Wo wir schon mal bei Ginny sind... :D
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Rubriken: Drama, Freundschaft
Das Bewusstsein kehrte in den Körper des Mädchens zurück, und nicht nur das, nein, auch das Leben. Obwohl es sich mehr so anfühlte, als würde ihr Körper bleischwer werden und auskühlen und die federne Leichtigkeit verlieren, die sie ergriffen hatte.
Irritiert schlug Ginny Weasley die Augen auf und versuchte sich langsam in eine sitzende Position, während sie ihre Umgebung in Augenschein nahm. Alles kam ihr unglaublich bekannt vor: der grüne Schimmer der aus einer undefinierbaren Lichtquelle strömenden Helligkeit, die aber nur ausreichte, um mehr als ein Dämmerlicht zustande zu bringen, der kalte Fliesenboden, der schmale Weg, der zum überdimensional in Stein gehauenen Antlitz eines Mannes führte, das viele Wasser, die tote Monsterschlange, die darin lag-
Entsetzt blinzelte Ginny dreimal. Die Erinnerungen waren mit einem Schlag zurückgekehrt. Das war der Basilisk. Ihr und Toms Basilisk. Apropos: Wo war das Tagebuch? Sie ahnte Schlimmstes und sollte damit recht haben. Nur einen halben Meter von ihr entfernt lag es, durchbohrt von einem gelblichen, krummen Zahn. Es sonderte, immer schwächer werdend, Tinte ab. Doch es war nicht nur diese, die eine dunkle Lache auf dem Boden bildete.
Blut. Die Erkenntnis war wie ein Stich ins Herz für sie, und sie bereute, Tom loswerden gewollt zu haben. Er blutet. Er ist... nicht mehr da. Sie schluckte schwer.
Dann fiel ihr Blick auf den verletzten Jungen mit den dunklen, verstrubbelten Haaren, der schief auf seiner Nase sitzenden Brille und der Blitznarbe auf der Stirn. Harry war das. Am liebsten hätte sie ihn angeschrien, auf ihn eingeschlagen und ihn ihre Trauer spüren lassen, doch sie war zu schwach und müde, um überhaupt die Kraft aufzubringen, wütend zu werden.
Und die blutige Tinte benetzte ihre Hände, kroch in die Rillen ihrer Finger, setzte sich in ihrem Herzen fest. Sie hatte Tom nicht helfen können. Dabei hatte er ihr immer geholfen, sie getröstet, wenn Harry sie wieder einmal nicht beachtet hatte. Mit diesem ungewöhnlichen Buch hatte sie über alles reden können.
Harry gab das Buch Dumbledore. Wie sehr sie diesen Jungen hasste. Wie sehr sie ihn liebte.
***
Jahre später belauschte sie McGonagall, als diese das Schulleiterbüro betrat, und merkte sich das Passwort. Als alle schliefen, schlich sie am heute glücklicherweise katzenlosen Filch vorbei und nannte dem etwas skeptisch dreinsehenden Wasserspeier das Passwort:
„Zitronendrop." Ihr wurde der Weg freigegeben. Warum sie sich die Mühe gemacht hatte, ihrer Hauslehrerin nachzustellen, wusste sie nicht. Sie hätte genauso gut raten können.
Ginny musste nicht lange suchen. Im nur mit einem einfachen Sicherheitszauber belegten Pult fand sie das, weswegen sie einen Rauswurf riskierte. Es war inzwischen trocken, die Seiten gewellt und aufgequollen. Ein auffälliges Loch prangte in der Mitte des Tagebuches. Vom Basiliskenzahn war weit und breit nichts zu sehen, was auch nicht weiter verwunderlich war, wenn man bedachte, wie giftig dieser war.
Sie selbst hätte Tom Riddles Tagebuch besser aufbewahrt. Vermutlich hätte sie sogar Hermine nach Zaubern gefragt, um es so gut wie möglich zu schützen, obwohl sie es hasste, zuzugeben, dass die Ältere die intelligenteste Hexe ihres Alters war. Aber immerhin war sie reinblütig – auch wenn Tom ihr oft versichert hatte, dass ihr Blutstatus für ihn nicht von Belang war, sondern ihr Charakter.
Für den senilen alten Mann war es bloß ein toter Gegenstand mit einer unangenehmen Vergangenheit, für Ginny aber eine Erinnerung, die ihr mehr als ihr erster Flug auf einem Besen bedeutete, und das war einer der schönsten Momente ihres Lebens gewesen. Eigentlich war das Aufbewahren dieses Buches so sinnvoll wie das Behalten einer Leiche, doch sie hatte das Gefühl, es tun zu müssen.
Nun duplizierte sie es mit einem Zauber, den sie letztes Jahr in Zauberkunst erlernt hatten, und steckte das Original ein.
***
Von da an befand sich das Buch in Ginnys Besitz. Als Voldemort zurückkehrte, fiel ihr die Entscheidung nicht schwer, sosehr ihr dieser Gegenstand auch ans Herz gewachsen war. Das Tagebuch gehörte mehr ihm als ihr.
Sie schickte es ihm per Eule und hoffte, dass es nicht vom Ministerium abgefangen werden würde. Aber selbst wenn, was würden die Beamten sehen? Ein zerknittertes, uraltes, in Leder gebundenes leeres Buch mit heftigem Wasserschaden, das seltsamerweise mit blutiger Tinte befleckt war. Nie würde sie vergessen, wie diese ihr über die Finger geflossen war. Als sei es sie gewesen, die ihn ermordet hatte. Als sei es ihre Schuld. Genau diesen Gedanken hatte sie auch auf einen Zettel geschrieben, den sie dem Buch beigelegt hatte.
Ihre Eule kam zurück, was mehr war, als die Weasley erwartet hatte. Am Bein des Tieres war sogar eine Antwort festgebunden. Du trägst keinerlei Schuld, an dem was passiert ist. Statt mit einer Signatur hatte er mit einem blutigen Fingerabdruck unterzeichnet, Zynismus konnte schließlich nie schaden. Ein wenig Tinte hatte sich darunter gemischt. Wohl keine Absicht – vermutlich war seine Feder kaputt. Sie schenkte ihm eine neue.
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