Kapitel 8.5
»Mylord, bitte. Ich weiß nicht, was Ihr von mir wollt«, sagte sie und konnte die Tränen nicht zurückhalten. Als ihr das bei ihrer Ausbilderin passiert war, hatte sie noch einmal zusätzliche Züchtigung erhalten. Es gehörte sich nicht zu weinen. Laut ihrer Ausbilderin stand ihr dieses Recht nicht mehr zu und wenn es nach dieser ging, hatte sie hier auch nichts zu suchen. Dennoch hatte sie nie wahllos zur Peitsche gegriffen. Sie hatte Lilitha jeden einzelnen Hieb immer genau erklären können.
Lilitha wusste sogar noch, für welche Vergehen die drei stärksten Hiebe standen. Sie hatte den Blick nicht schnell genug gesenkt, hatte unerlaubt gegessen und war im Stehen eingeschlafen.
Die Gesichtszüge des Mannes entspannten sich, als er bemerkte, wie ihr dicke Tränen die Wangen hinabliefen. Sie traute sich nicht einmal die Hände zu heben, um diese wegzuwischen, solche Angst hatte sie. Ein wenig beschämt kratzte sich der Highlord am Oberarm, ging letztlich jedoch auf sie zu, um sie überraschenderweise in eine tröstende Umarmung zu ziehen.
»Jetzt beruhig dich erstmal wieder. Iss was und komm zu Kräften, dann erzählst du mir, was vorgefallen ist«, erklärte er langsam und leise, während er mit der Hand flüchtig über ihren Rücken strich. Lilitha zuckte so heftig zusammen, dass ihr der Träger des Unterkleides von den Schultern rutschte und einen Teil ihres Rückens freilegte, auf dem noch immer feine, weiße Narben zu sehen waren.
Auch diese würden, wie es bei Vampiren üblich war, in den nächsten Tagen verschwinden. Denn so fein wie sie waren, konnte man sie kaum auf ihrer Haut erkennen. Sie schmerzten auch nicht mehr. Nur noch in den Erinnerungen.
Die Rothaarige schluckte und versuchte sich zu beruhigen. Sie hatte geglaubt, die Bestrafung hätte sie nicht so sehr mitgenommen, doch vor dem Highlord hatte sie eine größere Angst, als vor ihrer Ausbilderin. Denn dieser strahlte eine Macht aus, von der Lilitha wusste, dass er sie zerquetschen könnte. Auch wenn er sie hielt, als wäre sie eine zerbrechliche Puppe aus dünnem Glas, so war die Angst dennoch groß, dass er seine Meinung jeden Moment ändern könnte.
»Iss etwas und ruh dich aus.« Nun packte er sie an den Schultern, um sie ein Stück von sich wegzudrücken und ihre Tränen mit dem Handrücken fortzuwischen. Lilitha zwang sich weiterhin den Blick gesenkt zu halten und nickte nur zerbrechlich, ehe sie sich wieder auf das Sofa setzte und der Highlord einen kurzen Blick auf ihren Rücken warf. Er sagte jedoch nichts, sondern presste bloß die Zähne zusammen. Lilitha hatte scheinbar früh ihre Eltern verloren und war auf sich allein gestellt. Er konnte es akzeptieren, wenn Diener gezüchtigt wurden, die Dummheiten angestellt hatten. Aber eine junge, unerfahrene Frau zu schlagen, weil sie zu langsam lernte, war etwas, was er nicht in seinem Harem wollte.
Zögerlich griff Lilitha nach einer Erdbeere, ehe sie diese aß und versuchte sich dabei wieder zu beruhigen. Es brachte ihr nichts, wenn sie weiterhin so panisch reagierte. Wahrscheinlich machte sie sich so noch mehr Ärger. Das Beste würde sein, wenn sie versuchte zu vergessen, was vorgefallen war. Vielleicht sprach er die Wahrheit und würde ihr nichts tun.
Eine Weile verging, in der er ihr ein wenig Privatsphäre ließ, damit sie essen und sich beruhigen konnte. Sie glaubte sogar, dass er sie nicht mehr beobachtete. Lilitha traute sich nicht nachzusehen, sondern versuchte ihre Mahlzeit drinnen zu behalten.
»Ich denke, das war genug Aufregung für heute. Ich werde jetzt zu Bett gehen ... was bedeutet, dass du ebenfalls schlafen wirst«, erklärte er und deutete ihr, zu ihm ans Bett zu kommen und sich neben ihn an den Bettrand zu setzen.
Meinte er das etwa ernst? Hatte er sie nicht eben noch beruhigen wollen?
Lilitha schluckte, als ihr Essen drohte wieder herauszukommen, ehe sie sich erhob. »Wie Mylord wünscht«, sagte sie und ließ den Blick gesenkt. Sie sollte tun, was er von ihr verlangte. Also trat sie auf das große Bett zu und ging an der Stelle, auf die er gedeutet hatte, auf die Knie.
»Reich mir deine Hände«, wies er sie an und streckte seine offenen Handflächen vor ihr aus. Lilitha versuchte, das Zittern zu unterdrücken und folgte dem Befehl. Er nahm ihre beiden, schmalen Handgelenke in eine Hand und zog sie auf die Beine. Lilithas Herz schlug immer schneller, während sie versuchte keine Emotionen in ihren Blick zu legen. Mit der freien Hand zog er eine Kette aus dem Nichts hervor, um Lilitha an den äußersten Bettpfosten zu ketten.
»Ich bin nicht dumm, ich trau dir trotz allem nicht«, war die simple Erklärung, bevor Lilitha überhaupt sich selbst fragen konnte, was das sollte.
Nachdem sie fertig gefesselt war, stand er auf, warf das Handtuch wie selbstverständlich von sich und stieg nackt unter die Bettdecke auf der anderen Seite der Matratze. »Leg dich hin. Keine Sorge, ich werde dir nicht wehtun«, murmelte er und rollte sich bereits zur Seite, sodass Lilitha nur seinen Rücken sehen konnte. Sie sollte ... sich zu ihm legen? In sein Bett?
Unruhig schluckte sie den aufkommenden Protest hinunter. »Wie Mylord wünscht«, sagte sie leise, auch wenn sich alles in ihr dagegen sträubte. Es war nicht richtig. Sie hatte nicht im gleichen Bett zu schlafen, wie er. Dennoch blieb ihr nichts anderes übrig.
Ein wenig ungeschickt legte sie sich hin, auch wenn es ihr nicht möglich war, unter die Decke zu schlüpfen. Aber zumindest war das Bett so groß, dass fünf Leute mit Leichtigkeit hineingepasst hätten. Ein wenig beschwerlich versuchte sie sich unter die Bettdecke zu strampeln und dabei so leise wie möglich zu sein. Es schien ihr noch unangebrachter, so wie auf einem Tablett angepriesen zu werden. Sie vernahm ein müdes Seufzen.
»Was tust du da?«, fragte er murmelnd und drehte sich zu ihr um, um zu sehen, warum genau sich das Bett so bewegte. Lilitha hielt augenblicklich beschämt inne, da sie glaubte, ihn geweckt zu haben.
»Verzeiht, Mylord«, war die leise Entschuldigung, die sie von sich gab, während sie ihm den Blick zuwandte. Er musterte sie in der Dunkelheit, die einem Vampir nicht viel ausmachte und rutschte kurz zu ihr rüber, um ihr die Decke über die Brust zu ziehen. Nach dieser Geste rutschte er wieder zurück an seinen Ursprungsplatz und legte sich wieder hin.
»Gute Nacht«, waren die letzten Worte, die er von sich gab und dann erwartete, dass sie schlief. Was keine sonderlich leichte Aufgabe war.
Zwar verstand sie, dass er sie fesselte, damit sie ihm nicht gefährlich werden konnte, doch war sie ihm somit schutzlos ausgeliefert.
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