Kapitel 50.4
Kaden schien nicht gerade begeistert von diesen, doch er verschnellerte trotzdem seine Schritte ein wenig, um vor ihr rückwärts zu laufen, damit er sie ansehen konnte, ohne anzuhalten. »Also erstens: Hör auf, sie so zu nennen. Und zweitens: Was genau soll das heißen, ich benehme mich anders? Ich bin doch jetzt gar nicht bei der Arbeit.«
»Richtig und wenn du nicht bei der Arbeit bist, benimmst du dich anders. Aber wenn du etwas willst, dann greifst du sehr schnell auf den Ton zurück, den du bei der Arbeit anlegst. Der, der keine Widerrede duldet und dem man gehorchen sollte. Und dabei bist du sonst scheinbar so darauf bedacht, auch andere Meinungen zu hören«, erklärte sich Lilitha langsam. Zu der Sache mit den Haremsfrauen äußerte sie sich jedoch nicht. Sie wollte es nicht wieder anschneiden, weil sie die Sache mit Chiana noch immer belastete.
»Was, du meinst mit den Mänteln?«, fragte er und machte einen skeptischen Gesichtsausdruck, als könnte er nicht verstehen, wieso sie das dachte. »Ich ... das ... nein!«, versuchte er sich zu verteidigen, wenn auch nicht wirklich sicher.
»Nicht nur bei den Mänteln«, beharrte Lilitha. »Aber ich komme damit zurecht. Ich glaube, dass du selten so mit jemandem umgehst und es einfach verlernt hast. Das bekommen wir schon wieder hin und dann kann ich einmal sehen, wie der richtige Kaden wirklich ist«, erklärte sie und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
»Du bekommst mich wieder hin?«, fragte er hoffnungsvoll, mit einem sarkastischen Unterton, lächelte jedoch zurück und verlangsamte seine Schritte kurz wieder, um normal neben ihr herzulaufen. »Wie ehrenhaft von dir.«
Lilitha lachte vergnügt. »Das hat nichts mit Ehrhaftigkeit zu tun. Ich mag Kaden einfach nur lieber, als den anderen«, erklärte sie und ihre Augen schienen vor Freude zu funkeln. »Wobei das auch nicht wirklich stimmt. Ich verbringe mit beiden sehr gern Zeit.«
Aber Kaden war für sie mehr ein Freund. Der Highlord hingegen würde ihr Vorgesetzter bleiben, den sie auch weiterhin verehrte. »Könntest du bitte aufhören so zu tun, als hätte ich eine gespaltene Persönlichkeit?«, bat er augenrollend, doch er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Lilitha konnte von weitem bereits das große Zelt entdecken, als ihr wieder einfiel, dass sie immer noch nicht wusste, wieso er immer dorthin ging. »Na gut, ich höre damit auf, aber nur wenn du mir verrätst, warum du immer dieses eine Schneidergeschäft besuchst«, meinte sie und versuchte zu handeln. Es machte ihr wirklich Spaß, mit Kaden durch die Stadt zu laufen und es fühlte sich so an, als wären sie gute Freunde.
Kaden lachte ein wenig verstohlen und schüttelte leicht den Kopf. »Meinetwegen ...«, meinte er und seufzte ergeben. »Ich habe eine gespaltene Persönlichkeit. Zufrieden?«, fragte er und blickte grinsend zu ihr hinab.
»Was? Nein!«, machte Lilitha empört und blickte nicht begeistert zu ihm nach oben. »Das habe ich nie behauptet! Und warum willst du es mir nicht erzählen?«, fragte sie und griff nach seinem Arm, um sich daran festzuhalten und zu verhindern, dass er ausriss, bevor sie Antworten hatte.
Kaden lachte auf, als er sich zu ihr herumdrehte und sie unschuldig anblickte, als hätte er nichts Falsches getan. »Na ja, du hast mir ein Angebot gemacht und ich habe es abgelehnt. Das ist doch nicht verwerflich«, verteidigte er sich.
Lilitha zog ein wenig an seinem Arm und machte so ihr Missfallen deutlich. »Warum möchtest du es mir nicht verraten?«, fragte sie und klang schon fast quengelnd. Immer wieder rüttelte sie an dem Ärmel seiner Jacke, die unter dem Umhang verborgen lag und erinnerte schon fast an ein bockiges Kleinkind.
Kaden konnte gar nicht aufhören, über diesen Anblick zu lachen, bis er sich letztlich doch zu einem unterdrückten Grinsen zwingen musste. »Interessiert es dich denn wirklich so sehr?«
Lilitha ließ von ihm ab und blickte fast schon entschuldigend zu ihm auf. »Tut mir leid, ich wollte dich nicht nerven«, sagte sie, als hätte er sie gerade zurechtgewiesen, oder als hätte sie sich an etwas erinnert, was ihr nicht gefiel.
Leise atmete Kaden aus und zog Lilitha zu sich, um sich zu ihr runter zu neigen und sie auf den Mundwinkel zu küssen. »Das sollte nicht feindselig wirken«, flüsterte er und strich ihr aufmunternd über die Wange.
»Tut mir leid, es waren die Worte, die mein Vater immer genutzt hat, wenn er von meiner Fragerei schon genervt war und meine Mutter mich gebeten hat, ihn in Ruhe zu lassen«, erklärte Lilitha leise. »Ich möchte dich wirklich nicht nerven. Ich möchte, dass du dich in meiner Gegenwart wohlfühlst«, fügte sie leise murmelnd hinzu.
Erneut strich er ihr über die Wange, ehe er seine Hand auf diese legte und sie musterte. »Ich fühle mich immer wohl in deiner Gegenwart«, flüsterte er als Antwort und zog Lilitha ein Stück zu sich hoch, um sie diesmal richtig zu küssen. Der Schal, den sie beide vor dem Mund trugen, wurde für diesen Kuss ein Stück nach unten gezogen, denn keiner von beiden wollte, dass sie auffielen.
Was sie allerdings taten. Denn ein Kuss in aller Öffentlichkeit war nicht sonderlich oft gesehen. Es waren nur wenige Leute in diesem Teil unterwegs und so gab es nur einen empörten Ausruf, der allerdings von Kaden und Lilitha ignoriert wurde.
Sie nahmen ihre Umgebung überhaupt nicht mehr wahr. Weder, wo sie waren, noch, dass sie nicht erkannt werden durften. Oder, dass sie hier nicht allein waren.
Kaden schien sogar vergessen zu haben, wo er eigentlich hin wollte, denn er deutete nicht daraufhin, dass er von Lilitha ablassen würde. Zu gut fühlten sich ihre Lippen an und ihr Geschmack, der auf seiner Zunge lag. Er drohte sich in dem Kuss und ihrem Geruch zu verlieren, hätte sie nicht nach Luft geschnappt und ihre Finger in seinen Arm gegraben. Das brachte ihn zurück in die Realität und er hatte das Bedürfnis sie jetzt in seinem Bett auszuziehen und sich zu nehmen, was er schon die ganze Zeit haben wollte.
Und sie schien es auch zu wollen ... immerhin hatte sie das schon oft angedeutet. Sie suchte seine Nähe und fühlte sich offensichtlich von ihm angezogen. Noch dazu, hatte sie ihn erst heute mit in ihr Bad genommen, wo sie nackt war und sie hatte ihn auch für sich beansprucht ... also wollte sie es doch ganz offensichtlich! Aber er brachte es einfach nicht übers Herz, auch wenn er es gern würde.
Doch solange sie ihm nicht klar zu verstehen geben würde, dass sie es wollte, würde er nicht die Initiative ergreifen. Auch wenn es sich verdammt gut anfühlte, wie sie sich an ihm festhielt und ihn fast schon kratzte. Sie war ganz anders, als die anderen Frauen. Vielleicht lag es wirklich daran, dass sie noch so jung war, doch das glaubte er nicht.
Wie sie die Dinge sah, war wirklich faszinierend. Niemand hätte sich getraut, ihm vorzuwerfen, dass er eine gespaltene Persönlichkeit hatte. Und da auch noch mit einer solchen Trockenheit in der Stimme. Auch hätte niemand den Mut gehabt, ihm zu widersprechen, mit ihm zu wetten, oder gar zu handeln.
Doch auch schon vorher, als sie noch das gesichtslose Dienstmädchen war, hatte sie seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Sie war auf eine Art und Weise ehrlich, die einfach nur entwaffnend war und trotzdem schien sie Geheimnisse zu verbergen.
Widerwillig löste er sich von ihr und umfasste ihre Hand, um sie die letzten Meter ins Zelt zu ziehen. Sie war ruhig und drängte ihn nicht mehr, dass er ihr doch bitte erklären sollte, was er hier wollte. Irgendwie gefiel ihm das nicht. Er wollte keinen wunden Punkt treffen und es tat ihm leid. Er wollte, dass sie wieder lächelte und fröhlich war, denn das wärmte sein Herz. Nur wie stellte er das an? Er würde sich etwas einfallen lassen, aber er durfte nicht vergessen, dass sie noch immer spielten.
Zwischen zahlreichen Stoffen gefangen, ließ er sie dieses Mal nicht allein, sondern hielt ihre Hand umschlossen und führte sie zu einem hinteren Teil, in dem die weißhaarige Frau gerade ein zerrissenes Kleid flickte. Lilitha schien, das ein wenig zu irritieren, doch gleichzeitig war sie auch neugierig und beobachtete Kaden, als auch die Schneiderin sehr genau.
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