Kapitel 35.2
Lilitha hörte ebenfalls zu und musste einsehen, dass der Lord wohl keine Ahnung von der Natur hatte. So wie sie das sah, waren die Felder wohl neu errichtet worden und das genau auf dem Wildwechsel der Tiere. Dort würden sie diese nicht so einfach losbekommen. Wenn sie wollten, dass nichts mehr geschah, mussten sie die Felder verlegen. Den Wildwechsel einfach freizulassen, war die einfachste Methode. Alles andere würde nur Zeit, Geld und Leute verschlingen.
Außerdem war der Boden an den Stellen des Wildwechsels sowieso sehr hart und wahrscheinlich nicht leicht zu bewirtschaften. Lilitha konnte sich nicht vorstellen, warum man ausgerechnet dort Felder angelegt hatte.
Nun machte der Lord eine Pause in seinem Vortrag und schien auf eine Antwort des Highlords zu warten.
Dieser hielt den Blick auf sein Gegenüber und nickte noch eine Weile lang, ehe er sich zurücklehnte und die Arme auf der Rückenlehne ablegte. »Was meint Ihr, Mistress Lilitha?«, fragte er nun und wandte den Blick zu Lilitha, als wäre es selbstverständlich, dass sie sich einbringen sollte.
Lilitha blinzelte sichtlich überrascht und konnte nicht anders als zu antworten, was ihr gerade durch den Kopf ging. »Das ist ein Wildwechsel, der Euch Probleme bereitet. Das Einfachste wäre es, die Felder zu verlegen.«
Zufrieden lächelte der Highlord und wandte seinen Blick wieder dem Lord zu. »Ihr habt es gehört. Ein Wildwechsel. Ihr solltet die Felder verlegen lassen«, stimmte der Blonde Lilitha zu, auch wenn er nicht wirklich beteiligt wirkte.
Der Lord wirkte recht perplex und konnte nicht anders als die rothaarige Haremsdame anzustarren. Sie schien nicht nur eine Augenweide zu sein, sondern auch noch Hirn zu besitzen.
Mehrere Sekunden verstrichen, in denen der Lord Lilitha nur ungläubig anstarrte und Lilitha mehr als peinlich berührt auf ihrem Platz saß.
Mit geschlitzten Augen sah der Highlord zwischen Lilitha und dem Lord hin und her, als er einmal beiläufig an der Leine von Lilitha zog und sich nach vorne lehnte.
»Ich werde Euch einige von meinen Arbeitern schicken. Sie werden Euch beim Umbau behilflich sein. Wär's das dann?«, fragte der Highlord und ließ ihn deutlich spüren, dass er ihn loswerden wollte.
Lilitha verstand nicht ganz, was hier los war. Warum hatte er an ihrer Leine gezogen? War ihre Antwort nicht in Ordnung? Hatte sie irgendetwas Falsches gemacht?
Die Rothaarige fühlte sich mit jeder Minute, die verstrich, unwohler.
Auch, da der fremde Lord sie noch immer nachdenklich musterte.
Schließlich aber nickte er.
»Das wäre alles. Danke für Eure schnelle Hilfe, Mylord«, sagte er und wirkte ein wenig geknickt, als er sich erhob.
Der Highlord nickte nur kurz, um ihm zu symbolisieren, dass er gehen konnte.
Gleich nachdem der Lord endlich den Raum verlassen hatte, lehnte sich der Vampir wieder zurück in die Polster und hob den Blick zu Sergej, der mit gefalteten Händen hinter dem Sofa stand. »Was als Nächstes?«
»Ein Kontrollgang durch die Stadt und dann zu dem Architekten, der sich um das neue Gefängnis kümmert und eine kurze Visite bei der Wachmannschaft«, erklärte Sergej nachdenklich. Sein Blick dabei auf Lilitha gerichtet, die sich immer unwohler fühlte.
»Den Kontrollgang kann ich allein machen«, erklärte der Highlord und stand auf, um sich zu strecken und Lilitha anschließend mit sich zu ziehen.
»Aber Mylord, Ihr wisst, wie gefährlich es für Euch sein kann«, setzte Sergej an und blickte dann zu Lilitha. »Und auch für Eure Begleitung«, fügte er hinzu, da er sich nicht sicher war, ob der Blonde seine Haremsfrau mitnehmen wollte.
Der Highlord, der sich bereits langsam auf den Weg zu den Ställen machte, zog Lilitha einfach hinter sich her und schien bereits einen Entschluss gefasst zu haben.
»Ihr wird nichts passieren und mir auch nicht. Ich denke, ich bin schon alt genug, um auf mich aufzupassen«, erklärte er mit rollenden Augen und drehte sich kurz zu Lilitha um.
Diese wirkte sichtlich überfordert und ein wenig von der Situation verstört. Wollte er sie wirklich mit in die Stadt nehmen? War das eine gute Idee? Und dann auch noch so ganz offiziell?
Ein frustriertes Seufzen entfuhr dem Berater und ließ ihn noch im Schritt die Augen schließen. »Mylord, das ist wirklich ...«, setzte der Mann an, doch er wurde sogleich wieder von seinem Gebieter unterbrochen.
»Was könnte denn im schlimmsten Fall passieren?«, fragte der Highlord locker und hielt an, um sich zu Sergej umzudrehen.
»Ihr könntet verletzt oder entführt werden. Eure Begleitung könnte angegriffen und verstümmelt werden. Ich bin mir sicher, dass Ihr genug Gegner habt, die sehr weit gehen würden, nur um Euch zu schaden. Selbst wenn es sich dabei um so etwas Unbedeutendes wie das Leben einer Eurer Haremsfrauen handelt. Immerhin ist der Harem nicht umsonst so gut bewacht und abgeschottet«, erklärte Sergej und hoffte, dass dem Highlord die Sicherheit dieser Frau genug am Herzen lag, dass er wenigstens eine Wache mit sich nahm.
Er schien zumindest darüber nachzudenken, denn er hielt inne und senkte den Blick.
Die Rothaarige beobachtete den Highlord mit Argusaugen, denn es interessierte sie, wie seine nächste Entscheidung ausfallen würde. Angegriffen und verstümmelt? Auf keinen Fall!
Wenn ihm wirklich etwas an ihr lag, würde er sie doch nicht einer solchen Gefahr aussetzen.
Plötzlich drehte er sich zu Lilitha um und musterte sie nachdenklich. »Möchtest du mitkommen oder in deinem Zimmer bleiben?«, fragte er und schien dabei eine besondere Betonung auf das Wort Zimmer zu legen.
Lilitha wand sich unter seinen Blicken. Sie liebte die Stadt und sie wollte gerne raus. Die Vorstellung in ihrem Zimmer zu bleiben, löste bei ihr nicht gerade Freude aus, allerdings war die Vorstellung vielleicht angegriffen zu werden, auch nicht sonderlich angenehm. Aber die freie Natur und vor allem die Stadt hatten schon immer eine gewisse Anziehungskraft auf sie ausgeübt und selbst mit der Gefahr wirkte es für sie noch verlockender draußen zu sein als in ihren Räumen. »Ich möchte Euch keine Umstände bereiten«, war die Antwort, die dem Highlord deutlich machen sollte, dass er zu entscheiden hatte, was ihm weniger Schwierigkeiten machte.
»Sie kommt mit«, erklärte der Blonde an Sergej gewandt und lief kurz darauf weiter, als wäre nichts gewesen. Draußen angekommen, betrat der Highlord direkt die Stallungen und blieb stehen, um sich erneut ein letztes Mal zu Sergej zu wenden. »Macht Euch keine Sorgen und seht nach meiner Mutter. Sie ist gestern Abend früh zu Bett gegangen«, erklärte er und zog an Lilithas Leine, bis sie dicht neben ihm zum Stehen kommen musste.
Die plötzliche Nähe brachte ihr Herz wieder zum Rasen und Lilitha senkte den Blick, um darauf zu warten, was als Nächstes kommen würde.
»Kannst du reiten?«, fragte der blonde Mann und grinste sie dabei anzüglich an.
Lilitha schluckte und blickte zu den Pferden, die in den Stallungen standen. »Ja«, war die leise Antwort. Natürlich konnte sie das. Sie liebte Tiere und Pferde ganz besonders. Dennoch traute sie sich nicht, den Tieren zu nahezukommen. Lilitha wusste nicht genau warum, aber sie wollte den Highlord nicht verärgern und Sergej ebenfalls nicht.
Der Highlord lachte leise und deutete Lilitha, auf eines der bereits gesattelten Pferde zu steigen.
»Wann wird der nächste Termin sein, damit ich weiß, wann ich wieder hier sein muss?«, fragte er, während Lilitha sich mit Schwung und viel Körperaufwand auf das Reittier transportierte.
Schluckend hielt sie sich an den Zügeln fest und wartete auf weitere Befehle, doch stattdessen zog der Highlord nur ihren Fuß aus den Steigbügeln und setzte selbst dazu an, auf das Pferd zu klettern und sich hinter sie zu setzen.
Dabei nahm er ihr die Zügel aus der Hand und richtete sich ein wenig zurecht. »Als würde ich dir nach der Aktion gestern noch ein Pferd anvertrauen«, flüsterte er ihr so leise ins Ohr, dass nur Lilitha es hören konnte. Diese schluckte und war ein wenig deprimiert darüber, dass sie nicht selbst reiten durfte. Doch stattdessen widmete sie sich dem Pferd und beugte sich ein wenig vor, um es auf den Hals zu klopfen.
»Euer Termin bei dem Architekten ist in der Stadt. Er erwartet Euch gegen Nachmittag. Die Wachen erwarten Euch gegen Abend«, erklärte Sergej und schien von der ganzen Sache noch nicht so angetan.
»In Ordnung. Ich bin am Abend wieder hier«, erklärte er und gab dem Pferd die Sporen.
Ruckartig fiel Lilitha nach hinten gegen die Brust des Highlords und versuchte sich irgendwo festzuhalten.
Sergej blieb mit seinem unzufriedenen Gesichtsausdruck zurück.
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