Kapitel 8.1
Einige Dienstmädchen waren noch dabei sein Zimmer herzurichten, fielen jedoch direkt auf die Knie, als der Highlord eintrat. »Ihr könnt gehen. Und macht die Tür hinter euch zu«, wies er leichthin an, als wäre es das Normalste der Welt und setzte sich auf sein Bett, um sich angestrengt die Schläfen zu reiben. Lilitha kniete neben der Tür nieder und verneigte sich, während sie auf Befehle wartete. Sie wusste nicht, was zu tun war. Chiana hätte sie jetzt beim Auskleiden geholfen und wäre später mit ihr ins Bad gegangen, um sie zu waschen und zu massieren. Danach wäre die Schwarzhaarige zu Bett gegangen und Lilitha hätte sich um die Vorbereitungen für den nächsten Tag gekümmert, ehe auch sie sich hätte zu Bett begeben dürfen. Doch hier wusste sie nicht, was von ihr erwartet wurde.
Eine Weile verging, in der Lilitha nur am Boden kniete und schwieg.
»Was machst du da?«, fragte er letztlich und sah sie erwartungsvoll an. Jedoch konnte Lilitha seinen Blick nicht sehen, da sie noch immer den Kopf gen Boden gerichtet hielt. Da sie diesen schon die ganze Zeit angesehen hatte, konnte sie das Mosaik schon nicht mehr ertragen. Dennoch hob sie den Blick nicht.
»Verzeiht meine Ahnungslosigkeit, Mylord. Aber ich weiß nicht, was Ihr von mir erwartet«, erklärte die Rothaarige mit einem Zittern in der Stimme. Hatte sie bereits etwas falsch gemacht? War er schon wütend auf sie?
Sie hörte ein Seufzen und schluckte nervös. Zitternd versuchte sie, ruhig zu atmen und traute sich nicht, den Blick zu heben.
»Mach einfach das, was du normalerweise auch machst«, erklärte er, als wäre es ihm reichlich egal. Kurz darauf stand er auf, um auf sie zuzugehen. Erschrocken blickte Lilitha auf und ihm direkt in die Augen, ehe sie den Blick wieder hastig senkte.
»Mylord. Ich kann Euch doch nicht in Euer Bad begleiten. Mir steht es nicht zu, Euch unbekleidet zu sehen«, sagte sie schnell, in der Hoffnung ihn so vielleicht davon abbringen zu können und blieb weiter dort, wo sie war. Immerhin bekam sie sonst auch gesagt, was sie zu tun hatte. Aber da er direkt vor ihr stand, konnte sie seine nackten Füße sehen und sie spürte den Blick seiner braunen Augen auf sich ruhen.
»Ist ... dir das unangenehm?«, fragte er langsam, klang aber selbstsicher. Lilitha spürte seine Hand auf ihrer Schulter, die sie ein Stück hochdrückte. Nun kniete sie wieder im Sitzen vor ihm, wie zu dem Moment, als er ihr das Halsband angelegt hatte. Dennoch sah sie nicht auf und ließ ihren Blick auf seine Füße gerichtet. Dabei versuchte sie ihren Körper davor zu bewahren, noch heftiger zu zittern. Es wäre ihr vermutlich weniger unangenehm gewesen, wenn es nicht der Highlord gewesen wäre.
»Ich ... Mylord. Ich habe noch nie einen Mann so gesehen«, flüsterte sie leise und ausweichend.
Es war ihr unangenehm. Nicht, dass sie nicht neugierig darauf war, wie er aussah, aber konnte sie das wirklich tun? Dafür hatte er doch seine Haremsfrauen. Sollten nicht diese die Aufgabe besitzen, ihn zu entkleiden und für die Nacht fertig zu machen? Warum also war keine davon hier?
Er hielt eine Weile inne und sagte nichts.
»Wie alt bist du?«, fragte er plötzlich und ging anschließend in die Hocke, denn vor Lilitha offenbarte sich eines seiner Knie. Vorsichtig schoben sich zwei seiner Finger unter ihr Kinn, um es ein Stück anzuheben. Ihre Augen richteten sich nun auf das Gesicht des Highlords, der das Gold ihrer Iriden neugierig musterte. Sie waren nicht komplett golden, sondern wiesen helle und dunkle Farbsprenkel auf, was man allerdings nur beim genaueren Hinsehen feststellte.
»Ich werde im Winter hundert«, erklärte Lilitha leise und hatte Angst, etwas Falsches zu sagen.
»Winter«, wiederholte er, als sein Kiefermuskel zuckte und er sich wieder aufrichtete, um dabei von ihrem Kinn abzulassen. »Früher oder später wirst du einen Mann nackt sehen. Fühl dich doch geehrt, dass der Highlord der erste sein wird«, erklärte er mit einem heimtückischen Grinsen, das Lilitha nervös und auch unruhig machte. Natürlich kannte sich der Highlord gut genug mit Vampiren aus, um zu wissen, dass sie in diesem Alter noch als Kind gelten sollte, doch irgendwas an dieser Antwort war nicht richtig. Weder ihre äußerliche Erscheinung, noch ihre kognitiven Fähigkeiten, deuteten darauf hin, dass sie Minderjährig sein könnte.
Er stieß eine weitere Tür auf, hinter der sich ein Bad befand. Es schien nur logisch, dass der Herrscher der Vampire seine eigenen Räume hatte, um nicht weit zu laufen, oder auf andere zu treffen. Doch was sollte Lilitha nun tun?
Der blonde Mann seufzte, als Lilitha noch immer keine Anstalten machte, sich zu bewegen. Er griff mit seinem Finger in den Ring, der sich an ihrem Halsband befand und zog sie auf die Beine.
Lilitha gab einen zischenden Laut von sich, da sie völlig überrascht war, doch dann stand sie auch schon.
»Du wirst mich jetzt waschen«, erklärte er, als wäre es das Normalste der Welt. Lilitha schluckte und nickte. Das hieß dann wohl, dass sie ihn auch zu entkleiden hatte.
Er ging erneut hinüber zum Bad, ohne von ihrem Halsband abzulassen, sondern zog sie einfach weiterhin mit sich mit. Der Highlord blieb in dem dampfenden Raum stehen und wandte sich wieder zu ihr um.
»Schließe die Türen«, wies er sie nun Schritt für Schritt an und ließ ihren Ring los, damit sie seinen Befehlen Folge leisten konnte.
Lilitha schluckte mit gesenktem Blick und drehte sich um, hielt jedoch inne. Sie hatte wohl keine andere Wahl. Sie schloss die schweren, geschnitzten Türen und verbannte somit auch noch das letzte Fünkchen Hoffnung auf Flucht aus dieser Aufgabe.
Das Licht im Bad war gedimmt. Es gab wenige Fenster, die jedoch mehr Luft als Licht durchließen. Die meiste Helligkeit wurde von den Kerzen im Raum produziert, doch diese ließen ihren Herrscher nur noch bedrohlicher wirken.
Der Highlord sah sie direkt an, als er die Arme ein wenig anhob, um ihr anzudeuten seine Jacke abzunehmen. Lilitha schluckte erneut.
Es war nicht unnormal, dass Mädchen ihres Alters diese Aufgaben verrichteten. Normalerweise waren sie in ihrem Alter schon längst verheiratet. Trotzdem galt es als unschicklich, sich mit einer Vampirin zu paaren, welche die Hundert noch nicht erreicht hatte. Er würde es also nicht tun. Ohne ihre Einwilligung hatte er noch nie eine Frau genommen. Und diese hier hatte eindeutig kein Interesse. Oder zumindest versuchte sie ihm zu sagen, dass sie keines hatte. Ob dem wirklich so war, war für ihn schwer einzuschätzen. Es könnte ihr auch einfach nur peinlich sein.
Was nicht hieß, dass sie nicht eine Aufgabe zu erledigen hatte.
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