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Kapitel 53.1

»Ich ...«, setzte er leise an und schien nach den richtigen Worten zu suchen. »... hab dir einen kleinen Ort zum Experimentieren einrichten lassen«, fügte er stattdessen hinzu und hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Wieso war das so schwer?

Lilitha erhob sich langsam. Ihre Augen glänzten noch immer, als sie mit einem Lächeln auf Kaden zulief. »Ja?«, fragte sie und lächelte noch mehr, wenn das möglich war. »Du bist der Beste«, erklärte sie mit tiefer, ehrlicher Freude in der Stimme und küsste ihn auf die Wange, ehe sie an ihm vorbeiblickte.

Kaden schluckte. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. Damit würde er ihr nur die Freude an diesem Geschenk nehmen. Womöglich wollte er es ihr deswegen unbedingt heute zeigen. Um sich selbst einen Grund zu geben, es aufzuschieben. Auch wenn ihm allmählich die Zeit davonlief. »Ich wusste nicht genau, was du brauchst, aber wenn dir etwas fehlt, kannst du mir gern Bescheid geben«, bot er ihr an und trat beiseite, um sie hindurch zu lassen.

Lilitha trat in den Raum, der mehrere Türen hatte und besah sich alles genau. Dabei wurde ihr Lächeln immer wärmer. Er hatte wirklich an alles gedacht. Es gab eine kleine Küche, ein Schlafgemach, einige Abstellräume und eine Art Labor und sogar ein kleines Bad.

»Womit habe ich das verdient?«, fragte sie schließlich und blickte ihn mit großen, fragenden Augen an. Darin waren sogar leichte Tränen der Freunde zu sehen.

»Du hast es weniger verdient, als dass es schon hinfällig ist«, korrigierte er und schluckte bei ihrem Anblick, bis er schließlich den Blick abwandte, um sich die zahlreichen Glasschalen anzusehen, die auf dem Tisch standen. »Ich bin dir das schuldig.«

Lilitha hob eine Augenbraue. »Ich wüsste nicht, wofür du mir etwas schuldig sein solltest. Und schon gar nicht so etwas Großes«, sagte die Rothaarige ein wenig irritiert und trat auf ihn zu, um sich an ihn zu schmiegen.

Mit einem zufriedenen, aber auch irgendwie traurigen, Seufzen schloss er sie in seine Arme und streichelte über ihren Rücken. »Die ersten Wochen hier waren nicht leicht für dich. Ebenso wie die ganzen Sachen mit Chiana. Und dann wären da noch deine Eltern«, zählte er auf und erinnerte sie nur ungern daran.

Lilitha wusste nicht, was sie sagen sollte, oder wie sie ihre Freude über dieses Geschenk ausdrücken konnte. Also hielt sie Kaden einfach nur fest, legte ihre Wange auf seine Schulter und schloss die Augen.

Sobald die ersten Blumen hier blühten, würde dieser Ort ein wirklich traumhafter Platz werden. Nun konnte sie vielleicht sogar wieder richtig mit ihrer Fähigkeit in Kontakt treten. Die letzten Monate, in denen sie versucht hatte, diese zu unterdrücken, waren wirklich anstrengend gewesen. Noch dazu hatte sie ein kleines Reich nur für sich allein, in dem sie nicht Gefahr laufen musste, in eine Haremsfrau reinzurennen.

»Gefällt es dir?«, fragte Kaden leise und vorsichtig, als er ihr über den Kopf strich.

»Ja, sehr«, bestätigte sie noch immer mit Freude in der Stimme. Dann hob sie den Kopf und schenkte Kaden ein Lächeln. »Möchtest du mir helfen, diesem Ort ein wenig Leben einzuhauchen?«, fragte sie vorsichtig. Sie wusste leider nicht, wie Kaden reagieren würde. Seit der Sache mit dem Aphrodisiakum schien er ihre Fähigkeiten doch ein klein wenig zu fürchten.

Sanft strich er mit den Fingerknöcheln über ihre Wange und blickte zu ihr hinab. »Ich kenne mich zwar nicht aus, aber unter deiner Anleitung krieg ich das bestimmt hin«, erklärte er und küsste sie vorsichtig auf den Mundwinkel. Am liebsten hätte er sie noch dichter zu sich gezogen und das fortgesetzt, was Lilitha begonnen hatte, doch es fühlte sich, in Anbetracht der Umstände, falsch an.

Stattdessen nutzte er den Tag, um sich mit Lilitha ihr neues Reich zu betrachten, die ersten Pflanzen in den Beeten zu säen und einige Dinge aus Lilithas Räumen zu holen. Am Abend, als die Sonne bereits dabei war, unterzugehen, hatte das Gewächshaus eine gemütliche Sitzecke und über dieser hingen Töpfe, die zwar schon bepflanzt, aber noch leer waren.

Lilitha hatte ihre Hand in einem Topf voll Wasser, den sie nun Kaden mit einem Lächeln reichte. »Würdest du die Töpfe dort oben bitte gießen? Du bist größer als ich«, sagte sie und zog die Hand aus dem Eimer.

Kaden hob skeptisch eine Braue, ehe er den Eimer entgegennahm und diesen ein Stück hochhob, um die Pflanzen zu gießen. Einen Topf nach dem anderen goss er, als er plötzlich etwas Grünes emporsteigen sah. Er blickte nach rechts zu einem bereits gegossenen Topf, als er bemerkte, wie sich kleine, zierliche, grüne Stränge durch die Erde kämpften und jede Sekunde mehr wuchsen. In Zeitlupe schoben sich immer mehr grüne Pflanzen aus den Töpfen und wurden immer größer, bis ein riesiger Farn mit seinen weit ausgefächerten Wedeln über der Sitzecke wucherte und sie in einen leichten Schatten tauchte. Aus einem anderen Topf wuchsen Blumen, die wie ein blauer Fluss über den Topfrand traten und sich mit den Wedeln des Farns verbanden.

Wie gebannt beobachtete der Highlord, wie sich das Wunder der Natur einen Weg über die Töpfe bahnte. »Warst du das?«, fragte er und blickte runter zu Lilitha, die auf den weichen Kissen saß.

Erfreut beobachtete sie, wie sich die unterschiedlichen Ranken auch einen Weg zu ihr bahnten und als sie eine Hand hob, schlängelte sich eine der Ranken sogar um diese.

»Ja. Auch wenn ich selbst nicht erwartet habe, dass es so schnell gehen würde«, erklärte sie.

Mit dem Blick auf Lilithas Arm gerichtet, kippte Kaden den letzten Rest Wasser in den Topf und setzte sich vorsichtig zu ihr nach unten, um nach oben zu den Ranken zu blicken.

»Das ist wirklich faszinierend«, gestand er und sah zu den Ranken, die magisch von Lilitha angezogen wurden. Es wirkte fast so, als würden sie alle versuchen nach Lilitha zu greifen, oder sie zu streicheln. Kaden wusste nicht, ob ihm das gefiel, oder nicht. Aber sie schienen ihr nichts zu tun. Hoffte er.

Lilitha lächelte zufrieden. »Auch wenn das für Vampire sehr untypisch ist. Die Frauen unserer Familie waren schon immer sehr naturverbunden. Mehr, als manch einer ahnen würde. Wir nehmen unsere Kraft aus der Natur und diese aus uns«, sagte sie und lehnte sich an Kadens Schulter, um ihren Kopf darauf zu betten.

Kaden blickte auf ihren Scheitel herab und legte ihr zögerlich einen Arm um die Taille, um sie dichter zu sich zu ziehen. »Sie scheinen deine Nähe zu suchen«, sagte er und sah wieder nach oben, wo die Ranken noch immer zu Lilitha wuchsen.

Diese lächelte selig. »Meine Mutter konnte sich sogar von der Natur Geschichten erzählen lassen. Sie wusste immer, wo Papa gerade war, auch wenn er Kilometer von uns entfernt war«, erklärte sie mit einem sanften Lächeln.

»Sie scheinen sich wirklich geliebt zu haben, wenn sie eine solch starke Bindung hatten«, gab Kaden beeindruckt zu. Er hatte Lilitha und ihre Wurzeln wirklich unterschätzt. Es war schon eine unglaubliche Macht, lebende Organismen kontrollieren zu können, doch Lilithas Gabe ging einen Schritt weiter. Oder vielleicht sogar ein paar mehr. Kaden wusste es nicht genau. Es schien, als würde Lilitha es selbst nicht genau wissen. Sicherlich wäre es interessant herauszufinden, was sie so alles konnte. Doch möglicherweise hatten sie die Zeit, die sie dafür benötigten, nicht mehr.

Kaden zog Lilitha näher an sich, hielt sie fest und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren, um ihren Duft einzuatmen. Er hätte sie am liebsten gar nicht mehr losgelassen und einfach alles andere vergessen. Hier bei Lilitha wirkten die Dinge, die ihn quälten, belanglos. Als wäre nichts wichtig, außer Lilitha und dass er bei ihr war. Doch leider hatte er Verpflichtungen. Verpflichtungen, die er nicht vergessen durfte, egal wie sehr er es wollte. In seiner Verantwortung lagen so viele Leben, dass es nicht möglich war, einfach auszusetzen. Er würde niemals mit dieser Schuld leben können.

Vielen lieben Dank fürs lesen. Wir würden uns sehr über Rückmeldungen in Form von Votes und Kommentaren freuen.

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