Kapitel 50.1
Langsam schlenderten sie die Stände entlang und ehe sich Lilitha versah, nahm die Menschenmenge immer mehr ab. Sie entfernten sich immer weiter von dem Gerede und dem Trubel.
»Wenn es etwas gäbe, was du gern tun würdest, was wäre das?«, fragte er plötzlich und wandte ihr im Gehen wieder seinen Blick zu.
Lilitha war von dieser Frage sichtlich überrumpelt und starrte Kaden daher einfach nur an, ehe sie nachdenklich die Stirn kraus legte und schließlich die Schultern zuckte. »Ich weiß nicht«, gestand sie. »Es gibt viele Dinge, die ich gern tue«, sagte sie und wusste nicht so recht, worauf er hinaus wollte.
»Du bist ja noch recht jung. Noch dazu bist du auf der Straße aufgewachsen und hattest nicht viele Möglichkeiten. Ich dachte, du möchtest dich womöglich irgendwie selbst entdecken«, erklärte er leise und betrat wieder die dunkle Straße, in der die Banditen nachts ihre Spielchen trieben.
Lilitha wirkte irritiert. »Ich weiß gar nicht, wie ich das sollte. Was gibt es denn für Möglichkeiten, mich selbst zu entdecken? Ich glaube, ich weiß gar nicht genug, um zu sagen: Das fehlt mir, oder das möchte ich mal machen«, erklärte sie ein wenig hilflos.
Kaden blickte sie ungläubig an und zog den Schal wieder runter, da sie nicht mehr inmitten von Leuten waren, die ihn womöglich erkannten. »Sobald ich Zeit finde, werde ich zusehen, dass du ein wenig mehr siehst als die Mauern. Bei den anderen Haremsfrauen ist es was anderes. Sie sind älter und schon viel rumgekommen«, erklärte er und es klang wie ein Versprechen. »Ich mache einmal im Jahr eine Rundreise durch die Reiche. Womöglich kann ich dich mitnehmen.«
Lilithas Augen funkelten Kaden an, der ihre Aufregung förmlich spüren konnte. »Das wäre wundervoll«, hauchte sie und blickte ihn an, als wäre er irgendein Heiliger, oder Ähnliches.
»Allerdings müsste ich das mit Sergej abklären, also kann ich dir erstmal nichts versprechen«, fügte er vorsichtig hinzu, aus Angst ihre Vorfreude zu erschüttern.
»Oh«, machte sie und er konnte sehen, wie sie die Sache abschätzte und tatsächlich ein wenig des Feuers erlosch. Dennoch schien sie noch immer voller Vorfreude. Allerdings mit einer leichten Vorsicht.
Ihr schien der Gedanke, dass Sergej davon wusste, nicht zu behagen. »Du magst ihn nicht?«, fragte er geradeheraus und schien sehr interessiert an ihrer Antwort.
Gerade, als sie in die Gasse einbogen, hielt er inne und stellte sich vor sie. Wieder einmal wurde ihr bewusst, wie dunkel es doch in der Gasse war, insbesondere in der Nacht, in der sie noch enger und bedrohlicher wirkte. »Ich weiß nicht. Ich kenne ihn ja nicht. Aber irgendwie wirkt er nicht so, als würde er Euch gehorchen«, versuchte sie sich zu erklären und dabei die Angst zu unterdrücken, die ihr in dieser Gegend unter die Haut fuhr.
Kaden schien ihr Verhalten zu bemerken, doch es wohl eher auf Sergej zu beziehen, da sie immerhin gerade über ihn sprachen. »Er ist mein Berater. Er soll mir ja auch nicht blind gehorchen«, erklärte er, jedoch nicht sonderlich überzeugt von seinen eigenen Worten.
Lilitha blickte Kaden nachdenklich an. Für sie war es schwer, Sergej einzuschätzen, aber sie mochte es nicht, dass er Kaden immer so drängte. Daher kam vermutlich ihre Abneigung. »Er wirkte nicht, als hätte er dich beraten. Eher, als wäre er nicht mit dem einverstanden, was du tust. Aber er gab auch keine Alternative von sich«, murmelte sie und dachte an das letzte Gespräch der beiden. »Aber ich kenne ihn nicht sonderlich gut«, fügte sie dann hinzu, um ihre Worte etwas zu relativieren. Sie wollte nicht, dass Kaden das Gefühl hatte, sie wolle ihn in irgendeiner Form belehren.
Kaden seufzte, als er wieder den Weg freigab und langsam weiterlief. »Er versucht nur, mich zu beschützen«, murmelte er grummelnd, jedoch eher so, als wäre er selbst nicht wirklich zufrieden damit.
»Solange er dich nicht versucht zu beeinflussen, ist das doch gut«, erwiderte Lilitha als Antwort und besah sich ein Geschäft, das noch offen hatte und einige schöne Pelzmäntel ausstellte. Lilitha hasste die Tatsache, dass dafür Tiere sterben mussten, doch sie wusste, dass es nötig war, denn sonst würden die Menschen erfrieren.
»Vermutlich«, seufzte er und folgte ihrem Blick zu dem Geschäft. »Brauchst du einen neuen Mantel?«, fragte er neugierig und schien sogar schon besorgt, sie könnte jetzt gerade womöglich frieren.
»Die Winterwochen sind nicht besonders lang und ich komme sowieso fast nie raus«, besänftigte sie ihn und drückte seine Hand ein wenig fester. »Für die paar Stunden reicht dieser hier völlig aus«, versicherte sie ihm. »Aber ich finde, sie sehen sehr schön und kuschelig aus.«
Kaden hob ungläubig die Augenbrauen, ehe er zu dem Laden lief und Lilitha einfach mit sich zog. »Du brauchst einen Mantel. Du weißt doch, dass Kälte für Vampire fatal enden kann«, beharrte er und blieb vor den zahlreichen, gefütterten Umhängen stehen.
Lilitha seufzte. Dieser Tonfall, zeigte ihr, dass der Highlord zurückgekehrt war. Wenn er etwas wollte, konnte er diesen befehlerischen Ton sehr schnell wieder anschlagen. Und nun schien er zu wollen, dass sie sich einen neuen Mantel aussuchte. Also betrachtete sie nachdenklich die unterschiedlichen Kleidungsstücke. Dennoch war ihr nicht wohl dabei. Sie musste ihn immerhin anprobieren und dabei würde man vielleicht ihr Halsband sehen.
»Bevorzugst du bestimmtes Fell?«, fragte er und begann einen weißen Kaninchenpelz zu befühlen. Dieser wäre jedoch sehr auffällig in der Stadt. Innerhalb der Mauern jedoch weniger. Dort konnte sie schließlich tragen, was sie wollte. Außer, dass die Frauen sicherlich fragen würden, wo sie diesen denn herhatte. Doch wieso sollte sie nicht sagen, dass der Highlord ihn ihr gekauft hatte? Kaden kannte die Antwort. Als würde Lilitha damit angeben, dass er ihn ihr gekauft hatte. Jede andere Frau hätte ihn wohl zur Schau gestellt, doch er war sich sicher, dass Lilitha stattdessen irgendeine Ausrede erfinden würde.
»Ich würde etwas Unauffälligeres bevorzugen«, erklärte sie und trat auf einen Pelzmantel zu, der aus dunklem Fell gefertigt war.
»Such dir ruhig mehrere aus«, bot er ihr an und deutete auf alle Mäntel, die zur Auswahl standen. Auch dünnere, für den kommenden Frühling waren dabei, die sicherlich hilfreich sein würden, wenn sie wieder richtig im Garten spazieren gehen konnte, sobald die Blumen wieder blühten.
Lilitha blickte Kaden an und man konnte ihr ansehen, dass sie sich, bei diesem Vorschlag, sichtlich unwohl fühlte. Zögerlich trat sie ein wenig näher und flüsterte: »Ich habe Angst mich umzuziehen«, sagte sie und deutete auf eine Verkäuferin, die auf sie zukam. Scheinbar wollte sie die beiden vermummten Gestalten unter die Lupe nehmen.
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