Kapitel 56.2
Im Gegensatz zu den anderen Haremsfrauen, die sich für diesen Anlass herausputzen würden, schmiss Lilitha ihre Dienstmädchen hinaus und entschied sich für eine simple Blume im Haar und das blaue Kleid, das Kaden ihr geschenkt hatte.
Ihre Haare ließ sie offen. So, wie Kaden es gern mochte. Sie wollte ihm an seinem letzten Tag besonders gefallen, damit er wusste, wieso er überhaupt zurückkommen sollte. Und das würde er auch. Ganz egal, was ihr Unterbewusstsein ihr einreden wollte. Er würde zurückkommen!
Als Lilitha den Raum wieder verließ, hielt sie eine kleine Schatulle vorsichtig in den Händen.
Die anderen Frauen, denen sie begegnete, waren herausgeputzt und warfen ihr skeptische Blicke zu. Einige dieser Blicke glichen den reichen Frauen, die sie früher auf der Straße immer angesehen hatten. Eine schreckliche Erinnerung, an die sie nicht denken wollte.
Sie schluckte leise und schritt erhobenen Hauptes auf den großen Saal zu, wo auch schon der Haremstanz stattgefunden hatte.
Bevor sie ihn allerdings erreichte, wurden ihre Schritte langsamer und sie spürte die aufkommende Unruhe. Sie würde Chiana und Laura sicher über den Weg laufen und solange Kaden nicht da war, würde er sie nicht beschützen können. Und die ganze Zeit würde sie auch nicht allein bleiben wollen.
Hinter ihr stießen einige der Frauen gegen sie, die wohl nicht bemerkt hatten, dass sie dort stand. Lilitha senkte den Blick und schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln.
Die erste, richtige Konfrontation nach der Sache mit dem Aphrodisiakum. Wollte sie das wirklich ... jetzt? Nein, aber ihr blieb keine andere Wahl. Also atmete sie ein, drückte ihren Rücken durch und stolzierte in den Saal, als wäre es ein Tag wie jeder andere.
Mehrere Blicke wandten sich zu ihr um und die Frauen begannen zu tuscheln, doch Lilitha widerstand dem Drang ihre Blicke zu erwidern und trat vor. Im Saal angekommen setzte sie sich stillschweigend in eine Sitzecke und musste unwillkürlich an die letzte Woche denken, in der sie und Kaden die meiste Zeit in einer solchen verbracht hatten. Zwischen Gärtnerarbeiten und Kadens Terminen, war viel Zeit für sie beide übrig gewesen. Zeit, die sich Kaden eindeutig für sie genommen hatte.
Lilitha schloss kurz die Augen, um in Erinnerungen zu schwelgen, doch da hörte sie Schritte, die auf sie zukamen. Innerlich verdrehte die Rothaarige die Augen und reagierte auch nicht. Vielleicht zog der Besuch wieder ab, wenn sie ihn ignorierte.
»Du bist ja immer noch hier. Ich hatte schon Angst, dass du heimlich enthauptet wurdest«, lachte Lauras Stimme und sie ließ sich neben ihr auf die Polster fallen.
Lilitha knurrte innerlich und wäre am liebsten einfach aufgestanden, um sich woanders hinzusetzen. Aber sie musste die nächsten Wochen, vielleicht Monate, mit diesen Frauen auskommen. Also konnte sie gleich jetzt anfangen.
Lilitha öffnete die Augen und blickte Laura an. »Wie kommst du darauf, dass ich hingerichtet werden würde?«, fragte sie leise.
Laura lachte belustigt und lehnte sich zurück. Ihre Haut, ein Traum aus flüssiger Schokolade, schimmerte golden im Licht Kronleuchter. »Ich weiß nicht. Du warst die letzte Zeit nirgendwo zu finden«, erklärte diese schulterzuckend und sah sich im Raum um.
Lilitha zuckte die Schultern. »Ich wollte einfach meine Ruhe haben«, erklärte sie, als wäre es das Normalste der Welt. Aber eigentlich war es nur dazu da, damit Laura sie nicht weiter nervte.
»Deine Ruhe, ja?«, machte Laura nachdenklich. »Wo denn? Ich hab oft in deinem Zimmer nach dir gesehen, aber du warst nie da«, fügte sie hinzu und schielte schelmisch zu der Vampirin.
Lilitha verdrehte die Augen. »Was denkst du, warum ich nicht im Zimmer war, wenn da ständig jemand gestört hat?«, fragte sie nach und überging damit ihre Anspielung.
Laura rollte lediglich seufzend die Augen und schnipste ein Dienstmädchen zu sich, um sich ein Glas mit einer durchsichtigen Flüssigkeit zu nehmen. »Sag bloß, du warst Unkraut jäten und so Zeug.«
»Warum nicht? Was hast du dagegen, dass ich meiner liebsten Freizeitbeschäftigung nachgehe, nur weil sie dir nicht passt?«, fragte Lilitha zurück und gab sich bewusst desinteressiert, doch ihr goldener Blick suchte den Raum ab, da sie darauf wartete, dass Kaden vorbeikommen würde.
Die Mätresse schüttelte verständnislos den Kopf. »Das ist mir doch egal, was du in deiner Freizeit machst. Ich meine nur, du könntest in dieser auch Besseres zu tun haben«, stöhnte Laura genervt und sah so aus, als hätte sie keinerlei Vergnügen an dieser Veranstaltung. »Der Highlord ruft niemanden mehr zu sich. Ich hab langsam den Verdacht, dass er vom anderen Ufer ist.«
»Das wäre lächerlich«, murmelte Lilitha und konnte sich das gar nicht vorstellen. Sie war niemand, der etwas dagegen hatte, doch sie wusste sehr genau, dass Kaden nicht dieser Typ war.
Laura hob eine Braue und wandte sich nun wieder Lilitha zu. »Ach ja?«, fragte sie skeptisch. »Es ist die Pflicht eines Highlords Nachkommen zu zeugen und mit einem gleichgeschlechtlichen kann man das nicht. Womöglich tut er sich nur deswegen diesen Harem an.«
Lilitha zuckte die Schultern. »Und wenn dem so wäre, könnte man es sowieso nicht ändern«, murmelte Lilitha und ihr gefiel die Idee, dass die anderen Frauen dachten, dass Kaden vielleicht schwul wäre. Wenigstens würden diese dann aufhören, ihn zu begaffen, wie ein Stück Fleisch.
»Und wenn dem so wäre ...?«, wiederholte die Frau entrüstet und schnaubte. »Dann wären wir alle dazu bestimmt als vertrocknete Pflaumen zu enden, denen es nicht gestattet ist, von jemand anderem begehrt zu werden, als von jemandem, der nicht das geringste Interesse am anderen Geschlecht zeigt.«
Lilitha seufzte. »Ja, das ist generell das Problem eines Harems. Ihr seid dazu da dem Highlord Nachkommen zu gebären, aber nur wenn dieser es möchte. Und dieser hier scheint kein Interesse daran zu haben«, murmelte Lilitha und versuchte eigentlich nur Kaden zu finden und Laura hinzuhalten.
»Ich bitte dich«, kicherte Laura und besah sich gelangweilt ihre Fingernägel. »Diese Dynastie geht doch sowieso früher oder später vor die Hunde«, murmelte sie. Doch Lilitha bekam es nur am Rande mit, denn sie sah wie Kaden, in seiner Rolle des Highlords, in der sie ihn so lange nicht mehr gesehen hatte, den Raum betrat. Wenn sie zusammen waren, war er so gut wie nie der Highlord, sondern immer nur Kaden.
Lilitha hielt die Luft an, als sie sah, wie Chiana auf den blonden Vampir zulief und ihn begrüßte, wie es die Etikette verlangte. Sie nahm Lauras Stimme bloß am Rande wahr, während sie sah, wie Chiana einen kleinen Knicks machte und Kadens Aufmerksamkeit bekam. Ganz im Gegenteil zu Lilitha, die mit Laura in der Sitzecke festsaß.
Aber Kaden hatte seine Aufgaben und diesen würde er nachkommen. Dazu gehörte der respektvolle Umgang mit seinem Harem und Lilitha hielt sich absichtlich zurück. Auch wenn es ihr sehr schwerfiel. Sie wollte Kaden nicht von seiner Aufgabe abhalten, oder sich noch mehr Zwietracht zuziehen.
»Oh, der Highlord«, bemerkte Laura leise und erhob sich nun auch, um ihr Geschenk zu überreichen.
Lilitha dagegen blieb nach wie vor sitzen und beobachtete, wie Laura auf den Vampir zuging und nun ebenfalls einen Knicks machte. Chiana sah dabei grimmig aus, doch das war Lilitha egal. Sie bemerkte nur, wie Kadens Blick an Laura vorbeiging und mit einem Lächeln in den dunklen Augen, auf Lilitha traf. Diese erwiderte das Lächeln sanft und wartete ab, was Laura tat.
Sie schien Kadens Blick nicht zu bemerken und tat genau das, was auch Chiana getan hatte. Laura überreichte ihm ihr Abschiedsgeschenk und bat ihn schnell wiederzukommen. Kaden sah sie nun zwar an, doch schien mit den Gedanken wohl noch immer bei Lilitha, denn immer wieder flüchtete sich sein Blick zu der Rothaarigen. Lilitha musste lächeln, doch sie tat so, als würde sie es nicht bemerken und achtete nur auf Laura und Kaden.
Am liebsten hätte sie sich Kaden jetzt selbst genähert, doch sie traute sich irgendwie nicht. Ihre Hände schlossen sich um ihre kleine Schatulle. Im Gegensatz zu den Geschenken der anderen Frauen wirkte ihr Geschenk geradezu lächerlich. Und die Tatsache, dass sie es ihm vor den ganzen Augen des Harems und noch dazu die des Beraters und Kadens Mutter, geben musste, machte es nicht weniger peinlich. Es schien wohl doch offizieller zu sein, als sie gedacht hatte. Sonst wären diese bei einer solch kleinen Tradition nicht auch noch hier.
Trotz allem entging Lilitha nicht der unterschwellig, auffordernde Blick, den Kaden ihr zuwarf, als gerade die nächste Haremsfrau vortrat.
Vielen lieben Dank fürs lesen. Wir würden uns sehr über Rückmeldungen in Form von Votes und Kommentaren freuen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro