Kapitel 7
»Ich will nicht, dass sie so von dir spricht.« Eine klare Aussage, die Lilitha die Sprache verschlug.
»Aber ... du würdest sie wirklich aus dem Harem schmeißen?«, fragte sie nicht ganz überzeugt. »Aber wo sollte sie dann hin?«
Kaden schlug die Augen nieder und strich mit der Hand von Lilithas Wange zu ihrem Nacken. »Das brauchst du nicht zu wissen. Ich möchte nur wissen, was du dir wünschst«, beharrte er ruhig und ließ seine Worte harmloser klingen, als sie eigentlich waren.
»Ich möchte ihr nichts Böses, ich möchte nur, dass sie aufhört, so auf andere herabzuschauen«, erklärte Lilitha sehr leise und senkte die Lider. Sie hatte wirklich Angst, dass Chiana ihretwegen bestraft wurde. Das wollte sie nicht.
Nach ihrer Aussage musste Kaden unweigerlich schmunzeln. »Du bist wirklich zu gutherzig«, murmelte er, während er Lilitha wieder an sich zog, um sie zu drücken und ihren nackten Rücken zu streicheln.
Sie seufzte und genoss die Streicheleinheiten, indem sie für einen Moment ihre Augen schloss und seinen Geruch inhalierte. »Ich weiß, aber das liegt mir im Blut«, erwiderte sie leise gegen seine Brust.
Ein leises Lachen entkam ihm, als er ihr Haar zurückstrich und ihre Stirn küsste. »Komm, wir gehen zurück ins Zimmer und legen uns ein wenig hin. Hast du noch Hunger?«, fragte er und sah über Lilithas Schulter hinweg zu dem stehengelassenen Mahl.
»Hinlegen klingt gut, ich bin doch noch recht erschöpft. Aber musst du nicht noch etwas arbeiten?«, fragte sie vorsichtig. Lilitha wollte zwar seine Nähe, aber sie wusste, dass Kaden auch Verpflichtungen hatte. Treffen und andere Dinge.
»Die können warten«, wiegelte er ab und strich ihr abermals über den Rücken, ehe er ihr deutete, ein Stück zurückzutreten.
»Wenn das in Ordnung ist«, murmelte Lilitha nicht sonderlich überzeugt und folgte der stummen Anweisung. Ihr gefiel der Gedanke nicht, dass Kaden nur ihretwegen umdisponierte. Immerhin hatte er weitaus wichtigere Sachen zu tun als Highlord.
»Ich lass' dich nicht allein«, antwortete er entschlossen und zog die Jacke etwas fester um Lilitha, damit sie auch nicht fror.
Diese Aussage wärmte ihr Herz. »Ich komme auch mit, damit du deine Pflichten erfüllen kann-«, erklärte Lilitha leise.
»Nein«, unterbrach er sie und trank noch einen abschließenden Schluck Wein. »Das ist im Moment noch zu gefährlich. Ich will nichts riskieren«, erklärte er endgültig, als hätte er sein Urteil gefällt und öffnete wieder die Türen, um zurück zu seinen Gemächern zu gelangen.
»Aber wird es nicht so wirken, als würdest du dich verstecken?«, fragte Lilitha und folgte Kaden eilig. »Also wenn du dich jetzt eine Weile lang nicht zeigst?«
Kaden lief langsamer als normal, sehr bedacht darauf, Lilitha immer im Auge zu haben und neben ihr zu laufen, anstatt wie üblich vor ihr.
»Solange meine Taktik funktioniert, ist es egal, was der Feind denkt«, erwiderte er lediglich schulterzuckend und musste zurück an die Schlachtfelder denken, in welchen er schon oft solche Vorgänge planen musste.
»Ja, das stimmt natürlich«, murmelte sie leise. »Trotzdem fühle ich mich nicht so wohl, wenn ich dich von deinen Aufgaben abhalte.«
Kaden schüttelte lediglich den Kopf und warf Chiana einen kurzen aber bedeutenden Blick zu, als sie an dieser vorbeigingen.
»Mach dir darum keine Gedanken«, beschwichtigte er sie und betrat den leeren Trakt, an dessen Ende seine Gemächer waren. Hier gab es keine Haremsfrauen. Diese durften nur nach Aufforderung hier eintreten. Nur Lilitha, mit ihrem Halsband, bildete eine Ausnahme. Ob sie es wohl wusste? Vermutlich nicht, sonst wäre sie womöglich gar nicht mehr hier. Lediglich die taubstummen Wachen waren da. Eine Wache, der man vertrauen konnte. Nur konnten diese nicht wissen, ob das Essen vergiftet war oder nicht.
Der Blonde nickte den Wachen kurz zu und betrat kurz darauf gemeinsam mit Lilitha sein Zimmer. »Ich denke, es wäre für die nächste Zeit einfach besser, wenn ich mich persönlich davon vergewissere, dass du wohlauf bist«, fügte er nochmal hinzu, nachdem er die Tür wieder geschlossen hatte.
»Ich denke, es geht mir wieder gut«, versuchte Lilitha Kaden ein wenig zu beruhigen. »Und ich werde besser aufpassen. Solange man mich nicht wieder in den Kerker stecken will, sollte mir im Moment nicht so viel Gefahr drohen. Oder glaubst du, der Angreifer würde mich mitten im Harem abstechen?«, fragte sie leise und ließ sich auf Kadens Bett nieder.
»Ich will einfach kein Risiko eingehen«, wiederholte er, da er Lilitha keine Angst machen wollte. Es war durchaus möglich, dass der unbekannte Attentäter Lilitha einfach im Vorbeigehen auslöschen würde. Mörder waren oft gerissen und er hatte das Gefühl, dass er es hier mit einem Profi zu tun hatte. Und das ärgerte ihn. Das hieß nämlich, dass sein Sicherheitssystem nicht gut war. Er war immerhin irgendwie hier hineingekommen.
Sie seufzte. »Ich verstehe«, gab sie sich geschlagen, klang aber noch nicht recht überzeugt. Doch egal wie gern er ihr jeden Wunsch erfüllen würde, so konnte er das nur tun, wenn sie am Leben war. Im Moment war das also seine höchste Priorität und somit auch die des Palastes.
Wenn er wenigstens ein Phantombild oder Ähnliches hätte ... doch er tappte noch immer im Dunkeln ohne jeglichen Hinweis. Sergej hatte gesagt, Lilitha hätte angeblich einem Dienstmädchen eine Kräutermischung für das Mahl gegeben. Doch ob das stimmte, konnte er nicht genau feststellen. Erst musste er noch die Dienstmädchen befragen, doch dazu war er noch nicht gekommen.
»In der Nacht, als es passiert ist. Hast du einem Dienstmädchen irgendwas für das Essen gegeben?«, fragte er nun und setzte sich nachdenklich an seinen Schreibtisch.
Lilitha legte den Kopf ein wenig schief, während sie Kaden beobachtete und überlegte. »Wir haben uns im Garten über einige Pflanzen unterhalten. Sie wollte gern mehr darüber erfahren. Ich habe ihr gezeigt, wie sie Samen nehmen kann, um selbst ein paar Blumen zu züchten. Darunter Basilikum und Petersilie, die super im Essen schmecken.«
Unruhig tippte Kaden mit einem Finger auf das schwere, dunkle Holz des Tisches, als würde er etwas Bestimmtes in ihren Worten suchen. Allerdings vergeblich. »Kannst du mir ihren Namen geben und eine Beschreibung ihres Aussehens?«, fragte er und holte ein Blatt hervor.
»Oh. Ja. Sie heißt Sera. Sie ist recht neu hier. Kam, glaube ich, mit mir mit. Sie hat spitze Ohren und eine leicht grünliche Haut. Und sie ist sehr jung«, erklärte Lilitha und fragte sich, was Kaden mit dieser Information wollte. Während sie sprach und erzählte, schrieb er fleißig mit und schien dabei nachzudenken. Dieses Dienstmädchen war der einzige Anhaltspunkt, den er bisher hatte. »Ich mag sie. Sie ist ziemlich nett zu mir«, erklärte Lilitha in Gedanken versunken. Dafür hatte sie es bei den Haremsdamen nicht sonderlich leicht, was traurig war.
»Chiana war auch nett zu dir«, wandte er ein, doch bereute er seine Worte gleich wieder. Noch mehr Paranoia oder auch weniger soziale Kontakte waren wirklich das Letzte, was Lilitha in dem Moment gebrauchen konnte.
»Ja, aber Chiana war schon immer auf diese herablassende Art und Weise nett zu mir. Sera hingegen wirkte nicht, als würde sie auf mich herabsehen und sie war nett zu mir, als schon alle mich hassten«, erklärte Lilitha langsam und fühlte sich ein wenig unwohl bei dem Gedanken, dass die kleine, schüchterne Sera etwas damit zu tun haben könnte.
Kaden seufzte leise und schloss kurz die Augen. Langsam erhob er sich, um zu Lilitha zu treten und sich neben sie zu setzen. »Ich will damit nur sagen, dass wir im Moment niemandem trauen können«, erklärte er vorsichtig und musterte sie.
»Ja, das weiß ich«, seufzte sie und lehnte sich ein wenig an seine Schulter, um seine Nähe zu spüren. »Aber das ist so anstrengend.«
Mitleidig senkte er seinen braunen Blick und umfasste sanft Lilithas zierliche Hand. »Es ist nur ein temporärer Zustand, keine Sorge. Und die anderen Haremsfrauen werden dich noch akzeptieren, da bin ich mir sicher«, versuchte er sich an aufmunternden Worten.
Sie lächelte schwach. »Ich möchte es hoffen. Aber im Grunde ist es egal, solange du mich akzeptierst«, flüsterte sie und hob die Hand, die von Kadens umfasst wurde, um sie sich an die Wange zu führen und seine Wärme zu spüren.
Sichtlich überrascht von dieser Geste und ihren Worten blinzelte er unverhofft. Es war ungewohnt für ihn, dass Lilitha so offen zu ihren Gefühlen ihm gegenüber stand. Vor allem vor seiner Abreise war sie noch viel zurückhaltender gewesen. Wie gebannt musterte er sie eingehend und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. Vielleicht hatte es doch etwas Gutes gehabt, dass sie sich so lange nicht gesehen hatten. Sie schien akzeptiert zu haben, dass er ihr wichtig war.
Lilitha schloss die Augen und seufzte zufrieden, ehe sie sich sichtlich entspannte.
»Sieh es als eine Art Urlaub. Keine Haremsfrauen um dich herum, sondern nur wir beide und alle Zeit der Welt«, flüsterte er und streichelte mit den Fingern über ihren Handrücken.
Sie lächelte ein wenig mehr. »Das ist verlockend, aber es wird nicht helfen, wenn ich mich vor der Realität verstecke.«
Er lächelte sanft und hob die andere Hand zu ihrer Wange. »Es ist kein Verstecken, wenn du sicher bist«, beharrte er und gab ihr einen sanften Kuss auf den Mundwinkel, ehe er sich wieder erhob.
Lilitha beobachtete, wie Kaden sich zu seinem Schreibtisch begab und sie selbst kroch unter die Bettdecke. Es war besser, wenn sie sich etwas ausruhte. Sie würde sich später erst mit der Frage beschäftigen, ob diese Idee wirklich so gut war.
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