist lange her, mein Sohn. Zu lange. Es wird daher Zeit, unsere... Disharmonie... zu begraben." Sein Blick suchte den seines Sohnes, bevor er die Fingerspitzen aneinander legte und in sanfter Stimme fortfuhr: „Findest du nicht auch?"
Draco hatte keine solche Intention verspürt, zumindest nicht gegenüber seinem Vater, doch er war weise genug, seine wahren Gedanken zurückzuhalten.
„Man wird sehen", kommentierte er zurückhaltend und verschränkte die Arme vor der Brust. „Also, welchem Umstand verdanke ich deinen Besuch, Vater?"
Lucius ließ sich nicht anmerken, ob ihm das distanzierte Verhalten seines Sohnes etwas ausmachte.
„Es gibt Veränderungen..." begann er langsam, „... die die noblen Familien zusammenrücken lassen sollten. Du scheinst die Zeichen der Zeit ebenfalls erkannt zu haben, Draco... Denn wie ich zu meiner nicht geringen Freude feststellen konnte, hast du dich endlich von dem schändlichen Einfluss dieses parasitären Schlammblutes Granger getrennt. Sehr gut."
Draco presste seine Lippen zusammen, bis sie nur noch ein dünner Strich waren, verzichtete aber darauf, seinen Vater zu korrigieren. Mit dem Daumen strich Lucius in automatischer Geste über den Schlangenkopf seines Gehstockes und fuhr unter unverändert breitem Lächeln fort:
„Dass Pennington die Amtsgeschäfte übernommen hat, ist ein wahrer Segen für die reinblütige magische Gesellschaft. Man kann nur hoffen, dass diese muggelliebende, illoyale Zaubereiministerin über kurz oder lang ihrer Krankheit erliegen wird."
Das Zucken eines Muskels in Dracos Wange war die einzige Reaktion, die er sich angesichts dieser gefühlslosen Äußerung seines Vaters erlaubte. Richards vertrat nicht die Ansichten, die Draco als zielführend für die Zauberergesellschaft erachtete, dennoch lag es ihm selbst fern, ihr den Tod zu wünschen. Allerdings war er in der Tat nicht unglücklich über das Schicksal, das Pennington in die Rolle des zeitweiligen Zaubereiministers gespült hatte. Dieser vertrat einen eher konservativen Regierungsansatz, der Dracos eigenen Vorstellungen mehr entgegenkam.
„Ich sehe, du teilst meine Ansicht. Nichts anderes habe ich von meinem Sohn erwartet." Befriedigung war aus Lucius' Worten herauszuhören, der das Schweigen seines Sohnes als Zustimmung wertete.
Währenddessen begann sich Draco zu fragen, worauf sein Vater eigentlich hinauswollte. Obgleich er durchaus fähig war, in Verhandlungen seinen Eifer zu zügeln, verursachte das Dauergrinsen seines Vaters inzwischen zunehmende Aversion in ihm. Auch wenn sie eine ähnliche Meinung über Richards politische Vorgehensweise haben mochten, war Draco fern davon, seinem Vater dessen damalige maliziöse Worte zu verzeihen, zumal ihn Lucius' Muggelhass inzwischen abstieß. Hermines Vermächtnis, fuhr es ihm einen Moment lang bitter durch den Kopf.
„Komm endlich zum Punkt, Vater!", brach es schließlich unwirsch aus Draco heraus.
Lucius' Lächeln verschwand und er schien seinen Sohn nun mit etwas zu betrachten, das kaltblütige Berechnung zu implizieren schien. Es war, als hätte er geahnt, dass Draco schließlich in Rage geraten würde.
„Gemach, Draco", erwiderte er ruhig, während sich seine Mundwinkel zu einem erneuten Lächeln hoben. „Erzähl mir nicht, dass du als... Unternehmer... in Eile bist. Noch dazu an einem Sonntag."
„Was weißt du schon davon", parierte Draco angesäuert. „Du hast schließlich nie gearbeitet."
„Ich nehme daher an, dass dir das, was du so erfolgreich aufgebaut hast – Respekt übrigens dafür – überaus wichtig ist, nicht wahr?"
Draco ignorierte die rhetorische Frage und starrte seinen Vater lediglich kalt an.
„Nun gut." Lucius seufzte dezent. „Leider wird einem guten alten Gespräch heutzutage viel zu wenig Bedeutung beigemessen. Ohne Frage eine Konsequenz dieser widerlichen Muggeleinflüsse."
Er schwieg kurz und fuhr dann in einer Stimme voller ruhiger Gewissheit fort: „Doch ist es nur eine Frage der Zeit, bis die alten Zeiten zurückkehren, mit ihrer Höflichkeit und anständiger Konversation, die stets die Pfeiler unserer noblen Gesellschaft waren. Und damit allen Hexen und Zauberern zum Vorbild gereichten."
Lucius' letzte Worte ließen Draco nun aufhorchen und ein wenig widerstrebend stellte er fest:
„Du weißt offenbar mehr über die Vorstellungen von Pennington und seinen Mitstreitern."
„Nun...", Lucius senkte den Blick und widmete sich dem silbernen Schlangenkopf, als betrachte er ihn zum ersten Mal. „Ich traf mich vor einiger Zeit mit ihm. Er würde sicherlich die Befugnisse des Zaubereiministers wieder erhöhen. Wären wir nicht alle froh, wenn Regierungsentscheidungen wieder schneller getroffen werden könnten, ohne dass alles durch Gequatsche von inkompetenten Magiern verwässert wird?"
Im letzten Moment hielt Draco eine zustimmende Kopfbewegung zurück. Lucius strich indessen fast zärtlich mit der Hand seinen Gehstock entlang und ergänzte: „Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, die Urteile des Zaubergamots in letzter Instanz zu beschließen."
„Aber..." und mit diesen Worten sah er auf und seine grauen Augen bohrten sich durchdringend in die seines Gegenübers, „...es braucht mehr als ein paar Politiker vom Stile Penningtons, um die saturierten Menschen von einer Rückkehr zu den früheren Werten zu begeistern. Und uns reinblütigen Familien wieder zu Ansehen und Macht zu verhelfen."
Den intensiven Blick seines Vaters konterte Draco mit Sarkasmus, wobei er eine beginnende Unruhe allerdings nicht verhehlen konnte:
„Was du nicht sagst!"
Lucius legte seinen Gehstock bedächtig neben sich und streckte seine Hände weit auf der Rückenlehne des Sofas aus. Draco registrierte dessen Haltung mit Missfallen. Um dies zu verbergen, blickte er nach draußen, wo sich langsam die Dämmerung herabsenkte. Die nächsten Worte seines Vaters schienen mit Verzögerung bei ihm anzukommen, als würde sich sein Gehör weigern, den Inhalt zu vernehmen.
„Ein Erbe Slytherins ist es, was uns für die Wiedererweckung der glorreichen Vergangenheit noch fehlt. Besser gesagt: eine ErbIN."
Lucius schwieg daraufhin bedeutungsvoll. Draco hingegen spürte, wie sich kalter Schweiß in seinem Nacken sammelte. Woher wusste sein Vater von der Tochter des Dunklen Lords? Ihr Tod vor drei Jahren war geheimgehalten worden. Seines Wissens nach waren die Einzelheiten des Kampfes im Potter-Haus nur dem verstorbenen Shacklebolt und zwei weiteren Auroren bekannt gewesen.
Draco hatte es zwar seinerzeit überaus missbilligt, dass alles, was passiert war, schnöde unter den Teppich gekehrt worden war. Nicht zuletzt deshalb, weil ihm dadurch die Anerkennung für die Rolle, die er bei Harrys Rettung gespielt hatte, versagt geblieben war. Doch nach seinem Zusammenkommen mit Hermine war der Vorfall für ihn dann irrelevant geworden.
„Und hier kommst du ins Spiel, Draco", fuhr Lucius so leichthin fort, als spräche er über das Wetter der nächsten Tage. „Ich habe die Spur der Tochter des Dunklen Lords bis nach Britannien verfolgt. Ich weiß von ihrer...", er machte eine lange Kunstpause, „...Beziehung zum Mörder ihres Vaters. Und ich weiß auch, dass sie vor drei Jahren nach Amerika zurückgekehrt sein soll. Aber warum, frage ich mich, ist sie dort nicht mehr aufzufinden?"
Er weiß nichts von ihrem Tod, durchfuhr es Draco. Überaus langsam drehte er sich zu Lucius zurück und beäugte ihn nachdenklich.
„Sieht so aus, als hättest du bereits alles in Erfahrung gebracht, was man wissen kann", kommentierte er trocken. Und verfluchte gleichzeitig seine Dummheit, keine Überraschung über diese Information geheuchelt zu haben. Nun war es jedoch zu spät.
„Was man wissen kann, ja", bestätigte Lucius. „Doch irgendetwas... sagt mir, dass du mehr in Erfahrung bringen kannst, Draco..." Lucius' Augen waren schmal geworden und beobachteten die Reaktion seines Sohnes genau. „Denn wie man so hört, hast du noch bis vor kurzem eine gewisse Bekanntschaft mit Potter gepflegt."
Sein verächtliches Schnauben enthüllte zum ersten Mal eine Emotion. Für einen Augenblick war jegliche Nonchalance aus Lucius' Gesicht gewichen und der Hass, den er für Harry Potter als den Mörder Voldemorts empfand, wurde unübersehbar. Einen Moment später hatte sich der Senior wieder gefangen, seine Gesichtszüge glätteten sich.
„Ich weiß, dass dich die Art, wie Britannien derzeit geführt wird, nicht zufriedenstellen kann, Draco", konstatierte er mit seidiger Stimme. „Du bist so nicht erzogen worden."
In Lucius' Augen trat ein warmer Glanz, der seinem Lächeln eine Authentizität verpasste, die es vorher nicht gehabt hatte. „Ganz unabhängig davon würden wir einen fähigen Zauberer wie dich an unserer Seite begrüßen."
Draco ahnte, was sein Vater mit dem uns auszudrücken beabsichtigte, auch ohne dass dieser es unverblümt aussprach. Aufgewühlt lehnte er sich nach vorne und war unfähig sich zurückzuhalten:
„Unsere Seite?! Glaubst du im Ernst, ich würde mich erneut auf etwas einlassen, dass mich ins Gefängnis, schlimmstenfalls nach Azkaban bringen könnte?" Sollten das andere machen, er jedenfalls würde sich tunlichst heraushalten.
Imminente Verachtung überzog daraufhin Lucius' Gesicht. „Du sprichst wie ein jämmerlicher Hufflepuff. Die Schlammblutschlampe hat dir offenbar jedes Verständnis und Pflichtgefühl für deine noble Herkunft aus dem Gehirn gefickt!"
Die für seinen Vater ungewohnten vulgären Ausdrücke verschlugen Draco für einen Augenblick die Sprache. Dann gab er kalt zurück:
„Ich habe mit der Politik in meinem Leben abgeschlossen!" Er machte Anstalten sich zu erheben. „Entschuldige mich..."
„Brichst du etwa den Eid, den du geschworen hast?", erinnerte ihn Lucius mit gefährlich leiser Stimme. Mit einem Ruck zog er seinen Ärmel hoch und entblößte das Dunkle Mal auf seinem Unterarm.
„Ein Eid einem Toten gegenüber!", schnaubte Draco und stand nun auf. Lucius tat es ihm gleich. Auge in Auge standen sich beide Zauberer gegenüber und Draco bemerkte zum ersten Mal, dass er hinsichtlich Größe nunmehr mit seinem Vater gleichgezogen hatte.
„Du – ein Malfoy – wagst es, sich deiner Bestimmung zu widersetzen?", donnerte Lucius, doch dessen Drohung prallte an Draco ab. Längst hatte er seinen eigenen Erfolg erlangt, der ihn freimachte vom Bande seiner Herkunft. Leise, aber deutlich betonte Draco daher:
„Im Gegensatz zu dir, Vater, habe ich ein Gewissen. Ich könnte niemals wieder Ziele unterstützen, die am Ende Folter und Tod von Andersdenkenden und Nichtmagiern zur Folge haben."
„So, du könntest das also nicht..."
Lucius Stimme war nur ein Wispern, doch ihr Tonfall, mehr als seine gedehnten Worte ließen Draco unvermittelt ein Schauer über den Rücken laufen.
„Was würdest du tun, Draco, wenn ans Licht käme, dass du Borgin & Burkes einen Besuch abgestattet hättest? Und ein Buch erworben hättest, das die Anleitung zu einer in Britannien verbotenen Magie enthält?"
Trotz der sie enthaltenen Drohung hatte Lucius' Stimme einen samtartigen Klang. Draco spürte, wie ihm die Kehle eng wurde und unvermittelt trat er einen Schritt zurück. Mangels der Möglichkeit, sich irgendwo festzuhalten, presste er die Hände an die Seiten seiner Hose und schwieg erschüttert. Dabei war es nicht die Erkenntnis, dass sich Lucius nicht zu fein war, seinen eigenen Sohn zu erpressen, die Draco schockierte. Sondern vielmehr der Fakt, dass Lucius es hatte herausfinden können. Wieviel mehr hatte er Borgin gezahlt?
Doch sein Vater war noch nicht fertig.
„Oder was würdest du davon halten, wenn das Ministerium davon erführe, dass du verbotenerweise Veritaserum über die Grenzen schmuggelst? Ich nehme an...", sagte Lucius gedehnt und betrachtete konzentriert jeden einzelnen seiner sorgsam gepflegten langen Finger, „...neben Gefängnis würde das Ministerium deine überaus lukrativen Verträge mit ihnen sofort beenden. Ich wage mir gar nicht vorzustellen, was der Verlust des Hauptauftraggebers für dich und dein Unternehmen bedeuten würde, Draco... Schließlich bist du nicht dafür gemacht, auf Luxus zu verzichten."
Das feine Lächeln, das auf Lucius' Gesicht lag, war an Falschheit nicht mehr zu überbieten. Gleichzeitig spiegelte sich in den Augen des Älteren der Triumph, seinen Sohn da zu sehen, wo er ihn haben wollte.
Denn das Entsetzen, dass Draco angesichts dieser Worte verspürte, war bodenlos. Ihm war klar, dass sein Vater keine Hemmungen haben würde, in die Tat umzusetzen, was er so eindrücklich beschrieben hatte. Mit der Unfähigkeit, ein einziges Wort hervorzubringen, konnte er Lucius nur aufgebracht anstarren, während ihn der Hass wie eine feurige Lohe durchströmte.
Bei Salazar, wie hatte sein Vater davon erfahren? Hatte er, Draco, nicht absolut vertrauenswürdige Kontakte ausgewählt? Warum, verflucht, hatte er so gesetzestreu darauf verzichtet, die Gedanken seiner Mittelsmänner zu lesen? Mühsam versuchte Draco seinen Atem zu stabilisieren und die Gedanken zur Ruhe zu bringen.
Er musste eine Lösung finden, um zu verhindern, dass Lucius ihm alles nehmen würde, was er sich aufgebaut hatte. Wie dumm war er doch gewesen, seinen Vater im Austausch gegen das Recht an seinem neuen Zauberspruch freizubekommen.
Draco holte tief Luft und zischte zwischen zusammengepressten Lippen hervor:
„Drohst du mir?"
„Drohen – was für ein hartes Wort..." Lucius schien von der Rage seines Sohnes völlig unbeeindruckt zu sein und trug noch immer einen ungemein heiteren Ausdruck auf seinem Gesicht.
„Nennen wir es... eine Vereinbarung!", befand er beinahe gelangweilt. „Du schließt dich uns an. Und im Gegenzug verzichte ich darauf, deine illegalen Methoden publik zu machen."
Unversehens verengten sich Lucius' Augen und als er dann fortfuhr, tat er es mit grimmiger Entschlossenheit: „Dein Platz ist unter den Reinblütern, Draco. Sei daher nicht so töricht, deine Abstammung zu verleugnen!"
Auffordernd streckte er seinem Sohn die Hand entgegen: „Lass uns gemeinsam alles dafür tun, die ruhmvollen Zeiten wieder aufleben zu lassen."
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Lucius, wie er leibt und lebt... Diesen Vater möchte man lieber nicht haben.
Was glaubt ihr, was Draco nun tun wird?
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